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LSG Hessen, Beschluss vom 06.07.2017 - 6 AS 852/15
SGB-II-Leistungen Prozessunfähiger Beteiligter Absehen von einer Vertreterbestellung Offensichtlich haltloses Klagebegehren
1. Gemäß § 72 Abs. 1 SGG kann der Vorsitzende für einen nicht prozessfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter bis zum Eintritt eines Vormundes, Betreuers oder Pflegers für das Verfahren einen besonderen Vertreter bestellen, dem alle Rechte, außer dem Empfang von Zahlungen, zustehen.
2. Das dem Vorsitzenden insoweit eingeräumte Ermessen ("kann") ist nicht als Entscheidungsoption hinsichtlich des "Ob" der Bestellung eines besonderen Vertreters zu verstehen ist, sondern lediglich als Ausdruck seiner Wahlmöglichkeit, entweder auf die Vertretung des Prozessunfähigen durch einen gesetzlichen Vertreter hinzuwirken oder einen besonderen Vertreter zu bestellen.
3. Von einer Vertreterbestellung kann ausnahmsweise jedenfalls dann abgesehen werden, wenn unter Anlegung eines strengen Maßstabs das Rechtsschutzbegehren eines Prozessunfähigen "offensichtlich haltlos" ist, was insbesondere bei absurdem Klagebegehren ohne jeden Rückhalt im Gesetz oder bei offensichtlich unschlüssigem Vorbringen anzunehmen ist, etwa wenn kein konkreter Streitgegenstand erkennbar ist, wenn der Kläger nur allgemeine Ausführungen ohne irgendeinen Bezug zum materiellen Recht von sich gibt, wenn sein Vorbringen bereits mehrmals Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen gewesen ist oder wenn das Rechtsschutzbegehren aus anderen Gründen von vornherein keinen Erfolg haben kann.
4. Der nach Art. 19 Abs. 4 GG garantierte Anspruch auf effektiven Rechtsschutz dient nämlich keinem Selbstzweck, sondern soll lediglich sicherstellen, dass der Betroffene mit gerichtlicher Hilfe - wenn auch nicht zwingend in derselben Angelegenheit mehrfach - die ihm zustehenden materiellen Ansprüche durchsetzen bzw. rechtswidrige Eingriffe abwehren kann.
5. Daher ist Art. 19 Abs. 4 GG nicht verletzt, wenn ein Rechtsschutzbegehren diesen Erfolg von vornherein nicht haben kann, weil es sich um ein offensichtlich haltloses Begehren handelt.
Normenkette:
SGG § 72 Abs. 1
,
GG Art. 19 Abs. 4
Vorinstanzen: SG Kassel 23.07.2015 S 9 AS 785/12
Tenor
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 23. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
II.
Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
IV.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.

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