Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von der Antragsgegnerin vorläufig die Übernahme seiner
Kosten der Unterkunft in gesetzlicher Höhe nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB
II).
Der Antragsteller beantragte am 24. November 2008 Leistungen nach dem SGB II. Dabei gab er u. a. an, er wohne im Haushalt
seiner Großmutter, wegen seiner Arbeitslosigkeit vorerst kostenfrei. Er zahle lediglich eine Pauschale für Stromkosten. Durch
Bescheid vom 2. Dezember 2008 bewilligte die Antragsgegnerin die Regelleistung in Höhe von 351,00 EUR für die Zeit vom 1.
Dezember 2008 bis 31. Mai 2009. Kosten der Unterkunft berücksichtigte sie nicht. Der Antragsteller erhob Widerspruch am 22.
Dezember 2008 und machte geltend, er zahle seiner Großmutter monatlich 50,00 EUR pauschal für die Unterkunft. Dieser Betrag
sei als Bedarf zu berücksichtigen. Weiter begehrte er unter Hinweis auf erhaltene Leistungen gemäß § 86a Soldatenversorgungsgesetz (SVG) einen Zuschlag. Im Übrigen legte der Antragsteller einen Mietvertrag über eine 62 m² große Wohnung in A-Stadt vom 17. Dezember
2008 mit Beginn des Mietverhältnisses am 1. Januar 2009 einschließlich einer entsprechenden Mietbescheinigung des Vermieters
vor. Danach betragen die Grundmiete 265,00 EUR, die Nebenkosten 50,00 EUR und die Kosten für Heizung und Warmwasser ebenfalls
50,00 EUR, mithin gesamt 365,00 EUR. Der Antragsteller bat um Prüfung und Genehmigung.
Zeitgleich mit der Widerspruchserhebung am 22. Dezember 2008 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Kassel um Gewährung
einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht mit dem Begehren, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, seine Unterkunftskosten
in gesetzlicher Höhe zu übernehmen, den Umzug in die neue Wohnung zu genehmigen sowie die Kaution und Kosten für Erstausstattung
zu übernehmen. Er hat vorgetragen, er wohne derzeit bei seiner Großmutter auf wenigen Quadratmetern und hierfür habe er monatlich
pauschal 50,00 EUR zu zahlen. Die Unterkunft sei ungenügend und kein Dauerzustand. Im Hinblick auf die anstehende Scheidung
von seiner Ehefrau und die Wahrnehmung des Umgangsrechtes mit seinem Kind benötige er eine größere, kindgerechte Wohnung.
Insofern befinde sich sein Kind regelmäßig von Freitag Nachmittag bis Sonntag Nachmittag in 14-tägigem Abstand bei ihm, in
Absprache mit der Kindesmutter auch zwischendurch. Demgegenüber hat die Antragsgegnerin vorgetragen, der Antragsteller wohne
nach seinen Angaben bei der Großmutter unentgeltlich und zahle lediglich eine Pauschale für Stromkosten. Diese seien jedoch
in der Regelleistung von 351,00 EUR bereits enthalten. Eine Zusicherung zu den Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Abs. 2 SGB
II setze voraus, dass die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen seien. Die Kosten für die 62 m² große 2-Zimmer-Wohnung,
die der Antragsteller ab dem 1. Januar 2009 angemietet habe, seien mit insgesamt 365,00 EUR jedoch unangemessen hoch. Zudem
sei die begehrte Zusicherung nur vor Vertragsschluss möglich. Der Antragsteller habe den Mietvertrag bereits am 17. Dezember
2008 geschlossen und sie, die Antragsgegnerin, hiervon am 19. Dezember 2008 und damit nach Vertragsschluss unterrichtet. Im
Übrigen müsse davon ausgegangen werden, dass die bisherige Unterkunft, in der der Antragsteller seit gut 1 ¼ Jahren wohne,
nicht unzureichend sei. Letztlich gebe es auf dem für den Antragsteller maßgeblichen Wohnungsmarkt im Bereich D-Stadt, T-Stadt,
K-Stadt und W-Stadt angemessenen Alternativ-Wohnraum mit einer Größe von 45 m² für 4,44 EUR/m² Grundmiete und in Y Stadt.
