Tatbestand
Streitig ist noch die Erstattung von Kosten für die Inanspruchnahme von Leistungen der konduktiven Therapie nach Petö.
Die am 00.00.1996 in Polen geborene Klägerin ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 und den Merkzeichen
G, aG, H und RF, ferner schwerstpflegebedürftig nach (im streitigen Zeitraum) Pflegestufe III. Sie leidet an einer schweren
körperlichen und geistigen Behinderung bei Spina Bifida mit thorakolumbaler Querschnittslähmung. U.a. liegen bei ihr Bewegungsstörungen,
Krampfleiden, Stuhl- und Harninkontinenz, eine hochgradige Schwerhörigkeit, Sprachentwicklungsbehinderung sowie eine allgemeine
Entwicklungsverzögerung vor. Die Klägerin spricht einzelne Laute. Kommuniziert wird u.a. mit Bildern und Bewegungen des Kopfes.
Zudem kommt bei ihr ein sog. Alpha-Talker zum Einsatz.
In der Vergangenheit - seit Mitte 2008 - bewilligte der Beklagte der Klägerin regelmäßig die Kostenübernahme für eine konduktive
Therapie nach Petö durch das Zentrum für Konduktive Therapie in P (Beigeladener) als laufende Behandlung mit 3 Blockstunden
einmal pro Woche (kontinuierliche Therapie) sowie Intensivtherapie mit 20 Behandlungstagen bei 6 Stunden täglich (sog. Blocktherapie),
zuletzt mit Bescheid vom 17.05.2013 für die Zeit vom 01.06.2013 bis 31.05.2014. Ferner besuchte die Klägerin - mit Unterstützung
eines Integrationshelfers - eine Förderschule mit dem Förderungsschwerpunkt Geistige Entwicklung und erhielt Physiotherapie,
Logopädie sowie Ergotherapie in der Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung. Ferner ist sie neben dem sog. Alpha-Talker
mit weiteren Hilfsmitteln (Rollstuhl, Pflegebett, Badehilfe, Unterschenkelorthesen bds.) versorgt.
Am 23.05.2014 beantragte die Klägerin - unter Einreichung diverser ärztlicher Unterlagen und Stellungnahmen - die Weiterbewilligung
der Kostenübernahme für die Petö-Therapie ab dem 01.06.2014. U.a. wurden ein Therapiebericht über die im Jahre 2013 verfolgten
Ziele und ein Kostenvoranschlag des Zentrums für konduktive Therapie in P für 4 bzw. 5 Behandlungstage als kontinuierliche
Therapie sowie 20 Behandlungstage als Intensivtherapie vom 02.05.2014 beigefügt. In dem Bericht heißt es u.a. über die Ziele
für das Jahr 2014:
"Es sollten ihre (der Klägerin) Grundbewegungen (Rollen, Krabbeln) weiter gefördert werden
Es sollte ihre Rumpfstabilität gefördert werden, dadurch ihre Körperhaltung und Sitzsicherheit verbessert werden
Es sollte ihr Hantieren weiter gefördert und verbessert werden
Es sollte ihre Mundmotorik weiter gefördert werden
Es sollte ihr Stehen und Gehen weiter gefördert werden".
Weiterhin heißt es in dem Bericht: "B profitiert weiterhin sehr gut von der konduktiven Förderung. Ihre Körperhaltung, ihr
Sitzen und auch das Greifen, Halten, Loslassen sind in dem Alltag (Zuhause und auch in der Schule) sehr wichtig. Sie lernt
immer was dazu. Sie hält dadurch, dass sie einmal pro Woche kommt und jährlich eine Blocktherapie machen kann, sehr gut ihren
Zustand und lernt immer etwas dazu. Wir empfehlen die Konduktive Förderung dringend weiterzuführen".
Der Beklagte holte bei seinem Fachdienst Gesundheit eine amtsärztliche Stellungnahme vom 11.09.2014 zu dem Antrag der Klägerin
ein. Diese gelangte zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine Verbesserung der Teilhabe nicht habe erreicht werden können
und medizinische Ziele bei der Petö-Therapie im Sinne von medizinischer Rehabilitation im Vordergrund stünden. Die Therapie
diene nicht der Sicherung oder Verbesserung des Schulbesuches. Dieser werde zum jetzigen Zeitpunkt u.a. durch die Gewährung
eines Integrationshelfers sichergestellt. Auch sei die Klägerin mittlerweile in der Berufspraxisstufe und werde auf das Arbeitsleben
vorbereitet.
Mit Schreiben vom 12.12.2014 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er beabsichtige, den Antrag auf Kostenübernahme für
die Petö-Therapie abzulehnen. Es würden nach den vorgelegten Unterlagen ausschließlich motorische Verbesserungen als Ziele
der Therapie benannt. Diese seien jedoch der medizinischen und nicht der sozialen Rehabilitation, insbesondere um den Schulbesuch
der Klägerin zu ermöglichen, zuzuordnen. Daher könne eine Kostenübernahme im Rahmen der sozialen Rehabilitation nicht erfolgen.
Die Klägerin machte hierauf mit Schreiben vom 30.12.2014 geltend, es sei unzutreffend, dass die Therapiesitzungen in dem Petö-Zentrum
schwerpunktmäßig der medizinischen Rehabilitation dienten. Vielmehr würden sämtliche motorischen Fähigkeiten gefördert, was
der Sicherung und Verbesserung des Schulbesuchs diene. Durch die motorischen Übungen würden auch ihre kognitiven Fähigkeiten
erweitert.
Mit Bescheid vom 05.02.2015 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Bei der Petö-Therapie stünden medizinische Ziele
im Sinne von medizinischer Rehabilitation im Vordergrund und sie diene aus ärztlicher Sicht auch nicht der Sicherung oder
Verbesserung des Schulbesuchs. Damit sei das Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe im Rahmen der sozialen Rehabilitation
nicht gegeben.
