Anrechnungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung
Berufsgrundbildungsjahr als anzuerkennende berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme
Tatbestand:
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung dagegen, dass das Sozialgericht sie in dem angefochtenen Urteil dazu verpflichtet
hat, die Zeit des Besuchs eines Berufsgrundbildungsjahres vom 1. August 1990 bis zum 3. Juli 1991 in dem angefochtenen Vormerkungsbescheid
an Stelle der aus ihrer Sicht festzustellenden Zeit einer schulischen Ausbildung als Zeitraum einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme
anzuerkennen. Der am 30. September 1972 geborene Kläger besuchte nach Erlangung des Realschulabschlusses und dem Besuch der
einjährigen Berufsfachschule Wirtschaft vom 1. August 1990 bis zum 3. Juli 1991 an den Berufsbildenden Schulen des Landkreises
I. in J. das Berufsgrundbildungsjahr Agrarwirtschaft. Der Unterricht dieser Vollzeitausbildung gliederte sich in die Bereiche
"Berufsfeldübergreifender Lernbereich" mit den Fächern Deutsch, Gemeinschaftskunde, Sport und Religion, "Berufsfeldbezogener
Lernbereich" mit den Fächern Betriebslehre, Mathematik, Bodenkunde/Pflanzenernährung, Biologie und Agrartechnik sowie in einen
"Fachpraktischen Bereich", in dem produktionstechnische Grundtätigkeiten in den Bereichen Holz, Metall, Gartenbau und Floristik
sowie Zeichnen und Gestalten vermittelt wurden. Wahlpflichtangebote nahm der Kläger in den Fächern Englisch und Ökologie wahr.
Der Besuch dieses Berufsgrundbildungsjahrs wurde auf der Grundlage von Rechtsverordnungen nach § 29 Abs. 1 des Berufsbildungsgesetzes (i.d.F. des Gesetzes vom 18.03.1975, BGBl I, 705) bzw. § 27a der Handwerksordnung in den dem Berufsfeld Agrarwirtschaft mit dem Schwerpunkt Pflanzen zugeordneten Ausbildungsberufen angerechnet (so der amtliche
Hinweis auf dem Abschlusszeugnis vom 3. Juli 1991). Dementsprechend verkürzte sich die sich anschließende grundsätzlich dreijährige
Berufsausbildung zum Gärtner im Blumen- und Zierpflanzenbau, die der Kläger mit der Note sehr gut absolviert hat, aufgrund
der Anrechnung des zuvor absolvierten Berufsgrundbildungsjahrs auf zwei Ausbildungsjahre vom 1. August 1991 bis Mitte 1993.
In den folgenden Jahren war der Kläger, der nachfolgend auch die Meisterprüfung abgelegt hat, als Gärtner tätig, wobei er
zuletzt in Norwegen gearbeitet hat. Mit dem angefochtenen Vormerkungsbescheid vom 4. März 2010 stellte die Beklagte den mehr
als sechs Jahre zurückliegenden Versicherungsverlauf des Klägers fest und berücksichtigte dabei den Zeitraum des Besuchs des
Berufsgrundbildungsjahr vom 1. August 1990 bis zum 3. Juli 1991 als Anrechnungszeit in Form des Schulbesuchs. Mit seinem Widerspruch
machte der Kläger demgegenüber geltend, dass dieser Zeitraum als berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme zu berücksichtigen sei.
Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 19. Mai 2010 zurück. Zur Begründung legte sie dar, dass zu den berufsvorbereitenden
Bildungsmaßnahmen alle Maßnahmen zu rechnen seien, die auf die Aufnahme einer Berufsausbildung vorbereiten würden. Das Berufsgrundbildungsjahr
stelle eine schulische Form der Berufsvorbereitung dar. Der Widerspruchsausschuss sei jedoch der Auffassung, dass der durch
das Berufsgrundbildungsjahr vermittelte Bildungsstand dafür spreche, die Teilnehmer wie Schüler zu behandeln, die eine allgemeinbildende
Schule besuchen würden. Der berufsfeldbezogene Unterricht sei nicht auf einen bestimmten Beruf, sondern auf ein größeres Feld
von Berufen aus dem Bereich Agrarwirtschaft ausgerichtet gewesen. Mit der am 17. Juni 2010 erhobenen Klage hat der Kläger
geltend gemacht, dass das Berufsgrundbildungsjahr eine Ausbildungszeit mit beruflichem Bezug dargestellt habe. Mit Urteil
vom 12. April 2012, der Beklagten zugestellt am 24. April 2012, hat das Sozialgericht Oldenburg die Beklagte unter Abänderung
des angefochtenen Vormerkungsbescheides in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2010 verpflichtet, die Zeit
des Berufsgrundbildungsjahres vom 1. August 1990 bis zum 3. Juli 1991 als berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme anzuerkennen.
Zur Begründung hat es dargelegt, dass im vorliegenden Fall das Berufsgrundbildungsjahr den Kläger konkret auf die Aufnahme
einer Berufsausbildung vorbereitet habe, wobei das Land Niedersachsen seinerzeit von der Möglichkeit des § 7 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz Gebrauch gemacht und durch Rechtsverordnung den Besuch eines solchen Berufsgrundbildungsjahres verpflichtend vorgeschrieben
habe. Es würde eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellen, wenn Auszubildende, denen (wie im vorliegenden
Fall) nach dem jeweils maßgeblichen Landesrecht der vorausgehende Besuch eines auf die dreijährige Berufsausbildung anzurechnenden
Berufsgrundbildungsjahrs vorgeschrieben sei, rentenrechtlich schlechter behandelt würden als Auszubildende in anderen Bundesländern
bzw. in anderen Berufen, die ohne Besuch eines Berufsgrundbildungsjahrs sogleich die reguläre dreijährige betriebliche Ausbildung
aufnehmen könnten. Mit ihrer am 7. Mai 2012 eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, dass nach ihrem Verständnis das
Berufsgrundbildungsjahr einer Schulausbildung entspreche. Es werde während seiner nur eine berufliche Grundbildung vermittelt,
die einer allgemeinen Schulbildung entspreche. Mit weiterem Bescheid vom 3. Dezember 2012 hat die Beklagte dem Kläger rückwirkend
ab 1. Oktober 2009 eine bis zum 30. September 2015 befristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Höhe eines monatlichen
Zahlbetrages von 321,81 EUR bewilligt, wobei die Beklagte bei der Rentenberechnung das streitbetroffene Berufsgrundbildungsjahr
als Anrechnungszeit in Form des Schulbesuchs berücksichtigt hat. In den Gründen des Bescheides hat die Beklagte darauf hingewiesen,
dass eine Anfechtung seiner im Hinblick auf die angestrebte Berücksichtigung des Berufsgrundbildungsjahrs als berufsvorbereitende
Bildungsmaßnahme nicht in Betracht komme, da diese Frage bereits Gegenstand des anhängigen vorliegenden Rechtsstreits sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 12. April 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verpflichtet, den Zeitraum des Besuchs
des Berufsgrundbildungsjahrs als Anrechnungszeit in Form einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme anzuerkennen.
1. Auch unter Berücksichtigung des nachfolgenden Rentenbewilligungsbescheides vom 3. Dezember 2012 ist im vorliegenden Berufungsverfahren
weiterhin der Vormerkungsbescheid vom 4. März 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2010 zu überprüfen.
