Anspruch auf Altersrente; Rückausgleich beim Versorgungsausgleich nach dem Tod der ausgleichsberechtigten Person; Berechnung
der 36-Monatsfrist des § 37 Abs. 2 VersAusglG
Gründe:
I
Der Kläger begehrt Altersrente ohne versorgungsausgleichsbedingte Kürzung.
Der 1942 geborene Kläger bezieht seit Oktober 2005 Altersrente für langjährig Versicherte. Er war seit 1968 mit der 1945 geborenen
und im Januar 2010 verstorbenen I. J. verheiratet. 2006 wurde die Ehe geschieden (Urteil des Amtsgerichts St. Wendel - Familiengericht
- vom 30.10.2006). Durch das Scheidungsurteil wurden Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe
von monatlich 492,69 Euro (bezogen auf das Ende der Ehezeit am 28.2.2006) im Wege des Splittings von dem Versichertenkonto
des Klägers auf das Konto seiner geschiedenen Ehefrau übertragen. Die Entscheidung zum Versorgungsausgleich war seit dem 19.12.2006
rechtskräftig. Die Rechtskraftmitteilung des Familiengerichts ging bei der Beklagten am 3.1.2007 ein.
Mit Bescheid vom 18.1.2007 berechnete die Beklagte die Altersrente des Klägers neu und zahlte ab 1.3.2007 nur noch die um
den Abschlag aus dem Versorgungsausgleich um 18,8553 Entgeltpunkte geminderte Rente. Zugleich wurde die der geschiedenen Ehefrau
des Klägers bereits seit Februar 2005 gezahlte Altersrente für Frauen neu festgesetzt und ab dem 1.3.2007 um den Zuschlag
aus dem Versorgungsausgleich erhöht. Für die Monate Januar und Februar 2007 leistete die Beklagte gemäß § 1587p
BGB den von der geschiedenen Ehefrau erworbenen Rentenanteil aus dem Versorgungsausgleich mit schuldbefreiender Wirkung an den
Kläger.
Nach dem Tod seiner geschiedenen Ehefrau beantragte der Kläger im Januar 2010 die Anpassung seiner Altersrente wegen des Todes
der ausgleichsberechtigten Person nach § 37 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) mit dem Ziel, die Rente ohne versorgungsausgleichsbedingte Kürzung zu erhalten. Dies lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom
5.2.2010, Widerspruchsbescheid vom 1.7.2010). Dem beantragten "Rückausgleich" stehe die Bestimmung des § 37 Abs 2 VersAusglG entgegen. Denn seine geschiedene Ehefrau habe länger als 36 Monate Rente aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht
bezogen. Die Monate Januar und Februar 2007 seien in diesen Bezugszeitraum einzubeziehen.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.2.2011). Auf die Berufung des Klägers hat das LSG das erstinstanzliche Urteil sowie
den Bescheid der Beklagten vom 5.2.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.7.2010 aufgehoben und die Beklagte verurteilt,
die Altersrente des Klägers ab 1.2.2010 ohne versorgungsausgleichsbedingte Kürzung zu zahlen (Urteil vom 17.9.2013). Die Anpassung
sei nicht nach § 37 Abs 2 VersAusglG ausgeschlossen, denn die verstorbene geschiedene Ehefrau des Klägers habe die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich
erworbenen Anrecht lediglich 35 Monate bezogen. Beginn und Ende des für § 37 Abs 2 VersAusglG maßgebenden Versorgungsbezugs der verstorbenen ausgleichsberechtigten Person ergäben sich aus dem Rentenbescheid. Danach
sei der geschiedenen Ehefrau des Klägers erst ab 1.3.2007 die Rente unter Berücksichtigung des im Versorgungsausgleich erworbenen
Anrechts gezahlt worden. Die Monate Januar und Februar 2007 seien nicht als Monate des Versorgungsbezugs im Rahmen des § 37 Abs 2 VersAusglG zu berücksichtigen. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Norm, der auf einen tatsächlichen Bezug der Versorgung
durch den Ausgleichsberechtigten aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht abstelle. Dies sei vorliegend in den Monaten
Januar und Februar 2007 aber nicht geschehen. Vielmehr habe die Beklagte in diesem Zeitraum nach § 1587p