für 3,78 EUR/m². Unter Berücksichtigung der Betriebskosten (außer Heizung und Warmwasser) würden sich Wohnungskosten von 5,68
EUR/m² bzw. 5,02 EUR/m² und damit entsprechende Gesamtkosten von 255,00 EUR bzw. 225,00 EUR ergeben. Die Kosten der angemieteten
Unterkunft einschließlich Nebenkosten (ohne Heizung) in Höhe von 315,00 EUR seien demnach unangemessen hoch. Weiter bestehe
kein Anspruch auf Übernahme der Mietkaution und das Begehren auf Übernahme der Kosten für eine Wohnungserstausstattung sei
noch nicht entscheidungsreif. Die Antragsgegnerin hat ergänzend einen von ihr erstellten Mietspiegel bezogen auf die genannten
Städte und Gemeinden sowie eine Betriebskostenanalyse des deutschen Mieterbundes vorgelegt.
Das Sozialgericht Kassel hat durch Beschluss vom 5. Februar 2009 den Eilantrag des Antragstellers abgelehnt und zur Begründung
im Wesentlichen ausgeführt, bezüglich der geltend gemachten Unterkunftskosten von 50,00 EUR bei der Großmutter fehle es bereits
an einem Anordnungsgrund. Insoweit sei insbesondere unter Berücksichtigung des Verwandtschaftsverhältnisses nicht dargetan,
dass die Unterkunft gekündigt werden könnte. Hinsichtlich der begehrten Zustimmung zum Umzug und der Übernahme einer Kaution
sowie der Kosten für die Erstausstattung fehle es an einem Anordnungsanspruch. Die neue Unterkunft sei mit 62 m² und einer
Monatsmiete einschließlich kalter Nebenkosten von 315,00 EUR zuzüglich 50,00 EUR für Heizkosten hilferechtlich sowohl zu groß
als auch zu teuer. Für den alleinstehenden Antragsteller sei eine Wohnungsgröße von 45 m² anzusetzen. Daran ändere auch nichts,
dass sich der am 12. Dezember 2005 geborene Sohn des Antragstellers wegen der Wahrnehmung des Umgangsrechts zeitweilig bei
dem Antragsteller aufhalte. Ein erhöhter Wohnbedarf sei nur dann anzunehmen, wenn die zweite Person die weit überwiegende
Zeit im Haushalt des Umgangsberechtigten verbringe. Das Sozialgericht hat weiter ausgeführt, es sei nach den von der Antragsgegnerin
vorgelegten Unterlagen davon überzeugt, dass es auf dem maßgeblichen örtlichen Wohnungsmarkt geeignete Unterkünfte bis 45
m² in ausreichender Zahl gebe, die zu den von der Antragsgegnerin genannten Beträgen anmietbar seien. Insgesamt sei mit weit
überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die von dem Antragsteller ins Auge gefasste Wohnung hilferechtlich zu groß
und zu teuer sei.
Gegen den am 9. Februar 2009 zugestellten Beschluss richtet sich die am 13. Februar 2009 bei dem Hessischen Landessozialgericht
eingegangene Beschwerde mit dem Begehren, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, seine Kosten der Unterkunft in gesetzlicher
Höhe zu übernehmen. Die weiteren in der ersten Instanz noch geltend gemachten Begehren verfolgt der Antragsteller im Beschwerdeverfahren
nicht mehr weiter. Der Antragsteller bestreitet, dass es für ihn konkrete Anmietmöglichkeiten im Hinblick auf Wohnungen mit
einer Größe von lediglich 45 m² gebe. So seien weder eine Zeitungsanzeige noch eine Nachfrage bei der W.-GmbH, einer der größten
Vermieter in N., erfolgreich gewesen. Ebenso habe er vergeblich bei der Wohngeldstelle und auch bei der Antragsgegnerin nachgefragt.
Weiter sei insbesondere sein Umgangsrecht mit seinem Sohn zu berücksichtigen. Der Antragsteller verweist insoweit auf eine
Entscheidung des Sozialgerichts Duisburg vom 31. Oktober 2007 (S 10 AS 90/07 ER), wonach bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Unterkunftskosten im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II das vom Schutzbereich des Art.
