Gründe:
I
Der Kläger ist selbstständiger Karosseriebauer und Kfz-Techniker mit eigenem kleinen Betrieb. Er ist bei der beklagten Krankenkasse
freiwillig krankenversichert mit Anspruch auf Krankengeld (Krg) ab dem 15. Tag der Arbeitsunfähigkeit (AU) und zahlt jeweils
den Mindestbeitrag nach §
240 Abs
4 Satz 2
SGB V (fiktive Einnahmen in Höhe des 40. Teils der Bezugsgröße, monatlich 2021,25 Euro im Jahr 2013). Vor allem wegen erheblicher
Beschwerden am Stütz- und Bewegungsapparat war der Kläger wiederholt arbeitsunfähig (30.11.2011 bis 8.6.2012, 17.1. bis 22.2.2013
sowie ab 18.3.2013). Er erhielt von der Beklagten Krg bis 22.2.2013, was ihm aber für die hier streitige Zeit ab 1.4.2013
verweigert wurde, weil er bereits ab 2011 kein Arbeitseinkommen aus seiner selbstständigen Tätigkeit mehr erzielt habe (vgl
zur Bemessung des Regelentgelts §
47 Abs
4 Satz 2
SGB V); eine Herausrechnung von steuerlichen Abschreibungen sei nicht statthaft. Der Steuerbescheid für 2010 hatte noch Einkünfte
aus dem Gewerbebetrieb in Höhe von 16 555 Euro festgestellt, während der Steuerbescheid für 2011 einen Verlust in Höhe von
3170 Euro auswies. Den Verlust für 2012 bezifferte der Kläger gemäß Steuererklärung auf 922 Euro.
Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos (Gerichtsbescheid des SG vom 1.12.2014, Urteil des LSG vom 23.4.2015). Auf Grundlage der BSG-Rechtsprechung, insbesondere des Urteils des 1. Senats vom 12.3.2013 (B 1 KR 4/12 R - BSG SozR 4-2500 § 47 Nr 14), sei das Krg hier nicht nach dem der Beitragsbemessung auch für die Jahre 2011 bis 2013 zugrunde liegenden fiktiven
Arbeitseinkommen, sondern nach dem tatsächlichen Arbeitseinkommen des Jahres 2012 zu berechnen. Da der Gewerbebetrieb aber
2012, ebenso wie schon 2011, einen Verlust erbracht habe, die AU also zu keinem Ausfall an Arbeitseinkommen führe, bestehe
kein Krg-Anspruch ab 1.4.2013.
Der Kläger beruft sich ebenfalls auf die Rechtsprechung des 1. Senats, kommt aber zum gegenteiligen Ergebnis, nämlich der
Berechnung des Krg nach dem der Beitragsbemessung zugrunde liegenden Arbeitseinkommen, wobei er das Jahr 2010 als entscheidend
ansieht. Die Vermutung, dass die Beitragsbemessung sein Arbeitseinkommen zutreffend widerspiegele, sei insoweit nicht widerlegt,
sodass nicht auf die negativen Einkünfte der Jahre 2011 und 2012 zurückgegriffen werden dürfe (Urteil vom 14.12.2006 - B 1 KR 11/06 R - BSGE 98, 43 = SozR 4-2500 § 47 Nr 7, RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 47 Nr 14 RdNr 24). Der ausgewiesene Verlust sei zudem jeweils nur steuerrechtlich entstanden, tatsächlich habe er Arbeitseinkommen
erzielt und auch davon gelebt.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf einen Verfahrensfehler des LSG (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) sowie auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG).
II
Es kann offenbleiben, ob die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers bereits unzulässig ist, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe
nicht formgerecht dargelegt worden sind (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG). Jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.
1. Der Kläger macht den Verfahrensmangel der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) geltend. Dazu trägt er vor, das LSG habe mehrere von ihm zitierte Entscheidungen des BSG (ua Urteile vom 14.12.2006 - B 1 KR 11/06 R - BSGE 98, 43 = SozR 4-2500 § 47 Nr 7 und vom 6.11.2008 - B 1 KR 8/08 R - USK 2008-128 - Juris), die seine Rechtsauffassung von der Maßgeblichkeit des Jahres 2010 als Referenzjahr stützten, nicht
in die Entscheidungsgründe aufgenommen und das von ihm ebenfalls herangezogene Urteil vom 12.3.2013 (B 1 KR 4/12 R - SozR 4-2500 § 47 Nr 14) zwar zitiert, aber diese Entscheidung unrichtig umgesetzt. Eine Gehörsverletzung kann hierin indes
nicht gesehen werden.