BGB schuldbefreiend an den Kläger gezahlt. Diese Zahlungen erfolgten aber nicht aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht,
sondern "aus den noch nicht reduzierten Beitragsansprüchen des Klägers". Dies gelte auch für die vom Kläger für diese beiden
Monate geleisteten Ausgleichszahlungen an seine geschiedene Ehefrau. Denn diese resultierten "aus dem im Gefolge des Versorgungsausgleichs
entstandenen schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch des § 1587p
BGB". Für eine erweiternde Auslegung des § 37 Abs 2 VersAusglG bestehe kein Raum. Die Norm sei nicht als Schutzvorschrift für den Rentenversicherungsträger, sondern als Härteausgleich
zugunsten des Ausgleichsverpflichteten konzipiert. Da sich § 37 Abs 2 VersAusglG erheblich von der Vorgängerregelung in § 4 Abs 2 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) unterscheide, könne nicht auf die hierzu ergangene Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14.2.1990 - 1 RA 111/88 - BSGE 66, 192 = SozR 3-5795 § 4 Nr 1) zurückgegriffen werden.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 37 Abs 2 VersAusglG. Die vom Versorgungsausgleich umfassten Rentenleistungen, die von einem Rentenversicherungsträger nach § 1587p
BGB mit schuldbefreiender Wirkung an die ausgleichspflichtige Person erbracht worden seien, seien als Versorgungsbezug des Ausgleichsberechtigten
im Rahmen des § 37 Abs 2 VersAusglG zu berücksichtigen. Wie bei der Vorgängervorschrift des § 4 VAHRG sei auch bei § 37 VersAusglG allein der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft und der Wirksamkeit der rechtsgestaltenden Entscheidung des Familiengerichts
über den Versorgungsausgleich zwischen den geschiedenen Ehegatten maßgeblich. Insoweit habe der Gesetzgeber mit der sprachlichen
Neufassung der Vorschrift des § 37 Abs 2 VersAusglG keine Änderung bezweckt. Für deren Auslegung könne daher weiterhin auf die zu § 4 Abs 2 VAHRG ergangene Rechtsprechung des BSG zurückgegriffen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. September 2013 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil
des Sozialgerichts Nürnberg vom 17. Februar 2011 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Im Gegensatz zur Vorgängerbestimmung des § 4 Abs 2 VAHRG stelle § 37 Abs 2 VersAusglG seinem eindeutigen Wortlaut nach auf den tatsächlichen Leistungsbezug ab. Auch im Hinblick auf die grundlegende Veränderung
und Neustrukturierung des Versorgungsausgleichsrechts könne die Rechtsprechung zu § 4 VAHRG nicht auf die Regelung des § 37 VersAusglG übertragen werden. Nicht der Zeitpunkt der rechtsgestaltenden Wirkung der familiengerichtlichen Entscheidung sei maßgeblich,
sondern der faktische tatsächliche Zahlungsempfang im Rahmen einer Versorgungsleistung. Zudem handele es sich bei der Vorschrift
des § 37 Abs 2 VersAusglG um eine Härtefallregelung zugunsten des Ausgleichspflichtigen und nicht um eine Schutzvorschrift für den Rentenversicherungsträger.
Aus diesem Grunde gebiete Art
14 GG eine Auslegung zugunsten des Ausgleichspflichtigen. Es stelle bereits einen schwerwiegenden Eingriff in das Eigentumsrecht
dar, dass der ausgleichspflichtige Ehegatte bei Überschreitung des Zeitraums von 36 Monaten weiterhin eine Kürzung seiner
Rentenbezüge hinnehmen müsse, obwohl der ausgleichsberechtigte Ehegatte zwischenzeitlich verstorben sei. Noch weitergehende
Einschränkungen seines Eigentumsrechts seien dem ausgleichspflichtigen Ehegatten nicht zuzumuten, wenn § 37 Abs 2 VersAuslG
seinen Sinn und Zweck als Härtefallregelung erfüllen solle.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt
(§
124 Abs
2, §
153 Abs
1, §
165 S 1
SGG).
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet.
