Vergütung vertragsärztlicher Leistungen; Höhe vertragsärztlichen Honorars für Fachärzte; Differenzierung der Arztpraxen nach
Untergruppen
Gründe:
I
Im Streit steht die Höhe vertragsärztlichen Honorars für die Quartale II/2005 und III/2005, insbesondere die Rechtmäßigkeit
des der Berechnung zugrunde liegenden Honorarverteilungsvertrages (HVV).
Der Kläger nimmt als Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit
Bescheiden vom 10.10.2005 sowie vom 5.1.2006 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für die Quartale II/2005 und III/2005
fest. Dabei legte sie den am 1.4.2005 in Kraft getretenen HVV zugrunde, welcher in seiner Anl 2 die Bildung von Regelleistungsvolumen
(RLV) vorsah. Nach § 3 Abs 2 Nr 2 der Anl 2 waren für die dort genannten Arztgruppen mit mehr als 20 Mitgliedern jeweils drei Untergruppen mit unterschiedlichen
Fallpunktzahlen (FPZ) zur Berechnung der RLV zu bilden. Maßstab für die Bestimmung der FPZ war der durchschnittliche Fallwert einer Arztpraxis in Punkten für RLV-relevante Leistungen in den Referenzquartalen III/2003 bis II/2004. Arztpraxen mit Fallwerten von bis zu 15 % über bzw unter
dem Arztgruppendurchschnitt bildeten die Untergruppe U 2, Arztpraxen mit höheren Fallwerten die Untergruppe U 3 und die Praxen
mit niedrigeren Fallwerten die Untergruppe U 1.
Widersprüche und Klage sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 15.8.2006, Urteil des SG vom 29.9.2010). Auf die Berufung des Klägers hat das LSG das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über den Honoraranspruch des Klägers für die Quartale
II/2005 und III/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (Urteil des LSG vom 21.12.2011).
Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, der HVV der Beklagten sei rechtswidrig, weil eine Unterteilung homogener Arztgruppen
bei der Verteilung der Gesamtvergütungen weder mit den gesetzlichen Vorgaben in §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V noch mit den Bestimmungen im Beschluss des Bewertungsausschusses (BewA) vom 29.10.2004 ([BRLV] DÄ 2004, A-3129) vereinbar
sei. Die vordergründige (Teil-)Umsetzung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben im HVV werde durch gesonderte Berechnungsvorgaben
für die FPZ unterlaufen. Die Bildung von Untergruppen führe im Ergebnis zu einer Binnendifferenzierung der von dieser Regelung
betroffenen Arztgruppen, weil die Größe des jeweiligen RLV neben der Behandlungsfallzahl im Abrechnungsquartal zusätzlich von einer vergangenheitsbezogenen Fallwertbetrachtung abhänge.
Der Umfang des einer Arztpraxis zustehenden RLV bestimme sich nicht allein anhand arztgruppeneinheitlicher Grenzwerte, sondern vielmehr maßgeblich nach dem Umfang der Abweichung
vom durchschnittlichen Fallwert der jeweiligen Arztgruppe in zurückliegenden Referenzquartalen. Demgegenüber sehe der Beschluss
des BewA in Teil III Nr 3.2 BRLV vor, dass sich die FPZ einer Arztpraxis oder eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) ausschließlich aus der Zugehörigkeit
zu einer Arztgruppe gemäß der Anl 1 und der zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen Berechnungsvorgabe in der Anl 2 zum Teil III
BRLV bestimme. Hiervon weiche der HVV ab.
Eine Berechtigung der Beklagten zur Abweichung von den (gesetzlichen bzw vertraglichen) Vorgaben bestehe nicht. Die Einführung
von Untergruppen stelle keine Ergänzung der Steuerungsinstrumente im Sinne der Rechtsprechung des BSG dar, wie bereits aus der strukturellen Ausrichtung folge, die mit der Binnendifferenzierung verbunden sei. Durch die Einführung
von Untergruppen nach Abschaffung der Praxis- und Zusatzbudgets solle eine individualisierte Leistungsbewertung anhand des
spezifischen Leistungsspektrums einer Arztpraxis gewährleistet und so deren Status quo erhalten werden. Die im HVV der Beklagten
vorgesehenen RLV bauten demnach maßgeblich auf den praxisindividuellen Abrechnungsergebnissen vergangener Zeiträume auf. Damit würde der vom
Gesetzgeber mit der Einführung von RLV bezweckte Vorteil für die Vertragsärzte konterkariert und damit abgewandelt. Im Ergebnis führten die hier beanstandeten HVV-Bestimmungen
dazu, dass die Größe des RLV einer Arztpraxis im aktuellen Abrechnungsquartal maßgeblich von deren Fallwerten in den zurückliegenden Referenzquartalen
abhänge. Je stärker der Fallwert einer Arztpraxis in der Vergangenheit von dem durchschnittlichen Fallwert der jeweiligen
Arztgruppe abgewichen sei, umso kleiner bzw größer sei die der Arztpraxis zuzuweisende FPZ. Unter Berücksichtigung der Abstaffelungsregelung
bedeute dies, dass die Arztpraxen der Untergruppe U 1 auch durch eine Steigerung ihrer Fallzahlen um den Faktor 3 kein RLV erhielten, dass dem einer in die Untergruppe U 3 eingestuften Arztpraxis mit einer nur durchschnittlichen Fallzahl entspreche.
