Anspruch auf Elterngeld; Rechtmäßigkeit der Anknüpfung der Bemessung an die Lebensmonate des Kindes
Gründe:
I
Streitig ist die Höhe des Elterngeldanspruchs des Klägers.
Der Kläger wurde am 19.6.2007 Vater eines Sohnes und beantragte am 18.9.2007 bei der beklagten Freien und Hansestadt Hamburg
Elterngeld. Dazu legte er eine Bestätigung seines Arbeitgebers über die vom 1.10.2007 bis 30.11.2007 beantragte Elternzeit
vor. Mit Bescheid vom 20.9.2007 gewährte die Beklagte dem Kläger Elterngeld für den vierten und fünften Lebensmonat seines
Sohnes. Für den vierten Lebensmonat (19.9.2007 bis 18.10.2007) errechnete sie einen Elterngeldanspruch in Höhe von 848,65
Euro, für den fünften Lebensmonat (19.10.2007 bis 18.11.2007) in Höhe von 1423,25 Euro. Die Beklagte legte ihrer Berechnung
ein im Zeitraum von Juni 2006 bis Mai 2007 erzieltes, durchschnittliches monatliches Erwerbseinkommen des Klägers in Höhe
von 1931,13 Euro netto zugrunde, wobei sie das dem Kläger von seinem Arbeitgeber im Juni 2006 ausgezahlte Urlaubsgeld in Höhe
von 993 Euro sowie das im November 2006 ausgezahlte Weihnachtsgeld in Höhe eines regelmäßigen festen Bruttomonatsgehaltes
von 3236 Euro außer Acht ließ. Für den vierten Lebensmonat des Sohnes berücksichtigte die Beklagte das vom Kläger in der Zeit
vom 19.9. bis 30.9.2007 erzielte Einkommen. Schließlich erhöhte sie das danach zustehende Elterngeld wegen eines weiteren
unter dreijährigen, im selben Haushalt lebenden Kindes um zehn Prozent.
Der Kläger erhob gegen diese Entscheidung Widerspruch und machte geltend: Die Bewilligung für den vierten und fünften Lebensmonat
entspreche nicht seinem Antrag. Vielmehr habe er Elterngeld für die beiden Kalendermonate Oktober und November 2007 beantragt.
Die davon abweichenden Eintragungen im Vordruck habe die Beklagte gegen seinen Willen vorgenommen. Die Anknüpfung an die Lebensmonate
des Kindes sei rechtswidrig und verstoße gegen Art
6 Grundgesetz (
GG). § 4 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass ihm Elterngeld für die Kalendermonate Oktober und November 2007 zu zahlen
sei. Ferner seien die Urlaubs- und Weihnachtsgeldzahlungen ebenfalls in die Berechnung miteinzubeziehen. Mit Widerspruchsbescheid
vom 18.4.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die hiergegen beim Sozialgericht Hamburg (SG) erhobene Klage ist mit Urteil vom 5.8.2009 abgewiesen worden. Das Landessozialgericht Hamburg (LSG) hat die Berufung des
Klägers durch Urteil vom 24.6.2011 im Wesentlichen mit folgenden Erwägungen zurückgewiesen:
Der Kläger habe keinen Anspruch auf höheres Elterngeld; insbesondere müssten die in den letzten zwölf Monaten vor der Geburt
des Kindes ausgezahlten Sonderzuwendungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld) unberücksichtigt bleiben. Denn gemäß § 2 Abs 7 S 2 BEEG seien sonstige Bezüge iS von §
38a Abs
1 S 3
Einkommensteuergesetz (
EStG) nicht als Einnahmen in die Bemessung des Elterngeldanspruchs einzubeziehen, da sie keinen laufenden Arbeitslohn darstellten.
Diese Zahlungen wiesen keinen Bezug zur laufenden Arbeitsleistung und zu einzelnen Lohnabrechnungszeiträumen auf, sondern
würden für die Arbeit des Jahres geleistet. Die Nichtberücksichtigung eines dreizehnten und vierzehnten Monatsgehaltes laufe
dem Sinn und Zweck des Elterngeldes nicht zuwider, denn ein vollständiger Ausgleich der mit der Kinderbetreuung einhergehenden
Einkommenseinbußen habe der Gesetzgeber, wie bereits die Begrenzung des Elterngeldanspruchs auf 1800 Euro monatlich zeige,
nicht beabsichtigt. Zudem prägten diese Zahlungen die maßgeblichen Verhältnisse nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit wie
das laufende monatliche Arbeitsentgelt.
Dass das Elterngeld für Lebensmonate des Kindes gewährt werde, begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Regelungen
über den Anspruch auf Elternzeit sollten ebenso wie die Bestimmungen über den Bezug von Elterngeld die Betreuung und Erziehung
eines Kindes in den ersten Lebensjahren durch einen Elternteil fördern. Dazu schaffe das Gesetz einen Anspruch auf Freistellung
von der Arbeit ohne Verlust des Arbeitsplatzes sowie einen finanziellen Teilausgleich für das entfallende Erwerbseinkommen.
Für die Inanspruchnahme von Elternzeit sei keine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber erforderlich. Eine Benachteiligung, insbesondere
ein Eingriff in Grundrechte, sei mit den bestehenden Regelungen insoweit nicht verbunden. Die Lebensmonatsregelung knüpfe
vielmehr an den einer näheren Begründung nicht bedürfenden besonderen Betreuungsbedarf des neugeborenen Kindes an.
Da eine "Verschiebung des Bezugszeitraums" nicht in Betracht komme, sei das vom Kläger ab dem 19.9.2007 erwirtschaftete Erwerbseinkommen
auf den Elterngeldanspruch anzurechnen. Die von der Beklagten in der Anlage zum Bewilligungsbescheid vorgenommene Berechnung
nach § 2 Abs 3 BEEG sei nicht zu beanstanden.
Mit seiner vom LSG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision macht der Kläger insbesondere geltend:
Die Nichtberücksichtigung des ihm ausgezahlten Urlaubs- und Weihnachtsgeldes bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldanspruchs
sowie die Auszahlung der Leistung nach Lebensmonaten verletze materielles Bundesrecht. Weder das BEEG noch das
EStG enthalte eine Definition des Begriffs der sonstigen Bezüge. Er habe arbeitsvertraglich einen Anspruch auf die beiden zusätzlichen
Entgeltzahlungen. Die Zahlungen seien im Rahmen des Gesamtjahresgehaltes vereinbart worden, wobei er die Wahl gehabt habe,
dieses Gehalt in zwölf oder vierzehn Teilbeträgen ausgezahlt zu bekommen. Beide Zahlungen stellten daher laufenden Arbeitslohn
dar und seien bei der Berechnung des Elterngeldanspruchs dementsprechend zu berücksichtigen. Da durch das Elterngeld die wirtschaftliche
Existenz während der Kinderbetreuung abgesichert werden solle, müsse tatsächlich vorhandenes, regelmäßig erzieltes Einkommen
berücksichtigt werden. Andernfalls erfolge eine Schlechterstellung gegenüber Arbeitnehmern, die ihr Entgelt anteilig auf zwölf
Monatsbeträge verteilt erhielten. Zudem prägten diese Zahlungen auch das Familieneinkommen nachhaltig. Arbeitslohn im Sinne
des zu berücksichtigenden Einkommens nach dem BEEG sei daher dann laufender Arbeitslohn, wenn er auf einen bestimmten Zeitraum bezogen und regelmäßig wiederkehrend gezahlt
werde, wobei es dem Grunde nach ausreiche, wenn bestimmte Einkommensbestandteile periodisch wiederkehrten. Die nunmehrige
Änderung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG, wonach die im Lohnsteuerabzugsverfahren als besondere Bezüge behandelten Einnahmen keine Berücksichtigung mehr fänden, zeige,
dass die ursprüngliche Fassung die Berücksichtigung zusätzlicher, nicht monatlich gezahlter Entgelte zugelassen habe.