Das Urteil des LSG verletzt Bundesrecht (§
162 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anpassung des Versorgungsausgleichs wegen des Todes seiner ausgleichsberechtigten geschiedenen
Ehefrau. Die Voraussetzungen der Anpassungsregelung nach § 37 Abs 2 VersAusglG liegen nicht vor (dazu unter 1.). Diese Bestimmung ist verfassungsgemäß (dazu unter 2.).
1. Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 37 VersAusglG in der ab 1.9.2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 3.4.2009 (BGBl
I 700) in Betracht. Die Vorgängerregelung in § 4 VAHRG findet keine Anwendung, denn der Kläger hat den Antrag auf Anpassung nach dem 31.8.2009 gestellt (vgl § 49 VersAusglG).
a) § 37 Abs 1 S 1 VersAusglG bestimmt, dass bei Tod der ausgleichsberechtigten Person ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag nicht länger
auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt wird. § 37 Abs 2 VersAusglG schränkt diese Regelung dahingehend ein, dass die Anpassung - sog "Rückausgleich" - nur stattfindet, wenn die ausgleichsberechtigte
Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate bezogen hat.
Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl §
163 SGG) sind die Voraussetzungen des § 37 Abs 2 VersAusglG für die Anpassung wegen des Todes der ausgleichsberechtigten Person im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Denn die verstorbene
geschiedene Ehefrau des Klägers hat die Rente aus ihrem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht 37 Monate bezogen, und
zwar von Januar 2007 (= Kalendermonat, zu dessen Beginn die Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich
rechtskräftig und wirksam wurde und damit der Versorgungsausgleich durchgeführt war, §
100 Abs
1 S 1
SGB VI - nicht §
101 Abs
3 S 1
SGB VI in der Fassung von Art 4 Nr
5 VAStrRefG, da diese Bestimmung gemäß Art 23 VAStrRefG erst am 1.9.2009 in Kraft getreten ist) bis Januar 2010 (= Sterbemonat,
§
102 Abs
5 SGB VI).
Zu Recht hat die Beklagte die Monate Januar und Februar 2007, für die sie gemäß § 1587p
BGB in seiner hier maßgeblichen, bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung (weggefallen gemäß Art 3 Nr 5 VAStrRefG mit Wirkung vom
1.9.2009) den von der verstorbenen geschiedenen Ehefrau auf Grund des Versorgungsausgleichs erworbenen Rentenanteil noch an
den Kläger gezahlt hat, bei der Bestimmung des dreijährigen Bezugszeitraums iS des § 37 Abs 2 VersAusglG berücksichtigt. Auch die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des § 1587p
BGB seitens der Beklagten lagen vor (vgl hierzu allgemein BSGE 66, 192, 194 = SozR 3-5795 § 4 Nr 1 S 3 f). Sie erhielt von der Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung zum Versorgungsausgleich
am 3.1.2007 Kenntnis. Die Beklagte durfte daher noch bis zum Ablauf des Monats Februar 2007 die Altersrente in Höhe des Teilbetrags,
welcher den im Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaften entsprochen hat, mit schuldbefreiender Wirkung an den
ausgleichsverpflichteten Kläger leisten, und die ausgleichsberechtigte geschiedene Ehefrau des Klägers musste diese Leistung
gegen sich gelten lassen.
b) Das BSG hat mit Urteil vom 14.2.1990 (BSGE 66, 192 = SozR 3-5795 § 4 Nr 1) zur Vorgängerregelung des § 4 Abs 2 VAHRG entschieden, dass zu den Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht auch die für die Dauer der Schutzfrist
des § 1587p
BGB noch an den ausgleichsverpflichteten Ehegatten bewirkten Leistungen gehören. Dies folge aus dem Wesen des Versorgungsausgleichs
in Form des sog "Splittings" (Übertragung von Rentenanwartschaften) und insbesondere der darüber ergehenden Entscheidung des
Familiengerichts. Mit der Rechtskraft und aus der daraus folgenden Wirksamkeit des Splitting-Beschlusses des Familiengerichts
- an dessen Inhalt die Rentenversicherungsträger ebenso wie die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gebunden seien - sei auf
Grund dessen rechtsgestaltender Wirkung der Versorgungsausgleich durchgeführt und der Ausgleichsberechtigte, soweit er bereits
Rentenbezieher sei, berechtigt, die rentenerhöhende Berücksichtigung der übertragenen Rentenanwartschaft bei seiner Rente
zu verlangen. Am Tag der Wirksamkeit des Splitting-Beschlusses hätten sich unmittelbar das Versicherungskonto des Ausgleichsberechtigten
erhöht und dasjenige des Ausgleichsverpflichteten entsprechend vermindert. Zwar bedürfe es noch der rentenversicherungsrechtlichen
Umsetzung des Versorgungsausgleichs, weil erst damit der wirtschaftliche Zustand hergestellt werde, der für die geschiedenen
Eheleute auf Grund der Entscheidung des Familiengerichts gelten solle. Dabei handele es sich jedoch lediglich um eine nachvollziehende
Rentenberechnung von nur noch deklaratorischer Bedeutung (BSGE 66, 192, 195 = SozR 3-5795 § 4 Nr 1 S 4 mwN).