6 Abs.
2 Grundgesetz (
GG) betroffene Umgangsrecht in besonderer Weise berücksichtigt werden müsse. Auf Nachfrage des Senats trägt der Antragsteller
weiter vor, der Mietvertrag vom 17. Dezember 2008 sei umgesetzt worden und er wohne seit dem 1. Januar 2009 in der Wohnung.
An den Vermieter habe er an Kaution bisher 100,00 EUR gezahlt. Sein Umgangsrecht mit seinem Sohn sei bislang gerichtlich nicht
geregelt worden. Vielmehr bestehe insoweit Einvernehmen mit der Kindesmutter. Der Antragsteller legt hierzu eine Bestätigung
der D.A. vom 12. Mai 2009 vor, wonach sich der gemeinsame Sohn regelmäßig alle 14 Tage bei dem Antragsteller, jeweils das
Wochenende, aufhalte. Darüber hinaus schlafe das Kind zusätzlich nach Absprache bei ihm.
Nach Eingang des Eilantrages des Antragstellers hat die Antragsgegnerin folgende Bescheide erlassen:
- Änderungsbescheid vom 8. Januar 2009 betreffend den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Mai 2009 (Regelleistung 351,00 EUR, Kosten
der Unterkunft 242,30 EUR, gesamt 593,30 EUR),
- Bescheid vom 14. Mai 2009 betreffend den Zeitraum vom 1. Juni bis 30. November 2009 (Regelleistung 351,00 EUR, Kosten der
Unterkunft 242,30 EUR, gesamt 593,30 EUR),
- Änderungsbescheid vom 10. Juni 2009 betreffend den Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis 31. Mai 2009 (1. bis 31. Dezember 2008:
Regelleistung 351,00 EUR, Kosten der Unterkunft 50,00 EUR, befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II 80,00 EUR, gesamt 481,00
EUR; 1. bis 31. Januar 2009: Regelleistung 351,00 EUR, Kosten der Unterkunft 292,30 EUR, befristeten Zuschlag 80,00 EUR, gesamt
723,30 EUR; 1. Februar bis 31. Mai 2009: Regelleistung 351,00 EUR, Kosten der Unterkunft 242,30 EUR, befristeter Zuschlag
80,00 EUR, gesamt 673,30 EUR),
- weiterer Änderungsbescheid vom 10. Juni 2009 betreffend den Zeitraum vom 1. Juni bis 30. November 2009 (1. bis 30. Juni
2009: Regelleistung 351,00 EUR, Kosten der Unterkunft 242,30 EUR, befristeter Zuschlag 80,00 EUR, gesamt 673,30 EUR; 1. Juli
bis 31. Oktober 2009: Regelleistung 359,00 EUR, Kosten der Unterkunft 242,30 EUR, befristeter Zuschlag 80,00 EUR, gesamt 681,30
EUR; 1. bis 30. November 2009: Regelleistung 359,00 EUR, Kosten der Unterkunft 242,30 EUR, gesamt 601,30 EUR).
Der Antragsteller hat am 15. Juni 2009 Widerspruch erhoben gegen den Änderungsbescheid vom 10. Juni 2009 betreffend den Zeitraum
1. Januar bis 31. Mai 2009. Das Widerspruchsverfahren ruht derzeit. Weiter hat der Antragsteller am 8. Juni 2009 Widerspruch
wegen des Umfangs der Erstausstattung der Wohnung erhoben (Bescheid vom 14. Mai 2009).
Nach den Angaben der Antragsgegnerin sind die Bescheide vom 8. Januar 2009 und 14. Mai 2009 nicht mit dem Widerspruch angefochten
worden. Darauf hingewiesen trägt der Antragsteller am 26. Juni 2009 vor, er erhebe nunmehr auch Widerspruch gegen den Änderungsbescheid
vom 10. Juni 2009 betreffend den Zeitraum vom 1. Juni bis 30. November 2009. Auf weitere Nachfrage führt der Antragsteller
am 30. Juni 2009 und 3. Juli 2009 aus, der Zeitpunkt des Zugangs des Bescheids vom 14. Mai 2009 sei nicht mehr zu verifizieren,
so dass sein am 26. Juni 2009 erhobener Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 10. Juni 2009 auch einen rechtzeitigen
Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. Mai 2009 beinhalte. Im Übrigen sei bei der Annahme einer Zugangsfiktion bezogen auf
den 17. Mai 2009 zu berücksichtigen, dass dieser Tag ein Sonntag gewesen sei.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
die Antragsgegnerin unter Änderung des Beschlusses des Sozialgerichts Kassel vom 5. Februar 2009 zu verpflichten, vorläufig
bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache seine tatsächlichen Kosten der Unterkunft für die seit dem 1. Januar 2009 bewohnte
Wohnung, mithin weitere 122,70 EUR monatlich ab dem 1. Januar 2009 zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin verweist auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 3. März 2009 (B 4 AS 50/07 R). Danach stehe, sofern sich geschiedene und getrennt wohnende Eltern bei der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes
in größeren, mindestens eine Woche umfassenden zeitlichen Intervallen abwechseln und sich die anfallenden Kosten in etwa hälftig
Teilen würden, Hilfebedürftigen ein hälftiger Mehrbedarf für Alleinerziehende zu. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt.
