Streitgegenstand im sozialgerichtlichen Verfahren beim Rechtsstreit über die Rückzahlung überzahlter Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rückzahlung überzahlter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung streitig.
Die am 1949 geborene Klägerin war bis zu ihrer im August 2009 wegen Wirbelsäulenbeschwerden eingetretenen Arbeitsunfähigkeit
als Rettungsassistentin tätig. Mit Bescheid vom 03.05.2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin auf der Grundlage eines im
Oktober 2009 gestellten Antrags auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab
01.09.2009, längstens bis zum 31.01.2015 (Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze). Der Bescheid enthielt den Hinweis,
dass derzeit noch geprüft werde, ob auch ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes
bestehe, worüber die Klägerin einen weiteren Bescheid erhalten werde.
Neben der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bezog die Klägerin Arbeitslosengeld in der Zeit vom 20.12.2010 bis 31.08.2012
in Höhe von 19.217,62 € (vgl. die Mitteilung der Agentur für Arbeit W.-T. vom 30.10.2012, Bl. 265 VA) und in der Zeit vom
01.09.2012 bis 30.11.2012 in Höhe von 3.276,90 € (vgl. die Mitteilung der Agentur für Arbeit W.-T. vom 06.11.2012, Bl. 271
VA) sowie Krankengeld in der Zeit vom 01.03.2010 bis 19.12.2010 in Höhe von 8.131,87 € (vgl. die Mitteilung der I. vom 31.10.2012,
Bl. 274 VA).
Mit Bescheid vom 22.10.2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin rückwirkend Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.03.2010
bis 31.08.2012 und setzte die Nachzahlung für diesen Zeitraum auf 28.216,64 € fest. Des Weiteren hob sie den Bescheid vom
09.12.2011 über die Bewilligung der teilweisen Erwerbsminderungsrente für die Zeit vom 01.03.2010 bis 31.08.2012 nach § 48 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) auf und stellte die für diesen Zeitraum entstandene Überzahlung mit 15.086,08 € fest, welche von der Klägerin zu erstatten
sei. Die Klägerin wurde darauf hingewiesen, dass über die Abrechnung der Nachzahlung mit gegebenenfalls bestehenden Ansprüchen
anderer Stellen und des überzahlten Betrages weitere Nachricht ergehen werde. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Bescheid vom 24.10.2012 wurde der Klägerin ab 01.09.2012 Altersrente für Schwerbehinderte bewilligt, wobei der für die
Zeit vom 01.09.2012 bis 30.11.2012 errechnete Nachzahlungsbetrag in Höhe von 2.276,38 € einbehalten wurde (vgl. Bl. 252 VA).
Auch dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
In der Folge befriedigte die Beklagte die geltend gemachten Erstattungsforderungen der I. und der Agentur für Arbeit W.-T.
(Erstattungsanspruch der Agentur für Arbeit Waldshut-Tiengen, für den Zeitraum vom 01.09. bis 30.11.2012 nur teilweise, vgl.
Bl. 286 VA, insgesamt: 21.484,02 €, Erstattungsanspruch der I. : 8.131,87 €), so dass sich ein noch verbleibender Nachzahlungsanspruch
der Klägerin aus der Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 867,15 € und aus der Altersrente in Höhe von 9,98 € (vgl.
Bl. 284 und 294 VA) ergab.
