Vorläufige Beitragsfestsetzung für freiwillig versicherte Selbstständige in der gesetzlichen Krankenversicherung
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe der für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2006 zu zahlenden Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung.
Die Klägerin ist seit März 2005 als Betreiberin eines Hausmeisterservices sowie eines Kurierdienstes hauptberuflich selbstständig
erwerbstätig und bei der AOK Rheinland - Die Gesundheitskasse sowie nach deren Fusion mit einer weiteren Krankenkasse ab 1.7.2006
bei deren Rechtsnachfolgerin, der beklagten Krankenkasse, freiwillig versichert. Mit Bescheiden vom 2.5.2005 und 22.8.2005
setzte die erstgenannte Krankenkasse die ab 1.3.2005 von der Klägerin zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge vorläufig
in Höhe der von hauptberuflich selbstständig erwerbstätigen Versicherten zu zahlenden Mindestbeiträge nach beitragspflichtigen
Einnahmen von monatlich 1811,25 Euro fest. Nachdem die Klägerin im Februar 2006 Unterlagen zu Umsatzsteuervorauszahlungen
für das Jahr 2005 eingereicht hatte, wurden mit Bescheid vom 17.2.2006 unter Änderung der bisherigen Beitragsfestsetzungen
die für die Zeit ab 1.3.2005 zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge - erneut vorläufig - nach monatlichen Einkünften von
nunmehr 2354,09 Euro festgesetzt.
Im Herbst 2006 übersandte die Klägerin der Beklagten den Einkommensteuerbescheid vom 12.9.2006 für das Jahr 2005, der Einkünfte
aus Gewerbebetrieb in Höhe von 40 454 Euro auswies. Gleichzeitig machte sie geltend, dass sich ihr Gewinn im Jahr 2006 auf
maximal 10 000 Euro belaufen werde, weil ihr Ehemann seit März 2006 als Arbeitnehmer in ihrem Betrieb angestellt sei. Mit
Bescheid vom 20.11.2006 setzte die Beklagte die Höhe der monatlichen Krankenversicherungsbeiträge endgültig für die Zeit ab
1.3.2005 mit 447,68 Euro und für die Zeit ab Januar 2006 mit 466,69 Euro fest. Der Beitragsbemessung legte sie monatliche
beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 1/10 der im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, begrenzt
auf die Beitragsbemessungsgrenze von monatlich 3562,50 Euro, zugrunde.
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid in Bezug auf die Beitragsfestsetzung für die Zeit ab Januar 2006 Widerspruch ein
und übersandte im Dezember 2007 den Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2007 für das Jahr 2006, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb
in Höhe von lediglich 27 373 Euro auswies. Daraufhin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 19.12.2007 die Beiträge für die
Zeit ab 1.12.2007 nur noch nach monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen von 1/12 des Jahresbetrags dieser Einkünfte, nämlich
2281,08 Euro, und damit in Höhe von monatlich 317,07 Euro fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 4.3.2008 wies sie den Widerspruch
im Übrigen zurück.
Das SG hat mit Urteil vom 5.3.2009 die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 20.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
verurteilt, die Beiträge für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2006 unter Zugrundelegung des Einkommensteuerbescheides 2006 festzusetzen.
Das LSG hat die Berufung der Beklagten unter Neufassung des Tenors des Urteils des SG zurückgewiesen: Die Beklagte habe die Beitragshöhe für das Jahr 2006 zunächst nur vorläufig geregelt. Erfolge eine vorläufige
Beitragsfestsetzung, sei die Beitragshöhe bei der endgültigen Festsetzung entsprechend den nunmehr vorliegenden Einkommensnachweisen
rückwirkend festzusetzen, auch wenn diese - wie hier der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 - erst im Widerspruchsverfahren
vorgelegt würden (Urteil vom 27.8.2009).