Vor diesem Hintergrund sei nicht erkennbar, dass die Honorarverteilung der Beklagten auf arztgruppeneinheitlichen FPZ bzw
Grenzwerten aufbaue. Eine Berechtigung zur Einführung von Untergruppen könne auch nicht aus der in Satz 2 der Anl 1 zu Teil
III BRLV eingeräumten Differenzierungsmöglichkeit hergeleitet werden, da sich diese nicht auf eine Modifizierung der arztgruppeneinheitlichen
FPZ für die Bestimmung der RLV beziehe, sondern lediglich auf die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten bei der Zusammensetzung der Facharztgruppen.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Das Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern. Zudem sei die
inhaltliche Ausgestaltung des HVV mit den Vorgaben in §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V (aF) sowie dem BRLV vereinbar. Die im HVV vorgesehene Differenzierung der in der Anl 1 zum Teil III BRLV genannten Arztgruppen in drei "Unterarztgruppen" beruhe auf der Rechtsgrundlage des Satzes 2 der Anl 1 zum Teil III BRLV. Diese Differenzierung konterkariere auch nicht die arztgruppenbezogene Durchschnittsbetrachtung der RLV, sondern biete ebenfalls eine ausschließlich an arztgruppenbezogenen Durchschnittswerten orientierte Kalkulationssicherheit
für die Praxis bzw das MVZ. Sie sei auch nicht mit Individualbudgets vergleichbar, denn im Gegensatz zu diesen errechne sich
das RLV gemäß § 3 Abs 2 der Anl 2 des HVV nicht anhand arztindividueller in der Vergangenheit abgerechneter Punktzahlvolumina, sondern anhand der
für die Arztgruppe des Klägers maßgeblichen durchschnittlichen und einheitlichen FPZ.
Die Differenzierung innerhalb der Arztgruppen sei zudem sachgerecht gewesen. Bei der Betrachtung des Leistungsbedarfs der
Arztgruppen zeige sich für die Fachärzte für Nervenheilkunde ein abfallender Anteil der "Standardleistungen" (Kap 16.2 und
21.2 Einheitlicher Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen [EBM-Ä]) von U 1 zu U 3, während sich bei den spezialisierten
Leistungen ein stark ansteigender Anteil zeige. So betrage der Anteil des gewichtigsten Leistungsbereichs der "Neurologischen
Grundleistungen" (Kap 16.2 EBM-Ä) und der "Psychiatrischen Grundleistungen" (Kap 21.2 EBM-Ä) in der Arztgruppe "Fachärzte
für Nervenheilkunde U 1" ca 70 % und in der Arztgruppe "Fachärzte für Nervenheilkunde U 3" ca 56 %. Demgegenüber betrage der
Anteil der "Ultraschalldiagnostik" (Kap 33 EBM-Ä), der "Nicht antragspflichtigen Leistungen" der Psychotherapie (Kap 35.1
EBM-Ä) sowie der "Psychodiagnostischen Testverfahren" (Kap 35.3 EBM-Ä) in der Arztgruppe "Fachärzte für Nervenheilkunde U
1" nur 4,8 %, in der Arztgruppe "Fachärzte für Nervenheilkunde U 3" hingegen insgesamt 18,7 %. Ärzte der Arztgruppe "Fachärzte
für Nervenheilkunde U 3" erbrächten zudem bestimmte Leistungen, die die Ärzte der beiden anderen Untergruppen gar nicht bzw
fast nicht abrechneten. Als Beispiel seien die "Diagnostischen und therapeutischen Leistungen" im Bereich der Kinder- und
Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (Kap 14.3 EBM-Ä) sowie die "Neurophysiologische Übungsbehandlung" (Kap 30.3 EBM-Ä) genannt,
welche in der Arztgruppe "Fachärzte für Nervenheilkunde U 3" im Quartal II/2005 insgesamt ca 2600-mal, in der Arztgruppe "Fachärzte
für Nervenheilkunde U 1" hingegen überhaupt nicht erbracht worden seien.
Es gehe bei der differenzierten Betrachtung der Arztgruppen im HVV demnach nicht um die Bewahrung von Besitzständen in Form
von Individualbudgets, sondern um eine typisierende Einteilung nach dem Leistungsspektrum der Praxen, gemessen anhand der
nach dem EBM-Ä abgerechneten Punkte je Behandlungsfall. Es erfolge zudem lediglich eine am Versorgungsbedarf orientierte feinere
Differenzierung der Arztgruppen: Die so ermittelten RLV bildeten gerade Durchschnittswerte ab, die den Versorgungsbedarf der Versicherten zuverlässig widerspiegelten. Durch die
typisierende Ermittlung der Arztgruppen würden die in den differenzierten Arztgruppen bestehenden unterschiedlichen Praxisausrichtungen
durch unterschiedliche Qualifikationen oder sachliche und personelle Ausstattungen berücksichtigt.
Die Schlussfolgerung des LSG, je stärker der Fallwert der Arztpraxis in der Vergangenheit von dem durchschnittlichen Fallwert
der Arztgruppe abgewichen sei, umso kleiner bzw größer sei das der Arztpraxis zuzuweisende RLV, sei nicht zutreffend, denn eine niedrige FPZ sei nicht grundsätzlich gleichzusetzen mit einem geringeren RLV. Ärzte der Untergruppe U 1 wiesen in der Regel einen eher unterdurchschnittlichen Leistungsbedarf bei überdurchschnittlich
hoher Fallzahl auf, während sich die Situation bei der Untergruppe U 3 genau umgekehrt darstelle. Nicht haltbar sei auch die
Darstellung des LSG, Ärzte der Untergruppe U 1 könnten selbst bei einer starken Steigerung ihrer Fallzahlen kein RLV erhalten, das dem eines durchschnittlichen Arztes der Untergruppe U3 entspreche. Zunächst ermittele sich die Fallzahlabstaffelungsgrenze
gemäß § 3 Abs 3 der Anl 2 zum HVV unter Berücksichtigung der vorgenommenen Differenzierung der Arztgruppen gemäß Anl 1 zum
Teil III BRLV. Nach dem HVV werde die für eine Arztpraxis bzw für ein MVZ zutreffende FPZ für jeden über 150 % der durchschnittlichen Fallzahl
der Arztgruppen hinausgehenden Fall um 25 % gemindert. Insofern werde die Fallzahlabstaffelungsgrenze zunächst ausschließlich
für die der Praxis zugeordnete Arztgruppe ermittelt. Da sich das RLV letztlich als Produkt aus FPZ und Fallzahl darstelle, zeige sich die grundsätzlich zutreffende Berechnung der Fallzahlabstaffelungsgrenze
auf der Grundlage der durchschnittlichen Fallzahl der jeweiligen differenzierten Arztgruppe. Einer im Einzelfall erforderlichen
Durchlässigkeit der differenzierten Arztgruppen trage der HVV dadurch Rechnung, dass auf Antrag eine Änderung der Arztgruppenzuordnung
möglich sei. Darüber hinaus seien Erweiterungen des RLV aus Sicherstellungsgründen möglich gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 21.12.2011 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Hannover
vom 29.9.2010 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der BewA habe die Arztgruppen benannt, für die Arztgruppentöpfe und
RLV zu berechnen seien. Abgrenzungskriterium sei in allen Fällen das Fachgebiet bzw eine besondere fachliche Qualifikation des
Arztes bzw sein Leistungsangebot gewesen; in keinem Fall sei eine Abgrenzung nach vergangenheitsbezogenen Fallwerten erfolgt.