Ihren am 09.03.2015 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass es bei ihr insbesondere um die Förderung einfacher
emotionaler Fähigkeiten gehe. Hierbei sei völlig unerheblich, dass sie lediglich Laute von sich geben könne. Die Kommunikation
erfolge insbesondere auch über Gestik. Eine Versagung der Petö-Therapie führe dazu, dass sie überhaupt nicht mehr mit ihrer
Umgebung in Kontakt treten könne. Zudem müssten ihre Bewegungsmöglichkeiten gefördert werden, insbesondere durch die intensive
Blocktherapie. Dies diene der Förderung ihrer schulgerechten Entwicklung. Die Klägerin reichte hierzu eine Stellungnahme des
Zentrums für konduktive Therapie (Beigeladener) vom 24.02.2015 ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2015 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Kinder-
und Jugendgesundheitsdienst sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Fortführung der Petö-Therapie für die Klägerin medizinisch
nicht notwendig sei, weil durch die Therapie keine Verbesserung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und auch keine Sicherung
oder Verbesserung des Schulbesuches erreicht werden könne. Damit erfülle die Fortführung der Therapie nicht die Aufgaben der
Eingliederungshilfe. Hinsichtlich der Förderung der Bewegung sowie der Kommunikationsmöglichkeiten stünden zunächst als medizinisch-therapeutische
Maßnahmen die Ergotherapie, Logopädie und Krankengymnastik im Vordergrund, welche die Klägerin entweder erhalte (Ergotherapie)
oder nicht nutze bzw. ausschöpfe. Auch habe bei der Klägerin trotz intensiver Therapie ein Nachlassen der Beweglichkeit eingesetzt,
was die mit der Petö-Therapie verbundenen Ziele (etwa aktive Mithilfe beim Umziehen/Wickeln) unrealistisch erscheinen lasse.
Mit der hiergegen am 30.07.2015 bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen geltend
gemacht, dass aufgrund der epileptischen Anfälle sowie wachstumsbedingter Veränderungen des Körperbaus Rückschläge zu verzeichnen
seien, die ohne die Durchführung der Petö-Therapie noch gravierender wären. Damit seien die Verschlechterungen nicht auf die
Petö-Therapie zurückzuführen, sondern diese verhindere gerade weitere Rückschritte bis hin zur Bettlägerigkeit. Für die Kostenübernahme
sei auch nicht zwingend erforderlich, dass sie die Petö-Therapie in vollem Umfang nutzen könne. Die Therapie biete ihr eine
Kommunikationsmöglichkeit sowohl mit der Familie als auch in der Schule. Durch die infolge der Therapie eingetretenen motorischen
Verbesserungen sei ihr die Teilhabe im sozialen Umfeld überhaupt möglich. Auch würden kognitive Leistungen aktiv unterstützt,
wie sich auch aus dem aktenkundigen Schulbericht der Förderschule von Mai 2014 ergebe. Damit würde ihr der Schulbesuch erleichtert.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.02.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2015 zu verurteilen,
für sie die Kosten der Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für die konduktive Förderung nach Petö in Form einer
Blocktherapie über 20 Behandlungstage über 6 Stunden täglich als auch für eine kontinuierliche Einzeltherapie über 3 Stunden
die Woche durch das Zentrum für konduktive Therapie in P zu übernehmen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat im Wesentlichen auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid sowie die amtsärztliche Stellungnahme im Verwaltungsverfahren
Bezug genommen. Gemäß der Stellungnahme des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes sei bei der Klägerin sogar eine Verschlechterung
der körperlichen Beweglichkeit festzustellen. Die Verbesserung im Bereich der Kommunikation über Mimik und Gestik könne nicht
zwangsläufig auf die durchgeführte Petö-Therapie zurückgeführt werden; dafür gebe es keinen medizinischen Beweis. Damit stehe
aus Sicht des Beklagten fest, dass keine Aussicht bestehe, dass die konduktive Therapie die Folgen der Behinderungen der Klägerin
mildere und damit die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfülle.
Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte der Ärztin für Kinderheilkunde E. F, E1, sowie des Facharztes für Kinder- und
Jugendmedizin Dr. Q (Sozialpädiatrisches Zentrum für Kinderneurologie P) eingeholt, auf deren Inhalt verwiesen wird. Ferner
hat die I-Schule (Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung) auf Anforderung des Sozialgerichts einen Entwicklungsbericht
über die Klägerin im Schuljahr 2015/2016 eingereicht, auf dessen Inhalt gleichfalls Bezug genommen wird. Weiter hat das Sozialgericht
Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Arztes für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Kinderneurologie
Dr. J (Kinderneurologisches Zentrum in C) vom 13.05.2017 erhoben, auf dessen Inhalt gleichfalls verwiesen wird.
Mit Urteil vom 25.01.2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:
Die zulässige Klage sei unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht
in ihren Rechten. Sie habe unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt Anspruch auf die beantragte Kostenübernahme der Petö-Therapie
im Wege der Eingliederungshilfe. Zwar gehöre die Klägerin aufgrund der bei ihr vorliegenden Behinderungen unstreitig zum Kreis
der Leistungsberechtigten i.S.d. § 53 Abs. 1 SGB XII. Die Übernahme der Kosten für die konduktive Therapie nach Petö könne durch den Beklagten jedoch nur dann erfolgen, wenn
sie geeignet sei, die Beschulungsfähigkeit der Klägerin zu verbessern (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 der Eingliederungshilfeverordnung - EinglHV). Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die begehrte Therapie sei für die Klägerin angesichts der gesamten medizinischen
Unterlagen nicht geeignet und erforderlich und diene entsprechend nicht dem Ziel der Verbesserung der Beschulungsfähigkeit.