Ungeachtet der Schutzvorschrift des § 1587p
BGB und der daraus folgenden Berechtigung des Rentenversicherungsträgers zur vorübergehenden Fortzahlung der (ungekürzten) Rente
an den Ausgleichsverpflichteten sei - angesichts der konstitutiv-rechtsgestaltenden Wirkung der Entscheidung des Familiengerichts
über den Versorgungsausgleich - derjenige Teil der Rente des Ausgleichsverpflichteten, der den von seinem Rentenkonto abgesplitteten
Werteinheiten (seit 1.1.1992: Entgeltpunkte, vgl §
264 S 1
SGB VI) entspreche, vom Tag der Wirksamkeit und Rechtskraft der Entscheidung des Familiengerichts an eine "Leistung aus dem im Versorgungsausgleich
erworbenen Anrecht" iS des § 4 Abs 2 VAHRG. Nicht erforderlich sei im Rahmen dieser Bestimmung hingegen, dass die tatsächliche Erbringung dieser Leistung an den Ausgleichsberechtigten
erfolgt sei. Auch mit der Zahlung des auf den übertragenen Rentenanwartschaften beruhenden Teils der Rente an den ausgleichsverpflichteten
Ehegatten gemäß § 1587p
BGB würden vom Rentenversicherungsträger iS des § 4 Abs 2 VAHRG Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht "gewährt" (BSGE 66, 192, 196 f = SozR 3-5795 § 4 Nr 1 S 5 f).
c) An dieser Rechtsprechung des BSG ist in ihren wesentlichen Kernaussagen festzuhalten. Dem steht nicht entgegen, dass die Regelung des § 4 Abs 2 VAHRG mit Wirkung vom 1.9.2009 durch die mit dem VAStrRefG neu eingeführte Bestimmung des § 37 Abs 2 VersAusglG abgelöst worden ist. Auch im Rahmen des § 37 Abs 2 VersAusglG gilt die Übergangszeit, in der ein Rentenversicherungsträger im Rahmen eines durchgeführten Versorgungsausgleichs die Rente
ohne versorgungsausgleichsbedingte Kürzung (hier noch) gemäß § 1587p
BGB (vgl ab 1.9.2009 die Nachfolgebestimmung in § 30 VersAusglG, die im Wesentlichen § 1587p
BGB entspricht, vgl Brudermüller in Palandt,
BGB, 74. Aufl 2015, § 30 VersAusglG RdNr 1) mit schuldbefreiender Wirkung an den Ausgleichsverpflichteten vorübergehend weiter erbracht hat, als Zeit des Versorgungsbezugs
der ausgleichsberechtigten Person. Denn materiell-rechtlich steht ihr diese Leistung zu.
aa) § 37 Abs 2 VersAusglG weicht zwar von der Vorgängerbestimmung des § 4 Abs 2 VAHRG in mehrfacher Hinsicht ab:
Zweck der Neufassung war insbesondere, die als zu kompliziert empfundene Berechnungsvorschrift des § 4 Abs 2 VARHG zu vereinfachen
(vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung eines VAStrRefG vom 20.8.2008, BT-Drucks 16/10144, S 76 [zu § 37]).