Die Beklagte rügt mit ihrer Revision sinngemäß die Verletzung von §
240 Abs
4 SGB V. Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2005 seien mit dem Bescheid vom 20.11.2006 die Beiträge für die
Zeit bis 31.12.2005 bestandskräftig festgesetzt worden. Bei der in diesem Bescheid ebenfalls erfolgten Beitragsfestsetzung
für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2006 habe es sich deshalb nicht mehr um die erstmalige Festsetzung der Krankenversicherungsbeiträge
nach Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit, sondern bereits um die zweite - endgültige - Beitragsfestsetzung gehandelt.
Von der vorgenommenen Festsetzung habe daher nach dem BSG-Urteil vom 2.9.2009 - B 12 KR 21/08 R (BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 §
240 Nr
12) gemäß §
240 Abs
4 Satz 2 und
3 SGB V aF unter Berücksichtigung der im Steuerbescheid für 2006 ausgewiesenen niedrigeren Einkünfte erst ab dem Zeitpunkt seiner
Vorlage im Dezember 2007 mit Wirkung für die Zukunft abgewichen werden dürfen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. August 2009 sowie das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf
vom 5. März 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
1. Der Senat konnte über die Revision der Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten
mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§
124 Abs
2 SGG).
2. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.
Zu Recht hat das LSG die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende SG-Urteil unter Klarstellung des Tenors des erstinstanzlichen Urteils zurückgewiesen; denn das SG hat zutreffend den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.3.2008 teilweise
aufgehoben. Diese Bescheide sind rechtswidrig, soweit mit ihnen - für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2006 - die Krankenversicherungsbeiträge
nach höheren monatlichen Einnahmen als 2281,08 Euro festgesetzt wurden. Der Senat hat zur weiteren Klarstellung lediglich
den Tenor des LSG-Urteils neu gefasst, um hervorzuheben, auf welchen Zeitraum sich die betragsmäßig begrenzte Beitragsfestsetzung
bezieht. Für die endgültige Festsetzung der Beiträge sind insoweit die von der Klägerin im Dezember 2007 durch Vorlage des
Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2006 nachgewiesenen Einnahmen zu berücksichtigen.
a. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Anfechtung der Festsetzung der Krankenversicherungsbeiträge in den genannten
Bescheiden nur insoweit, als die Beklagte die Beiträge endgültig für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2006 nach höheren monatlichen
Einnahmen als 2281,08 Euro festgesetzt hat. Zwar hat das LSG in dem von ihm zur Klarstellung neu gefassten Tenor anders als
das SG die teilweise Aufhebung des Beitragsbescheides nicht ausdrücklich auf den Zeitraum vom 1.1. bis 31.12.2006 beschränkt; aus
den Entscheidungsgründen, die zur Auslegung der Urteilsformel heranzuziehen sind (vgl zB BSGE 6, 97, 98; BSGE 100, 19 = SozR 4-2600 § 281 Nr 1, RdNr 16), ergibt sich jedoch mit hinreichender Deutlichkeit, dass es nur über die Beitragsfestsetzung
für das Jahr 2006 entschieden und damit den Tenor nur hinsichtlich der Beitragsfestsetzung für diesen Zeitraum neu gefasst
hat. Dies hat der Senat in seiner Urteilsformel klargestellt. Nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom
19.12.2007. Einer Anfechtung des im Widerspruchsverfahren ergangenen Beitragsbescheides vom 19.12.2007 bedurfte es auch nicht,
da dieser nur die - von der Klägerin im hiesigen Rechtsstreit nicht beanstandete - Beitragshöhe für die Zeit ab 1.12.2007
betrifft und er keine Aussage dazu enthält, wie es sich mit der Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2006 (bzw
bis 30.11.2007) verhält; insoweit führt - über den Ausgangsbescheid vom 20.11.2006 hinaus - allein der Widerspruchsbescheid
vom 4.3.2008 zu einer Beschwer der Klägerin.