Ein striktes Lebensmonatsprinzip bei der Leistungsgewährung verkehre den Zweck des Elterngeldes ins Gegenteil. Denn es stelle
einen in den Schutz der Familie eingreifenden Zwang dar, zur Vermeidung erheblicher finanzieller Nachteile die Elternzeit
gerade in Lebensmonatsabschnitten in Anspruch nehmen zu müssen. Dadurch werde er in seinen Grundrechten aus Art
6 GG verletzt, wonach der Staat verpflichtet sei, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form zu fördern
und dafür Sorge zu tragen, dass es beiden Elternteilen gleichermaßen möglich sei, Familie und Erwerbstätigkeit miteinander
zu verknüpfen. Der Gesetzgeber müsse die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Eltern dieses Wahlrecht tatsächlich ausüben
könnten. § 4 Abs 2 S 1 BEEG regele lediglich die verwaltungstechnische Abwicklung der Auszahlung und stehe einer Bemessung des Elterngeldes nach Kalendermonaten
nicht entgegen. Darüber hinaus verletze die gegenteilige Auffassung ihn auch in seinen Grundrechten aus Art
3 und Art
12 iVm Art
2 und Art
1 GG.
Schließlich beruhe die Entscheidung des LSG auf Verfahrensmängeln. Zum einen hätte das LSG eine Vorlage zum Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) veranlassen müssen. Zum anderen sei sein Anspruch auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren verletzt worden,
da die Entscheidungsgründe des LSG erst unmittelbar vor Ablauf der Fünfmonatsfrist abgesetzt worden seien, sodass der Inhalt
der Beratung des vollständigen Senats nicht zwingend in die abgefassten Entscheidungsgründe habe mit einfließen können.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des LSG Hamburg vom 24.6.2011 und des SG Hamburg vom 5.8.2009 aufzuheben und die Beklagte in Abänderung des Bescheides
vom 20.9.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.4.2008 zu verurteilen, ihm Elterngeld für die Zeit vom 1.10.2007
bis 30.11.2007 in ungekürzter Form unter Einbeziehung des im Juni 2006 ausgezahlten Urlaubsgeldes sowie des im November 2006
ausgezahlten dreizehnten Monatsgehalts zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben dem Senat gegenüber unstreitig gestellt, dass beim Kläger in den streitbefangenen Zeiträumen (1.10.
bis 30.11.2007 bzw 19.9. bis 18.11.2007) alle anspruchsberechtigenden Tatsachen nach § 1 BEEG vorlagen. Ferner haben sie ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt (§
124 Abs
2 SGG).
II
Die Revision des Klägers ist zulässig.
Allerdings hat der Kläger die von ihm geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ausreichend begründet (vgl §
164 Abs
2 SGG). Gemäß §
164 Abs
2 S 3
SGG müssen bei Verfahrensrügen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Die maßgeblichen Vorgänge müssen so genau
angegeben sein, dass das Revisionsgericht sie, die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt, ohne weitere Ermittlungen beurteilen
kann (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl 2012, §
164 RdNr 12 mwN). Daran fehlt es hier.
Mit seiner Behauptung, das zur Überprüfung vorliegende Urteil sei bereits deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es erst
unmittelbar vor Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung abgefasst worden sei, rügt der Kläger sinngemäß das Fehlen
von Tatbestand und Entscheidungsgründen (§
136 Abs
1 Nr
5 und
6 SGG), also das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes gemäß §
202 SGG iVm §
547 Nr 6
ZPO (idF der Bekanntmachung der Neufassung der
Zivilprozessordnung vom 5.12.2005, BGBl I 3202). Sein Vorbringen reicht jedoch nicht aus, um einen solchen Mangel hinreichend darzutun.
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen, wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen
des Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist. Dem steht es gleich, wenn das Urteil erst so spät schriftlich abgesetzt wird,
dass Zweifel angebracht erscheinen, ob es dem der Verkündung zugrunde liegenden Beratungsergebnis entspricht (vgl Keller in
Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl 2012, §
134 RdNr
4). Zwar soll gemäß §
134 Abs
2 S 1
SGG (idF durch Art 4 Nr 12 Buchst a Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz vom 22.3.2005, BGBl I 837) das Urteil
vor Ablauf eines Monats, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle übermittelt werden,
jedoch liegt in der Überschreitung dieser Monatsfrist noch keine Verletzung des §
547 Nr 6
ZPO. Denn es handelt sich nicht um eine zwingende Bestimmung, sondern um eine Sollvorschrift. Ein Verstoß hiergegen ist grundsätzlich
unschädlich (Keller, aaO, RdNr 3 f).
Nach dem Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) vom 27.4.1993 (BVerwGE 92, 367 = SozR 3-1750 § 551 Nr 4) gilt ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefasstes Urteil dann als nicht mit Gründen versehen,
wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern
besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind. Die vom GmSOGB gezogene Fünfmonatsgrenze trägt dem
Erfordernis Rechnung, dass die abgefassten Entscheidungsgründe auf der Überzeugung des Gerichts im Zeitpunkt der Entscheidung
und Verkündung beruhen müssen (Keller, aaO, § 134 RdNr 4) und konkretisiert die Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips an
das gerichtliche Verfahren in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise (vgl BVerfG Kammerbeschluss vom 26.3.2001
- 1 BvR 383/00 - NJW 2001, 2161, 2162). Denn mit zunehmendem Abstand zwischen Beratung der Entscheidung und ihrer Begründung wird die Gefahr eines Auseinanderfallens
von Beratungsergebnis und Entscheidungsgründen zwangsläufig ständig größer (BVerfG aaO). Das Bundessozialgericht (BSG) hat sich dieser Grundsatzentscheidung in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl Urteil vom 22.9.1993 - 12 RK 39/93 - SozR 3-1750 § 551 Nr 5 S 14 f; Urteil vom 3.3.1994 - 1 RK 6/93 - SozR 3-1750 § 551 Nr 7 S 20 f; Urteil vom 10.3.1994 - 12 RK 47/93 - USK 9405 S 20 = juris RdNr 15; Urteil vom 24.3.1994 - 5 RJ 30/91 - juris RdNr 12; Urteil vom 6.3.1996 - 9 RVg 3/94 - juris RdNr 11; Urteil vom 14.9.1994 - 3/1 RK 36/93 - BSGE 75, 74, 75 = SozR 3-2500 § 33 Nr 12 S 43; Beschluss vom 6.3.2003 - B 11 AL 129/02 B - juris RdNr 14; Urteil vom 20.11.2003 - B 13 RJ 41/03 R - BSGE 91, 283 = SozR 4-1500 § 120 Nr 1, RdNr 4; Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 16).
Wie der Kläger selbst eingeräumt hat, ist das Urteil des LSG kurz vor Ablauf der insoweit maßgeblichen Fünfmonatsfrist abgefasst
worden (und auch mit den Unterschriften der Richter zur Geschäftsstelle gelangt). Demnach kann er die Rüge eines Fehlens von
Gründen nicht allein auf die zwischen Verkündung und Absetzung des Berufungsurteils verstrichene Zeit stützen.
