Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage;
Übernahme von Bestattungskosten nach dem SGB XII
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Der Beschwerdeführer muss anhand des anwendbaren Rechts unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
- ggf sogar des Schrifttums - angeben, welche Rechtsfrage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, dass
eine Klärung dieser Rechtsfrage aus Gründen der Einheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte
Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine
Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (= Entscheidungserheblichkeit) sowie
die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (hier
verneint für die Frage, ob Verpflichteter im Sinne des § 74 SGB XII nicht nur der im Verhältnis zu anderen Bestattungs- oder
Kostentragungspflichtigen vorrangig und endgültig Verpflichtete, sondern auch andere, nachrangig Verpflichtete sein können,
wenn sie die Kosten der Bestattung zu tragen haben). [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Gründe:
I
Im Streit ist die Übernahme von Bestattungskosten.
Die Klägerin veranlasste die Bestattung ihrer im Juni 2006 geschiedenen, vermögens- und kinderlos verstorbenen Schwester.
Die in Betracht kommenden Erben (Vater, Bruder und Klägerin) haben die Erbschaft ausgeschlagen. Den Antrag der Klägerin auf
Übernahme der Bestattungskosten lehnte der Beklagte ab (bestandskräftiger Bescheid vom 13.11.2006; Widerspruchsbescheid vom
2.8.2007). Ein Antrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) wurde vom Beklagten ebenfalls abgelehnt (Bescheid vom 3.9.2007; Widerspruchsbescheid vom 15.11.2007). Die hiergegen erhobene
Klage ist ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 20.11.2008; Urteil des Landessozialgerichts [LSG]
Berlin-Brandenburg vom 25.3.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin sei nach dem Brandenburgischen
Bestattungsgesetz nicht "verpflichtet" iS des § 74 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Zwar sehe § 20 Abs 1 Nr 4 Brandenburgisches Bestattungsgesetz eine öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der Klägerin vor, sie sei aber nach dem noch lebenden Vater nur nachrangig
und damit nicht endgültig zur Kostentragung verpflichtet.
Mit der Beschwerde macht die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Der Rechtsstreit werfe die Frage
auf, ob "Verpflichteter im Sinne des § 74 SGB XII nicht nur der im Verhältnis zu anderen Bestattungs- oder Kostentragungspflichtigen
vorrangig und endgültig Verpflichtete, sondern auch andere, nachrangig Verpflichtete sein können, wenn sie die Kosten der
Bestattung zu tragen haben".
II
Die Beschwerde ist unzulässig, weil der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Weise dargelegt ist. Der Senat konnte deshalb die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2
SGG iVm §
169 Satz 3
SGG entscheiden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Der Beschwerdeführer muss anhand des anwendbaren Rechts unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
- ggf sogar des Schrifttums - angeben, welche Rechtsfrage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, dass
eine Klärung dieser Rechtsfrage aus Gründen der Einheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte
Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine
Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (= Entscheidungserheblichkeit) sowie
die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen
BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 74 S 70 mwN).
Zwar formuliert die Klägerin eine konkrete Rechtsfrage, die Klärungsbedürftigkeit bzw die Klärungsfähigkeit sind allerdings
nicht in der gebotenen Weise dargelegt. Soweit das LSG eine öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der Klägerin nach dem
Brandenburgischen Bestattungsgesetz und deshalb auch die Verpflichtung zur Tragung der Kosten der Bestattung abgelehnt haben sollte, hätte zur Darlegung der
Klärungsfähigkeit aufgezeigt werden müssen, dass trotz der Irrevisibilität des Landesrechts (§
162 SGG) das Bundessozialgericht (BSG) an einer eigenen Prüfung, ob die Normen des Brandenburgischen Landesrechts richtig ausgelegt
worden sind (§
202 SGG iVm §
560 Zivilprozessordnung [ZPO]), nicht gehindert ist. Hierzu hätte sie vortragen müssen, dass in anderen Bundesländern inhaltlich gleiche landesrechtliche
Vorschriften gelten und diese Übereinstimmung nicht zufällig, sondern bewusst und gewollt ist (vgl: BSG SozR 3-5920 § 1 Nr
1; BSG SozR 4-5921 Art 1 Nr 1).
Soweit das LSG von einer nur nachrangigen Verpflichtung iS des § 74 SGB XII ausgegangen sein sollte und im Revisionsverfahren
zu klären wäre, unter welchen Voraussetzungen auch ein nachrangig Verpflichteter einen Anspruch nach § 74 SGB XII haben kann,
fehlen jegliche Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit. Die Klägerin trägt insoweit nur vor, dass "diese Frage .... durch
das BSG bislang nicht entschieden" sei. Schon angesichts der vom LSG zitierten Entscheidung des Senats vom 29.9.2009 (BSGE
104, 219 ff = SozR 4-3500 § 74 Nr 1) hätte sich die Klägerin aber mit dieser und den vom Senat dort in Bezug genommenen Entscheidungen
des Bundesverwaltungsgerichts auseinandersetzen müssen. Zudem setzt die Rechtsfrage nach ihrem Wortlaut voraus, dass der nachrangig
Verpflichtete die Kosten der Bestattung zu tragen hat, wovon das LSG nach dem eigenen Vortrag der Klägerin möglicherweise
gerade nicht ausgeht (und deshalb auch die "Verpflichtung" iS von § 74 SGB XII verneint).
Da es sich zudem um ein Verfahren nach § 44 SGB X handelt, hätte die Klägerin darlegen müssen, ob der Bedarf (hier Schulden gegenüber dem Bestattungsunternehmen) noch besteht,
ggf ob und wie der Bedarf gedeckt worden ist. Nur so ließe sich beurteilen, ob Besonderheiten des Sozialhilferechts der Gewährung
von Leistungen nicht entgegenstehen (BSGE 104, 213 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20).
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) ist ebenfalls abzulehnen. Gemäß §
73a Abs
1 SGG iVm §
114 Zivilprozessordnung kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist
hier - wie oben dargelegt - nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.