b. Zutreffend ist das LSG ebenfalls davon ausgegangen, dass die Klägerin nur eine Teilanfechtungsklage erhoben hat. Auf eine
solche Klage konnte sie sich in zulässiger Weise beschränken (vgl zB BSGE 87, 228, 229 f = SozR 3-2500 § 240 Nr 34 S 156; BSG SozR 4-2500 § 240 Nr 6 RdNr 12).
c. Für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2006 waren die Krankenversicherungsbeiträge der Klägerin nach der für die Beitragsbemessung
für freiwillige Mitglieder geltenden Vorschrift des §
240 SGB V nicht nach höheren monatlichen Einnahmen als 2281,08 Euro festzusetzen.
Nach §
240 Abs
1 und
2 SGB V (in der hier anzuwendenden Fassung vom 14.11./24.12.2003 [BGBl I 2190, 2954], die ab 1.1.2004 bzw 1.1.2005 galt) wurde die
Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Krankenkasse geregelt (Abs 1 Satz 1), wobei sicherzustellen
war, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigte (Abs 1 Satz 2). Die Satzung
musste mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig
Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen waren (Abs 2 Satz 1). Nach §
240 Abs
4 Satz 2 und
3 SGB V (in der seit 1.1.1993 geltenden Fassung - Satz 2 und 3 angefügt durch Art 1 Nr 137 Buchst c des Gesundheitsstrukturgesetzes
vom 21.12.1992 [BGBl I 2266], Änderungen durch Art 3 Nr 6 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
vom 23.12.2002 [BGBl I 4621] und durch Art 3a Nr 2 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende
vom 20.7.2006 [BGBl I 1706], Satz 3 nunmehr Satz 6 - im Folgenden: aF) galten für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich
selbstständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen
Beitragsbemessungsgrenze (§
223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße (Satz 2). Veränderungen
der Beitragsbemessung konnten aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 nur zum ersten Tag des auf
die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden (Satz 3). § 19 der für die Zeit vom 1.1. bis 30.6.2006 anwendbaren
Fassung der Satzung der AOK Rheinland - Die Gesundheitskasse sowie § 19 der ab 1.7.2006 anwendbaren Fassung der Satzung der
Beklagten, die revisibles Recht iS von §
162 SGG enthalten, weil sich ihr Geltungsbereich über den Bezirk des LSG hinaus erstreckt, enthielten jeweils inhaltsgleiche Regelungen.
Die Beklagte war nach diesen Vorschriften zwar berechtigt, die Krankenversicherungsbeiträge der Klägerin, die seit dem 1.3.2005
hauptberuflich selbstständig erwerbstätig und freiwillig versichert war, trotz der im Jahre 2005 und 2006 erlassenen, die
Beitragshöhe vorläufig für das Jahr 2006 regelnden Bescheide rückwirkend für dieses Jahr endgültig festzusetzen (dazu unter
aa). Zu Unrecht hat die Beklagte die Beiträge jedoch nach höheren Einnahmen als 2281,08 Euro bemessen, denn die Klägerin hatte
für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.12.2006 niedrigere Einnahmen in dieser Höhe nachgewiesen. Der während des Widerspruchsverfahrens
vor Erlass des Widerspruchsbescheides vom 4.3.2008 vorgelegte Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 musste von der beklagten
Krankenkasse bzw ihrer Rechtsvorgängerin als Nachweis niedrigerer Einnahmen bereits für die Zeit ab 1.1.2006 berücksichtigt
werden (dazu unter bb). Die für das Jahr 2006 zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge wurden insoweit erstmals endgültig
festgesetzt, da §
240 Abs
4 Satz 3
SGB V aF insoweit nicht anwendbar war (dazu unter cc).