Ausnahmsweise kann auch bei Einhaltung der maßgeblichen Fünfmonatsgrenze ein Verfahrensmangel vorliegen, wenn sich aus den
Umständen des Falls ergibt, dass infolge der verzögerten Absetzung der Entscheidungsgründe die zuverlässige Wiedergabe des
Beratungsergebnisses nicht mehr gewährleistet ist (Keller, aaO, § 134 RdNr 4). Dafür müssen bei summarischer Überprüfung jedoch
konkrete fallbezogene Anhaltspunkte ersichtlich sein, wie etwa die Maßgeblichkeit einer aufwendigen Beweisaufnahme (BSG Beschluss vom 18.11.2009 - B 1 KR 74/08 B - SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 17).
Solche Umstände werden in der klägerischen Revisionsbegründung nicht aufgezeigt. Insbesondere lässt sich - entgegen der Ansicht
des Klägers - allein daraus, dass die an der Entscheidung beteiligt gewesenen beiden ehrenamtlichen Richter die abgefasste
Entscheidung - wie im Berufungsverfahren üblich - nicht zur Kenntnis erhalten haben, keine Verpflichtung zu einer zeitnäheren
Abfassung der Entscheidungsgründe herleiten. Anderenfalls wäre die Fünfmonatsfrist bei allen unter Beiziehung ehrenamtlicher
Richter getroffenen erst- und zweitinstanzlichen Hauptsacheentscheidungen praktisch hinfällig.
Auch der vom Kläger angenommene Verstoß gegen das sich aus dem
GG ergebende Prinzip des gesetzlichen Richters (Art
101 Abs
1 S 2
GG) ist nicht ausreichend bezeichnet worden. Zwar kann ein solcher Verfahrensmangel auch in der Nichtvorlage der dem Rechtsstreit
zugrundeliegenden Rechtsnormen im Wege eines konkreten Normenkontrollverfahrens gemäß Art
100 Abs
1 GG an das BVerfG liegen. Eine Verpflichtung des LSG, den Rechtsstreit auszusetzen und dem BVerfG vorzulegen, ergibt sich jedoch
bereits aus dem klägerischen Vortrag nicht.
Art
101 Abs
1 S 2
GG garantiert, dass niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf. Diese Garantie kann verletzt sein, wenn ein Gericht
in willkürlicher Weise gegen die sich aus Art
100 Abs
1 GG ergebende Vorlagepflicht verstößt (BVerfG Beschluss vom 16.6.2009 - 1 BvR 2269/07 - juris RdNr
3 mit Verweis auf stRspr). Art
100 Abs
1 S 1
GG verpflichtet die Fachgerichte ua, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen, wenn sie von der
Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, überzeugt sind.
Der Kläger hat nicht geltend gemacht, dass das LSG von der Verfassungswidrigkeit der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Rechtsnormen,
auf die es für die Entscheidung maßgeblich ankommt, ausgegangen ist. Eine solche Behauptung wäre angesichts der Entscheidungsgründe
auch nicht ernstlich aufzustellen gewesen. Denn aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung ergibt sich eindeutig, dass
das Berufungsgericht keine Verfassungswidrigkeit der anzuwendenden Vorschriften des BEEG angenommen hat.
Mit seiner Rüge einer Verletzung materiellen Rechts hat der Kläger die Anforderungen des §
164 Abs
2 S 3
SGG erfüllt, indem er die seiner Ansicht nach verletzten Rechtsnormen in Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des
LSG bezeichnet hat.
Die Revision ist im Sinne einer Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Für eine
abschließende Entscheidung reichen die berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen nicht aus.
Der vom Kläger verfolgte Anspruch auf Elterngeld wegen seines am 19.6.2007 geborenen Sohnes richtet sich nach dem am 1.1.2007
durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006 (BGBl I 2748) in Kraft getretenen BEEG.
Der Kläger ist dem Grunde nach berechtigt, Elterngeld für seinen am 19.6.2007 geborenen Sohn zu beziehen. Gemäß § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem
Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit
ausübt (Nr 4). Zwar hat das LSG dazu keine konkreten Tatsachenfeststellungen getroffen. Im Hinblick auf die erfolgte Leistungsbewilligung
und die dem Senat gegenüber abgegebenen übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten geht der Senat jedoch davon aus, dass
der Kläger diese Voraussetzungen erfüllt und daher anspruchsberechtigt ist.
Der angefochtene Verwaltungsakt (Bescheid der Beklagten vom 20.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.4.2008)
ist zunächst insoweit nicht zu beanstanden, als dem Kläger Elterngeld für zwei Lebensmonate seines am 19.6.2007 geborenen
Sohnes gewährt worden ist. Der Kläger kann keine Leistungsbewilligung nach Kalendermonaten beanspruchen.
Nach § 4 Abs 1 S 1 kann Elterngeld in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des vierzehnten Lebensmonats des Kindes
bezogen werden. § 4 Abs 2 S 1 BEEG bestimmt insoweit konkretisierend: "Elterngeld wird in Monatsbeträgen für Lebensmonate des Kindes gezahlt." Auch wenn der
Gesetzgeber die Begriffe Monatsbeträge und Lebensmonate abwechselnd verwendet, sind hinsichtlich der Anspruchsausgestaltung
stets die Lebensmonate entscheidend (Buchner/Becker, MuSchG/BEEG, 8. Aufl 2008, § 4 BEEG RdNr 7; Lenz in Rancke, Mutterschutz/Elterngeld/Elternzeit 2. Aufl 2010, § 4 BEEG RdNr 1). Entgegen der Ansicht des Klägers beinhaltet § 4 BEEG nicht lediglich eine verwaltungstechnische Berechnungsmodalität, sondern gestaltet den Elterngeldanspruch selbst aus. Dabei
ist das sog Lebensmonatsprinzip festgelegt worden (Urteil vom 15.12.2011 - B 10 EG 1/11 R - SozR 4-7837 § 4 Nr 3 RdNr 29; Teil-Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 9/09 R - BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2, RdNr 38; BSG Urteile vom 26.5.2011 - B 10 EG 11/10 R - RdNr 14 und - B 10 EG 12/10 R - RdNr 20, letzteres zur Veröffentlichung in SozR 4-7837 § 4 Nr 2 vorgesehen). Dazu hat der Senat bereits unter Hinweis auf
die auch in Rechtsprechung und Literatur vertretene Auffassung ausgeführt, dass § 4 Abs 2 S 1 BEEG nicht nur die Zahlungsweise, sondern auch die Entstehung monatlicher Zahlungsansprüche regelt (Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 9/09 R - BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2, RdNr 38 mwN).
Soweit sich der Kläger dadurch in seinen Grundrechten verletzt sieht, dass das Elterngeld als eine an den Lebensmonaten des
Kindes orientierte Leistung ausgestaltet worden ist, vermag der Senat ihm nicht zu folgen. Er ist insbesondere nicht davon
überzeugt, dass ein Verstoß gegen Art
6 bzw Art
12 GG vorliegt.
Nach Art
6 Abs
1 GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche
Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft (Art
6 Abs
2 GG).
Zum Umfang des Schutzbereichs von Art
6 Abs
1 GG hat das BVerfG gerade betreffend die Förderung durch das Elterngeld ausgeführt (vgl BVerfG Kammerbeschluss vom 20.4.2011
- 1 BvR 1811/08 - ZFSH/SGB 2011, 337, 338 = juris RdNr 9):
"Zwar garantiert Art.
6 Abs.
1 GG als Abwehrrecht die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu
entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen
Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren. Demgemäß dürfen die Eltern
ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden,
ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger
Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl. BVerfGE 99, 216 [231]). Neben der Pflicht, die von den Eltern im Dienst des Kindeswohls getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und daran
keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, ergibt sich aus der Schutzpflicht des Art.