So lag in § 4 Abs 2 S 1 VAHRG die Grenze, ab der Kürzungen infolge des Versorgungsausgleichs nicht mehr rückgängig gemacht wurden, bei zwei Jahresbeträgen
des im Versorgungsausgleich übertragenen Anrechts. Waren dem Ausgleichsberechtigten aus dem Anrecht bereits Leistungen gewährt
worden, lag diese (Wert-)Grenze bei "insgesamt zwei Jahresbeträge(n) einer auf das Ende des Leistungsbezugs ohne Berücksichtigung
des Zugangsfaktors berechneten Vollrente wegen Alters aus der allgemeinen Rentenversicherung".
Anders als § 4 Abs 2 VAHRG stellt § 37 Abs 2 VersAusglG nicht mehr auf die - zum Teil schwer zu bestimmende - Höhe der bezogenen Leistungen ab, sondern ausschließlich darauf, ob
eine Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht durch den Ausgleichsberechtigten nicht länger als 36 Monate
bezogen worden ist. Entscheidend für die Anpassung wegen des Todes der ausgleichsberechtigten Person ist also allein die Zeit
des Versorgungsbezugs. Damit ist zugleich die Grenze, bis zu der ein Versorgungsbezug des Ausgleichsberechtigten einer Anpassung
wegen dessen Todes zugunsten des Ausgleichsverpflichteten nicht entgegensteht, gegenüber dem früheren Recht - wenn auch durch
die gleichzeitige Umstellung von einer Wert- auf eine Zeitgrenze anders nuanciert - um ein Jahr verlängert worden (vgl Wick,
Der Versorgungsausgleich, 3. Aufl 2013, RdNr 904; kritisch zu dieser Verlängerung Ruland, Versorgungsausgleich, 3. Aufl 2011,
RdNr 977).
Des Weiteren kommt es - anders als nach dem bisherigen Recht - im Rahmen des § 37 Abs 2 VersAusglG nur darauf an, ob die ausgleichsberechtigte Person Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht "bezogen"
hat (vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung eines VAStrRefG, aaO). Durch das Abstellen auf den Versorgungsbezug
des Ausgleichsberechtigten in § 37 Abs 2 VersAusglG soll (lediglich) klargestellt werden, dass bei der Bestimmung des anpassungsunschädlichen Dreijahreszeitraums eines Versorgungsbezugs
- anders als bei der Bestimmung der Wertgrenze in § 4 Abs 2 VARHG - Zahlungen an Hinterbliebene des Ausgleichsberechtigten
aus dem im Versorgungsaugleich erworbenen Anrecht außer Betracht bleiben (vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
eines VAStrRefG, aaO; Brudermüller, aaO, § 37 VersAusglG RdNr 2; Gräper in Münchener Kommentar zum
BGB, 6. Aufl 2013, § 37 VersAusglG RdNr 9; Ruland, aaO, RdNr 977; Schmeiduch in Soergel,
BGB, Bd 18a, 13. Aufl 2012, § 37 VersAusglG RdNr 33).
bb) Hingegen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber des VAStrRefG im Rahmen der Neuregelung des "Rückausgleichs"
nach § 37 VersAusglG die konstitutivrechtsgestaltende Wirkung der familiengerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich als Grundlage
und Ausgangspunkt der Regelungen zur Begrenzung des Rückausgleichs beseitigen wollte.
In den Gesetzesmaterialien zum VAStrRefG finden sich hierfür an keiner Stelle Hinweise. Etwas anderes ergibt sich auch nicht
aus dem Wortlaut des § 37 Abs 2 VersAusglG, wenn dort für die Bestimmung des anpassungsunschädlichen Dreijahreszeitraums ausschließlich darauf abgestellt wird, ob die
ausgleichsberechtigte Person selbst Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen hat. Denn durch
diese Formulierung soll - wie oben bereits ausgeführt - insbesondere klargestellt werden, dass der Bezug von Leistungen durch
Hinterbliebene des Ausgleichsberechtigten einer Aufhebung der versorgungsausgleichsbedingten Rentenkürzung bei dem Ausgleichspflichtigen
nicht entgegenstehen soll.