Mit Bescheid vom 22.01.2013 teilte die Beklagte der Klägerin die Höhe der befriedigten Erstattungsforderungen (insgesamt 30.493,02
€) und die Höhe der verbleibenden Nachzahlungsansprüche mit und erklärte die Aufrechnung des noch verbleibenden Nachzahlungsbetrages
in Höhe von insgesamt 877,13 € mit der Überzahlung der teilweisen Erwerbsminderungsrente (15.086,08 €), woraus sie eine verbleibende
Überzahlung von 14.208,95 € errechnete, die von der Klägerin zurückzuzahlen sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den
Bescheid (Bl. 298 VA) verwiesen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2013 zurück, wogegen die Klägerin
am 05.08.2013 Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben hat. Zur Klagebegründung hat sie u.a. vorgetragen, dass die Bewilligung
von Rente wegen Erwerbsminderung rechtswidrig gewesen sei. Sie sei nicht voll erwerbsgemindert und der Arbeitsmarkt nicht
verschlossen gewesen. Der ursprüngliche Antrag auf Erwerbsminderungsrente habe keine Wirkung mehr entfaltet, nachdem sie einen
erneuten Rentenantrag im August 2012 gestellt habe. Auch die Rückforderung sei nicht rechtmäßig, die Voraussetzungen des §
48 SGB X lägen nicht vor, denn die objektiven Verhältnisse hätten sich nicht geändert. Überdies liege ein atypischer Fall vor und
es sei von der Beklagten kein Ermessen ausgeübt worden. Sie - die Klägerin - habe die erhaltenen Leistungen auch verbraucht
und sei nicht in der Lage den geforderten Geldbetrag zurückzuzahlen. Im Übrigen sei hier der Rechtsgedanke des §
116 des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VI) anzuwenden, wonach der Gesetzgeber nicht wolle, dass bei nachträglicher Umbewertung einer Leistung eine Überzahlung zurückgefordert
werden könne.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten, hat jedoch durch angenommenes Teilanerkenntnis vom 06.02.2014 den zu erstattenden
Betrag um 333,95 € auf 13.875,00 € reduziert.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 07.05.2015 den Bescheid von 22.01.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2013,
beide in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 06.02.2014 hinsichtlich der geltend gemachten Erstattung von 13.875,00 €
aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, dass das Aufhebungsrecht der Beklagten nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X auf die Höhe der bewilligten Rente beschränkt sei und die Beklagte somit die Differenz von 13.875,00 €, die sich aus der
Summe der Zahlungen auf die Rente wegen teilweiser Erwerbminderung und der Zahlung von Krankengeld und Arbeitslosengeld einerseits
und dem Betrag der nachzuzahlenden Rente wegen voller Erwerbsminderung andererseits ergebe, nicht von der Klägerin zurückfordern
könne.
Gegen das ihr am 21.05.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12.06.2015 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und
geltend gemacht, dass der Bescheid vom 22.10.2012, mit welchem im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 07.09.2010 die bereits gezahlte Rente wegen teilweiser Erwerbminderung nicht verrechnet, sondern der Bescheid zur Rente
wegen teilweiser Erwerbsminderung hinsichtlich des Zahlungsanspruchs nach § 48 SGB X aufgehoben und ein Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 1 SGB X in Höhe von 15.086,08 € festgestellt worden sei, bindend geworden sei.
Im Laufe des Berufungsverfahrens hat die Beklagte ein weiteres, von der Klägerin angenommenes Teilanerkenntnis vom 13.04.2016
abgegeben und damit den Erstattungsbetrag um weitere 730,72 € auf 13.144,28 € reduziert. Des Weiteren hat die Beklagte im
Erörterungstermin vom 23.06.2016 die im Bescheid von 22.01.2013 vorgenommene Aufrechnung in Höhe von 877,13 € durch angenommenes
Teilanerkenntnis aufgehoben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 07.05.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit diese über das angenommene
Teilanerkenntnis vom 13.04.2016 hinausgehen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und hat im Wesentlichen ihr Vorbringen aus erster Instanz wiederholt.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz
und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§
143,
144,
151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach §
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.
Das Sozialgericht hat zu Unrecht den Bescheid vom 22.01.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2013 aufgehoben.
Denn diese Bescheide sind - soweit noch Gegenstand des Rechtsstreits - rechtmäßig.
Gegenstand des Rechtsstreits ist allein der Bescheid vom 22.01.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2013.
Dabei enthält der Bescheid vom 22.01.2013 zwei getrennte Regelungsbereiche: Zum einen (Regelungsbereich 1) entschied die Beklagte
vor dem Hintergrund bestehender Erstattungsansprüche der Agentur für Arbeit und der I. über das Schicksal der mit Bescheid
vom 22.10.2012 festgestellten Nachzahlung von Rente wegen voller Erwerbsminderung (28.216,64 €) und der mit Bescheid vom 24.10.2012
festgestellten Nachzahlung von Altersrente (2.276,38 €) und stellte fest, dass beide Nachzahlungsansprüche der Klägerin durch
die Erstattungsansprüche der Agentur für Arbeit und der I. bis auf einen Restbetrag von 867,15 € (Rente wegen voller Erwerbsminderung)
und 9,98 € (Altersrente) erfüllt wurden (§ 107 SGB X, s. noch nachfolgend), also erloschen sind. Zum anderen (Regelungsbereich 2) rechnete die Beklagte gegen diese, im Regelungsbereich
1 festgestellten Restansprüche der Klägerin mit der im Bescheid vom 22.10.2012 bereits in Höhe von 15.086,08 € festgestellten
Erstattungsforderung aus überzahlter Rente auf, woraus sich - so das Ergebnis der Rechenoperation - eine von der Klägerin
noch zu zahlende Erstattungsforderung von 14.208,95 € ergebe.