6 Abs.
1 GG auch die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen
zu ermöglichen und zu fördern. Der Staat hat dafür Sorge zu tragen, dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise und
zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit
und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden (vgl. BVerfGE 99, 216 [234]). Dabei ist allerdings in Rechnung zu stellen, dass dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für
die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt (vgl. BVerfGE 99, 165 [178]; 106, 166 [175 f.]). Weit ist der Gestaltungsspielraum auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (vgl. BVerfGE 87,
1 [35 f.]; 103, 242 [260])."
Der Gesetzgeber hat den ihm zukommenden Gestaltungsspielraum bei der Regelung des Elterngeldanspruchs nach Lebensmonaten des
Kindes eingehalten. Aus der allgemeinen Verpflichtung des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten
Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern, folgt kein unbegrenzter Anspruch auf Ausweitung
und Individualisierung bestehender Förderungsinstrumente. Dabei ist für den Bereich des BEEG auch zu beachten, dass der Gesetzgeber bereits eine beachtliche Förderung der Eigenbetreuung von Kindern durch die Eltern
vorgesehen hat (vgl Senatsurteil vom 15.12.2011 - B 10 EG 1/11 R - SozR 4-7837 § 4 Nr 3 RdNr 46; BVerfG Beschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870). Deshalb können insoweit aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich keine weitergehenden Verpflichtungen des Gesetzgebers
angenommen werden (BVerfG Beschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870).
Zwar kann die Gewährung von Elterngeld, wie vom Kläger behauptet, durchaus Einfluss darauf haben, wie Eltern ihre grundrechtlich
verankerte Erziehungsverantwortung wahrnehmen und das Leben in der Familie gestalten (so bereits BVerfG Beschluss vom 20.4.2011
- 1 BvR 1811/08 - juris RdNr 8). Mit Rücksicht auf die durch das Elterngeld bezweckte Förderung der erziehungsbedingten Unterbrechung bzw
Einschränkung der Erwerbstätigkeit, erweist sich dieser mögliche faktische Einfluss jedoch allenfalls als "Nebenwirkung" der
jeweiligen elterlichen Ausübung des freien Wahlrechts, ob und wie die Eltern Elterngeld und Elternzeit in Anspruch nehmen
wollen.
Das dem Bewilligungsanspruch auf Elterngeld zugrundeliegende Lebensmonatsprinzip ist daher sachlich nicht zu beanstanden und
folgerichtig. Denn es trägt nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers dem besonderen Betreuungsbedarf des neugeborenen
Kindes Rechnung, wobei die Regelungen zur Elternzeit von dieser Ausgestaltung unberührt bleiben sollten (BT-Drucks 16/1889
S 23). Dieser besondere Betreuungsbedarf entsteht mit der Geburt des Kindes und damit unabhängig vom Beginn eines Kalendermonats.
Deshalb ist ein Anknüpfen des Elterngeldanspruchs an die Lebensmonate des Kindes sachgerecht.
Das Lebensmonatsprinzip im Elterngeldrecht steht darüber hinaus im Einklang mit den Vorschriften zur Elternzeit. Entsprechend
der Entscheidungsfreiheit beim Elterngeld (vgl §§ 4, 5 BEEG) hat der Gesetzgeber durch die Regelungen zur Elternzeit für Eltern ebenfalls freie Gestaltungsmöglichkeiten geschaffen.
Eltern können selbst bestimmen, ob und inwieweit sie die zur Betreuung des Kindes vorgesehene Freistellung von der Arbeitspflicht
in Anspruch nehmen wollen.
Der Anspruch auf Elternzeit besteht grundsätzlich bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes (§ 15 Abs 2 S 1 BEEG) und kann von den Elternteilen anteilig, allein oder von beiden gemeinsam genommen werden (§ 15 Abs 3 S 1 BEEG). Zur tatsächlichen Umsetzung dieses Anspruchs auf Elternzeit sieht das Gesetz vor, dass ein Ausschluss oder eine Beschränkung
durch Vertrag nicht möglich (§ 15 Abs 2 S 6 BEEG) und die Inanspruchnahme lediglich von einer einseitigen Anzeige und Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber abhängig ist (§
16 Abs 1 S 1 BEEG). Einer Zustimmung zur Freistellung seitens des Arbeitgebers bedarf es gerade nicht, worauf die Vorinstanzen bereits zutreffend
hingewiesen haben. Ferner hat der Gesetzgeber den Eltern einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit gegenüber dem Arbeitgeber
während der Elternzeit (§ 15 Abs 6 iVm Abs 7 BEEG) eingeräumt sowie weitgehende Kündigungsschutzvorschriften geschaffen (§§ 18, 19 BEEG).
Der vom Kläger eingewandte Umstand, die "moderne Arbeitswelt" verhindere eine Inanspruchnahme der Elternzeit nach Lebensmonaten,
führt zu keiner anderen verfassungsrechtlichen Beurteilung. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, vom Lebensmonatsprinzip
des Elterngeldes allein deshalb abzuweichen, weil es möglicherweise praktische Schwierigkeiten bei der Inanspruchnahme von
Elternzeit nach Lebensmonaten gibt.
Die vom Kläger gerügte Verletzung seiner Berufsausübungsfreiheit (Art
12 Abs
1 GG) durch das Lebensmonatsprinzip liegt fern. Nach Art
12 Abs
1 S 1
GG haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz
oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden (Art
12 Abs
1 S 2
GG). Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen
öffentlichen Dienstleistungspflicht (Art
12 Abs
2 GG).
Dem BEEG kommt keine den Schutzbereich der Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit berührende Tendenz zu. Die sich aus dem BEEG ergebende Förderung einer frei wählbaren Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wirkt sich vollständig berufsneutral aus. Die
Entscheidung über die Inanspruchnahme von Elterngeld obliegt den Eltern. Ebenso wenig - und darauf hat der Senat bereits hingewiesen
(Urteil vom 15.12.2011 - B 10 EG 1/11 R - SozR 4-7837 § 4 Nr 3 RdNr 45) - wie durch die Gewährung von Elterngeld ein mittelbarer Zwang zur Aufnahme oder Fortführung
einer Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, gibt das BEEG vor, ab und ggf zu welchem bestimmten Zeitpunkt die Erwerbstätigkeit unterbrochen wird. Vielmehr bietet die Einkommensersatzfunktion
des Elterngeldes vielen Eltern gerade erst die Möglichkeit, eine Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit wegen
der Betreuung eines Kindes zu wagen (dazu bereits BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24 = juris RdNr 36 mwN; Urteil vom 15.12.2011 - B 10 EG 1/11 R - aaO).
Danach hat die Beklagte zwar zu Recht eine Bewilligung des Elterngeldes des Klägers nach Lebensmonaten des Kindes vorgenommen.
Zu prüfen bleibt jedoch, ob sie dabei die richtigen Lebensmonate erfasst hat. Da der Kläger sein Begehren bislang auf eine
Leistungsgewährung für Kalendermonate beschränkt hat, ist ihm nunmehr - auch im Hinblick auf Unklarheiten im Antragsformular
- Gelegenheit zu geben, sein Anspruchsbegehren hinsichtlich der Bezugsmonate klarzustellen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass
es sich für den Kläger als günstiger erweisen könnte, nicht für den vierten und fünften, sondern für den fünften und sechsten
Lebensmonat seines Sohnes Elterngeld zu beziehen. Das hängt von der Höhe des jeweiligen gemäß § 2 Abs 3 S 1 BEEG anrechenbaren Einkommens aus Erwerbstätigkeit ab.