Diese seien auch nicht arztgruppentypische, sondern individuelle, nicht verallgemeinerungsfähige Abrechnungsergebnisse. Vor
diesem Hintergrund könne die den Vertragspartnern des HVV eingeräumte Berechtigung zur Differenzierung nur in fachlicher Hinsicht
gelten. Dies sei bei der von der Beklagten vorgenommenen Differenzierung nicht der Fall.
II
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Das LSG hat der Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Unrecht stattgegeben und die Beklagte zu Unrecht zur erneuten Entscheidung über den Honoraranspruch des Klägers für die
Quartale II/2005 und III/2005 verpflichtet. Der angefochtene Honorarbescheid beruhte auf einer wirksamen Rechtsgrundlage,
da die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage dieser erging, nicht gegen höherrangiges Recht verstießen. Der HVV,
den die Beklagte und die Krankenkassen(-Verbände) mit Wirkung ab dem 1.4.2005 vereinbart hatten, entsprach - soweit dies im
Streit steht - den Vorgaben des §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V (in der seinerzeit maßgeblichen, vom 1.1.2004 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen
Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190) ebenso wie den Regelungen im BRLV.
Die umstrittene differenzierende Zuweisung von FPZ an Arztpraxen derselben Arztgruppe je nach bisher abgerechneten Fallwerten
fand ihre Rechtsgrundlage in §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V aF, welcher die Partner der HVV ermächtigte, neben den RLV ergänzende Steuerungsmaßnahmen vorzusehen (1.). Die Untergruppenbildung stellt eine ergänzende Steuerungsmaßnahme in diesem
Sinne dar (2.). Die entsprechenden Regelungen des HVV waren auch im Übrigen mit den Vorgaben des §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V aF wie des BRLV vereinbar (3.). Schließlich verstießen die Regelungen des HVV auch nicht gegen die vom Senat zum Schutz unterdurchschnittlich
abrechnender Praxen aufgestellten Grundsätze (4.).
1. Die Partner des maßgeblichen HVV (in der ab dem 2. Quartal 2005 geltenden Fassung) waren berechtigt, die im BRLV genannten Arztgruppen für die Zwecke der Zuweisung von FPZ als Element des RLV weiter auszudifferenzieren. Hierzu bedurfte es wegen des grundsätzlichen Vorrangs des BRLV einer ausdrücklichen Ermächtigung (a.), welche sich aus §
85 Abs
4 SGB V aF ergab (b.). Dahingestellt bleiben kann, ob die Regelung ihre Rechtfertigung auch in Satz 2 der Anl 1 zum Teil III BRLV fand (c.).
a. Grundsätzlich gilt, dass die Regelungen des BewA - also auch der BRLV - denjenigen des HVV vorgehen (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 19). Dies folgt nach der Senatsrechtsprechung (aaO) daraus, dass in §
85 Abs
4 Satz 6 bis 8 iVm Abs
4a Satz 1 letzter Teilsatz
SGB V aF vorgesehen war, dass "der Bewertungsausschuss ... den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4, 6, 7 und 8 zu treffenden Regelungen"
zu bestimmen hatte; zudem war in §
85 Abs
4 Satz 10
SGB V aF normiert, dass die "vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen ... Bestandteil der Vereinbarungen
nach Satz 2" waren. Durch diese beiden Bestimmungen war klargestellt, dass der Inhalt des HVV sich nach den vom BewA normierten
Vorgaben zu richten hatte und dass diese Regelungen des BewA Bestandteil des HVV waren. Aus beidem folgte jeweils, dass die
Bestimmungen des HVV nachrangig gegenüber den Vorgaben des BewA waren, sodass der HVV zurücktreten musste, soweit ein Widerspruch
zwischen ihm und den Vorgaben des BewA vorlag (BSG aaO); nach den allgemeinen Grundsätzen der Normengeltung und -hierarchie sind dem zuwiderlaufende Regelungen des im Verhältnis
zu den höherrangigen Regelungen des BewA nachrangigen HVV rechtswidrig und damit unwirksam (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 24). Dies gilt nur dann nicht, sofern der BRLV bzw höherrangiges Recht Spielräume für die Vertragspartner des HVV belässt (BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 19).