Es spricht eine Vermutung dafür, dass das Gericht ein Vorbringen zur Kenntnis genommen hat (BVerfGE 40, 101, 104 ff; 51, 126, 129; 54, 43, 46). Diese Vermutung wird nicht allein dadurch entkräftet, dass das betreffende Vorbringen
in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht angesprochen wird (BVerfGE 13, 132, 149; 47, 182, 187; 51, 126, 129). Erst wenn sich in einer Gesamtschau von Tatbestand und Entscheidungsgründen eines Urteils
zeigt, dass ein Vorbringen ersichtlich nicht erwogen worden ist bzw das Gericht dieses Vorbringen offenbar aus den Augen verloren
hat, kann von einem Gehörsverstoß ausgegangen werden (BVerfGE 27, 248, 251 f; 51, 126, 129; 54, 86, 92). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Der Kläger berücksichtigt nicht, dass seine Rechtsauffassung im Tatbestand des LSG-Urteils (Umdruck S 3/4) dargestellt worden
ist, von einem schlichten Übergehen seines Vorbringens also nicht die Rede sein kann. Dass einzelne BSG-Entscheidungen nicht ausdrücklich zitiert worden sind, kann eine Gehörsverletzung nicht belegen. Zudem räumt der Kläger selbst
ein, dass das LSG das Urteil des 1. Senats vom 12.3.2013 ausdrücklich zitiert und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat
und dieses Urteil auf der ebenfalls vom LSG herangezogenen Rechtsprechung dieses Senats vom 14.12.2006 (ua B 1 KR 11/06 R - BSGE 98, 43 = SozR 4-2500 § 47 Nr 7) fußt (vgl BSG SozR 4-2500 § 47 Nr 14 RdNr 24). Unterschiedliche Auffassungen zwischen LSG (sowie SG und der Beklagten) einerseits und dem Kläger andererseits bestehen nach dem Beschwerdevorbringen lediglich über die aus dieser
Rechtsprechung zu ziehenden Schlussfolgerungen. Während der Kläger für sich die Krg-Berechnung nach dem Regelfall beansprucht,
den der 1. Senat in der Entscheidung vom 14.12.2006 (B 1 KR 11/06 R) in der RdNr 12 dargestellt hat, sieht das LSG die dort in der RdNr 11 aufgeführte Ausnahmesituation als gegeben an, wonach
das Krg bei einer "evidenten Diskrepanz" zwischen dem tatsächlich erzielten Einkommen und der Beitragsbemessungsgrundlage
nach dem vor Eintritt der AU erzielten Arbeitseinkommen und nicht pauschal nach dem der Beitragsbemessung zugrunde gelegten
Arbeitseinkommen zu berechnen ist. Dass das LSG der Rechtsauffassung des Klägers nicht gefolgt ist, kann nicht als Verfahrensfehler
nach §
160 Abs
2 Nr
3 iVm §
62 SGG geltend gemacht werden.
2. Soweit sich der Kläger - zwar nicht ausdrücklich, wohl aber der Sache nach - auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
beruft, ist diese Rüge schon nicht ordnungsgemäß dargelegt worden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung
des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren
Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese
noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts
erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65). Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage,
ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den
Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Der Kläger hat folgende Rechtsfrage formuliert: "Welches Jahr ist als Referenzjahr für einen selbständig Erwerbstätigen zu
nehmen, der freiwillig mit Krankengeldanspruch krankenversichert ist?" Damit ist zwar eine Rechtsfrage aufgeworfen worden,
es fehlt aber an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und Entscheidungserheblichkeit. Der Kläger trägt selbst vor, dass
der 1. Senat des BSG mit seinem Urteil vom 14.12.2006 (B 1 KR 11/06 R - BSGE 98, 43 = SozR 4-2500 § 47 Nr 7, RdNr 11 ff) eine grundsätzliche Klärung dieser Rechtsfrage herbeigeführt hat. Lediglich die Umsetzung
dieser Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall ist - wie bereits ausgeführt - zwischen den Beteiligten umstritten.
Soweit der Kläger in seinen Ausführungen andeutet, die Heranziehung der Einkommensteuerbescheide zur Einkommensermittlung
bei selbstständig Tätigen (§
15 SGB IV) sei generell auch insofern problematisch, als dort rein steuerlich begründete Sondereffekte wie zB Abschreibungen und zudem
Einkommenseinbußen wegen der vorübergehenden AU (nebst Einstellung von Ersatzkräften als zusätzlicher Kostenfaktor) berücksichtigt
würden, fehlt es bereits an der Formulierung einer auf diese Problematik konkret zugeschnittenen Rechtsfrage. Außerdem wird
nicht dargelegt, wie sich das Arbeitseinkommen des Klägers bei Ausklammerung dieser Sondereffekte dargestellt hätte. Ohne
diese Angaben wird nicht deutlich, ob in den Jahren 2011 und 2012 überhaupt ein positives Arbeitseinkommen erzielt worden
wäre und ob dieses Einkommen - wie im Jahr 2010 - wenigstens annährend an die dem Mindestbeitrag zugrunde liegende Beitragsbemessungsgrenze
(§
240 Abs
4 Satz 2
SGB V) herangekommen wäre. Maßgeblich sind nicht die Verhältnisse jenes Jahres, in dem der Vertrag abgeschlossen worden ist (2010),
sondern die Verhältnisse, die vor dem Eintritt der AU (18.3.2013) vorgelegen haben. Hierfür sind insbesondere bereits vorliegende
Einkommensteuerbescheide heranzuziehen. Das ist hier geschehen.
3. Sofern der Kläger möglicherweise auch eine Divergenzrüge erheben will (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG), fehlt es schon an der Gegenüberstellung zweier sich einander widersprechender abstrakter Rechtssätze aus dem LSG-Urteil
einerseits und aus einem Urteil des BSG andererseits. Hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.