Die Höhe des dem Kläger zustehenden Anspruchs auf Elterngeld lässt sich ohne weitere Tatsachenfeststellungen des LSG nicht
abschließend bestimmen.
Für die Höhe des Elterngeldanspruchs des Klägers bestimmt § 2 Abs 1 S 1 BEEG, dass Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich
erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt
wird, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. § 2 Abs 3 BEEG regelt die Leistungshöhe, wenn für die Zeit nach der Geburt des Kindes Erwerbseinkommen zu berücksichtigen ist.
Als Bemessungszeitraum hat die Beklagte hier rechtsfehlerfrei die Zeit vom 1.6.2006 bis 31.5.2007 zugrunde gelegt. Da der
Sohn des Klägers am 19.6.2007 geboren wurde, entspricht dieser Zeitraum den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt
des Kindes. Die in § 2 Abs 7 S 5 und 6 BEEG geregelten Abweichungen kommen hier nicht in Betracht.
Bei der Ermittlung des für den Bemessungszeitraum zugrunde zu legenden Bemessungseinkommens ist gemäß § 2 Abs 1 S 2 BEEG zwischen dem Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit
iS von §
2 Abs
1 S 1 Nr
1 bis 4 des
EStG zu unterscheiden.
Da der Kläger vor der Geburt seines Sohnes eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Einkäufer einer Baumarktkette ausgeübt
hat, ist für die Bestimmung des maßgeblichen Einkommens § 2 Abs 7 BEEG einschlägig. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit der um die auf dieses Einkommen
entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des
gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der
Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit einem Zwölftel des Pauschbetrags nach §
9a Abs
1 S 1 Nr
1 Buchst a
EStG anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen. Als auf die Einnahmen entfallende Steuern gelten die abgeführte Lohnsteuer
einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, im Falle einer Steuervorauszahlung der auf die Einnahmen entfallende
monatliche Anteil. Grundlage der Einkommensermittlung sind die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen
des Arbeitgebers (vgl § 2 Abs 7 S 3 und 4 BEEG). § 2 Abs 7 S 2 BEEG bestimmt, dass sonstige Bezüge iS von §
38a Abs
1 S 3
EStG dabei nicht als Einnahmen berücksichtigt werden.
Streitig ist hier, ob die vom Kläger bezogenen Urlaubs- und Weihnachtsgeldzahlungen als sonstige Bezüge iS von §
38a Abs
1 S 3
EStG anzusehen sind. Bereits die Bezugnahme auf §
38a Abs
1 S 3
EStG macht deutlich, dass sich die nähere Bestimmung des in § 2 Abs 7 S 2 BEEG gebrauchten Begriffs der sonstigen Bezüge am Steuerrecht auszurichten hat (so bereits Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 28).
§
38a Abs
1 S 3
EStG (idF vom 19.10.2002, gültig vom 21.9.2002 bis 31.8.2009) regelt für die Bemessung der Jahreslohnsteuer, dass Arbeitslohn,
der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), in dem Kalenderjahr bezogen wird, in dem er dem Arbeitnehmer
zufließt. Sonstige Bezüge iS des § 2 Abs 7 S 2 BEEG sind demnach Teile des Arbeitslohns, die nicht als laufender Lohn gezahlt werden (so bereits Senatsurteil vom 3.12.2009,
aaO). Die sonstigen Bezüge stellen somit auch Arbeitslohn dar. Es handelt sich nicht um gegensätzliche Begrifflichkeiten.
Entscheidend ist, ob eine Lohnzahlung dem laufenden Arbeitslohn zuzuordnen ist oder nicht (vgl Krüger in Schmidt,
EStG, 31. Aufl 2012, §
38a RdNr 2).
Wie der Senat bereits ausgeführt hat, enthält §
38a Abs
1 S 2
EStG selbst keine Definition des Arbeitslohnbegriffs. Allerdings ergibt sich aus §
38 Abs
1 S 1
EStG, der als Lohnsteuer die durch Abzug vom Arbeitslohn zu erhebende Einkommensteuer "bei Einkünften aus nichtselbstständiger
Arbeit" bezeichnet, dass unter dem Begriff des Arbeitslohns Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit zu verstehen sind, wozu
wiederum §
19 EStG nähere Bestimmungen enthält (Senatsurteil vom 3.12.2009, aaO).
Gemäß §
19 Abs
1 S 1 Nr
1 EStG gehören insbesondere Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im
öffentlichen oder privaten Dienst zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Dabei müssen solche Einkünfte nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abstrakt durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst und im weitesten
Sinne die Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft des Arbeitnehmers sein, mithin aus dem Dienstverhältnis
heraus zufließen (vgl zB BFH Urteil vom 20.5.2010 - VI R 41/09 - BFHE 229, 346, 348 RdNr 9 mwN sowie zuletzt BSG Urteile vom 5.4.2012 - B 10 EG 3/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 16 RdNr 16 mwN und - B 10 EG 17/11 R - juris RdNr 20 mwN; Tillmann in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Stand 11/2010, § 38a RdNr 13).
Danach gehören die im Juni bzw November 2006 erfolgten, als Urlaubs- bzw Weihnachtsgeld deklarierten Zahlungen zum Arbeitslohn
des Klägers. Zu prüfen bleibt, ob diese Zahlungen als laufender Arbeitslohn oder als sonstige Bezüge anzusehen sind. Nach
Auffassung des Senats stellen Arbeitsentgeltbeträge im Rahmen des BEEG dann keine sonstigen Bezüge, sondern laufenden Arbeitslohn dar, wenn es sich um mindestens zwei zusammenhängende Zahlungen
innerhalb des Bemessungszeitraums handelt, die nicht anlassgebunden, sondern zeitraumbezogen geleistet werden und eine hinreichende
Beziehung zu der tatsächlich erbrachten Arbeit haben. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Wann Arbeitslöhne laufend sind oder wann sonstige Bezüge iS des §
38a Abs
1 S 3
EStG vorliegen, definiert das Gesetz nicht. Es findet sich lediglich eine negative Abgrenzung, wonach jedweder Arbeitslohn, der
nicht als laufend geleistet wird, sonstiger Bezug ist (vgl Eisgruber in Kirchhof,
EStG, 10. Aufl 2011, § 38a RdNr 5; Tillmann in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkom- mensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Stand 11/2010, §
38a RdNr 21; Trzaskalik in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff,
EStG, Stand 8/2012, §
38a B7). Das Erfordernis einer Abgrenzung der beiden Begriffe ergibt sich nach der Rechtsprechung des BFH bereits aus §
39b EStG und R 30 Abs 2 S 2 Nr 1 Buchst a Lohnsteuer-Richtlinien (vgl BFH Urteil vom 17.6.2010 - VI R 50/09 - BFHE 230, 150, 153 RdNr 13).
Der Senat ist im Jahre 2009 davon ausgegangen, dass auch höchstrichterlich nicht näher bestimmt ist, was laufender Arbeitslohn
ist (Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 30 mwN der bis dahin ergangenen Entscheidungen). Die bereits in dieser Entscheidung getroffene
Feststellung, dass vor allem einige Entscheidungen des BFH existieren, in denen sich Ausführungen dazu finden, wann kein laufender
Arbeitslohn vorliegt, mithin nur eine Negativabgrenzung vorgenommen worden ist, trifft weiterhin zu (vgl beispielhaft: BFH
Beschluss vom 15.12.2011 - VI R 26/11 - BFHE 236, 127). Jetzt gibt es auch Entscheidungen des BFH, in denen weitere Konkretisierungen des Begriffs des laufenden Arbeitslohns formuliert
werden. So hat der BFH ausgeführt (vgl BFH Urteil vom 16.12.2010 - VI R 27/10 - BFHE 232, 174, 181 RdNr 12; Urteil vom 17.6.2010 - VI R 50/09 - BFHE 230, 150, 153 f RdNr 13): "Laufender Arbeitslohn ist das dem Arbeitnehmer regelmäßig zufließende Arbeitsentgelt (Monatsgehalt, Wochen-
oder Tageslohn, Überstundenvergütung, laufend gezahlte Zulagen oder Zuschläge und geldwerte Vorteile aus regelmäßigen Sachbezügen)".