Zwar wird ein Rentenbescheid, der während eines Rechtsstreits um die Feststellung von Versicherungszeiten erlassen wird, in
der Regel aufgrund einer entsprechenden Anwendung des §
96 Abs.
1 SGG Gegenstand des Verfahrens. Eine Ausnahme besteht jedoch dann, wenn es sich nicht um einen endgültigen Rentenbescheid, sondern
um einen vorläufigen Bescheid handelt, der nur Rentenvorschüsse unter dem zumindest sinngemäßen Vorbehalt gewährt, dass für
die Rentenhöhe letztlich das Ergebnis des Vormerkungsverfahrens maßgebend sei (vgl. BSG, Urteil vom 09. Oktober 2007 - B 5b/8 KN 2/06 R - mwN). Einen solchen Vorbehalt hat die Beklagte aus der maßgebenden Sicht
eines verständigen Empfängers im vorliegenden Fall dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie im Rentenbewilligungsbescheid vom
3. Dezember 2012 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass eine Anfechtung seiner im Hinblick auf die angestrebte Berücksichtigung
des Berufsgrundbildungsjahrs als berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme nicht in Betracht komme, da diese Frage bereits Gegenstand
des anhängigen vorliegenden Rechtsstreits sei.
2. In Bescheiden nach §
149 Abs.
5 Satz 1
SGB VI, wie ihn die Beklagte vorliegend am 4. März 2010 erlassen hat, werden die im Versicherungsverlauf enthaltenen (und nicht
bereits festgestellten) Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, festgestellt. Das in §
149 Abs.
5 SGB VI besonders normierte Vormerkungsverfahren bezweckt mithin eine möglichst zeitnahe und verbindliche Feststellung von Tatsachen,
die in einem künftigen Leistungsfall möglicherweise rentenversicherungsrechtlich bedeutsam werden können (vgl BSG, U.v. 15. Dezember 1994 - 4 RA 64/93 -SozR 3-2600 § 58 Nr 2; BSG Urteil vom 27.01.1999 - B 4 RA 29/98 R - Juris; BSG, U.v. 31.01.2008 - B 13 R 27/07 R - BSGE 100, 19). Über die rechtliche Bewertung der festgestellten Tatsachen und daran anknüpfend über die konkrete Ermittlung der Rentenhöhe
kann hingegen gar nicht vor Rentenbeginn entschieden werden. Dementsprechend regelt §
149 Abs.
5 Satz 3
SGB VI ausdrücklich: Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird erst bei Feststellung
einer Leistung entschieden.
3. Zutreffend hat das Sozialgericht dargelegt, dass der streitbetroffene Besuch des Berufsgrundbildungsjahrs eine Anrechnungszeit
in Form einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme im Sinne des §
58 Abs.
1 Satz 1 Nr.
4 SGB VI darstellt. Nach dieser Vorschrift sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen der Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr
eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen hat (Zeiten
einer schulischen Ausbildung), wobei solche Zeiten insgesamt höchstens bis zu acht Jahren als Anrechnungszeiten berücksichtigt
werden können. Nach der Legaldefinition des §
58 Abs.
1 Satz 2
SGB VI sind berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen alle beruflichen Bildungsmaßnahmen, die auf die Aufnahme einer Berufsausbildung
vorbereiten oder der beruflichen Eingliederung dienen, sowie Vorbereitungslehrgänge zum nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses
und allgemeinbildende Kurse zum Abbau von schwerwiegenden beruflichen Bildungsdefiziten. a) Auch wenn der erläuterte Tatbestand
des §
58 Abs.
1 Satz 1 Nr.
4 SGB VI gleichermaßen den Besuch von Schulen wie die Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen als Anrechnungszeiten erfasst,
bedarf es diesbezüglich in einem Vormerkungsbescheid (wie auch in einem Rentenbescheid) einer genauen tatbestandlichen Differenzierung,
da in anderen rentenrechtlichen Vorgaben unterschiedliche Rechtsfolgen einerseits an eine Anrechnungszeit in Form des Schulbesuchs
und andererseits an eine solche in Form der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme geknüpft werden (vgl.
Dankelmann in Kreikebohm,
SGB VI, 4. Auflage 2013, §
58 Rn. 27). Namentlich stellen Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung nach §
74 Satz 4
SGB VI Anrechnungszeiten ohne Bewertung dar (vgl. auch die Übergangsvorschrift des §
263 Abs.
3 SGB VI), wohingegen Zeiten der Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen in dem durch §
74 Satz 3
SGB VI vorgegebenen zeitlichen Höchstrahmen nach §§
71 ff.