aa. Die Beklagte war berechtigt, die Beitragshöhe für das Jahr 2006 neu festzusetzen, ohne an bereits ergangene vorherige
Beitragsfestsetzungen für diese Zeit gebunden zu sein. Zuletzt war die Höhe der für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2006 zu zahlenden
Krankenversicherungsbeiträge mit dem für die Beteiligten bindend gewordenen Bescheid vom 17.2.2006 - wie auch bereits vorher
mit Bescheiden vom 2.5. und 22.8.2005 - lediglich vorläufig durch einstweiligen Verwaltungsakt festgesetzt worden. Solche
vorläufigen Festsetzungen entfalten nach der Rechtsprechung des Senats keine Bindungswirkung für die endgültige Beitragsfestsetzung,
sondern erledigen sich iS von § 39 Abs 2 SGB X mit der formellen endgültigen Festsetzung (vgl hierzu BSGE 96, 119 = SozR 4-2500 § 240 Nr 5, RdNr 12 ff; BSG SozR 4-2500 § 240 Nr 10 RdNr 14).
bb. Für die endgültige Festsetzung der Beitragshöhe im hier angefochtenen Bescheid vom 20.11.2006 musste die Beklagte den
Inhalt des im Widerspruchsverfahren vorgelegten Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2006 zum Nachweis niedrigerer Einnahmen
der Klägerin berücksichtigen.
Zutreffend ist die Beklagte davon ausgegangen, dass die für die Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung
der Klägerin maßgeblichen Einnahmen aus ihrer selbstständigen Tätigkeit dem Arbeitseinkommen iS von §
15 Abs
1 SGB IV entsprachen und dass deren Höhe grundsätzlich dem Einkommensteuerbescheid zu entnehmen war (vgl BSGE 79, 133, 138 ff = SozR 3-2500 § 240 Nr 27 S 102 ff; BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12, RdNr 14 ff). Dementsprechend errechnete sie auch unter Berücksichtigung der mit dem Steuerbescheid
für das Jahr 2006 nachgewiesenen Einnahmen in Höhe von 27 373 Euro jährlich bzw 2281,08 Euro monatlich die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge,
dies jedoch erst ab Dezember 2007. Die nachgewiesenen geringeren Einnahmen waren jedoch für die endgültige Beitragsfestsetzung
bereits im Zeitraum vom 1.1. bis 31.12.2006 zu berücksichtigen; denn die Klägerin hatte noch während des Widerspruchsverfahrens
den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vorgelegt und damit ihre Einnahmen für dieses Kalenderjahr vor Erlass des Widerspruchsbescheides
vom 4.3.2008 nachgewiesen. Damit war für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.12.2006 die Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen
nach monatlichen Einnahmen von lediglich 2281,08 Euro gerechtfertigt.
Wie der Senat bereits entschieden hat, ist im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides für die Beurteilung, ob und welche
niedrigeren Einnahmen nachgewiesen und im endgültigen Beitragsbescheid zu berücksichtigen sind, regelmäßig auf die Sach- und
Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung im Widerspruchsverfahren durch den Widerspruchsausschuss abzustellen.
Wird erstmals über die endgültige Beitragsfestsetzung entschieden, nachdem zunächst lediglich eine vorläufige Beitragsfestsetzung
durch einstweilige Regelung erfolgt ist, sind die Beiträge rückwirkend aufgrund der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Nachweise
festzusetzen und es ist ggf im Widerspruchsverfahren zu überprüfen, ob solche Nachweise vorliegen (vgl BSG SozR 4-2500 § 240
Nr 10 RdNr 16 ff).
cc. Die Beklagte hat zu Unrecht angenommen, dass gemäß §
240 Abs
4 Satz 3
SGB V aF die durch den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 nachgewiesenen Einnahmen erst bei der Beitragsfestsetzung für
Zeiträume nach der Vorlage des Steuerbescheides im Dezember 2007 zu berücksichtigen waren. Sie stützt sich zu Unrecht unter
Berufung auf Rechtsprechung des Senats (BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12, RdNr 17 ff) darauf, dass bereits eine erstmalige (endgültige) Beitragsfestsetzung erfolgt und
damit die Berücksichtigung niedrigerer Einnahmen für Zeiträume vor Einreichung der entsprechenden Nachweise ausgeschlossen
war. Eine endgültige Beitragsfestsetzung für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.12.2006 erfolgte nämlich erst durch die Festsetzung
im Widerspruchsbescheid vom 4.3.2008, der den teilweise angefochtenen Ausgangsbescheid vom 20.11.2006 hinsichtlich der Beitragsfestsetzung