Der laufende Arbeitslohn könne der Höhe nach schwanken, jedoch sei kein laufender Bezug und damit ein sonstiger Bezug im Falle
von einmalig zugewandten Bezügen "wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Jubiläumszuwendungen, Gratifikationen und das 13. Monatsgehalt"
gegeben (BFH Urteil vom 17.6.2010 - VI R 50/09 - BFHE 230, 150, 154 RdNr 13). Der sonstige Bezug unterscheide sich vom laufenden Arbeitslohn durch die Einmaligkeit des Bezugs (BFH Urteil
vom 17.6.2010 - VI R 50/09 - BFHE 230, 150, 154 RdNr 15).
Das in diesen Entscheidungen hervorgehobene Kriterium des regelmäßigen Bezuges steht nicht allein für sich, sondern wird im
EStG stets auf den Kontext des Lohnzahlungszeitraums bezogen (vgl zB §
3b Abs 2 S 1; § 38a Abs 1 S 2 Halbs 1; §
38a Abs
3; §
39b Abs
2 S 1
EStG). Dementsprechend wird auch von Seiten der steuerrechtlichen Literatur für das Vorliegen eines laufenden Arbeitslohns gefordert,
dass es sich um einen zeitraumbezogenen, fortlaufenden, regelmäßig wiederkehrenden Bezug handeln muss (vgl Eisgruber in Kirchhof,
EStG, 10. Aufl 2011, §
38a RdNr 4). Maßstab dieser Zeitraumbezogenheit ist insoweit entsprechend der Bemessung der Einkommensteuer das Kalenderjahr,
mit der Folge, dass Zahlungen, die lediglich einmal jährlich geleistet werden, steuerrechtlich kein Teil des laufenden Arbeitslohns,
sondern vielmehr sonstige Bezüge sind, wobei es unerheblich ist, ob sie jährlich wiederkehrend geleistet werden (Tillmann
in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Stand 11/2010, §
38a RdNr 17; Trzaskalik in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff,
EStG, Stand 8/2012, §
38a B3). Für die erforderliche zeitliche Zuordnung ist bei sonstigen Bezügen steuerrechtlich der tatsächliche Zuflusszeitpunkt
maßgeblich, mithin das Erlangen der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Arbeitnehmers über den Arbeitslohn (vgl BFH Urteil
vom 3.2.2011 - VI R 66/09 - BFHE 232, 497, 499 RdNr 12, mwN; Heß in Lademann,
EStG, Stand 7/2012, §
38a RdNr 16).
Demnach kann auch an der bisherigen Auffassung des Senats festgehalten werden, dass bei dem Begriff des laufenden Arbeitslohnes
ein rein zeitliches Verständnis zugrunde zu legen ist (Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6, RdNr 22; Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 31). Den insoweit maßgeblichen Zeitraum gibt das BEEG selbst vor, weshalb nicht auf das steuerrechtliche Kalenderjahr zurückzugreifen ist. Entsprechend der Regelung des § 2 Abs 1 S 1 iVm § 2 Abs 7 S 5 und 6 BEEG ist der gesetzlich vorgesehene zwölfmonatige Bemessungszeitraum für die Abgrenzung des laufenden Arbeitslohns von den sonstigen
Bezügen maßgeblich.
Liegen einmalige, anlassbezogene Zahlungen vor, sind diese als sonstige Bezüge nicht Teil der Bemessungsgrundlage des Elterngeldanspruchs.
Daran ändert sich auch dann nichts, wenn mehrere solcher nicht zeitraumbezogen erwirtschafteten, ggf jedoch arbeitsrechtlich
begründeten Zahlungen aus verschiedenen Anlässen im maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum geleistet werden, wie dies in der Regel
bei Urlaubs- und Weihnachtsgeldzahlungen der Fall ist. Denn jede dieser Zahlungen wird einmalig zugewandt, einmal anlässlich
des (bevorstehenden) Urlaubs und einmal anlässlich der bevorstehenden Advents- und Weihnachtszeit. Beides sind einmalige Ereignisse
innerhalb des zu betrachtenden Bemessungszeitraums (so im Ergebnis für das Kalenderjahr auch: BFH Urteil vom 17.6.2010 - VI R 50/09 - BFHE 230, 150, 154 RdNr 13).
Aufgrund des in § 2 Abs 7 S 2 BEEG enthaltenen eindeutigen Verweises auf die steuerrechtliche Vorschrift des §
38a Abs
1 S 3
EStG ergibt sich demnach, dass zu den sonstige Bezügen, die bei der Bestimmung des für die Berechnung des Elterngeldanspruchs
maßgeblichen Einkommens unberücksichtigt bleiben, grundsätzlich auch das ausgezahlte Urlaubs- und Weihnachtsgeld gehört (so
im Ergebnis auch: LSG Baden-Württemberg Urteil vom 24.10.2011 - L 11 EG 1929/10 - juris RdNr 33 ff; Jung/Wiegand in Wiegand, BEEG, Stand Februar 2011, § 2 RdNr 27 f; Lenz in Rancke, Mutterschutz/Elterngeld/Elternzeit, 2. Aufl 2010, § 2 BEEG RdNr 18; Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, RdNr 176 ff: Wersig, jurisPK, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, 2009,
§ 2 BEEG RdNr 12; Oyda, Probleme bei der Ermittlung des Elterngeldes, NZS 2010, 194, 195).
In Ermangelung von Regelungen des BEEG zum Ausgleich von Härtefällen wird teilweise angeregt, jedenfalls solches Arbeitsentgelt bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage
des Elterngeldanspruchs zu berücksichtigen, auf das ein Anspruch bestanden habe. Da sich der Gesetzgeber für eine individuelle
Ermittlung des Elterngeldanspruchs entschieden habe, überzeuge das Argument nicht, mittels eines typisierten und pauschalierten
Verweises auf die steuerrechtlichen Regelungen eine leichtere Bearbeitung von Massenverfahren zu ermöglichen (so Eberhardt,
Berücksichtigung von Gehaltsnachzahlungen beim Elterngeld, NZS 2011, 575, 577). Auch spreche der Umstand, dass von den Folgen der Ausklammerung bestimmter Lohnbestandteile primär abhängig Beschäftigte
betroffen seien, wohingegen bei Selbstständigen stets sämtliche Einnahmen berücksichtigt würden, für eine enge Interpretation
des Begriffs der "sonstigen Bezüge" (so Dau, jurisPR-SozR 21/2009, Anm 5 C).
Die Auswirkungen der "steuerrechtlichen" Ausgestaltung der elterngeldlichen Bemessungsgrundlage mögen im Einzelfall kritisch
zu sehen sein, angesichts des Gesetzeswortlauts, der ins Steuerrecht verweisenden Systematik und des sich in der Gesetzesentwicklung
bereits ausdrücklich bestätigten Willens des Gesetzgebers sieht der Senat jedoch keinen gangbaren Auslegungsweg, diesen Bedenken
Rechnung zu tragen, zumal auch der Sinn und Zweck des Elterngeldes keine Einbeziehung der während der vorgeburtlichen zwölf
Kalendermonate erzielten sonstigen Bezüge gebietet.