Zwar verkenne das Gericht nicht, dass das Zentrum für Konduktive Therapie wiederholt auf die kleinen Fortschritte der Klägerin
aufmerksam gemacht habe und diese aus Sicht der Klägerin und ihrer Eltern erheblich seien. Für die Beschulungsfähigkeit seien
sie jedoch zu vernachlässigen. Das Gericht könne keine derartigen Fortschritte/Vorteile erkennen, die eine Beschulungsfähigkeit
förderten bzw. den Schulbesuch erleichterten. So habe der behandelnde Arzt Dr. Q in seinem angeforderten Befundbericht geschildert,
dass die Klägerin von der bei der Petö-Therapie üblichen Konduktiven Förderung nur bedingt profitieren könne. Die Erarbeitung
kognitiver Fähigkeiten sei aufgrund der Grunderkrankungen nur sehr eingeschränkt möglich. Dies habe auch der amtsärztliche
Dienst des Beklagten in seinem Gutachten ausgeführt, indem er darauf hingewiesen habe, dass die bei der Klägerin vorliegende
geistige Behinderung dazu führe, dass ein wesentlicher Baustein der Petö-Therapie nicht für sie nutzbar sei. Diese Ausführungen
würden durch das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten des Sachverständigen Dr. J bestätigt. Dieser führe insbesondere
aus, dass die Klägerin die Petö-Therapie nicht vollständig nutzen könne. Zwar sei eine vollständige Nutzung nicht notwendig,
um eine Kostentragungspflicht des Beklagten herzuleiten. Jedoch schildere der Sachverständige weiter, dass die Fortschritte
durch die Petö-Therapie als gering zu bewerten seien und ein unterstützender Effekt nicht erkennbar sei. Auch sei in dem Gutachten
schlüssig dargelegt, dass die Klägerin aufgrund der fehlenden sprachlichen Kommunikation die Therapie in wesentlichen Punkten
nicht nutzen könne. Weiter schränke auch die Schwere der Cerebralparese den Nutzen der Therapie in vollem Umfang weiter ein,
so dass die Fortschritte der Klägerin lediglich kleine unter intensiver Unterstützung durch die Konduktoren gewesen seien.
Schlussendlich komme der Gutachter zu dem nachvollziehbaren Ergebnis, dass die durch die Petö-Therapie erreichten Ziele bei
der Klägerin auch durch Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie erreicht werden könnten. Eine Petö-Therapie sei nur sinnvoll,
wenn es noch erkennbare und definierte pädagogische Förderziele gebe, die bei der Klägerin nicht zu erkennen seien.
Die Klägerin könne auch keinen Anspruch aus § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. §
55 Abs.
2 SGB IX herleiten. Danach würden Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erbracht, insbesondere auch Hilfen zur Teilhabe
am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben. Vorliegend sei weder ersichtlich noch von der Klägerin substantiiert vorgetragen,
dass die Petö-Therapie einen derartigen Bedarf, der über den bereits gedeckten Bedarf hinausgehe, erfülle. Zudem dürften die
Ergebnisse der Petö-Therapie für eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft weitestgehend irrelevant sein. Der gerichtliche
Sachverständige habe nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass bereits seit 2013 kein qualifizierbarer Gewinn an Teilhabe
durch die Petö-Therapie zu erkennen sei. Soweit die Klägerin ausführe, dass es durch ihre Krampfanfälle ggf. derartige Rückschläge
gegeben habe, so dass die Gewinne der Petö-Therapie nicht zu erkennen seien, lägen dem Gericht hierüber keine validen Erkenntnisse
vor. Letztlich scheide auch ein Anspruch der Klägerin nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, §
26 SGB IX aus, weil die Petö-Therapie in die Anlage der nicht verordnungsfähigen Heilmittel der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses
über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung aufgenommen worden sei. Eine Leistungserbringung
als Heilmittel könne entsprechend auch nicht im Rahmen der medizinischen Rehabilitation erfolgen.
Gegen dieses ihr am 22.02.2018 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 22.03.2018 eingelegten Berufung, die
sie im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Sachverständige habe zu hohe Kriterien angelegt, um die Bedürftigkeit zur Durchführung einer Petö-Therapie zu bejahen.
Es sei ausreichend, wenn sie - die Klägerin - die einzelnen Therapieschritte zumindest teilweise habe umsetzen können. Auch
werde vom Sozialgericht verkannt, dass ihre geistige Behinderung nicht so schwerwiegend sei, dass die Petö-Therapie bei ihr
nicht habe durchgeführt werden können. So würden durch die Therapie ihre vorhandenen kognitiven Fähigkeiten, auch wenn diese
gering ausgebildet seien, angesprochen. Insbesondere werde durch die Therapie auch eine relativ gute Kopfkontrolle gewährleistet.
Hierdurch könne sie dem Schulunterricht folgen. Auch seien die im Gutachten und dem Urteil betonten Rückschritte im Wesentlichen
auf ihre seit dem 18. Lebensjahr beginnende Epilepsie zurückzuführen und nicht auf die Therapie. Auch wenn im gerichtlichen
Gutachten ausgeführt werde, dass die Petö-Therapie insbesondere für kognitiv relativ gut entwickelte Kinder in Betracht komme,
schließe dies jedoch nicht aus, dass die Therapie für sie ausgeschlossen sei. Ferner werde in dem Gutachten unzutreffender
Weise ausgeführt, dass auch ohne Petö-Therapie der Entwicklungsstand in den Jahren nach 2013 bis heute weitgehend erhalten
geblieben wäre. Ohne die Therapie (sowohl als Blocktherapie als auch kontinuierliche Therapie) wäre es zu erheblichen Rückschlägen
aufgrund der Epilepsieanfälle gekommen.
Der Senat hat den Leistungserbringer "G e.V. - Zentrum für konduktive Therapie", P, mit Beschluss vom 12.12.2018 gemäß §
75 Abs.
2 Alt. 1
SGG beigeladen. Nach entsprechender Anforderung des Senats hat der Beigeladene den Behandlungsvertrag vom 26.05.2008 eingereicht.
