Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung eines zusätzlichen Barbetrages.
Die am 1950 geborene Klägerin lebt seit 01.08.1993 in einer Wohnstätte für geistig behinderte Menschen. Die Kosten für die
Heimunterbringung in Höhe von 1.300,00 EUR monatlich trägt die Klägerin, die eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht,
zum Teil selbst. Deshalb erhielt sie nach dem bis zum 31.12.2004 geltenden Recht gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) einen zusätzlichen Barbetrag in Höhe von monatlich 35,56 EUR. Dieser Barbetrag wurde ausweislich eines Schreibens des Rechtsvorgängers
des Beklagten vom 22.03.2005 ab 01.01.2005, längstens für die Dauer der Kostenzusage für die stationäre Maßnahme, weiter in
der für Dezember 2004 festgestellten Höhe weiter gezahlt.
Nachdem der Klägerin ein Erbteil ausgezahlt worden war, wurde die Gewährung von Sozialhilfe mit Bescheid vom 26.04.2005 und
Widerspruchsbescheid vom 01.08.2005 mit Ablauf des 30.04.2005 eingestellt. Klage wurde nicht erhoben. Am 27.09.2005 stellte
die Klägerin einen Antrag auf Weitergewährung von Sozialhilfe.
Mit Bescheid vom 18.11.2005 übernahm der Beklagte die Kosten der Heimunterbringung ab 01.10.2005, wobei das Einkommen der
Klägerin aus Rente in voller Höhe - derzeit 705,84 EUR - als Kostenbeitrag beansprucht werde. Außer den Heimkosten wurde der
Klägerin ein Grundbarbetrag in Höhe von 80,06 EUR gewährt. Mit dem gegen den Bescheid eingelegten Widerspruch beanstandete
die Klägerin, dass ihr der zusätzliche Barbetrag nicht bewilligt worden sei.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2006 zurück. Nach der Übergangsregelung des § 133a Zwölftes
Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) hätten zwar Leistungsberechtigte, die am 31.12.2004 einen Anspruch auf den Zusatzbarbetrag
gehabt hätten, diesen auch nach Inkrafttreten des SGB XII weiter erhalten. Dem Zweck der Regelung entsprechend solle der Zusatzbarbetrag
jedoch nur bei ununterbrochener Gewährung von sozialer Hilfe auch weiterhin gewährt werde.
Hiergegen hat die Klägerin am 11.05.2006 Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. Ein kurzzeitiges Ruhen der Sozialhilfegewährung
könne nicht zum Wegfall des zusätzlichen Barbetrages führen. Das Sozialgericht hat die Bescheide vom 18.11.2005 und 02.05.2006
aufgehoben und die Beklagte mit Urteil vom 24.04.2008 verurteilt, der Klägerin ab 01.10.2005 einen zusätzlichen Barbetrag
in Höhe von 35,56 EUR zu gewähren. Zur Begründung hat es zunächst dargelegt, dass in der Kommentierung zu § 133a SGB XII unterschiedliche
Auffassungen dazu vertreten würden, ob eine zeitliche Unterbrechung der Sozialhilfegewährung zu einem Anspruchsverlust führen
könne. Die Kammer folge der Auffassung, dass der Zweck des § 133a SGB XII, nämlich den Besitzstand weiter zu wahren, eher
dafür spreche, dass eine kurze Unterbrechung der Hilfegewährung den Anspruch nicht entfallen lasse. Als kürzere Zeit sei ein
Zeitraum von bis zu sechs Monaten anzusehen, da auch in § 38 SGB XII ein Zeitraum von sechs Monaten als "kurze Dauer" anerkannt
sei. Vorliegend sei der Bezug von Sozialhilfe lediglich fünf Monate unterbrochen gewesen und es sei absehbar gewesen, dass
die Klägerin in Kürze wieder von Sozialhilfe abhängig sein werde. Da auch die Heimunterbringung nicht unterbrochen gewesen
sei, sei das Vertrauen der Klägerin auf die Weiterzahlung des Betrages gerechtfertigt gewesen.
Gegen das ihr am 03.06.2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 01.07.2008 Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen
ausgeführt, dass sich aus der Formulierung des § 133a SGB XII, wonach der zusätzliche Barbetrag "weiter erbracht" werde, wenn
der Anspruch am 31.12.2004 bestanden habe, die Abhängigkeit der Gewährung des Barbetrages vom Fortbestand des Anspruchs dem
Grunde nach erschließe. Falle die Leistungsberechtigung für eine bestimmten Zeitraum weg, habe dies Auswirkungen auf die Gewährung
des zusätzlichen Barbetrages. Soweit das Sozialgericht eine Analogie zu § 38 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und dem dort verwandten
unbestimmten Rechtsbegriff der "kurzen Dauer" zur Konkretisierung zu Hilfe ziehe, werde verkannt, dass die Voraussetzungen
einer Analogie nicht vorlägen. Die Übergangsregelung des § 133a SGB XII sei als eine abschließende, einer Analogie unzugängliche
Vorschrift zu verstehen. Dies folge aus rechtssystematischen Gründen, weil dem Sozialhilferecht Übergangsregelungen im Sinne
von Vertrauensschutzregelungen grundsätzlich fremd seien, was damit begründet werde, dass ein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen
nicht unmittelbar auf eigene Vorleistungen des Berechtigten zurückzuführen seien. Für eine restriktive Handhabung der Übergangsregelung
spreche darüber hinaus der Umstand, dass mit dem Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch entsprechend
dem Bedarfsdeckungsgrundsatz der zusätzliche Barbetrag ausnahmslos habe entfallen sollen, weil er als systemfremd empfunden
worden sei.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24.04.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat sich im Wesentlichen auf die Gründe der Entscheidung des Sozialgerichts bezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten
des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, der Klägerin ab 01.10.2005 einen zusätzlichen
Barbetrag in Höhe von monatlich 35,56 EUR zu gewähren. Soweit diese Leistung versagt wurde, war der Bescheid vom 18.11.2005
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2006 rechtswidrig und aufzuheben.