Bereits aus den Gesetzesmaterialien zur Einführung des BEEG ergibt sich, dass der Gesetzgeber bewusst gerade das 13. und 14. Monatsgehalt nicht in das Bemessungseinkommen mit einfließen
lassen wollte (BT-Drucks 16/1889 S 21; BT-Drucks 16/2785 S 32). Die Bemessung des Elterngeldanspruchs sollte sich nach dem
Willen des Gesetzgebers an dem zuletzt tatsächlich monatlich zur Verfügung stehenden Einkommen ausrichten (BT-Drucks 16/1889
S 21), um insbesondere auch Reduzierungen des Elterngeldanspruchs durch den Zufluss einmaliger Bezüge in der Zeit nach der
Geburt des Kindes zu vermeiden (BT-Drucks 16/2785 S 37).
Dieser Wille des Gesetzgebers hat zwischenzeitlich in der zum 1.1.2011 erfolgten Änderung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG durch Art 14 Nr 2 Buchst c bb des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 - HBeglG 2011 - vom 9.12.2010 (BGBl I 1885) seinen Niederschlag gefunden. Denn
der bis dahin geltende Verweis auf §
38a Abs
1 S 3
EStG wurde durch folgenden Wortlaut ersetzt: "Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht
berücksichtigt." Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass damit die Auswirkungen der Rechtsprechung des Senats in seinem
Urteil vom 3.12.2009 (B 10 EG 3/09 R) korrigiert werden sollten, mit der Folge, dass künftig sonstige Bezüge iS des §
38a Abs
1 S 3 und §
39b EStG als Einnahmen bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage des Elterngeldanspruchs unberücksichtigt bleiben, um eine verwaltungspraktikable
Feststellbarkeit der maßgeblichen Bezüge sicherzustellen (vgl BT-Drucks 17/3030 S 48; dazu Dau, Das Elterngeld nach dem Haushaltsbegleitgesetz
2011, SGb 2011, 198, 201).
Im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Elterngeldes muss allerdings bei mehrmals, dh mindestens zweimal, im Bemessungszeitraum
erfolgten Zahlungen genau geprüft werden, ob es sich dabei um sonstige Bezüge oder um laufenden Arbeitslohn handelt. So hat
der Senat bereits entschieden, dass im Bemessungszeitraum fortlaufend wiederkehrende Einkommensbestandteile, die wegen der
in diesem Zeitraum geleisteten Arbeitstätigkeit gezahlt werden, keine sonstigen Bezüge iS des §
2 Abs
7 S 2 iVm §
38a Abs
1 S 3
EStG darstellen (vgl Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 34), wobei nicht erforderlich ist, dass diese monatlich ausgezahlt werden. Sonstige Bezüge liegen
danach nicht vor, wenn mit den Zahlungen ein verbindlich geschuldeter Teil des tatsächlich erwirtschafteten Gesamtarbeitslohnes
befriedigt und die Auszahlungen dieser Lohnanteile zwar unterjährig, jedoch nicht monatlich mit dem Grundgehalt erfolgen.
Zwar können die in der Lohn- und Gehaltsabrechnung enthaltenen Bezeichnungen solcher Zahlungen als "Urlaubs- bzw Weihnachtsgeld"
ein Indiz für im Bemessungszeitraum jeweils einmalige, anlassbezogene Zahlungen sein, jedoch ist im Zweifelsfall zu klären,
ob sie "Monat für Monat" erwirtschaftet wurden, mithin Teil der Gesamtvergütung der Arbeitsleistung im Zwölfmonatszeitraum
sind.
Um sie als laufenden Arbeitslohn einzuordnen, müssen den Zahlungen jeweils unterjährige Arbeitszeiträume entsprechen. Davon
kann im Regelfall ausgegangen werden, wenn diese zusätzlich zum Monatsentgelt geleisteten Zahlungen ausdrücklich Teil des
Jahresgesamtlohnanspruchs sind und ihre mindestens zwei Fälligkeitszeitpunkte arbeitsvertraglich einem unterjährigen Intervall
zugeordnet werden können (erstes Kriterium). Je enger die vereinbarten regelmäßigen unterjährigen Zahlungsintervalle beieinander
liegen, desto eher kann von einem laufenden Arbeitslohn ausgegangen werden. Ferner müssen Vereinbarungen vorliegen, die einen
der erbrachten Arbeitsleistung entsprechenden anteiligen Auszahlungsanspruch begründen (zweites Kriterium). Besteht ein Anspruch
auf anteilsmäßig angemessene Auszahlung der unterjährigen Lohntantiemen auch etwa für den Fall eines vorzeitigen Ausscheidens
aus dem Beschäftigungsverhältnis bzw einer Unterbrechung der Arbeitstätigkeit, spricht dies für die anlassunabhängige Zahlung
von weiteren laufenden Arbeitslohnbestandteilen. Ergeben sich solche konkreten "Abfindungsansprüche" arbeitsvertraglich oder
aus der bestehenden betrieblichen Übung nicht, ist im Regelfall von einmaligen, anlassbezogenen Zuwendungen auszugehen. Gleiches
gilt für Regelungen betreffend die Höhe des Auszahlungsanspruchs bei Eintritt bzw Rückkehr in das Unternehmen nach Ablauf
des letzten Fälligkeitszeitpunkts. Bleibt der auf den (Wieder)eintritt folgende Auszahlungsanspruch der Höhe nach vom geleisteten
Arbeitszeitraum unberührt, ist dies ein Indiz dafür, dass gerade nicht die bis dahin geleistete Arbeitstätigkeit, sondern
ein von ihr unabhängiger Anlass maßgebend für den Zahlungsanspruch ist.
Nach Überzeugung des Senats begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass sich nach diesen Maßgaben im Bemessungszeitraum
geleistete einmalige, anlassbezogene Zahlungen nicht erhöhend auf den Elterngeldanspruch auswirken. Insbesondere wird dadurch
der sich aus Art
3 Abs
1 GG ergebende Gleichheitssatz nicht verletzt.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln; dies gilt sowohl für
ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Der allgemeine Gleichheitssatz untersagt dem Gesetzgeber jedoch
nicht jede Differenzierung. Vielmehr bedürfen Differenzierungen stets einer Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel
und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt immer dann vor, wenn eine
Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden
Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen
könnten (BVerfG Beschlüsse vom 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 - SozR 4-7835 Art 1 Nr 1 RdNr 40 mwN; vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, 215 mwN; vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870 und vom 21.7.2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - BVerfGE 126, 400, 416 mwN).
Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche
Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Dem Gesetzgeber
werden dabei umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheiten
auswirkt und je weniger der Einzelne nachteilige Folgen durch eigenes Verhalten vermeiden kann (zB BVerfG Beschluss vom 21.7.2010
- 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - aaO, 418 mwN).
Dadurch, dass § 2 Abs 7 S 2 BEEG auf §
38a Abs
1 S 3
EStG verweist und damit einmalige Einnahmen aus der Bemessungsgrundlage für den Elterngeldanspruch ausgeschlossen werden, werden
Berechtigte je nach Ausgestaltung ihres Arbeitslohns unterschiedlich behandelt. Bei Arbeitnehmern, die ihre Urlaubs- und Weihnachtsgeldzahlungen
bzw ein 13. bzw 14. Monatsgehalt nicht gesondert, sondern als regelmäßigen Anteil ihres Monatsgehalts erhalten, fließen diese
Zahlungen ohne Weiteres als Teil des laufenden Arbeitslohns in die Berechnung des Elterngeldanspruchs erhöhend ein. Anders
verhält es sich bei Arbeitnehmern, die Urlaubs- und Weihnachtsgeld als einmalige, anlassbezogene Zahlungen erhalten.