Mit der Untergliederung der Arztgruppen (mit mehr als 20 Mitgliedern) in drei Bereiche je nach Abweichung vom durchschnittlichen
Fallwert der Arztgruppe im Referenzzeitraum um mehr als 15 % nach oben oder unten gingen die Partner des HVV über die in der
Anl 1 zum Teil III BRLV festgelegte Benennung der Arztgruppen hinaus. Darüber hinaus wich die Untergruppenbildung vom gesetzlichen Leitbild einer
für alle Praxen einer Arztgruppe gleichen FPZ ab und führte bei gleicher Fallzahl zu unterschiedlich hohen RLV je nach dem, in welche Untergruppe die einzelne Praxis eingestuft war. Eine solche weitergehende Differenzierung durch die
Partner des HVV bedurfte daher einer Ermächtigung, wie das LSG zutreffend dargestellt hat.
b. Eine solche Ermächtigung enthielt - insoweit entgegen der Auffassung des LSG - §
85 Abs
4 SGB V aF. Die HVV mussten nach §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V aF "insbesondere" arztgruppenspezifische Grenzwerte im Sinne von RLV festlegen. Damit war die Befugnis der (früheren) Partner der HVV zur Steuerung der Vergütung aber nicht erschöpft. Sie blieben
vielmehr berechtigt, ergänzende Steuerungsmaßnahmen vorzugeben, soweit damit das Instrument der RLV als gesetzgeberisches Leitbild der Vergütung ab dem Quartal II/2005 nicht in Frage gestellt wurde. Der Senat hat wiederholt
(BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15 aE; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16; zuletzt Urteil vom 6.2.2013 - B 6 KA 13/12 R - SozR 4-2500 § 83 Nr 73 RdNr
17) ausgeführt: "Die Formulierung 'insbesondere' in §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V relativiert die Verbindlichkeit nicht etwa im Sinne eines lediglich möglichen Regelungsinhalts; wie der Kontext ergibt, wird
damit vielmehr die Notwendigkeit solcher Festlegungen nochmals hervorgehoben und zugleich klargestellt, dass darüber hinaus
auch noch weitere Steuerungsinstrumente vorgesehen werden können, die allerdings das System aus RLV und abgestaffelten Punktwerten nicht schwächen, sondern nur ergänzen dürften".
Schon unter der Geltung der Praxisbudgets hatte der Senat den Normgebern der Honorarverteilungsmaßstäbe (HVM) das Recht eingeräumt,
etwa für nicht in die Praxisbudgets einbezogene Fachgruppen Honorartöpfe zu schaffen und/oder individuelle Budgetierungen
vorzunehmen oder andere honorarbegrenzende Regelungen zu treffen, und dies damit begründet, die Praxisbudgets hätten grundsätzlich
nichts an der Berechtigung der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) geändert, im HVM auch mengensteuernde Regelungen zu treffen
(BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 51; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 12). Nichts anderes gilt für RLV, nicht zuletzt deswegen, weil auch sie nur einen Teil der Leistungen erfassen, woraus zwangsläufig Bedarf für ergänzende
Regelungen resultieren kann.
Die in §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V aF enthaltene Ermächtigung zur Einführung weiterer Steuerungsinstrumente wendete sich nicht allein an den BewA, sondern galt
gleichermaßen für die Partner der HVV. Zwar war der BewA gemäß §
85 Abs
4a Satz 1 Halbsatz 1
SGB V aF zur Konkretisierung der Regelungen nach §
85 Abs
4 Satz 6 und 7
SGB V aF aufgerufen. Dies änderte aber nichts daran, dass Satz 6 aaO allgemein bestimmte, dass der HVV Regelungen zur Verhinderung
einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes zu enthalten hatte. Die Vertragspartner des HVV waren auch dazu
berechtigt, die Vorgaben des BRLV in dem vom Senat angeführten Sinne zu ergänzen.
c. Ob die Regelung im HVV ihre Rechtfertigung auch in Satz 2 der Anl 1 zum Teil III BRLV fand, wie die Beklagte meint, bedarf daher keiner Entscheidung. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass vieles für die
Sicht des LSG spricht, dass mit der dort geregelten Ermächtigung, im HVV "weitere Differenzierungen und Zusammenfassungen
der nachfolgenden Arztgruppen" zu vereinbaren, nicht eine weitere Differenzierung der Arztgruppen nach Fallwerten, sondern
eher nach der fachlichen Subspezialisierung gemeint sein dürfte.
2. Die Regelung über die Untergliederung der Arztgruppen in drei Untergruppen stellt eine ergänzende Steuerungsmaßnahme iS
des §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V aF dar.
a. Nach den Vorgaben des BRLV wurde die KÄV-bezogene, arztgruppenspezifische FPZ im Wesentlichen so berechnet, dass der arztgruppenspezifische Leistungsbedarf
der dem RLV unterliegenden Leistungen in Punkten im Zeitraum vom 2. Halbjahr 2003 bis zum 1. Halbjahr 2004 durch die KÄV-bezogene, arztgruppenspezifische
Anzahl der kurativ-ambulanten Behandlungsfälle im Zeitraum vom 2. Halbjahr 2003 bis zum 1. Halbjahr 2004 geteilt und mit 0,8
multipliziert wurde. Dem entsprach § 3 Abs 2 Nr 1 der Anl 2 zum HVV. Die Besonderheit der HVV-Regelung besteht darin, dass
danach die vorgegebene Berechnung nicht einheitlich für die gesamte Arztgruppe iS der Anl 1 zu Teil III BRLV durchgeführt, sondern die jeweilige Arztgruppe zunächst in drei Untergruppen unterteilt wurde, für die diese Berechnung jeweils
getrennt erfolgte (vgl § 3 Abs 2 Nr 2 der Anl 2 zum HVV). Die der Berechnung zugrundeliegenden Faktoren - Leistungsbedarf
und Behandlungsfälle - wurden daher "unterarztgruppenspezifisch" ermittelt ("Für jede Untergruppe ... erfolgt anschließend
die Berechnung der FPZ gemäß Nr 1 dieses Abs"). Die Einstufung in eine der drei Untergruppen richtete sich nach dem durchschnittlichen
Fallwert der Arztpraxis in Punkten im Zeitraum vom 2. Halbjahr 2003 bis zum 1. Halbjahr 2004 für RLV-relevante Leistungen. Arztpraxen, deren Fallwert ungefähr dem Arztgruppendurchschnitt - bezogen auf die noch undifferenzierte
Arztgruppe - entsprach, wurden in die Untergruppe U 2 eingestuft; dies waren die Praxen mit Fallwerten in der Bandbreite bis
zu 15 % unter bzw über dem Durchschnitt. Ärzte mit höherem Fallwert wurden der Untergruppe U 3 zugeordnet, Ärzte mit niedrigerem
Fallwert der Untergruppe U 1.