Es bedarf keiner Erörterung, ob der dargestellte Regelungsbereich 2 tatsächlich, wie von der Beklagten unter Bezugnahme auf
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 07.09.2006, B 4 RA 43/05 R in SozR 4-2600 § 118 Nr. 4; Urteil vom 29.04.1997, 4 RA 46/96 in SozR 3-1200 § 42 Nr. 9; Urteil vom 30.01.1996, 4 RA 16/95 in SozR 3-8570 § 13 Nr. 1) vorgetragen, neben der Aufrechnung ein als Verwaltungsakt anzusehendes "Zahlungsgebot" enthält.
Bezugspunkt der Ausführungen des Bundessozialgerichts mit dem Begriff "Zahlungsgebot" ist § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X, wonach die (nach § 50 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGB X) zu erstattende Leistung durch Verwaltungsakt festzusetzen ist. Eine derartige Festsetzung erfolgte vorliegend bereits im
Bescheid vom 22.10.2012, wonach die mit 15.086,08 € festgestellte Überzahlung von der Klägerin zu erstatten sei. Vor diesem
Hintergrund erscheint fraglich, ob das von der Beklagten im angefochtenen Bescheid dargestellte Ergebnis einer einfachen Subtraktion
der zur Aufrechnung gestellten gegenseitigen Forderungen mit dem Ergebnis einer verbleibenden Überzahlung als (erneute) Feststellung
einer Erstattungsforderung i.S. § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X anzusehen ist. Es läge näher, derartige Zwischenergebnisse bei teilweiser Erfüllung einer Forderung lediglich als Information
über den Stand der Forderung anzusehen. Im Ergebnis kann dies jedoch dahingestellt bleiben. Denn über den Regelungsbereich
2 hat der Senat in seiner Entscheidung nicht zu befinden. Denn insoweit hat sich der Rechtsstreit durch die Annahme des von
der Beklagten im Termin zur Erörterung des Sachverhalts abgegebenen Teil-Anerkenntnisses erledigt (§
101 Abs.
2 SGG). Zwar bezieht sich dieses Teil-Anerkenntnis seinem Wortlaut nach ausschließlich auf die erfolgte Aufrechnung. Mit dem Wegfall
dieser Aufrechnung durch die Annahme des Teil-Anerkenntnisses (§
101 Abs.
2 SGG) ist aber zugleich die Grundlage für die Subtraktion der zur Aufrechnung gestellten gegenseitigen Forderungen mit dem Ergebnis
einer verbleibenden (niedrigeren) Überzahlung entfallen. Damit hat sich der Regelungsbereich 2 in vollem Umfang erledigt.
Die früheren Teil-Anerkenntnisse, die sich auf den Überzahlungsbetrag der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und damit
auf die Erstattungsforderung der Beklagten gegen die Klägerin bezogen, sind somit gegenstandslos geworden. Entsprechend finden
sie schon aus diesem Grunde im Tenor des Urteils keine Berücksichtigung. Es bleibt der Beklagten überlassen, der Klägerin
- in Abänderung des Bescheides vom 22.10.2012 (§ 44 SGB X) - entsprechend dem Inhalt dieser Teil-Anerkenntnisse eine geänderte Erstattungsforderung mitzuteilen (§ 50 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 SGB X).
Damit erstreckt sich die Prüfung des Senats allein auf den dargestellten Regelungsbereich 1 und damit auf die Frage, ob die
Beklagte zutreffend entschied, dass die in den Bescheiden vom 22.10.2012 (Rente wegen voller Erwerbsminderung) und vom 24.10.2012
(Altersrente) festgestellten Rentennachzahlungen und damit die entsprechenden Forderungen der Klägerin durch die Erstattungsansprüche
der Agentur für Arbeit und der I. bis auf einen Restbetrag von 867,15 € (Rente wegen voller Erwerbsminderung) und 9,98 € (Altersrente)
erloschen sind.
Dies bejaht der Senat.