Ergänzend legt die Antragsgegnerin einen von ihr erstellten und mit "Abstrakt angemessene Wohnungskosten" überschriebenen
Angebotsspiegel betreffend das Gebiet des Landkreises A-Stadt vor. Im Übrigen trägt die Antragsgegnerin vor, der Bewilligungsbescheid
vom 14. Mai 2009 sei an diesem Tag dem Antragsteller unmittelbar mit einfachem Brief übersandt worden. Der Bescheid gelte
mit dem 17. Mai 2009 als zugegangen. Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid dem Antragsteller nicht oder zu einem späteren
Zeitpunkt zugegangen sei, seien nicht ersichtlich. Auch ein Postrücklauf sei nicht erfolgt. Soweit der Prozessbevollmächtigte
ohne Rücksprache mit dem Antragsteller keine Angaben zu dem Zeitpunkt des Zugangs des Bescheids machen könne, lasse sich daraus
nicht schließen, dass der Zugang nicht am 17. Mai 2009 erfolgt sei. Es sei deshalb von der Bestandskraft des Bewilligungsbescheides
vom 14. Mai 2009 auszugehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht gemäß §§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt worden. Die Beschwerde ist auch im Hinblick auf den Beschwerdewert statthaft.
Nach §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes
vom 26. März 2008 (BGBl. I Nr. 11, Seite 444) ist die Beschwerde ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes,
wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Für Hauptsacheverfahren gilt ab dem 1. April 2008 eine Berufungsgrenze
von 750,00 EUR (§
144 Abs.
1 S. 1
SGG). Für die Berechnung des Beschwerdewertes ist davon auszugehen, was das Sozialgericht dem Antragsteller versagt hat bzw.
was dieser im Beschwerdeverfahren noch begehrt. Vorliegend sind zwei Leistungszeiträume betroffen, die Zeit vom 1. Januar
2009 bis 31. Mai 2009 und vom 1. Juni 2009 bis 30. November 2009 (= 11 Kalendermonate; vgl. zum maximalen Leistungszeitraum
§ 41 Abs. 1 S. 4 und 5 des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Die Differenz zwischen
dem von der Antragsgegnerin bewilligten Kosten der Unterkunft und der aufgrund des Mietvertrages vom 17. Dezember 2008 zu
tragenden Kosten beläuft sich auf monatlich 122,70 EUR, so dass die sich aus dem Vortrag des Antragstellers ergebende Beschwer
- bezogen auf die genannten 11 Kalendermonate - 1.349,70 EUR beträgt. Die Frage, ob der Geltendmachung des genannten Differenzbetrages
für die Monate Juni bis einschließlich November 2009 bereits eine Bestandskraft des Bescheides vom 14. Mai 2009 entgegensteht,
betrifft nicht die Zulässigkeit, sondern ist im Rahmen der Begründetheit zu prüfen.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein Rechtsverhältnis gemäß
§
86b Abs.
2 Satz 2
SGG zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer
Regelungsanordnung ist sowohl ein Anordnungsanspruch (d.h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines materiellen Leistungsanspruchs)
als auch ein Anordnungsgrund (d.h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), die glaubhaft
zu machen sind (vgl. §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Zivilprozessordnung -
ZPO -). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache
nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebotes, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art.