Begründet wurde die Bildung von Untergruppen damit, man habe der Kritik Rechnung getragen, dass frühere Regelungen, die eine
Differenzierung innerhalb der Fachgruppe nach verschiedenen Leistungsschwerpunkten ermöglichten, wie zB die verschiedenen
Zusatzbudgets, nicht mehr vorgesehen seien und der "Einheits-Arzt" das Aus für spezialisierte Praxen bedeute (Niedersächsisches
Ärzteblatt 3/2005 S 60/61). Mit der weitergehenden Differenzierung werde die bisherige Versorgungsrealität weitaus besser abgebildet (aaO S 61). Auf
diese Weise werde erreicht, dass "als Ersatz für die bisherigen Praxisbudgets, Zusatzbudgets und die alte 4.3. Regelung auch
weiterhin eine differenzierte Abrechnung nach dem jeweiligen Leistungsspektrum und Leistungsbedarf der einzelnen Praxis" ermittelt
werden könne (Niedersächsisches Ärzteblatt 5/2005 S 60).
b. Die weitere Untergliederung der im BRLV aufgeführten Arztgruppen in drei "fallwertbezogene" Untergruppen ergänzt als weitere Steuerungsmaßnahme im Sinne der Rechtsprechung
des Senats die Regelungen über die RLV. Sie findet ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass arztgruppenspezifische Grenzwerte naturgemäß unterschiedlichen Praxisstrukturen
nur unzureichend Rechnung tragen (aa.), sodass die HVV Regelungen über eine abweichende Festsetzung der RLV oder jedenfalls entsprechende Härtefallregelungen enthalten müssen (bb.). In diesem Zusammenhang ist nicht zu beanstanden,
wenn der Normgeber diesen Umstand im Rahmen seines Gestaltungsspielraums bereits bei den Vorgaben für die Berechnung der RLV berücksichtigt (cc.); dies schließt die Möglichkeit ein, in typisierender Berücksichtigung der unterschiedlichen Strukturen
nach dem Fallwert zu differenzieren (dd.).
aa. Die einer Arztgruppe im Sinne des BRLV angehörenden Praxen können je nach Spezialisierung und apparativer Ausrichtung ein sehr unterschiedliches Leistungsspektrum
aufweisen. Praxen mit eher begrenztem Behandlungsspektrum und hohen Fallzahlen stehen solche mit sehr hohem diagnostischem
oder therapeutischem Potential bei eher geringer Fallzahl gegenüber. Dieser Umstand ist dem BewA seit Jahren bekannt, weshalb
in der Vergangenheit Regelungen über arztgruppenspezifische Praxisbudgets stets durch Zusatzbudgets ergänzt wurden und - zumindest
im Kern - auch ergänzt werden mussten. Bezüglich dieser Zusatzbudgets war den KÄVen zudem eine Differenzierungs- und Verfeinerungsbefugnis
der Art eingeräumt worden, anstelle einer einheitlichen FPZ eine Differenzierung in zwei FPZ vorzunehmen und dabei die berechtigten
Ärzte in zwei Untergruppen - Ärzte mit unter- bzw mit überdurchschnittlicher Fallzahl aus den Leistungen des Zusatzbudgets
- zu unterteilen (Abs 3 der Anl 4 zu den Allg Bestimmungen A I. B. des EBM-Ä idF vom 1.7.1997, DÄ 1997, A-872; s dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 30 S 162; BSG Urteil vom 2.4.2003 - B 6 KA 38/02 R - Juris RdNr 23 = USK 2003-138; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 1 RdNr 14).
Der die Regelungen des §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V aF konkretisierende BRLV berücksichtigt diese unterschiedlichen Praxisstrukturen nur ansatzweise. Zwar hat der BewA in der Anl 1 zum Teil III BRLV insbesondere die Gruppe der Ärzte für Innere Medizin nicht einheitlich betrachtet, sondern in zehn Untergruppen unterteilt
und hierbei auf den (Versorgungs-)Schwerpunkt abgestellt und damit den unterschiedlichen Praxisstrukturen der einzelnen (Unter-)Gruppen.
Rechnung getragen. Auch hat er dort zB die Gruppe der Fachärzte für Diagnostische Radiologie unter Berücksichtigung des Umstandes,
ob diese bestimmte medizinisch-technische Geräte (CT, MRT) vorhalten, weiter ausdifferenziert. Für die vorliegend relevante
Gruppe der Fachärzte für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie bleibt damit jedoch - wie gleichermaßen für andere Arztgruppen
- unberücksichtigt, dass auch innerhalb dieser Gruppe gewachsene, unterschiedliche Praxisstrukturen bestehen.
bb. Aufgrund dieser unterschiedlichen Strukturen müssen die HVV Regelungen für abweichende Festsetzungen des RLV bei bestimmten besonderen Praxisausrichtungen oder zumindest entsprechende Härteregelungen enthalten. Das hat der Senat in
vier Urteilen vom 29.6.2011 näher dargelegt (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 ua). Es liegt auf der Hand, dass die Umstellung des Vergütungssystems von einem über Praxis- und Zusatzbudgets stärker
auf die einzelne Praxis ausgerichteten System hin zu einer (weitgehenden) Begrenzung des regelhaft vergüteten Leistungsvolumens
auf die durchschnittlichen Werte der Arztgruppe bei spezialisierten Praxen zu erheblichen Verwerfungen führen kann. Daher
war von vornherein absehbar, dass in einer Vielzahl von Einzelfällen eine Anpassung der RLV oder einer Änderung der Honorarfestsetzung auf der Grundlage von Ausnahme- und ggf Härteregelungen erforderlich werden würde.