Auf weitere Anfrage des Senats (Schreiben vom 20.05.2020) hat der Beigeladene sodann mit Schriftsatz vom 28.05.2020 mitgeteilt,
dass die Klägerin die Therapie aus finanziellen Gründen zum 31.08.2017 beendet habe und alle Rechnungen durch die Eltern beglichen
worden seien, so dass keine weiteren offenen Verbindlichkeiten bestünden. Ferner hat der Beigeladene weitere Therapieberichte
und Stellungnahmen über die Klägerin vom 07.05.2014 22.05.2014, 14.01.2015, 24.02.2015, 25.08.2015 und 16.02.2017 eingereicht,
auf deren jeweiligen Inhalt Bezug genommen wird.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 25.01.2018 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom
05.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2015 zu verurteilen, die Kosten der Eingliederungshilfe für
die konduktive Förderung nach Petö in Form einer Blocktherapie über 20 Behandlungstage über 6 Stunden täglich sowie der Einzeltherapie
durch den Beigeladenen in der Zeit vom 01.06.2014 bis 30.09.2017 in Höhe von 11.091,32 € zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf das erstinstanzliche Urteil, das er für überzeugend hält. Insbesondere habe das gerichtliche Sachverständigengutachten
die amtsärztlichen Feststellungen bestätigt, dass eine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustandes der Klägerin seit
dem Jahr 2008 durch die Petö-Therapie nicht erreicht worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten
Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts ist unbegründet. Das Sozialgericht
hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten
vom 05.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2015 nicht i.S.d. §
54 Abs.
2 SGG beschwert, weil sich dieser als rechtmäßig erweist. Sie hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Kostenerstattung für
die vom 01.06.2014 bis 31.08.2017 bzw. (laut der Klägerin) 30.09.2017 von dem Beigeladenen als kontinuierliche Förderung oder
in Blocktherapie durchgeführte Petö-Therapie.
1.) Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 05.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
26.06.2015 (§
95 SGG), mit welchem er die Kostenübernahme für die Petö-Therapie für die Zeit ab dem 01.06.2014 abgelehnt hat. Hiergegen wendet
sich die Klägerin statthaft und auch sonst zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§
54 Abs.
1 und 4, 56
SGG, vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 9). Da die Eltern der Klägerin die aus der Durchführung der Therapie entstandenen
Verbindlichkeiten nach Auskunft des Beigeladenen (Schriftsatz vom 28.05.2020) vollständig beglichen haben, richtet sich das
Begehren nicht mehr auf Kostenübernahme im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis, sondern nur noch auf Kostenerstattung
und damit eine Geldleistung, die die Klägerin auf insgesamt 11.091,32 € beziffert.
2.) Die Klage ist jedoch unbegründet, weil der Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Kostenerstattung für die in
der Zeit vom 01.06.2014 bis 31.08.2017/30.09.2017 durchgeführten Petö-Therapien hat.
a) Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist §
15 Abs.
1 Satz 4 Alt. 2
SGB IX a.F. (s. BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 17; BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 16; BSG, Urt. v. 28.08.2018 - B 8 SO 5/17 R -, juris Rn. 13). Danach sind selbstbeschaffte Leistungen zu erstatten, wenn der Rehabilitationsträger
eine Leistung u.a. zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
b) Das Begehren der Klägerin findet hinsichtlich der ursprünglich beantragten Sachleistung seine Rechtsgrundlagen in § 19
Abs. 3 i.V.m. §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.d.F. bis 31.12.2019, nachfolgend a.F. (Leistungen der Eingliederungshilfe als Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung).
Der Beklagte ist als örtlicher Träger der Sozialhilfe für die als Eingliederungshilfe beantragte Petö-Therapie sowohl örtlich
als auch sachlich (§ 97 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 AG-SGB XII NRW i.d.F. bis 31.12.2017) zuständig. Im Übrigen ergibt sich die Zuständigkeit des Beklagten im maßgeblichen Außenverhältnis
zur Klägerin bereits aus §
14 Abs.
1 Satz 1 und Abs.
2 Satz 1
SGB IX a.F., da er hinsichtlich des hier maßgebenden Weiterbewilligungsantrags vom 23.05.2014 für die Zeit ab dem 01.06.2014 erstangegangener
Rehabilitationsträger für die beantragten Teilhabeleistungen (§§
4,
5 SGB IX a.F.) gewesen ist und den Antrag nicht (fristgerecht) an einen anderen Rehabilitationsträger, etwa die Krankenkasse, weitergeleitet,
sondern diesen vielmehr beschieden hat.
c) Die Klägerin erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen für Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, da sie wegen einer körperlichen und geistigen Behinderung i.S.d. §
2 Abs.
1 Satz 1
SGB IX a.F. in Form einer Spina Bifida mit thorakolumbaler Querschnittslähmung mit (u.a.) Bewegungsstörungen, Krampfleiden, Stuhl-
und Harninkontinenz, hochgradiger Schwerhörigkeit, Sprachentwicklungsbehinderung sowie allgemeiner Entwicklungsverzögerung
wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben eingeschränkt ist (vgl. auch § 1 Nr. 1 u. § 2 EinglHV bis 31.12.2019).
d) Bei den im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum von Juni 2014 bis September 2017 durchgeführten Petö-Therapien, ungeachtet,
ob sie in Form kontinuierlicher Förderung oder als Blocktherapien erbracht worden sind, handelt es sich bei umfassender Würdigung
der aktenkundigen Unterlagen, insbesondere der vorliegenden Therapieberichte des Beigeladenen, bereits um keine Hilfen zu
einer angemessenen Schulbildung i.S.d. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII, § 12 Nr. 1 EinglHV, weil sie nicht der sozialen, sondern der medizinischen Rehabilitation dienten. Damit ist auch (erst recht) das Vorliegen
einer privilegierten Maßnahme nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII ausgeschlossen.
Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind neben den Leistungen nach den §§
26,
33,
41 und
55 SGB IX a.F. Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der
allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Die Hilfe zu einer
angemessenen Schulbildung umfasst auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter
Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen
der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern (s. § 12 Nr. 1 EinglHV). Nach ständiger Rechtsprechung des BSG, welcher der Senat folgt, richtet sich die Abgrenzung solcher Leistungen zur sozialen Rehabilitation von Leistungen zur medizinischen
Rehabilitation nicht nach den in Betracht kommenden Leistungsgegenständen; entscheidend ist vielmehr der Leistungszweck (BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 21; BSG, Urt. v. 28.08.2018 - B 8 SO 5/17 R -, juris Rn. 19; Senat, Urt. v. 10.02.2011 - L 9 SO 11/08 -, juris Rn. 40 ff.). Leistungen der medizinischen Rehabilitation setzen an der Krankheit
selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen nach §
26 Abs.
1 SGB IX a.F. (jetzt §
42 Abs.
1 SGB IX n.F.) dazu, Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine
Verschlimmerung zu verhüten (Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden,
zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder
laufende Sozialleistungen zu mindern (Nr. 2). Leistungen der sozialen Rehabilitation zielen hingegen darauf, den Menschen,
die aufgrund ihrer Behinderung von (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft
zu ermöglichen, oder den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet,
dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Daher dienen die Leistungen der sozialen Rehabilitation
unter Zugrundelegung eines individualisierten Förderverständnisses dazu, soziale Folgen einer Behinderung zu beseitigen oder
zu mildern (BSG, Urt. v. 28.08.2018 - B 8 SO 5/17 R -, juris Rn. 21 m.w.N. zur st. Rspr.).
Für die Abgrenzung von medizinischer und sozialer Rehabilitation ist hiernach maßgeblich, ob die Therapie direkt an der Behandlung
der behinderungsbedingten Störung ansetzt oder unmittelbar die sozialen Folgen einer Behinderung beseitigen bzw. mildern soll.
Dementsprechend bleiben lediglich mittelbar verfolgte Zwecke und Ziele außer Betracht (so BSG, a.a.O. -, juris Rn. 22). Dies bedeutet nicht, dass eine Leistungserbringung, die an der Behandlung der behinderungsbedingten
Störung ansetzt, nicht gleichzeitig mit dem Ziel durchgeführt werden kann, die sozialen Folgen einer Behinderung zu beseitigen
bzw. zu mildern und umgekehrt. Eine Maßnahme kann ausgehend von einer am Einzelfall orientierten, individuellen Beurteilung
vielmehr auch mehrere unterschiedliche Zwecke haben, sodass sich die Leistungszwecke des
SGB V bzw. der medizinischen Rehabilitation und der sozialen Rehabilitation überschneiden und (bei Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen)
die Leistungspflicht des Rehabilitationsträgers für eine soziale Rehabilitation begründen können, wenn die Leistung nicht
als Leistung zur medizinischen Rehabilitation erbracht wird (BSG, a.a.O. -, juris Rn. 23 m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dieser Entscheidungsmaßstäbe hat es sich bei den durch den Beigeladenen im gesamten streitgegenständlichen
Zeitraum (01.06.2014 bis 31.08.2017/30.09.2017) der Klägerin gegenüber tatsächlich erbrachten Leistungen um unmittelbar solche
der medizinischen Rehabilitation gehandelt.
Wie der Senat in vergleichbaren "Petö-Fällen" ausgeführt hat (Urteile v. 06.12.2018 - L 9 SO 224/16 - und v. 25.07.2019 -
L 9 SO 317/17 -; die hiergegen jeweils eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden hat das BSG als unzulässig verworfen (Beschlüsse v. 31.07.2019 - B 8 SO 20/19 B -, juris und v. 04.03.2020 - B 8 SO 61/19 B -) kommt
es für die o.a. Abgrenzung nicht darauf an, dass die Petö-Therapie nach ihrem theoretischen Konzept bzw. Grundverständnis
eine konduktive, d.h. pädagogische, therapeutische und medizinische Bereiche zusammenführende Förderung darstellen will. Im
konkreten Fall ist vielmehr entscheidend, welche Aufgaben und Ziele die konkreten Maßnahmen im streitgegenständlichen Zeitraum
hatten. Hier hat der gerichtliche Sachverständige Dr. J in seinem medizinischen Gutachten vom 13.05.2017 Theorie und Verfahren
der konduktiven Therapie nach Petö überzeugend wie folgt geschildert:
"Bei der konduktiven Förderung nach Petö handelt es sich um ein multidimensionales Verfahren zur Förderung motorisch beeinträchtigter
Kinder und Jugendlicher, welches Ansätze der Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und Pädagogik miteinander verbindet und
dabei im Rahmen einer Gruppentherapie zielorientiert individuell mit den betroffenen Patienten arbeitet. Dabei bestehen die
Therapieziele in einer Verbesserung des Bewegungsradius, der Ausdauer und damit der Teilhabe in der Gesellschaft. Neben einer
Förderung motorischer Fertigkeiten werden auch kognitive, soziale und kommunikative Fähigkeiten verbessert.
Im eigentlichen Sinne ist das Therapieziel eine verbesserte Eingliederung in ein schulisches System. (Ursprünglich diente
die Therapie dem Ziel, Kinder mit Cerebralparesen lauffähig und damit überhaupt beschulbar zu machen). Dieses Ziel, auch Orthofunktion
genannt besteht in der selbständigen Eingliederung in die Gesellschaft, für Kinder vor allem in Regelkindergarten und Regelschule.
lm Mittelpunkt steht dabei die Förderung der eigenen Aktivität, um es Kindern zu ermöglichen, eigene Wege zu finden, um vorgeschlagene
Ziele zu erreichen. Dabei geht es nicht um die Defizite der Entwicklung, sondern die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten.