Nach § 107 SGB X gilt der Anspruch des Berechtigten (hier der Klägerin) gegen den zur Erstattung verpflichteten Leistungsträger (hier die
Beklagte) als erfüllt, soweit ein Erstattungsanspruch besteht. So liegt der Fall hier. Nach § 103 Abs. 1 SGB X ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger (hier die Beklagte als für die Gewährung der Renten zuständiger
Leistungsträger) erstattungspflichtig, wenn ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat (hier die Agentur für Arbeit
und die I. ) und der Anspruch hierauf nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor,
weil der Anspruch auf Arbeitslosengeld im Falle des Bezuges einer Rente wegen Erwerbsminderung bzw. Altersrente ruht (§
156 Abs.
1 Nr.
3 und
4 des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch) und der Anspruch auf Krankengeld in diesen Fällen ausgeschlossen ist (§
50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch). All dies wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. Fehler
in der Berechnung der Erstattungsansprüche und des verbliebenen Nachzahlungsbetrages aus der Rente wegen voller Erwerbsminderung
(867,15 €) und der Altersrente (9,98 €) sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist hingegen der Bescheid vom 22.10.2012, mit welchem die Beklagte der Klägerin einerseits
Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligte, andererseits die bewilligte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aufhob
und den daraus resultierenden Erstattungsbetrag auf 15.086,08 € festsetzte. Da die Klägerin hiergegen keinen Widerspruch einlegte,
ist der Bescheid bestandkräftig und bindend für die Beteiligten und den Senat (§
77 SGG). Infolgedessen sind vorliegend insbesondere nicht die Voraussetzungen der Bewilligung der vollen Erwerbsminderungsrente,
der Aufhebung der teilweisen Erwerbsminderungsrente (§ 48 SGB X) und der Feststellung des Erstattungsbetrags (§ 50 Abs. 1 SGB X) zu prüfen.
Dies hat das Sozialgericht bei seiner Entscheidung verkannt. Es hat seine Entscheidung vielmehr darauf gestützt, dass die
Voraussetzungen des § 48 SGB X nicht vorlägen, das Aufhebungsrecht der Beklagten nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X auf die Höhe der bewilligten Rente beschränkt sei und die Beklagte somit die Differenz von 13.875,00 €, die sich aus der
Summe der Zahlungen auf die Rente wegen teilweiser Erwerbminderung und der Zahlung von Krankengeld und Arbeitslosengeld einerseits
und dem Betrag der nachzuzahlenden Rente wegen voller Erwerbsminderung andererseits ergebe, nicht von der Klägerin zurückfordern
könne. Das Sozialgericht hat damit im Rahmen der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 22.01.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 16.07.2013 eine Überprüfung des - wie dargelegt bestandskräftigen - Bescheides vom 22.10.2012 vorgenommen und hieraus
auf eine Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 22.01.2013 geschlossen. Tatsächlich steht die Rechtmäßigkeit der Bewilligung
der Rente wegen voller Erwerbsminderung, der Aufhebung der bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und der Festsetzung
des daraus resultierenden Erstattungsbetrags auf Grund des bindenden Bescheides vom 22.10.2012 im dort festgestellten Umfang
fest.
Soweit die Klägerin behauptet, eine Aufhebung des Bescheides vom 22.10.2012 sei nicht notwendig und sich hierbei auf die Ausführung
des Sozialgerichts beruft, verkennt sie - ebenso wie das Sozialgericht - die Bindungswirkung des Bescheides vom 22.10.2012
sowie den durch den Streitgegenstand begrenzten Prüfungsumfang im vorliegenden Gerichtsverfahren.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, die Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung sei rechtswidrig
("es habe kein entsprechender Antrag mehr vorgelegen", vgl. Bl. 13 und 24 SG-Akte, "sie sei nicht voll erwerbsgemindert", vgl. Bl. 12 SG-Akte, "der Teilzeitarbeitsmarkt sei nicht verschlossen gewesen", vgl. Bl. 12 SG-Akte) verkennt auch sie den Prüfungsumfang im konkreten gerichtlichen Verfahren. Wie bereits dargelegt steht die Bewilligung
der Rente wegen voller Erwerbsminderung durch bestandskräftigen Bescheid vom 22.10.2012 bindend fest, die Überprüfung der
Rechtsmäßigkeit der Rentenbewilligung entzieht sich damit einer Überprüfung durch den Senat.