cc. Die Vertragspartner des HVV durften im Rahmen des ihnen zustehenden Gestaltungsspielraums aus diesem Befund auch den Schluss
ziehen, die ohnehin unvermeidliche besondere Behandlung von Praxen mit einer vom Regelfall abweichenden Praxisstruktur nicht
auf einer späteren Stufe - über Sonderregelungen zum RLV für bestimmte Leistungen oder über Härtefallentscheidungen - zu realisieren, sondern bereits vorab bei der Ausgestaltung
der Regelungen über die Bemessung der FPZ. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 50 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 50 RdNr 22) steht den Partnern der HVV ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Diese Gestaltungsfreiheit gilt nicht allein
für die Honorarverteilung im engeren Sinne, sondern umfasst insbesondere auch die Art und Weise der Ausformung von Honorarbegrenzungsregelungen
(vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 32 RdNr 15). Den zur Normsetzung befugten Körperschaften ist es somit nicht verwehrt, im Interesse der Überschaubarkeit
und Praktikabilität zu verallgemeinern, zu typisieren und zu pauschalieren (stRspr des BVerfG wie des BSG, vgl BVerfGE 111, 115, 137 = SozR 4-8570 § 6 Nr 3 RdNr 39; BVerfGE 116, 164, 182 f; BSGE 93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 21 mwN; BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 28).
dd. Schließlich ist es jedenfalls nicht offensichtlich verfehlt, abweichenden Praxisstrukturen wie geschehen durch eine Unterteilung
der vom BewA vorgegebenen Arztgruppen in fallwertbezogene Untergruppen - als Ausdruck einer typisierten Anpassung an die Versorgungssituation
- sowie durch eine getrennte Berechnung der maßgeblichen FPZ für die jeweilige Untergruppe Rechnung zu tragen. Der Ansatz
des hier zu beurteilenden HVV zur Lösung der Problematik signifikant vom Durchschnitt abweichender Praxisstrukturen besteht
darin, von vornherein Praxen mit hohen Fallwerten höhere FPZ zuzuweisen als solchen, die in der Vergangenheit durchschnittliche
oder unterdurchschnittliche Fallwerte aufzuweisen hatten. Zur Rechtfertigung dieser - relativ groben - Typisierung hat die
Beklagte angeführt, hohe Fallwerte korrelierten ganz regelmäßig mit dem Angebot bestimmter medizinisch-technischer Leistungen,
die im EBM-Ä hoch bewertet sind.
Dass die Höhe des Fallwerts einen Hinweis auf die Struktur einer Praxis geben kann, liegt auf der Hand. Der EBM-Ä bestimmt
nicht nur den Inhalt der abrechenbaren Leistungen, sondern auch ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander
(§
87 Abs
2 Satz 1 Teilsatz 1
SGB V). Mag im Einzelfall ein hoher Fallwert auch daraus resultieren, dass eine Vielzahl gering bewerteter Leistungen erbracht
wird, indiziert eine Häufung hoher Fallwerte in einer Praxis, dass dort regelhaft höher bewertete - speziellere - Leistungen
erbracht werden. Der Fallwert ist daher grundsätzlich geeignet, typisierend das Leistungsspektrum bzw die Leistungsstruktur
einer Praxis wiederzugeben.
Zudem hat die Beklagte den Zusammenhang zwischen Fallwert und Praxisstruktur für die hier zu beurteilende Gruppe der Fachärzte
für Nervenheilkunde so deutlich belegt, dass der Zusammenhang dem Senat nachvollziehbar erscheint. Dabei wird nicht verkannt,
dass in gewissen Grenzen hohe Fallwerte auch mit tendenziell unwirtschaftlicher Leistungserbringung verbunden sein können.
Dies entwertet jedoch nicht die erwähnte Indizwirkung des Fallwerts; zudem belegen die Darstellungen der Beklagten, dass dieser
Zusammenhang hier von allenfalls untergeordneter Bedeutung ist.
Die Beklagte hat weiter dargestellt, dass der Anteil des Honorars, den Ärzte der drei Untergruppen mit dem fachgruppenbezogenen
Ordinationskomplex erwirtschaften, deutlich differiert. Damit sind die Leistungen erfasst, die mutmaßlich jeder Arzt einer
Arztgruppe erbringt und erbringen muss, wenn er seinen Versorgungsauftrag erfüllen will. Je höher dieser Anteil ist, desto
weniger zusätzliche, in der Regel medizinisch-technische Leistungen bietet der Arzt an. Zudem korreliert die Zuweisung einer
Praxis insbesondere in die Gruppe U 3 in der Regel mit einer bestimmten apparativen Ausstattung, die die Erbringung von Leistungen
des EBM-Ä ermöglicht, die für das jeweilige Fach erforderlich sind, aber nicht von allen Angehörigen des Fachs erbracht werden.
All dies lässt die getroffene Regelung trotz ihres relativ groben Ansatzes als noch vertretbar erscheinen. Dass auch feiner
und vor allem zielgenauer hätte differenziert werden können - etwa unter Berücksichtigung spezieller, von der Praxis abgerechneter
Leistungen oder der Nutzung spezieller medizinisch-technischer Geräte -, macht die getroffene - normativ wirkende - Entscheidung
der Vertragspartner im Hinblick auf die ihnen zustehende Gestaltungsfreiheit nicht rechtswidrig.
Auch überzeugt der Einwand nicht, dass alternative Ansätze, insbesondere in Form von Konvergenz- und Härtefallregelungen,
bestanden hätten. Zum einen schließt dies den gefundenen Lösungsansatz nicht aus; zum anderen sind den Alternativen ebenfalls
mögliche Fehlwirkungen eigen. Namentlich Konvergenzregelungen beinhalten die Gefahr, dass sie die gesetzliche Regelung ad
absurdum führen und diese in nicht geringerem Maße "unterlaufen", als dies gegen die Bildung von Untergruppen eingewandt wurde.