Unverändert gilt daher, dass mit der Rechtskraft und der daraus folgenden Wirksamkeit der Entscheidung des Familiengerichts
(vgl § 224 Abs 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) der Versorgungsausgleich durchgeführt bzw vollzogen ist (vgl §
52 Abs
1 S 3
SGB VI in der seit 1.9.2009 geltenden Fassung des VAStrRefG; Brudermüller, aaO, § 30 VersAusglG RdNr 1). Von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn der Versorgungsausgleich durchgeführt ist, ist die Rente des Ausgleichsberechtigten
auf Grund des Versorgungsbezugs zu erhöhen (vgl § 101 Abs 3 S 1 in der Fassung des VAStrRefG). Ab diesem Zeitpunkt ist der
bereits rentenbeziehende Ausgleichsberechtigte berechtigt, die rentenerhöhende Berücksichtigung der übertragenen Rentenanwartschaften
durch einen entsprechenden Zuschlag an Entgeltpunkten (vgl §
76 SGB VI) bei seiner Rente zu verlangen. Er allein ist also Gläubiger der Rentenleistungen aus den im Versorgungsausgleich übertragenen
Rentenanwartschaften, und der Rentenversicherungsträger ist - vorbehaltlich der Inanspruchnahme des ihm von § 1587p
BGB (bzw nunmehr: § 30 VersAusglG) eingeräumten Schuldnerschutzes - auch nur ihm gegenüber nicht nur leistungsberechtigt, sondern auch leistungsverpflichtet
(vgl bereits BSGE 54, 87, 90 = SozR 7610 § 1587p Nr 1 S 3).
cc) Mit der Zahlung des auf den übertragenen Rentenanwartschaften beruhenden Teils der Rente an den ausgleichsverpflichteten
Ehegatten gemäß § 1587p
BGB sind auch iS des § 37 Abs 2 VersAusglG Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht vom Ausgleichsberechtigten "bezogen" worden. Dies entspricht
dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs. Denn bereits mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs erwirbt der ausgleichsberechtigte
Ehegatte eine eigenständige, vom Rentenversicherungsverhältnis des ausgleichspflichtigen Ehegatten losgelöste Versorgung (vgl
BVerfGE 53, 257, 302 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 11; BVerfGE 80, 297, 312 = SozR 5795 § 4 Nr 8 S 28; BVerfG NJW 2014, 2093 RdNr 48, 59; BVerfG [Kammer] NJW 2015, 686 RdNr 21; BGH NZS 2013, 588, 589 [RdNr 15]).
Nicht gefolgt werden kann dem LSG darin, dass im Rahmen des § 37 Abs 2 VersAusglG ein dem Ausgleichsberechtigten zuzurechnender Bezug einer Versorgung nur dann vorliege, wenn diese unmittelbar an den Ausgleichsberechtigten
gezahlt werde. Ausreichend ist vielmehr, dass die "Versorgung" vom Rentenversicherungsträger mit schuldbefreiender Wirkung
gegenüber dem Ausgleichsberechtigten, sei es mit dessen Zustimmung, sei es Kraft Gesetzes, an eine dritte Person geleistet
wird (vgl Ruland, aaO, RdNr 983; Wick, aaO, RdNr 904; Schmeiduch, aaO, § 37 VersAusglG RdNr 32). Insoweit gilt im hier vorliegenden Fall der Inanspruchnahme des § 1587p
BGB durch den Rentenversicherungsträger, dass der vom Versorgungsausgleich erfasste Teil einer Rente, der vom Rentenversicherungsträger
in der Übergangszeit mit schuldbefreiender Wirkung an den - materiell nicht mehr berechtigten - Ausgleichspflichtigen erbracht
wird, die aber der - nunmehr materiell berechtigte - Ausgleichsberechtigte als Rechtsinhaber gegen sich gelten lassen muss,
für diesen bereits eine "Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht" ist. Dieser Teil der Rente ist daher
auch im Rahmen des § 37 Abs 2 VersAusglG als Versorgungsbezug des Ausgleichsberechtigten zu berücksichtigen.