Unter Berücksichtigung des im Rahmen der gewährenden Staatstätigkeit weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers (vgl BVerfG
Beschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - NJW 2011, 2869, 2870; BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 8/10 R - ZFSH/SGB 2012, 24, 26) ist diese Ungleichbehandlung von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Die Unterscheidung zwischen
laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen bei der Bemessung des Elterngeldanspruchs lässt sich hinreichend sachlich rechtfertigen.
Beachtlich ist insoweit, dass die Regelungen zur Höhe des Elterngeldanspruchs nicht an Persönlichkeitsmerkmalen anknüpfen,
die dem Einzelnen nicht verfügbar sind (vgl BVerfG Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214, 215). Dasselbe gilt für die vertragliche Ausgestaltung der Entgeltansprüche aus abhängiger Beschäftigung.
Gesetzgeberisch formuliertes Ziel der Leistung ist es, jedem betreuenden Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht
oder reduziert, einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für finanzielle Einschränkungen im ersten Lebensjahr
des Kindes und eine Unterstützung bei der Sicherung der Lebensgrundlage der Familie zu gewähren (vgl BT-Drucks 16/1889 S 2;
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drucks 16/2785 S 2). Die Orientierung
der Leistung am individuellen Einkommen soll dazu beitragen, dass es Müttern und Vätern auf Dauer besser gelingt, ihre wirtschaftliche
Existenz möglichst unabhängig von staatlichen Fürsorgeleistungen zu sichern (BT-Drucks 16/1889 S 15, 19). Damit ist das Elterngeld,
soweit es über den Mindestbetrag von 300 Euro als Entgeltersatzleistung ausgestaltet ist (§ 2 Abs 5 S 1 BEEG), eine an die unterschiedlichen Lebensumstände der jeweiligen Familie anknüpfende Leistung (BT-Drucks 16/1889 S 19), wobei
es jedoch - und das geht aus den Beratungen zum Gesetzentwurf sowie aus der gesetzgeberischen Ausgestaltung eindeutig hervor
- nicht um einen vollständigen Lohnersatz geht (vgl ausführlich dazu Senatsurteile vom 5.4.2012 - B 10 EG 3/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 16 RdNr 25 ff und - B 10 EG 17/11 R - juris RdNr 29 ff).
Gemessen daran ist es jedenfalls nicht willkürlich, einmalige Einnahmen und Entgeltansprüche, die nicht Teil des erwirtschafteten
Arbeitslohns sind und lediglich anlassbezogen gewährt werden, von der Bemessung anhand des individuellen Einkommens auszunehmen
und die Höhe des Elterngeldes an dem Einkommen zu orientieren, das regelmäßig im vorgeburtlichen Bemessungszeitraum zur Verfügung
steht. Denn der zwölf Kalendermonate umfassende Bemessungszeitraum bildet die familiäre Lebenssituation, in die das Kind geboren
wird, für dessen Betreuung die Erwerbstätigkeit reduziert bzw unterbrochen wird, zeitraumaktuell und konkret ab. In diesem
Zeitrahmen kann von einem regelmäßigen Einkommenszufluss nur dann im Wortsinne und auch tatsächlich ausgegangen werden, wenn
es sich nicht um lediglich einmalig erfolgende, sondern um anlassunabhängige, wiederkehrende und verbindlich geschuldete Lohnzahlungen
handelt. Eine Berücksichtigung einmalig zufließender Zahlungen könnte die Höhe des Elterngeldanspruchs letztlich mehr von
der Zufälligkeit des Zuflusszeitpunkts als von der vorgeburtlich tatsächlich bestehenden Einkommenssituation abhängig machen.
Schließlich ist ebenfalls beachtlich, dass Art und Weise der Zahlungsvereinbarung sowie die Gesamthöhe des laufenden Arbeitslohns
Umstände sind, die nicht vom Gesetzgeber vorgegeben, sondern in der Regel von den Arbeitsvertragsparteien frei verhandelt
werden. Handelt es sich nach deren eindeutigem und nachweisbarem Willen bei den nicht nur einmaligen unterjährigen Zahlungen
um verbindliche Teile der Gesamtjahresvergütung, deren Fälligkeit lediglich in mehrmonatigen Intervallen festgelegt wurde
und auf deren anteilige Erbringung der Arbeitnehmer auch im Falle des Nichterreichens des Zahlungszeitpunkts einen Anspruch
hat, prägen sie die individuelle vorgeburtliche Lebenssituation in gleicher Weise wie das monatliche Grundgehalt. Insofern
ist es sachgerecht, dass sie - anders als anlassbezogene Zahlungen - auch in die Bemessungsgrundlage des Elterngeldanspruchs
mit einfließen.
Ob die vom Kläger im Bemessungszeitraum bezogenen Urlaubs- und Weihnachtsgeldzahlungen nach den vom Senat für richtig gehaltenen
Kriterien von der Beklagten zu Recht als sonstige Bezüge eingeordnet worden sind, vermag der erkennende Senat anhand der bisherigen
Tatsachenfeststellungen des LSG nicht zu beurteilen. Es fehlt an genaueren Feststellungen zur Eigenart und Ausgestaltung der
betreffenden Zahlungen. Der Senat kann die erforderlichen Ermittlungen im Revisionsverfahren nicht selbst durchführen (vgl
§
163 SGG). Deshalb ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen
(§
170 Abs
2 S 2
SGG).
Bei der Bewertung der rechtlichen Ausgestaltung der dem Kläger geleisteten zusätzlichen Zahlungen wird das LSG auch zu prüfen
haben, inwieweit im Einzelfall die auf den Verdienstabrechnungen für Juni und November 2006 enthaltenen Hinweise einer arbeitsrechtlichen
Anspruchsbegründung entgegenstehen. Dort heißt es:
"Soweit der Arbeitgeber freiwillige Sonderzahlungen zum Urlaub leistet, handelt es sich um einmalige, freiwillige, jederzeit
widerrufliche Leistungen. Sie begründen keinen rechtlichen Anspruch des/der Arbeitnehmers/in, weder dem Grunde noch der Höhe
nach, weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft und führen auch für den Fall der wiederholten Leistung ohne ausdrückliche
Wiederholung dieses Freiwilligkeitsvorbehaltes zu keinem Anspruch des/der Arbeitnehmers/in." (Verdienstabrechnung 06.06.,
Bl 35 der Verwaltungsakte)
Bzw. in der Novemberabrechnung:
"Soweit der Arbeitgeber freiwillige Sonderzahlungen leistet, z. B. im Zusammenhang mit Weihnachtsgeld oder Altersvorsorge,
handelt es sich um einmalige freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistungen. Sie begründen keinen rechtlichen Anspruch des/der
Arbeitnehmers/in, weder dem Grunde noch der Höhe nach.." (Verdienstabrechnung 11.06., Bl 40 der Verwaltungsakte)
Darüber hinaus wird das LSG die Eigenart der im November 2006 neben den regelmäßigen Zahlungen zugeflossenen Zuwendungen ("AG-Zuschuss
zur HPK" und "VWL AG-Zuschuss" sowie "Altersvorsorge AG-An") näher zu ermitteln haben, um darüber befinden zu können, ob diese
Zahlungen zutreffend bei der Bemessung des Elterngeldanspruchs außer Betracht geblieben sind.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.