3. Die streitgegenständlichen Regelungen des HVV waren entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch im Übrigen mit den
Vorgaben des §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V aF sowie den Bestimmungen des BRLV vereinbar. Ergänzende Steuerungsmaßnahmen sind nur zulässig, soweit sie sich im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen
Vorgaben halten und damit das Instrument der RLV als gesetzgeberisches Leitbild der Vergütung ab dem Quartal II/2005 nicht in Frage gestellt wird; insbesondere dürfen sie
keine Regelungen enthalten oder Auswirkungen haben, die den übrigen Regelungen des BRLV zuwider laufen. Diesen Anforderungen wird die - umfangmäßig begrenzte - Differenzierung der FPZ je nach Fallwert der einzelnen
Praxis noch gerecht.
a. Nach §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V aF waren in der Honorarverteilung "insbesondere ... arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer
Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina)". Kernpunkt dieser Bestimmung
waren zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte; gemäß §
85 Abs
4 Satz 8
SGB V aF waren außerdem für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte vorzusehen (stRspr seit BSGE 106,
56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 40; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 15; zuletzt BSG Urteil vom 6.2.2013 - B 6 KA 13/12 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 16).
Das Erfordernis der Festlegung fester Punktwerten (anstelle sog floatender Punktwerte) stellte eine zentrale Vorgabe dar (BSG Urteil vom 6.2.2013 - B 6 KA 13/12 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 17; vgl hierzu schon BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 40; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16: "zentrale und strikte Vorgabe"). Zu der weiteren - ebenfalls zentralen - Vorgabe der Festlegung "arztgruppenspezifischer
Grenzwerte" hat der Senat ausgeführt, dass diese nicht notwendigerweise arztgruppen"einheitliche" Festlegungen in dem Sinne
fordert, dass der gesamten Arztgruppe dieselben RLV zugewiesen werden müssten. Vielmehr entsprach dem Erfordernis arztgruppenspezifischer Grenzwerte auch eine Regelung, die
eine arztgruppeneinheitliche Festlegung nur bei den FPZ vorgab, dann deren Multiplikation mit den individuellen Behandlungsfallzahlen
vorsah und so zu praxisindividuellen Grenzwerten führte (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16; zuletzt BSG Urteil vom 6.2.2013 - B 6 KA 13/12 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 17).
Die zentrale Bedeutung der Vorgaben des §
85 Abs
4 Satz 6 bis 8
SGB V aF hatte der Gesetzgeber dadurch zusätzlich deutlich gemacht, dass er die bis dahin bestehenden bloßen Soll- und Kann-Vorschriften
(Satz 6: "... soll sicherstellen ..." und Satz 7: "Insbesondere kann ..." sowie Satz 8: "... kann ...") mit Wirkung ab 1.1.2004
zu verbindlichen Regelungen umgestaltet hatte ("... hat ... vorzusehen" und "... sind ... festzulegen ..." sowie "... ist
vorzusehen ..."). Diese Änderung wurde in den Begründungen zum Gesetzentwurf auch ausdrücklich hervorgehoben (BT-Drucks 15/1170
S 79 und BT-Drucks 15/1525 S 101). Die Formulierung "insbesondere" in §
85 Abs
4 Satz 7
SGB V aF relativierte die Verbindlichkeit nicht etwa im Sinne eines lediglich möglichen Regelungsinhalts; wie der Kontext ergibt,
wurde damit vielmehr die Notwendigkeit solcher Festlegungen nochmals hervorgehoben und zugleich klargestellt, dass darüber
hinaus auch noch weitere Steuerungsinstrumente vorgesehen werden können, die allerdings das System aus RLV und abgestaffelten Punktwerten nicht schwächen, sondern nur ergänzen dürften (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15 aE; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16; zuletzt BSG Urteil vom 6.2.2013 - B 6 KA 13/12 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 17).
b. Diesen sich aus dem Gesetz ergebenden Anforderungen sowie deren Präzisierung durch den BRLV entsprach der HVV.
aa. Nach den Feststellungen des LSG sah der HVV die Bildung praxisindividueller RLV sowie die Vergütung der innerhalb des RLV liegenden ärztlichen Leistungen mit einem festen Punktwert vor (§ 2 Anl 2 HVV), genügte also grundsätzlich den genannten Vorgaben. Der Annahme eines "festen" Punktwerts steht auch nicht entgegen,
dass der HVV in § 14 Abs 3 der Anl 3 eine Quotierung des in § 14 Abs 1 a aaO vorgegebenen RLV-Punktwerts von 3,4424 Cent vorsah, falls die im Arztgruppentopf vorhandenen Mittel nicht ausreichten. Der Senat hatte bislang
die Frage nicht explizit entschieden, ob derartige Quotierungen mit den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben zu vereinbaren
sind (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 40-41; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 32; BSG Urteil vom 6.2.2013 - B 6 KA 13/12 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 23), jedoch in diesen Entscheidungen bereits zu erkennen gegeben, dass eine gewisse Quotierung
unausweichlich ist und die Forderung eines absolut festen Punktwerts bei begrenzter Gesamtvergütung lebensfremd wäre.
Nunmehr beantwortet der Senat die Frage ausdrücklich dahingehend, dass die gesetzliche Vorgabe "fester" Punktwerte einschränkend
dahingehend zu interpretieren ist, dass es ausreicht, wenn die Gewährung eines festen Punktwerts dem Grunde nach sichergestellt
ist und es nicht regelhaft zu einer Abweichung von diesem Grundsatz kommt. Der Senat hat wiederholt dargelegt, dass die Festlegung
"absolut" fester Punktwerte unter der Geltung einer gedeckelten Gesamtvergütung von vornherein ausgeschlossen ist, weil bei
gedeckelter Gesamtvergütung die Vorgabe fester Punktwerte nur dadurch ermöglicht wird, dass entweder die RLV bzw Grenzwerte so (niedrig) bemessen werden, dass die gezahlten Gesamtvergütungen immer ausreichen, um alle erfassten Leistungen
mit dem vorgesehenen Punktwert zu vergüten, oder dass dies zu einem immer weiter sinkenden Punktwert für die "freien Leistungen"
führen müsste (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 40-41; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 33). Ein gewisses Floaten der Punktwerte ist nicht zu vermeiden; das System der RLV bei begrenzter Gesamtvergütung setzt vielmehr eine Quotierung voraus (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 40-41 unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 16; ebenso BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 33).