19 Abs.
4 des Grundgesetzes -
GG -), ist von diesem Grundsatz jedoch dann abzuweichen, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare später nicht
wiedergutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr
in der Lage wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988, Az. 2 BvR 745/88 = BVerfGE 79, 69 ff.; Beschluss vom 22. November 2002, Az. 1 BvR 1586/02 = NJW 2003, 1236 f.). Weiter ist zu berücksichtigen, dass Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern
eine Wechselbeziehung besteht. Die Anforderungen an den Anordnungsanspruch sind mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere
des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich
aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Beschluss des 7. Senates des Hessischen Landessozialgerichts
vom 29. Juni 2005, Az. L 7 AS 1/05 ER; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG Kommentar, 9. Aufl., §
86b Rdnr. 29). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige
Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden
ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet und das angegriffene Verwaltungshandeln offensichtlich
rechtswidrig bzw. bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Leistungsträgers, so vermindern sich
die Anforderungen an den Anordnungsgrund (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. Mai 2004, Az: L
16 B 15/04 KR ER; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 31. Juli 2002, Az: L 18 B 237/01 V ER). In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, wobei jedoch auf einen Anordnungsgrund
nicht gänzlich verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung
der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist ein Anordnungsanspruch betreffend den Zeitraum vom 1. Juni bis 30. November 2009
nicht glaubhaft gemacht. Insoweit geht der Senat davon aus, dass der Bescheid vom 14. Mai 2009, mit dem die Antragsgegnerin
erstmals Leistungen für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2009 gewährt und Kosten der Unterkunft von 242,30 EUR monatlich
angesetzt hat, bestandskräftig geworden ist. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragsgegnerin ist der Bescheid am selben
Tag zur Post gegeben worden. Hierzu hat die Antragsgegnerin ein Druckprotokoll vorgelegt, das u.a. den Bescheid vom 14. Mai
2009 und den betroffenen Zeitraum 1. Juni bis 30. November 2009 ausweist. Der Bescheid gilt gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dies ist hier der 17. Mai 2009. Dem steht nicht entgegen,
dass sich dabei um einen Sonntag handelte, denn der dritte Tag nach der Aufgabe zur Post ist auch dann maßgebend, wenn dieser
Tag ein Samstag, Sonntag oder Feiertag ist (Kasseler Kommentar, § 37 SGB X, Rdnr. 6 m.w.N.). Soweit die Fiktion der Bekanntgabe des Bescheides gemäß § 37 Abs. 2 S. 2 SGB X nicht gilt, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist, und im Zweifel die Behörde den
Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen hat, vermögen lediglich begründete bzw. berechtigte
Zweifel die Nachweispflicht der Behörde auszulösen (Kasseler Kommentar aaO.). Insoweit trifft den Bescheidadressaten eine
Darlegungslast, denn die Umstände, die den Zugang und den Zeitpunkt des Zugangs betreffen, sind seiner Sphäre zuzurechnen
und können lediglich von ihm erhellt werden. Jedenfalls reichen vage, unsubstantiierte Angaben bzw. ein Bestreiten ohne weitere
Angaben nicht aus, um die Vermutung des § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X zu widerlegen (so auch Waschull in LPK-SGB X, § 37 Rdnr. 13). Lediglich dann, wenn der Zugang überhaupt bestritten wird, ist dem Betroffenen eine nähere Substantiierung nicht
möglich. So liegt der Fall hier gerade nicht. Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hat lediglich mitgeteilt, dieser
habe ihm den Bescheid vom 14. Mai 2009 nicht zugeschickt und die wenigsten Leistungsempfänger würden das Zugangsdatum eines
Bescheides vermerken (Schriftsatz vom 3. Juli 2009). Der Zeitpunkt des Zugangs des Bescheids vom 14. Mai 2009 sei seinerseits
nicht zu verifizieren (Schriftsatz vom 30. Juni 2009). Aus diesem - allgemein gehaltenen - Vortrag des Prozessbevollmächtigten
kann nicht geschlossen werden, dass überhaupt eine Rücksprache mit dem Antragsteller zur Klärung des genauen Zugangsdatums
stattgefunden hat. Wird gleichwohl der Zeitpunkt des Zugangs in Zweifel gezogen, so handelt es sich lediglich um unsubstantiierten,
nicht mit Sachvortrag untermauerten Vortrag, der die gesetzliche Vermutung des Zugangs am dritten Tag nach der Aufgabe zur
Post nicht zu widerlegen vermag. Hier hat der Antragsteller noch nicht einmal vorgetragen, den Bescheid vom 14. Mai 2009 erst
nach dem 17. Mai 2009 erhalten zu haben. Weiter ist zu berücksichtigen, dass dem Antragsteller nach dem unbestrittenen Vortrag
der Antragsgegnerin ein weiterer Bescheid vom 14. Mai 2009 betreffend die Erstausstattung der Wohnung übersandt worden ist,
den sein Prozessbevollmächtigter am 8. Juni 2009 fristgerecht mit dem Widerspruch angefochten hat. In der Gesamtschau hat