Das Kind soll zu Tätigkeiten angeregt werden, und diese in zielgerichteten motivierten Handlungen (sog. Operationen) erreichen.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Kommunikation, sowohl sprachfrei als auch sprachgebunden.
Im Unterschied zur klassischen Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage geht es bei der konduktiven Förderung nach
Petö nicht um die Qualität einer motorischen Handlung, sondern um das prinzipielle Gelingen. Auch ist die konduktive Therapie
als Gruppentherapie konzipiert im Gegensatz zur Krankengymnastik. Die letztere muss zur umfassenden Förderung eines mehrfach
behinderten Kindes mit anderen Therapieformen wie Ergotherapie, Logopädie und (heil)pädagogischen Maßnahmen kombiniert werden,
während die konduktive Therapie diese verschiedenen Ansätze versucht zu integrieren. Es gibt nur wenige wissenschaftliche
Studien, die eine Petötherapie mit konventionellen Fördermethoden vergleicht. Eine Arbeit von 1992 aus Deutschland (Weber
und Rochel) bei Vorschulkindern und einem Vergleichszeitraum von 2 Jahren kommt für beide Verfahren auf vergleichbare Ergebnisse.
Eine weitere Studie aus England von 1993 (Bairstow et al.) kommt zu dem Schluss, dass durchschnittlich gleiche Ergebnisse
erzielt werden konnten. Eine Überlegenheit der Petötherapie im Vergleich zu konventioneller Förderung konnte also nicht belegt
werden. Die Methode kommt vor allem für kognitiv relativ gut entwickelte Kinder in Betracht, die zu einer sinnvollen und aktiven
Mitarbeit in der Lage sind.
Die Gesellschaft für Neuropädiatie stellt dazu in einer Stellungnahme fest, dass es sich um eine pädagogisch geprägte, umfassende
Methode zur Förderung von Kindern mit vorwiegend motorischen Störungen handelt. Die der Methode zugrunde liegenden Konzepte
lassen sich am besten in einer Gruppenarbeit verwirklichen. Das Besondere der Methode ist die herausragende Rolle der Konduktorin,
die sehr verschiedene Aufgaben (s.o.) bewältigen muss, welche üblicherweise von verschiedenen Berufsgruppen übernommen werden.
Die wichtigste Aufgabe besteht darin, Fern- und Nahziele zu formulieren und zur Bewältigung dieser Ziele anzuregen. Diese
sollten vom Kind so selbständig wie möglich erreicht werden. Die Methode kommt daher insbesondere für kognitiv relativ gut
entwickelte Kinder in Betracht, die auch zu einer sinnvollen und aktiven Mitarbeit fähig sind. Weniger geeignet erscheint
die Methode für schwer- und mehrfach behinderte Kinder. (Zitiert nach Boltshauser, Schmitt, Steinlin , 1997, Aktuelle Neuropädiatrie,
Novartis Pharma Verlag Nürnberg, S. 475-484)."
Ungeachtet dieses geschilderten, ganzheitlichen Therapieansatzes knüpften die Behandlungen und Übungen hier unmittelbar an
die bestehende Krankheit der Klägerin und ihren Ursachen an. Dies ergibt sich zuvorderst aus den aktenkundigen Therapieberichten
des Beigeladenen. So wurden mit Blick auf die Klägerin in nahezu sämtlichen (fast identisch formulierten!) Therapieberichten
seit 2008/2009 (vgl. die Berichte vom 30.03.2009, 01.04.2010, 29.11.2010, 10.10.2011, 23.05.2012 und 28.04.2013), insbesondere
aber auch in den für den streitgegenständlichen Zeitraum bedeutsamen Therapieberichten vom 02.05.2014, 07.05.2014, 22.05.2014,
14.01.2015 und 16.02.2017 als "Konduktive Ziele" angegeben (hier exemplarisch der Therapiebericht vom 02.05.2014):
"Es sollten ihre (der Klägerin) Grundbewegungen (Rollen, Krabbeln) weiter gefördert werden
Es sollte ihre Rumpfstabilität gefördert werden, dadurch ihre Körperhaltung und Sitzsicherheit verbessert werden
Es sollte ihr Hantieren weiter gefördert und verbessert werden
Es sollte ihre Mundmotorik weiter gefördert werden
Es sollte ihr Stehen und Gehen weiter gefördert werden".
Dass diese Ziele durch den Beigeladenen kontinuierlich über viele Jahre seit 2008 und auch im streitigen Zeitraum durch ein
unmittelbares Ansetzen bei den behinderungsbedingt schweren motorischen Defiziten der Klägerin verfolgt worden sind, zieht
sich durch die aktenkundigen o.a. Therapieberichte wie der sprichwörtliche "rote Faden". So wird im Therapiebericht vom 02.05.2014
hinsichtlich der im Jahr 2013 verfolgten Ziele hervorgehoben, dass die Klägerin beim Drehen und Rollen ihren Zustand gut beibehalten
habe und während des Krabbelns mit Hilfe einer Person in den Armstreckschienen aktiver geworden sei. Sie habe gelernt, ihren
Kopf länger anzuheben und nach vorne zu gucken. Auch habe sich ihre Körperhaltung während des Stehens in ihrer Spreizorthese
mit Hüftkorb verbessert und sie habe gelernt, dabei ihren Kopf besser anzuheben und ihn in der Mitte zu halten. Ferner ist
ausweislich des Berichts im Rahmen der Intensivtherapie - mit wechselndem Erfolg - an der Sitzsicherheit der Klägerin gearbeitet
worden, ebenso der Beweglichkeit der rechten und linken Hand. Hinsichtlich ihrer Sprache wurde lediglich mitgeteilt, dass
diese sich nicht verändert habe und die Klägerin "launenabhängig" mal mehr, mal weniger artikuliere. Und weiter: "Ihre Körperhaltung,
ihr Sitzen und auch das Greifen, Halten, Loslassen sind in dem Alltag (zu Hause und auch in der Schule) sehr wichtig". Damit
steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Verbesserung der Bewegungsfähigkeit der Klägerin ganz im Vordergrund der Therapie