Gleiches gilt hinsichtlich des klägerischen Vortrags, die Voraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung der Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung nach § 48 SGB X hätten nicht vorgelegen ("es habe sich kein Änderung ergeben, sodass eine Aufhebung nicht nach § 48 SGB X erfolgen könne", vgl. Bl. 39 SG-Akte, "sie habe auf den Bestand der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vertraut", vgl. Bl. 13 und 25 SG-Akte sowie Bl. 47 LSG-Akte, "sie habe die erhaltenen Leistungen verbraucht", vgl. Bl. 13 SG-Akte und Bl. 48 LSG-Akte, "die Beklagte habe kein Ermessen ausgeübt", vgl. Bl. 39 SG-Akte, "es liege ein atypischer Fall vor, sodass von der Rückforderung abzusehen sei", vgl. Bl. 39 SG-Akte). Denn auch insoweit liegt eine bestandkräftige und für den Senat bindende Entscheidung der Beklagten (Bescheid vom
22.10.2012) vor.
Des Weiteren ist auch die von der Beklagten festgestellte Erstattungsforderung in Höhe von 15.086,08 € nicht auf ihre Rechtmäßigkeit
hin zu prüfen. Denn auch insoweit hat die Beklagte im bestandskräftigen Bescheid vom 22.10.2012 eine bindende Regelung getroffen.
Daher geht auch die Behauptung der Klägerin, die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BSG vom 07.09.2010 (B 5 KN 4/08 R in SozR 4-2600 § 89 Nr. 2) sei nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar, die Erstattungsforderung sei daher auf die Überzahlung
der teilweisen Erwerbsminderungsrente begrenzt, am Streitgegenstand vorbei. Denn auch dieser Vortrag betrifft inhaltlich der
Sache nach die - vorliegend nicht zu prüfende, weil bestandskräftig und damit bindend festgestellte - Überzahlung und damit
Erstattungsforderung gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Behauptung der Klägerin auch inhaltlich nicht zutrifft. Zwar betraf
der vom BSG entschiedene Fall in der Tat Erstattungsansprüche zweier Leistungsträger untereinander. Gleichwohl sind die dortigen Ausführungen
ohne Einschränkung auf das Verhältnis zwischen Leistungsempfänger und Leistungsträger übertragbar. Wie sich aus der Entscheidung
des BSG ergibt, kann der Vorschrift des §
89 SGB VI keine Begrenzung des Erstattungsanspruchs auf den Differenzbetrag entnommen werden (BSG, a.a.O., Rdnr. 26). Wie das BSG weiter betont, gibt es ein einziges Recht auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht (BSG, a.a.O., Rdnr. 30). Als selbständige, unabhängig voneinander bestehende Ansprüche begründen die hier in Rede stehenden Renten
wegen teilweiser und voller Erwerbsminderung jeweils selbständige Leistungsverhältnisse mit der Folge, dass bei einer Leistungsstörung
- z.B. auf Grund eines späteren Wegfalls des Rechtsgrunds der Leistung - dasjenige Leistungsverhältnis rückabzuwickeln ist,
in dem die Störung entstanden ist (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 31).
Entgegen der Ansicht der Klägerin ließe sich auch aus §
116 Abs.
3 SGB VI keine entsprechende Begrenzung der Rückforderung ableiten. Der Anwendungsbereich des §
116 Abs.
3 Satz 1
SGB VI, wonach bei Zahlung von Übergangsgeld und nachträglicher Feststellung eines Anspruches auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
für denselben Zeitraum dieser Anspruch als erfüllt gilt, ist auf die Fälle beschränkt, in denen Übergangsgeld durch den Rentenversicherungsträger
geleistet wurde. Nach §
116 Abs.
3 Satz 2
SGB VI kann der übersteigende Betrag nicht zurückgefordert werden, wenn das Übergangsgeld den Betrag der Rente übersteigt. Die darin
zum Ausdruck kommende Begrenzung des Rückforderungsanspruchs betrifft gesetzessystematisch nur den - hier nicht gegebenen
- Fall der (in §
116 Abs.
3 Satz 1
SGB VI geregelten) Zahlung von Übergangsgeld und nachträglicher Feststellung eines Anspruches auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
für denselben Zeitraum, wobei das Übergangsgeld den Zahlbetrag der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit übersteigt. Eine
damit vergleichbare Regelung, wonach der Anspruch auf Zahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe der bereits
geleisteten niedrigeren Rente als erfüllt gilt, existiert - wie das BSG in seiner bereits zitierten Entscheidung vom 07.09.2010 dargelegt hat - dagegen nicht. Eine analoge Anwendung scheidet angesichts
des Ausnahmecharakters der Regelung mangels einer Lücke im Gesetz aus. Es bleibt bei dem Grundsatz (vgl. § 50 Abs. 1 und 2 SGB X), dass zu Unrecht gewährte Leistungen zu erstatten sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.