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LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.07.2017 - 33 R 604/16
Säumniszuschläge wegen der verspäteten Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen Entscheidung über den Erlass Ermessensentscheidung Vorliegen von sachlichen oder persönlichen Unbilligkeitsgründen
1. Nach § 76 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB IV darf ein Versicherungsträger Ansprüche nur erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre; diese Vorschrift entspricht § 227 AO, zu deren mit der Regelung des SGB IV wortgleichen Vorgängervorschrift (§ 131 AO) der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes entschieden hat, dass der Begriff der Unbilligkeit nicht losgelöst vom Ermessen der Behörde beurteilt werden könne.
2. Die unlösbare Verzahnung zwingt zur Annahme einer einheitlich zu treffenden Ermessensentscheidung; der Begriff "unbillig" ragt danach in den Ermessensbereich hinein und bestimmt zugleich Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens.
3. Die Entscheidung über den Erlass ist damit eine Ermessensentscheidung, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den weiten unbestimmten (Rechts-)Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden.
4. Entsprechend ist auch im Rahmen des § 76 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB IV (nur) eine sich am Begriff der Unbilligkeit orientierende Ermessensentscheidung zu treffen und nicht zunächst der unbestimmte Rechtsbegriff der Unbilligkeit zu bestimmen und danach in einem zweiten Schritt das Ermessen auszuüben.
5. Das Vorliegen von sachlichen oder persönlichen Unbilligkeitsgründen ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu beurteilen, da die Entscheidung über einen Forderungserlass eine Ermessensentscheidung ist und die Rechtmäßigkeit einer Ermessensausübung nur von Tatsachen und Verhältnissen abhängen kann, die im Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorgelegen haben.
Normenkette:
SGB IV § 73 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
,
AO § 227
,
AO § 131
Vorinstanzen: SG Berlin 20.06.2016 S 176 R 1458/15
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juni 2016 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.

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