stand. Dies ist aber nichts Anderes als medizinische Rehabilitation i.S.d. §
26 Abs.
1 SGB IX. Darauf, dass die Petö-Therapie einen wesentlich breiteren Ansatz verfolgt, kommt es hinsichtlich der Abgrenzung der medizinischen
von der sozialen Rehabilitation, wie bereits erwähnt, nicht an. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die für eine Förderung
der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft besonders bedeutsamen kognitiven Fähigkeiten der Klägerin aufgrund ihrer auch geistigen
Behinderung nach den insoweit übereinstimmenden medizinischen Unterlagen so gering ausgebildet sind, dass diese auch durch
die streitige Petö-Therapie nicht unmittelbar hätten gefördert werden können. Sollte es diesbezüglich überhaupt Fortschritte
gegeben haben, was nach Aktenlage auch unter Berücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen nach Untersuchung der Klägerin
nicht objektivierbar ist, wären sie allenfalls mittelbare Folge der von Seiten des Beigeladenen nahezu ausschließlich durchgeführten
motorischen Behandlungen der Klägerin. Dass, wie die Klägerin im Rahmen der Berufungsbegründung geltend gemacht hat, durch
die Therapie ihre vorhandenen kognitiven Fähigkeiten, auch wenn diese gering ausgebildet seien, angesprochen worden seien,
ist vor dem Hintergrund des soeben erläuterten unmittelbar medizinisch-rehabilitativen Ansatzes der Behandlungen nicht maßgebend.
Die Klägerin kann in diesem Zusammenhang insbesondere nicht damit gehört werden, dass sie aufgrund der im Rahmen der Petö-Therapie
durchgeführten motorischen Übungen in der Lage gewesen wäre, dem Förderschulunterricht zu folgen und ihr deshalb der Schulbesuch
ermöglicht oder erleichtert worden sei. Wie sich aus den aktenkundigen Therapieberichten des Beigeladenen ergibt, waren die
Therapien der Klägerin erkennbar nicht auf ein bestimmtes Bildungsziel i.S.d. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII a.F., § 12 Nr. 1 EinglHV bis 31.12.2019 ausgerichtet, sondern auf die allgemeine Förderung und Stärkung ihrer motorischen Fähigkeiten (s.o.).
Abgesehen davon, dass ausweislich der Entwicklungsberichte der I-Schule (Förderschule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung),
etwa vom 01.12.2016 für das Schuljahr 2015/2016, die für den Schulbereich bedeutsame Kommunikation der Klägerin gerade durch
die Förderschule mit Hilfe eines Integrationshelfers sowie später auch einer Kommunikationshilfe mit Kopfsteuerung gefördert
worden ist - was wiederum deutliche Zweifel am von der Klägerin hergestellten Zusammenhang zwischen der Therapie und ihrer
Integration in den Klassenverband weckt -, wären etwaige positive Auswirkungen der durch die Petö-Therapie erfolgten Behandlungen
auf den Schulbesuch der Klägerin lediglich deren mittelbare Folge gewesen.
e) Aber selbst für den hier zu verneinenden Fall, dass die streitgegenständlichen Petö-Therapien unmittelbar Ziele der sozialen
Rehabilitation verfolgt hätten, kann sich der Senat keine sichere Überzeugung davon bilden, dass diese i.S.d. §
4 Abs.
1 SGB IX bzw. §
12 Nr.
1 EinglHV geeignet und notwendig, d.h. unentbehrlich gewesen wären, um die in der Ermöglichung oder Erleichterung des Schulbesuches
bestehenden Eingliederungsziele zu verwirklichen. Im Gegenteil ist der Senat davon überzeugt, dass die Petö-Therapie für die
Klägerin bereits nicht geeignet, jedenfalls aber nicht notwendig gewesen ist, die o.a. Eingliederungsziele zu verfolgen. Der
Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil an und nimmt auf sie
Bezug (§
153 Abs.
2 SGG). Insbesondere ist die Würdigung des Gutachtens des Arztes für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Dr. J vom 13.05.2017 auch
in Ansehung der eher allgemein gehaltenen Einwände der Klägerin im Berufungsverfahren nicht zu beanstanden (§
128 SGG). So hat der Sachverständige die Klägerin im April 2017 eingehend untersucht, hierbei eine ausführliche Anamnese vorgenommen,
die medizinischen und sonstigen Unterlagen einschließlich der Entwicklungsberichte des Beigeladenen vollständig ausgewertet
und ist zu einer schlüssigen, widerspruchsfreien und überzeugenden Beurteilung gelangt. Dabei ist der Sachverständige hinsichtlich
der Eignung der Petö-Therapie zur besseren Eingliederung behinderter Menschen in ein schulisches System - anders als bei der
vorgelagerten Frage der Abgrenzung der medizinischen von der sozialen Rehabilitation - zutreffend von ihrem oben geschilderten
ganzheitlichen Ansatz als multidimensionale Therapie mit Elementen der Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und Pädagogik
ausgegangen und hat diese Maßstäbe auf die individuelle Situation der Klägerin angewendet. Hierbei ist er unter Berücksichtigung
der eigenen Untersuchungsbefunde sowie der aktenkundigen, insbesondere medizinischen Unterlagen zu dem überzeugenden Ergebnis
gelangt, dass angesichts der sehr schwach entwickelten kognitiven und damit auch kommunikativen Fähigkeiten der Klägerin sowie
einer nach Aktenlage (s. etwa die ausführliche amtsärztliche Stellungnahme des Fachdienstes Gesundheit des Beklagten vom 11.09.2014)
und im Rahmen der gutachtlichen Untersuchung nachweisbar eingetretenen Verschlechterung ihrer Motorik im streitgegenständlichen
Zeitraum von September 2014 bis zum Zeitpunkt der Untersuchung im April 2017 ein gegenüber den "klassischen" und bei der Klägerin
auch parallel zum Einsatz gelangten Heilmitteltherapien wie Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie bestehender "Mehrwert"
der Petö-Therapie im Sinne eines zusätzlichen Nutzens für die Teilhabe, insbesondere im Bereich der Beschulung, nicht erkennbar
ist. Auch hat der Sachverständige unter Auswertung der Therapieberichte des Beigeladenen schlüssig darauf hingewiesen, dass
selbst hinsichtlich der motorischen Behandlungen im Zeitraum 2013 bis 2017 keine objektivierbaren Fortschritte bei der Klägerin
erkennbar waren, die auf eine immer wie geartete Überlegenheit der Petö-Therapie gegenüber den klassischen o.a. Heilmitteln
bei ihr hätten schließen lassen. So wurden beispielsweise im Therapiebericht vom 14.01.2015 ausdrücklich die Verschlechterungen
bzw. fehlenden Fortschritte im Bereich der Grundbewegung, der Rumpfstabilität, des Hantierens, der Mundmotorik sowie des Stehens
und Gehens konstatiert. Auch hat die Klägerin selbst eingeräumt, dass es bei ihr letztlich nicht um eine Verbesserung ihrer
motorischen und kognitiven Fähigkeiten geht, sondern die Abwehr weiterer Verschlechterungen, was jedoch im streitigen Zeitraum
ausweislich der Unterlagen sowie des gerichtlichen Sachverständigengutachtens eben leider nicht gelungen ist. Zu Recht hat
der Sachverständige deshalb im Hinblick auf die schweren Behinderungen der Klägerin zusammenfassend ausgeführt, dass das Verfolgen
pädagogischer Förderziele, wie sie die Petö-Therapie ja als primäres Mittel der Wahl zur schulischen Eingliederung definiert,
bei der Klägerin auf der Grundlage ihres ganzheitlichen Ansatzes unter der Voraussetzung bestehender kognitiver Fähigkeiten
gar nicht möglich gewesen ist, und selbst die von dem Beigeladenen vorgegebenen motorischen Therapieziele wie selbstständiges
Stehen oder Krabbeln nicht realistisch gewesen sind. Maßgeblich wären vielmehr ein bewussterer Einsatz der rechten Hand gewesen,
um z.B. technische Hilfen bedienen zu können, sowie eine Verbesserung der Kommunikation, die bei der Klägerin jedoch nur mit
technischen Hilfsmitteln wie dem Einsatz von Bildkarten und einem sogenannten Alpha-Talker zu verwirklichen gewesen wären.
Und genau hier fehlt es nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen an dem Nachweis, dass nur die Petö-Therapie,
insbesondere weil sie bei der Klägerin nur im Rahmen motorischer Behandlungen bzw. Übungen zum Einsatz gelangen konnte, ihre
Teilhabe in der Schule und auch allgemein am gesellschaftlichen Leben gewährleisten konnte. Im Gegenteil hält es auch der
Senat für überzeugend, dass der Entwicklungsstand der Klägerin auch durch die klassischen Heilmittel wie Physiotherapie, Ergotherapie
und Logopädie, welche bei ihr im streitigen Zeitraum ebenfalls zum Einsatz gekommen sind, gehalten werden konnte. Insbesondere
ist auch hier auf die intensive Förderung der Klägerin im kommunikativ-kognitiven Bereich durch die I-Schule einschließlich
des Einsatzes eines Integrationshelfers sowie technischer Hilfsmittel zu verweisen, die im Rahmen der Petö-Therapie aufgrund
der Mehrfachbehinderung der Klägerin gar nicht möglich gewesen ist. Angesichts dieses objektivierbaren Ergebnisses ist die
Behauptung der Klägerin, dass gerade die Petö-Therapie auch angesichts ihrer seit dem 18. Lebensjahr aufgetreten epileptischen
Anfälle eine weitere Verschlechterung ihres Zustandes verhindert hätte und sie durch diese Therapien besser in die Schule
habe eingegliedert werden können, eine nach dem Gutachtenergebnis unter Berücksichtigung der sonstigen aktenkundigen Unterlagen
nicht zu vertretende Spekulation. Nach alledem ist im Fall der Klägerin die Eignung und erst recht die Erforderlichkeit bzw.
Notwendigkeit der Petö-Therapie zur Ermöglichung und Erleichterung des Schulbesuchs sowie der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft
nicht nachgewiesen.
f) Endlich scheidet eine Leistungsverpflichtung des Beklagten nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII mit Blick auf die hier vorliegenden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (s.o.) aus. Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII entsprechen die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation den Rehabilitationsleistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung.
Wie bei der Hilfe zur Gesundheit (§ 52 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) werden die Leistungen der medizinischen Rehabilitation mit den Leistungen der Krankenversicherung so verknüpft, dass sie
nach Art und Umfang nicht über die Leistungen des
SGB V hinausgehen. Nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen
Versorgung <Heilmittel-RL> (hier i.d.F. vom 21.12.2004, BAnz 2005, S 4995; §
138, §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
6 SGB V i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190) gehört die sog. konduktive Therapie nach Petö zu den nichtverordnungsfähigen Heilmitteln (II 8. und 15. i.V.m. der Anlage Nichtverordnungsfähige Heilmittel Abschnitt a Nr. 12 der Heilmittel-RL). Scheidet danach eine Leistungspflicht des Beklagten aus, ist auch die für die Klägerin zuständige Krankenkasse nicht zur
Leistung verpflichtet (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 28.08.2018 - B 8 SO 5/17 R -, juris Rn. 27), so dass deren Beiladung insoweit nicht erforderlich gewesen ist.
3.) Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG.
4.) Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG) bestehen nicht.