Da die mit festen Punktwerten zu vergütenden Leistungen durch den BewA vorgegeben sind, bestünde für die Partner des HVV als
einzige ernsthafte Alternative zur Quotierung die Möglichkeit, den festen Punktwert von vornherein so niedrig anzusetzen,
dass er ungeachtet der Entwicklung der Leistungsmenge mit den zur Verfügung stehenden Geldmitteln finanziert werden kann.
Dass dies nicht der Kalkulationssicherheit dient, liegt auf der Hand. Eine strikte Beachtung der gesetzlichen Vorgaben hätte
daher zur Folge, dass der mit der gesetzlichen Regelung verfolgte Zweck, den Ärzten Kalkulationssicherheit zu geben, verfehlt
würde. Dementsprechend hat der Senat seine (frühere) Aussage, dass die Vorgabe "feste Punktwerte" strikt und ohne jeden Spielraum
sei (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 16 mwN), modifiziert und in seinem Urteil vom 6.2.2013 (B 6 KA 13/12 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 17) auf die Wendung, dass die Vorgabe "feste Punktwerte" eine "zentrale und strikte Vorgabe"
darstelle, auf die Formel "zentrale Vorgabe" reduziert.
bb. Die Umsetzung der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben im HVV wird entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch
nicht durch gesonderte Berechnungsvorgaben für die FPZ "unterlaufen". Das LSG geht davon aus, dass die Regelung, die Mitglieder
der Arztgruppe in drei Untergruppen mit unterschiedlich großen FPZ zur Bestimmung des RLV einzustufen, unzulässiger Weise dazu führt, dass die Größe des jeweiligen RLV neben der Behandlungsfallzahl im Abrechnungsquartal zusätzlich von einer "vergangenheitsbezogenen Fallwertbetrachtung" abhängt.
Dem folgt der Senat nicht.
(1) Der "vergangenheitsbezogene" Bezugszeitraum für die Ermittlung der Fallwerte und damit für die Einstufung in die jeweilige
Untergruppe ist als solcher nicht zu beanstanden, weil er dem Zeitraum entspricht, der durch den BRLV für die Berechnung der FPZ vorgegeben wurde; auch ohne die weitere Differenzierung beruhten die FPZ auf den Werten aus dem
Zeitraum 2003/2004. Daher träfe auch bei einer arztgruppeneinheitlichen FPZ der Einwand zu, dass die Praxen an den Werten
aus der Vergangenheit (2003/2004) "festgehalten" würden.
(2) Der Senat vermag auch nicht der Auffassung des LSG zu folgen, dass die Differenzierung bei den FPZ die Regelung des HVV
unzulässig einem Individualbudget annäherte. Zutreffend ist, dass der Senat in ständiger Rechtsprechung davon ausgeht, dass
Individualbudgets nicht den Anforderungen des §
85 Abs
4 Satz 7 und 8
SGB V aF genügten, weil es an - auf (arztgruppen)durchschnittlichen Werten beruhenden - Grenzwerten fehlte, wenn das Honorarvolumen
des Arztes im Sinne eines typischen Individualbudgets durch praxisindividuelle Werte aus vorangegangenen Vergütungszeiträumen
bestimmt wurde (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 35 f; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 27 f; zuletzt BSG Urteil vom 6.2.2013 - B 6 KA 13/12 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 30).
Dies trifft auf die in Rede stehende Regelung des HVV hingegen nicht zu. Nicht der Fallwert der einzelnen Praxis wird über
die FPZ prolongiert und geschützt, sondern es werden - wie unter 2.b. dargestellt - unterschiedliche Spezialisierungen, die
in der unterschiedlichen Ansatzfrequenz bestimmter, hoch bewerteter Leistungen ihren Ausdruck gefunden haben, typisierend
in das neue System der RLV transformiert. Die Untergliederung lässt den Grundgedanken der Arztgruppenorientierung unangetastet; arztgruppenspezifischen
FPZ kommt weiterhin - wenn auch auf die jeweilige Untergruppe bezogen - prägende Bedeutung zu. Dass damit in bestimmten Konstellationen
auch besitzstandschützende Effekte verbunden sein können, trifft zu. Diese sind aber nicht so gravierend, dass die Entscheidung
der Vertragspartner, zur Reduzierung einer Vielzahl von Ausnahme- und Härteregelungen, die bei einer einheitlichen FPZ für
alle Ärzte einer Gruppe unvermeidlich gewesen wären, eine begrenzte Variation bei den FPZ vorzugeben, nicht hinzunehmen wäre.
4. Die von der Beklagten erhobenen Verfahrensrügen greifen hingegen nicht durch. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen
Gehörs ist weder - im Sinne einer Überraschungsentscheidung - darin zu sehen, dass das LSG der Beklagten nicht durch einen
vorab gegebenen gerichtlichen Hinweis die Möglichkeit eingeräumt hat, zu seiner Annahme vorzutragen, die Fallzahlabstaffelungsregelung
in § 3 Abs 3 der Anl 2 zum HVV beruhe auf der Grundlage der undifferenzierten Arztgruppen aus Anl 1 zum Teil III BRLV, noch ist dieser Grundsatz dadurch verletzt, dass das Berufungsgericht zentrales Vorbringen der Beklagten entweder nicht
zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt hätte. Da keine absoluten Revisionsgründe geltend
gemacht werden, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf diese vermeintlichen Verfahrensfehler (§
170 Abs
3 SGG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen, da er unterlegen ist (§
154 Abs
1 VwGO).