für diese Zeit modifizierte (vgl §
95 SGG).
Entgegen der Auffassung der Beklagten lag nicht allein deshalb, weil die Klägerin die im Bescheid vom 20.11.2006 ebenfalls
erfolgte Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 1.3. bis 31.12. 2005 nicht mit dem Widerspruch angriff - und dieser insoweit
bestandskräftig wurde -, für die anschließende Zeit vom 1.1. bis 31.12.2006 eine (zweite) endgültige Beitragsfestsetzung für
das Jahr 2006 vor, die nur für die Zeit ab Vorlage neuer Nachweise gemäß §
240 Abs
4 Satz 3
SGB V aF hätte geändert werden dürfen. Der bestandskräftige Teil der Beitragsfestsetzung betraf nämlich allein den Zeitraum vom
1.3. bis 31.12.2005, nicht jedoch auch die Beitragsbemessung ab 1.1.2006. Selbst wenn der angefochtene Bescheid über die Beitragshöhe
in zwei voneinander getrennten Zeiträumen entscheidet, liegt ein Fall des §
240 Abs
4 Satz 3
SGB V aF nicht vor. Diese Regelung erfasst weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck die erstmalige endgültige Feststellung
der Beitragshöhe von hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen, wenn zunächst zu Beginn der Tätigkeit Beiträge immer nur
lediglich vorläufig festgesetzt wurden, weil ein Nachweis geringerer Einnahmen durch Beibringung geeigneter Beweismittel noch
nicht möglich war (vgl BSG SozR 4-2500 § 240 Nr 10 RdNr 17 f). Eine solche noch revidierbare Beitragsfestsetzung liegt auch
dann vor, wenn im Verfahren der erstmaligen endgültigen Beitragsbemessung zunächst der Nachweis geringerer Einnahmen durch
Vorlage eines Einkommensteuerbescheides für einen früheren Zeitraum geführt und dann im Verfahren der erstmaligen endgültigen
Beitragsbemessung für den weiteren Zeitraum ein aktueller, den streitigen Zeitraum betreffender Einkommensteuerbescheid vorgelegt
wird. Auch dann erfolgt nach einer zunächst immer nur vorläufigen Beitragsbemessung erstmals die endgültige Beitragsbemessung.
Waren für beide Zeiträume bisher die Beiträge nur vorläufig festgesetzt worden, hindert die bestandskräftige erstmalige Festsetzung
der Beitragshöhe für den ersten Zeitraum nicht die rückwirkende Berücksichtigung der vorgelegten Nachweise für den zweiten
Zeitraum, wenn für diesen eine bestandskräftige endgültige Beitragsfestsetzung fehlt, zumal dann, wenn - wie hier - ohnehin
von vornherein geltend gemacht wird, dass sich gegenüber dem ersten Zeitraum noch erhebliche einnahmenmindernde Besonderheiten
ergeben haben (hier: Absenkung des Betriebsgewinns im Jahr 2006 auf einen Bruchteil desjenigen des Jahres 2005 wegen erhöhter
Betriebsausgaben infolge Beschäftigung des Ehemanns seit März 2006).
Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Senats vom 2.9.2009 (B 12 KR 21/08 R - BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12) stützt deren Rechtsauffassung nicht. Im dortigen Fall war der Beitragsbemessung nämlich bereits
eine bestandskräftige endgültige Festsetzung der Beitragshöhe mit Dauerwirkung für die Zukunft vorausgegangen, deren Abänderung
für die Vergangenheit aufgrund der Vorlage neuer Nachweise begehrt wurde. Im Falle der Klägerin war dagegen lediglich die
Beitragsfestsetzung für die Zeit ab 1.3. bis 31.12.2005 bestandskräftig, nicht jedoch diejenige für die Zeit ab 1.1.2006.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.