SGB VI zu bewerten sind. Dementsprechend haben die erstinstanzlich von der Beklagten vorgelegten Probeberechnungen auch verdeutlicht,
dass das Ergebnis des vorliegenden Rechtsstreits (wenn auch nur in einem sehr geringfügigen Umfang von weniger als einen Euro
im Monat) Auswirkungen auf die Höhe der dem Kläger gewährten Rente hat. b) Die Teilnahme an einem Berufsgrundbildungsjahr
wie im vorliegenden Fall ist nach der erläuterten Legaldefinition des §
58 Abs.
1 Satz 2
SGB VI als Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme zu werten. Das Berufungsgrundbildungsjahr verfolgte gerade das
Ziel, auf die Aufnahme einer Berufsausbildung hinzuführen. Schon der Begriff "Berufsgrundbildung" verdeutlichte das Ziel,
die Schüler auf eine nachfolgende Berufsausbildung in einem speziellen Beruf vorzubereiten. Dementsprechend war der Vollzeitunterricht
im Berufsgrundbildungsjahr nach den 1990 maßgeblichen Vorgaben des § 12 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 des Niedersächsischen Schulgesetzes
(vgl. Bekanntmachung vom 6. November 1980, Nds.GV Bl. 425) im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Vermittlung der fachlichen
und allgemeinen Bildung unter Berücksichtigung der Anforderungen der Berufsausbildung und Berufsausübung (§ 12 Abs. 1 Satz 1 Nds. SchulG a.F.) auf die "Berufsfeldbreite" (also nicht auf einen spezifischen Beruf) auszurichten. Letztlich räumt auch die Beklagte
die maßgebliche berufsvorbereitende Ausrichtung des Berufsgrundbildungsjahrs ein. Sie hat selbst im Widerspruchsbescheid dargelegt,
dass es sich dabei um eine (schulische) Form der Berufsvorbereitung gehandelt habe. Dabei ist vorsorglich klarzustellen, dass
der erläuterte Tatbestand des §
58 Abs.
1 SGB VI nicht darauf abstellt, dass die berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme nicht an den Landesschulgesetzen unterliegenden Ausbildungseinrichtungen
durchlaufen werden dürfe (anders im Ergebnis wohl Fichte in Hauck/Noftz, §
58 SGB VI, Rn. 118). Nur historisch ist zu berücksichtigen, dass in der ursprünglichen von 1992 bis 1996 maßgeblichen Fassung des §
58 Abs.
1 Satz 2
SGB VI dem Besuch einer Schule "die Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (§§ 40, 40b Arbeitsförderungsgesetz) gleichgestellt" war, wobei § 40 AFG a.F. seinerseits eine Förderung der "Teilnahme an Grundausbildungs- und Förderungslehrgängen und anderen nicht den Schulgesetzen
der Länder unterliegenden berufsvorbereitenden Maßnahmen" vorsah. Mit der mit dem Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz
(WFG vom 25. September 1996, BGBl. I, 1461) zum 1. Januar 1997 erfolgten Neufassung des §
58 SGB VI hat der Gesetzgeber jedoch von einem Verweis auf § 40 AFG a.F. oder anderweitig auf eine Normierung eines zusätzlichen Tatbestandsmerkmals im Sinne des Besuchs einer nicht den Landesschulgesetzen
unterliegenden Ausbildungseinrichtung abgesehen. Er hat vielmehr umfassend jeden (die Zeit und Arbeitskraft des Versicherten,
wie auch im vorliegenden Zusammenhang, überwiegend in Anspruch nehmenden) Besuch an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme
(nach Vollendung des 17. Lebensjahrs) als Anrechnungszeittatbestand normiert. Dabei bringt der Gesetzeswortlaut auch klar
zum Ausdruck, dass die schulische Ausrichtung einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme ihrer Anerkennung als Anrechnungszeit