Für die vom Rentenversicherungsträger gemäß § 1587p
BGB noch an den Ausgleichspflichtigen geleisteten Zahlungen folgt dies zudem aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift. Sie bezweckt
ausschließlich einen Schuldnerschutz zugunsten des Rentenversicherungsträgers, um diesen vor Doppelleistungen bei gleichzeitiger
Rentenberechtigung beider Ehegatten zu bewahren. Dieser Schuldnerschutz ist deshalb erforderlich, weil der Rentenversicherungsträger
regelmäßig erst einige Zeit nach Rechtskraft des Splitting-Beschlusses des Familiengerichts davon Kenntnis erhält (hier: erst
am 15. Tag nach eingetretener Rechtskraft) und er diese Entscheidung sowohl bei der ausgleichsberechtigten als auch der ausgleichspflichtigen
Person zahlungstechnisch noch umsetzen muss, wobei er mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der automatisierten Massenverwaltung
einen Umstellungszeitraum von mindestens einem Monat hat (vgl BSGE 54, 87, 90 = SozR 7610 § 1587p Nr 1 S 3; BSGE 66, 192, 197 = SozR 3-5795 § 4 Nr 1 S 6). Hingegen dient § 1587p
BGB nicht dem Schutz oder auch nur dem Interesse des Ausgleichsverpflichteten. Vielmehr setzt die Vorschrift gerade voraus, dass
der Ausgleichsverpflichtete vom Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft und Wirksamkeit des Splitting-Beschlusses des Familiengerichts
an materiell-rechtlich nicht mehr Gläubiger des auf den übertragenen Anwartschaften beruhenden Teils der ihm bis zum Ablauf
der Schutzfrist in unveränderter Höhe fortgezahlten Rente ist (BSGE 66, 192, 197 = SozR 3-5795 § 4 Nr 1 S 6). Folgerichtig bleiben auch die bei Anwendung der Schuldnerschutzregelung des § 1587p
BGB seitens des Rentenversicherungsträgers entstehenden bereicherungsrechtlichen Ansprüche des Ausgleichsberechtigten (gemäß
§§
812,
816 Abs
2 BGB) gegenüber dem Ausgleichspflichtigen, denen vorliegend der Kläger gegenüber seiner früheren Ehefrau nachgekommen ist, unberührt.
2. Umstände, die eine Verfassungswidrigkeit des § 37 Abs 2 VersAusglG begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Das BVerfG hat bereits in seiner Entscheidung vom 5.7.1989 (BVerfGE 80, 297 = SozR 5795 § 4 Nr 8) zu der Vorgängerregelung in § 4 Abs 2 VAHRG entschieden, dass es nicht gegen Art
14 Abs
1 S 1
GG, Art
6 Abs
1 GG und Art
3 Abs
2 GG verstößt, dass beim Vorversterben des ausgleichsberechtigten Ehegatten die Kürzung der Versorgung des Ausgleichsverpflichteten
nur dann entfällt, wenn die auf Grund des Versorgungsausgleichs gewährten Leistungen innerhalb der von § 4 Abs 2 VAHRG bestimmten (engen) Grenzen liegen (zur grundsätzlichen Verfassungsmäßigkeit des Versorgungsausgleichs: BVerfGE 53, 257 = SozR 7610 § 1587 Nr 1; vgl zuletzt BVerfG [Kammer] NJW 2015, 686 RdNr 20). Durch die zum 1.9.2009 in Kraft getretene Neuregelung des "Rückausgleichs" bei Tod des Ausgleichsberechtigten in
§ 37 Abs 2 VersAusglG sind keine Gründe hinzugetreten, die zu einer anderen Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit führen könnten. Vielmehr ist in
dieser Norm die Grenze, bis zu der ein Versorgungsbezug des Ausgleichsberechtigten einer Anpassung nicht entgegensteht, gegenüber
dem früheren Recht zugunsten des Ausgleichspflichtigen mit der Umstellung von einer Wert- auf eine Zeitgrenze faktisch sogar
um ein Jahr (von 24 auf 36 Monate) verlängert worden (zur Verfassungsmäßigkeit des § 37 Abs 2 VersAusglG vgl auch LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 10.10.2013 - L 1 R 471/12 - Juris RdNr 14; LSG für das Saarland Urteil vom 29.3.2012 - L 1 R 78/11 - Juris RdNr 21; VG Ansbach Urteil vom 1.2.2011 - AN 1 K 10.02237 - Juris RdNr 37-52).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.