es dabei zu verbleiben, dass die Monatsfrist des §
84 Abs.
1 S. 1
SGG mit Ablauf des 17. Juni 2009 (Mittwoch) beendet war. Soweit der Antragsteller gegen den Bescheid vom 10. Juni 2009, mit dem
der Bescheid vom 14. Mai 2009 geändert worden ist, am 26. Juni 2009 Widerspruch erhoben hat, erfolgte dies außerhalb der bis
zum 17. Juni 2009 laufenden Monatsfrist, so dass der Widerspruch eine Anfechtungswirkung nur gegenüber dem Änderungsbescheid,
nicht zugleich auch gegenüber dem Ursprungsbescheid entfalten konnte. Der Bescheid vom 10. Juni 2009 war jedoch isoliert lediglich
im Hinblick auf die vorgenommenen Änderungen (Bewilligung des befristeten Zuschlags von 80,00 EUR, höhere Regelleistung ab
dem 1. Juli 2009 und Wegfall des befristeten Zuschlags ab dem 1. November 2009) und nicht auch hinsichtlich der bewilligten
Kosten der Unterkunft von 242,30 EUR anfechtbar. Damit liegt für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2009 eine bestandskräftige
Regelung der Antragsgegnerin betreffend die bewilligten Kosten der Unterkunft vor, was einem entsprechenden Anordnungsanspruch
von vornherein entgegensteht.
Für die Zeit vor dem 1. Juni 2009, mithin für die Leistungszeit vom 1. Januar bis 31. Mai 2009, fehlt es für den Erlass der
beantragten einstweiligen Anordnung an einem entsprechenden Anordnungsgrund. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss
für die Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung
erfordert (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 7. November 2005, Az. L 9 AS 66/05 ER; Conradis, SGB II, Lehr- und Praxiskommentar, Anhang Verfahren Rdnr. 119). Eine solche Notlage ist bei einer Gefährdung
der Existenz oder erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen anzunehmen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO. Rdnr. 29a). Gegeneinander
abzuwägen sind die Folgen, die bei Erlass bzw. Ablehnung einer einstweiligen Anordnung für den unterliegenden Beteiligten
entstehen würden, jeweils unterstellt, der Erlass bzw. die Ablehnung der Anordnung erfolgte aufgrund nachträglicher Prüfung
im Hauptsacheverfahren zu Unrecht. Davon ausgehend würden dem Antragsteller nach Überzeugung des Senats im Falle einer unzutreffenden
Ablehnung seines Antrages keine gravierenden und vorrangig zu berücksichtigenden Nachteile entstehen. Insoweit ist für den
allein noch in Betracht zu ziehenden Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Mai 2009 zu berücksichtigen, dass dem Antragsteller neben
der Regelleistung sowie den Kosten der Unterkunft auch einen befristeten Zuschlag gemäß § 24 SGB II in Höhe von 80,00 EUR
monatlich bewilligt worden ist. Dieser Betrag deckt etwa 2/3 der Differenz von 122,70 EUR zwischen den von der Antragsgegnerin
anerkannten Kosten der Unterkunft (242,30 EUR) und den von dem Antragsteller aufgrund des Mietvertrages vom 17. Dezember 2008
seit dem 1. Januar 2009 zu tragenden Kosten (365,00 EUR). Im Ergebnis vertritt der Senat die Auffassung, dass dem Antragsteller
in Ansehung des noch in Betracht zu ziehenden Leistungszeitraumes vom 1. Januar bis 31. Mai 2009 das Abwarten der Entscheidung
in der Hauptsache zugemutet werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des §
193 SGG.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§
177 SGG).