nicht entgegensteht. Der Gesetzgeber hat vielmehr in der Legaldefinition des §
58 Abs.
1 Satz 1 Nr.
4 SGB VI gerade solche berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen zusammen mit Zeiten des Besuchs einer Schule, Fachschule oder Hochschule
unter den Oberbegriff "Zeiten einer schulischen Ausbildung" zusammengefasst. Dabei geben auch die Gesetzesmaterialien keinen
Anlass zu der Annahme, dass der Gesetzgeber eine engere Auslegung des Tatbestandes einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme
als dem Wortlaut entsprechend gewünscht haben könnte. Ursprünglich verfolgte der Entwurf des WFG sogar das Ziel einer noch
weitergehenden Ausweitung der Anrechnungszeiten unter Einbeziehung insbesondere auch aller Berufsausbildungszeiten (vgl. S.
22 f. des Gesetzesentwurfs, BT-Drs. 13/4610). Auch wenn in diesem Punkt der Entwurf nicht Gesetz geworden ist (vgl. Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drs. 13/5108 insbesondere zu Ziffer 13 des Entwurfs), so lässt sich doch
im Ergebnis nichts dafür objektivieren, dass der gesetzgeberische Regelungswille hinter dem Wortlaut des zum 1. Januar 1997
neu gefasst §
58 Abs.
1 SGB VI zurückbleiben wollte. Soweit in dem sog. Verbandskommentar zum Recht der Gesetzlichen Rentenversicherung (Band 2, bearbeitet
von Bergner, Mayer, Reimann, Rische und Ruland) die Auffassung vertreten wird (vgl. Ziff. 7.5, S. 85, zu §
58 SGB VI), dass zu den berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen auch "Grundausbildungslehrgänge" zählen würden, die zur "Vorbereitung
auf bestimmte Berufsbereiche dienen", nicht hingegen - und zwar aufgrund einer "anderen Zweckbestimmung" - Berufsgrundbildungsjahre,
vermag der Senat diese Differenzierung schon sprachlich nicht konkret nachzuvollziehen. Die mit dem Berufsgrundbildungsjahr
nach den erläuterten Vorgaben des Landesschulgesetzes angestrebte Berufsvorbereitung auf "Berufsfeldbreite" stellt im Ergebnis
doch nichts anderes dar als eine Vorbereitung auf "Berufsbereiche". Zutreffend fordern demgegenüber Dankelmann (in Kreikenbohm,
aaO., § 58, Rn. 32) und Gürtner (in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: 80. EL 2013, § 58 Rn. 52) eine weite Auslegung des Begriffs der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Dabei hat das BSG bereits in seiner Rechtsprechung zu § 40 AFG a.F. klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob und in welchem Umfang die Maßnahme Berufswissen vermittelt, sondern allein
darauf, dass diese nach ihrer - im vorliegenden Zusammenhang nicht in Zweifel zu ziehenden - objektiven Zweckbestimmung auf
die Teilnahme an einer vollständigen Berufsausbildung vorbereitet (BSG, Urteil vom 27. April 1989 - 11 RAr 14/87 -, SozR 4100 § 56 Nr 21). Dass der Gesetzgeber den Begriff der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme weit verstanden wissen
wollte, wird auch daran deutlich, dass er unter diesen Tatbestand auch ausdrücklich Vorbereitungslehrgänge zum nachträglichen
Erwerb des Hauptschulabschlusses und allgemeinbildende Kurse zum Abbau von schwerwiegenden beruflichen Bildungsdefiziten verstanden
hat. Hieran anknüpfend ist es folgerichtig, erst recht spezifisch berufsvorbereitend ausgerichtete Bildungsmaßnahmen in Form
eines Berufsgrundbildungsjahres, bei dem schwerpunktmäßig berufsfeldbezogene Fähigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden
und damit der Rahmen einer klassischen allgemeinbildenden Schule deutlich verlassen wird, dem Begriff einer berufsvorbereitenden
Bildungsmaßnahme zuzuordnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG. Die Revision wird nicht zugelassen.