Gemäß § 133a SGB XII wird für Personen, die am 31.12.2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG hatten, diese Leistung in der für den vollen Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe weiter erbracht. Die Klägerin
hatte am 31.12.2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach der genannten Vorschrift in Höhe von 35,56 EUR für
Dezember 2004 und hat diese Leistung auch erhalten. In Übereinstimmung mit § 133a SGB XII wurde dieser Betrag von der Beklagten
ab Januar 2005 bis April 2005 weiter gezahlt. Sie hat jedoch zu Unrecht den Zusatzbarbetrag nach der Unterbrechung des Sozialhilfebezugs
ab 01.10.2005 nicht erneut gewährt.
Dem Sozialgericht ist zu folgen, soweit es entschieden hat, dass die Nichtgewährung der Leistungen der Sozialhilfe von Mai
2005 bis September 2005 den Anspruch aus § 133a SGB XII nicht entfallen lässt. Zum einen folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift
- für Personen, die am 31. Dezember 2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 21 Abs. 2 Satz 4 BSHG haben, wird diese Leistung in der für den vollen Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe weiter erbracht - jedenfalls
nicht zwingend, dass Voraussetzung für die Weitergewährung des zusätzlichen Barbetrages ein ununterbrochener Bezug von Sozialhilfe
ist. Anspruchsvoraussetzung ist hiernach lediglich, dass der Anspruch auf Zahlung des zusätzlichen Barbetrages im Dezember
2004 bestand. Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift gebietet keine Auslegung dahin, dass eine Unterbrechung der Sozialhilfeleistung
den Anspruch entfallen lässt. Sie trägt als Übergangsvorschrift dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes und
damit der Verhältnismäßigkeit Rechnung (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 26.08.2008, B 8/9b SO 10/06 R, RdNr. 24 m.
w. N., zitiert nach Juris). Mit ihr sollte den Personen, die sich auf die bestehende Regelung bereits tatsächlich eingestellt
hatten, der erhöhte Barbetrag weiterhin erhalten bleiben (BT-Drucks 15/3977, S 7). Insoweit hat der Gesetzgeber im Rahmen
seines weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums im Bereich der Leistungsgewährung eine Stichtagsregelung zu Gunsten
des Personenkreises getroffen, der bereits in den Genuss dieser Leistung gekommen war. Vorliegend hatte sich die Klägerin
auf eine Leistungsgewährung einschließlich des zusätzlichen Barbetrages eingestellt. Da bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem die
Klägerin das Geld aus ihrem Erbteil zufloss, kein Zweifel daran bestand, dass dieses den Bedarf der Klägerin einschließlich
Heimkosten nur für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum würde decken können und dass danach die wirtschaftlichen Verhältnisse
der Klägerin dieselben sein würden wie vor dem Zufluss des Geldes, ist ihr Vertrauen auf die Weitergewährung des zusätzlichen
Barbetrages auch nicht entfallen. Da zudem ausgehend vom Zweck der Regelung, den Besitzstand zu erhalten, eine Unterbrechung
des Leistungsbezuges unschädlich ist (so auch Mergler/Zink, SGB XII, Stand Januar 2006, § 133a, Rn. 3), kann auch nach Ansicht
des Senates die vorliegend nur wenige Monate andauernde Unterbrechung des Leistungsbezugs bei im Übrigen gleich bleibenden
Lebensumständen nicht zum Anspruchsverlust führen.
Für eine Prüfung dahin, ob der Klägerin der Grundbarbetrag nach § 35 Abs. 2 SGB XII zu Recht in Höhe (nur) des Mindestbetrages
gewährt wurde, war vorliegend kein Raum, obwohl es sich beim Grundbarbetrag nach § 35 Abs. 2 SGB XII um eine vom zusätzlichen
Barbetrag nach § 133 a SGB XII untrennbare Leistung handelt (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, aaO.), da die Klägerin keine Anschlussberufung
eingelegt hat und der Senat wegen des Verbotes der reformatio in peius keine Entscheidung treffen kann, die den Berufungsführer
beschwerden würde (§
153 Abs.
1 i. V. m. 123
SGG, vgl. Meyer-Ladewig,
SGG-Kommentar, 9. Aufl. 2008, §
123 Rn. 5a, ebenso z. B. BSG, Urteil vom 18.10.1994, 2 RU 6/94).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG). Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der vorliegend entschiedenen Rechtsfrage deshalb grundsätzliche Bedeutung zukommen
könnte, weil noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage des auslaufenden Rechts zu entscheiden wäre oder weil
die Überprüfung der Rechtsnorm bzw. ihrer Auslegung aus anderen Gründen fortwirkende allgemeine Bedeutung hätte. Rechtsmittelbelehrung
und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe