Anspruch auf Hilfsmittelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung; Kostenerstattung bei selbstbeschafftem digitalen
Hörgerät mit über dem Festbetrag liegenden Kosten
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten für
zwei digitale Hörgeräte der Marke "Phonak Savia 311 dSZ" in Höhe von insgesamt 3.800,- EUR hat.
Die 1957 geborene Klägerin leidet an einer idiopathischen Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Der Hörverlust beträgt rechtsseitig
70 %, linksseitig 80 %. Sie pflegt als examinierte Krankenpflegehelferin einer Sozialstation alte, kranke oder behinderte
Menschen in ihrer häuslichen Umgebung.
Aufgrund der ärztlichen Verordnung vom 26. Februar 2007 wurde die Klägerin im Mai 2007 mit den Hörgeräten der Marke Phonak
Savia 311 dSZ versorgt, nachdem ihr die Geräte zuvor am 08. Mai 2007 ausgeliefert und drei Wochen zur Austestung zur Verfügung
gestellt worden waren. Die Firma K. H. GmbH stellte ihr dafür am 22. Mai 2007 einen Betrag von insgesamt 5.012,80 EUR in Rechnung,
von denen der Kassenanteil in Höhe von 1.212,80 EUR abgezogen wurde, so dass es mit der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von
20,- EUR bei einem Zahlungsbetrag von 3.820,- EUR verblieb (Bl. 38 Senatsakte). Die Rechnung war zahlbar bis zum 07. Juni
2007. Diesen Rechnungsbetrag bezahlte die Klägerin in vollem Umfang.
Am 11. Juni 2007 wandte sie sich an die Beklagte mit der Bitte um Kostenübernahme der Mehrkosten unter Hinweis auf ihre berufliche
Belastung. Sie sei in ständigem Kontakt mit Patienten, deren Angehörigen sowie mit Ärzten, Arzthelferinnen, Physiotherapeuten
etc und sei deswegen auf eine Maximalversorgung angewiesen. Sie habe seit Februar diesen Jahres verschiedene finanziell günstigere
Hörhilfen ausprobiert, mit denen sie nicht zurecht komme, insbesondere nicht telefonieren könne. Beigefügt war die Rechnung
der K. H. GmbH.
Die Beklagte wandte sich zunächst an die K. H. GmbH mit der Bitte um Vorlage der Erklärung, wonach die Klägerin das nicht
eigenanteilsfreie Versorgungsangebot schriftlich angenommen habe. Außerdem wurde um Vorlage des Anpassberichtes des Hörgeräte-Akustikers
gebeten.
Hierauf legte die K. H. GmbH den Abschlussbericht sowie die Einverständniserklärung der Versicherten, unterschrieben am 10.
Juli 2007, vor. Das Sprachverstehen bei den Geräten Audio-Service Nova habe 75 %, bei dem der Firma Siemens Phoenix 213 70
% und bei dem der Firma Phonak Savia Art 311 dSZ 85 % betragen.
Mit Bescheid vom 27. Juli 2007 lehnte die Beklagte eine Kostenbeteiligung an den Mehrkosten mit der Begründung ab, die Krankenkasse
habe mit dem Hörgeräteakustiker eine Pauschale vereinbart, damit ausgenommen von der gesetzlichen Zuzahlung dem Versicherten
keine weiteren Kosten entstünden. Diese Pauschale gelte für sechs Jahre und umfasse neben dem Hörgerät auch die Otoplastik,
alle notwendigen Reparaturen und Ersatzotoplastiken. Dazu zähle auch die Nachsorge, also die in regelmäßigen Abständen stattfindende
Kontrolle und Wartung des Hörgerätes. Der Hörgeräte-Akustiker habe diese Pauschale mit der Krankenkasse abgerechnet und der
Klägerin die Mehrkosten in Rechnung gestellt. Da sich die Klägerin für eine teuere Hörgeräteversorgung entschieden habe, könnten
die Mehrkosten nicht übernommen werden.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie könne mit Hörgeräten zum Festbetrag nicht versorgt
werden. Denn sie habe dadurch die für ihre weitere Berufsausübung erforderliche Sprachverständlichkeit nicht erreichen können.
Es müssten ihr daher die tatsächlichen Kosten erstattet werden.
Auf erneute Nachfrage teilte die K. H. GmbH mit, die zwei eigenanteilsfreien Hörgeräte, Siemens Phoenix 213 und Audio-Service
Nova, seien angemessen für den Ausgleich des Hörverlustes von der Klägerin, wie auch den Datenblättern zu entnehmen sei. Es
sei auch nicht die Lautstärke, die bei diesen Geräten gefehlt habe, sondern das Sprachverstehen, die Möglichkeit verständlich
zu telefonieren und mehr. Das Sprachverstehen in Störgeräuschen sei mit dem Savia Art durch die Richtmikrofontechnik, automatische
Situationserkennung und andere technische Vorteile einfach besser gewesen.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B.-W. (MDK). Dr.
B. führte in Auswertung der vorliegenden Tonaudiogramme aus, dass die Klägerin rechtsseitig an einer hochgradigen Schwerhörigkeit,
linksseitig an einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit leide. Bei dem Hörgerät Phonak Savia Art 311 dSZ (Hilfsmittel-Nr.
13.20.03.1466) handele es sich um ein 20-kanaliges Hinter-dem-Ohr-Hörgerät mit einer Verstärkung von 65 dB bei 1,6 kHz. Die
Signalverarbeitung erfolge digital, alle einstellbaren Parameter seien digital programmierbar. Es sei mit zwei Kugelmikrofonen
ausgestattet. Die Verstärkungsregelung geschehe automatisch, dabei verfüge das Gerät über 20 aktive Klangblenden, die Schaltung
von 7 Programmen sei möglich. An sonstiger Ausstattung besitze es: digitale Signalverarbeitung in 20 Kanälen, dWDRC, digitale
Störgeräuschunterdrückung, RealEarSound, gegenphasige Rückkopplungsauslöschung, Sound Relax, Data Logging Plus, automatische
Hörsituationerkennung, automatische und manuelle Programmwahl und Fernbedienung. Dieses Hörgerät mit Fernbedienung übersteige
das Maß des Notwendigen. Unter der Produktart seien im Hilfsmittelverzeichnis insgesamt 537 verschiedene Hörgeräte gelistet.
Es sei nicht nachvollziehbar, dass nur das gewünschte Hörgerät das einzig ausreichende und zweckmäßige Hörgerät für die Versicherte
sei. Des Weiteren könne das gleiche Hörgerät von verschiedenen Akustikern durchaus zu einem unterschiedlichen Preis abgegeben
werden. Der Akustiker entscheide allein, welches Hörgerät er zum Festbetrag abgebe und welches nicht. Diese Entscheidung treffe
er vor dem Hintergrund seiner Geschäftsbeziehungen und seiner unternehmerischen Freiheit. Das Festbetrag-Hörgerät des einen
Akustikers sei das Zuzahlungsgerät des anderen Akustikers. Der Preis für das Hörgerät werde nach den wirtschaftlichen Beziehungen
des Akustikers kalkuliert. Zwar werde ein Versicherter zum Festbetrag dann nicht versorgt, wenn dieser die Behinderung objektiv
nicht ausgleiche. Ein Unterschied im Einsilberverstehen von 5-10 % könne aber für diese Beurteilung nicht ausschlaggebend
sein. Hier gelte der "Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker und
dem Verband der Angestellten-Krankenkassen und dem Arbeiter-Ersatzkassen-Verband", in Kraft getreten am 1. Februar 2007. Laut
dessen § 3 erhalte der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote mit analogen, digital programmierbaren
oder volldigitalen Hörsystemen (Hörsysteme mit digitaler Signalverarbeitung) der Produktgruppe 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03
entsprechend dem festgestellten Hörverlust einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Hierzu halte der Leistungserbringer
eigenanteilsfreie Angebote zum angemessenen Ausgleich des Hörverlustes bei allen Schwerhörigkeitsgraden vor. Deswegen könne
die volle Kostenübernahme nicht empfohlen werden. Da die Versicherte angebe, speziell diese Hörgeräte zur Ausübung ihrer Berufstätigkeit
zu benötigen, könne gegebenenfalls eine anteilige Kostenübernahme oberhalb des Festbetragsrahmens durch den Rentenversicherungsträger
erfolgen.
Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2008 den Widerspruch als unbegründet zurück. Die
von der Klägerin ausgewählten Hörgeräte überstiegen das Maß des Notwendigen und damit auch die Leistungspflicht der gesetzlichen
Krankenversicherung. Der bewilligte Festbetrag in Höhe von 1.212,80 EUR stellte die Obergrenze des Leistungsanspruchs dar.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. März 2008 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, zu deren Begründung sie darauf verwiesen hat, dass in ihrem speziellen Fall die Hörgeräte nicht über das notwendige
Maß hinausgingen, da sie diese beruflich benötige.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnde HNO-Fachärztin als sachverständige Zeugin gehört und die Klägerin anschließend auf diesem Fachgebiet begutachten
lassen.
Dr. D.-S. hat mitgeteilt, dass sie die Klägerin seit 1997 behandele. Das zuletzt ihr vorliegende Tonaudiogramm datiere vom
28. März 2006 und zeige eine beidseitige Innenohrschwerhörigkeit. Sie habe die Klägerin deswegen an die HNO-Uniklinik H. überwiesen,
die dann nochmals ein Ton- und Sprachaudiogramm erstellt habe. Ob und wie die Klägerin mit Hörgeräten zu versorgen sei, könne
sie deswegen nicht beurteilen.
Prof. Dr. P. hat in seinem HNO-Gutachten ausgeführt, dass die apparative Korrektur der Hörminderung bei dem bei der Klägerin
vorliegenden Ausmaß grundsätzlich problematisch sei, es könne gegenwärtig von keiner Hörgeräteversorgung erwartet werden,
dass sie bei der Klägerin den Zustand des Hörgesunden wiederherzustellen vermöge. Bei der Klägerin sei eine apparative Versorgung
notwendig, die der ausgeprägten Frequenzabhängigkeit des Hörverlustes, dem frequenzabhängigen Recruitment und den wechselnden
Hörsituationen im beruflichen Umfeld Rechnung trage. Die technische Umsetzung erfolge mit Hilfe einer mehrkanaligen Signalverarbeitung,
durch die frequenz- und pegelabhängige Dynamikkompression und durch die Verfügbarkeit mehrerer Hörprogramme. Zu diesen technischen
Lösungen lägen keine Alternativen vor. Dem Anpassbericht zufolge schneide das Gerät Phonak Savia geringfügig besser ab als
die Alternativen Audio-Service Nova und Siemens Phoenix. Vom medizinischen Standpunkt sei daher die Bevorzugung des Phonak
Savia gerechtfertigt, auch wenn die Signifikanz der kleinen (aber systematischen) Differenz zu den alternativen Geräten zugegebenermaßen
angezweifelt werden könne.
Mit Urteil vom 13. Februar 2009, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 18. Februar 2009, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Hörgeräte der Marke Phonak Savia 311 dSZ seien zwar sinnvoll und zweckmäßig,
bedeuteten aber keine wesentliche Förderung der gleichberechtigten Teilnahme der Klägerin am Leben in Gemeinschaft. Dies ergebe
sich aufgrund der Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. P ... Dieser habe zwar aufgezeigt, dass jede
technische Verbesserung für die Klägerin hilfreich sei, das Gerät Phonak Savia aber nur geringfügige Vorteile gegenüber den
angebotenen Alternativen Audio-Service Nova und Siemens Phoenix ausweise. Damit werde im Ergebnis die Einschätzung des MDK
bestätigt, wonach sich bezüglich des Sprachverstehens ein 10 %ig günstigerer Wert als bei dem Gerät Audio-Service Nova ergebe.
Dass sich für die Klägerin dadurch insbesondere im Bereich der privaten und beruflichen Kommunikation entscheidende Vorteile
ergäben, hätte auch von dem Sachverständigen nicht aufgezeigt werden können. Durch das Gerät dürfte daher nach dem technischen
Entwicklungsstand zwar eine optimale Versorgung erreicht werden, hierauf bestehe aber grundsätzlich kein Leistungsanspruch
und keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies auch nicht für die Beklagte in der Funktion des Trägers
für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Denn aus den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen sei nicht
ableitbar, dass der minimale Vorteil der Hörgeräte Phonak Savia 311 dSZ gerade bei der Berufsausübung der Klägerin als Krankenpflegehelferin
unverzichtbar sei. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie ohne die Versorgung mit den gewünschten Geräten ihre Kommunikation
während der Berufstätigkeit stärker eingeschränkt wäre, als bei der Kommunikation im allgemeinen Leben.
Mit ihrer dagegen am 13. März 2009 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, dass sie auf eine mehrkanaligen Signalverstärkung
aufgrund der Art der bei ihr vorhandenen Hörbehinderung angewiesen sei. Nicht mit jedem Frequenzband sei ihre Hörfähigkeit
gleich eingeschränkt. Bei Hinzufügung von Störschall werde die Sprachdiskrimination, also das Wortverständnis, rechts um 20
% und links um 25 % gesenkt, was eher eine unterdurchschnittliche Diskriminationsleistung darstelle und damit Anzeichen für
eine verbesserungsfähige Hörgeräteversorgung sei. Demgemäß sei der Sachverständige auch zu dem Ergebnis gekommen, dass sie
dieser technischen Umsetzung bedürfe. Dieser Aspekt sei bei den Entscheidungsgründen völlig außer Betracht geblieben. Sie
benötige eine 20-kanalige Signalverarbeitung. Es sei daher unzutreffend, dass nur von einer geringfügigen Verbesserung des
Hörvermögens auszugehen sei. Sie müsse ihre Arbeit unter wechselnden akustischen Bedingungen ausüben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Februar 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 2007 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Mehrkosten in Höhe von
3.800,- EUR für die Hörgeräteversorgung mit der Marke Phonak Savia 311 dSZ zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass der Akustiker verpflichtet sei, mindestens zwei Hörgeräte mit ausreichendem Hörerfolg zum Vertragspreis
anzubieten. Sie hat dem Senat auszugsweise den Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen vorgelegt.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat eine Auskunft bei der K. H.GmbH sowie beim Arbeitgeber der Klägerin,
der K. S. "U. N." eingeholt.
Die K. H. GmbH hat mitgeteilt, dass die Klägerin im Mai 2007 mit den Hörgeräten versorgt worden sei. Man habe diese der Klägerin
zur persönlichen Ausprobe und gegebenenfalls zur Überprüfung und Besprechung mit dem in Frage kommenden Ohrenarzt auf über
drei Wochen und völlig kostenfrei zur Verfügung gestellt. Die Klägerin sei im privaten und Arbeitsbereich auf Spitzentechnologie
angewiesen. Solche Hörgeräte seien aus Kostengründen nicht zuzahlungsfrei abzugeben. Die Richtmikrofontechnik habe auch Nachteile
in der Verständlichkeit. Durch die Kanal- und Programmtechnik könne im Einzelfall gezielt auf die Hörstörung eingegangen werden.
Dadurch könne eine bessere Verständlichkeit erreicht werden. Eine Verständlichkeit von mehr als 5 bis 10 oder 15 % sei für
den Betroffenen erheblich. Beigefügt war die Empfangsbestätigung (Eigenanteil zweimal 1.900,- EUR) vom 8. Mai 2007 (Bl 32
Senatsakte) sowie die ärztliche Verordnung der Hörgeräte.
Die K. S. hat mitgeteilt, dass die Klägerin seit 1. März 2001 als Krankenpflegehelferin beschäftigt sei. Diese Tätigkeit erfordere
selbständiges und verantwortungsbewusstes Arbeiten und Handeln. Insbesondere bei Patientengesprächen und bei Gesprächen mit
Angehörigen und Ärzten sei ein einwandfreies Hörvermögen nötig. Der Kontakt zwischen der S. und der Mitarbeiterin erfolge
während der Tour über Handy, so dass ein einwandfreies Hören am Telefon unabdingbar sei. Sie habe bereits bei der Einstellung
2001 Hörgeräte getragen. Mit der Zeit habe sie jedoch Schwierigkeiten geäußert, insbesondere am Telefon alles korrekt zu verstehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§
143,
151 Abs
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht erhobene Berufung der Beklagten ist statthaft im Sinne des §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGG, da die erforderliche Berufungssumme durch die geltend gemachte Erstattungsforderung überschritten wird. Die damit insgesamt
zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren
Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten für die digitalen Hörgeräte
der Marke Phonak Savia 311 dSZ in Höhe von weiteren 3.800,- EUR.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist §
13 Abs
3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V). Danach hat die Beklagte der Klägerin die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung zu erstatten, wenn sie eine unaufschiebbare
Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Die erste Alternative - unaufschiebbare Leistung
- scheidet bei der Versorgung mit einem Hörgerät ersichtlich aus, so dass sich nur die Frage stellt, ob die Beklagte die Leistung
zu Unrecht abgelehnt hat. Auch dies ist zu verneinen.
Die Krankenkasse erfüllt den Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit einem Hörgerät (Hilfsmittel) grundsätzlich als Sachleistung
(§
2 Abs
2 SGB V). Das gilt auch dann, wenn - wie zB für Hörhilfen iS des §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V - gemäß §
36 SGB V Festbeträge für Hilfsmittel eingeführt worden sind. Die Festsetzung eines Festbetrags führt nach §
33 Abs
2 Satz 1
SGB V dazu, dass die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrags zu tragen hat, während der etwaige Differenzbetrag bis
zum Abgabepreis des Leistungserbringers grundsätzlich dem Versicherten zur Last fällt. Die Krankenkasse erfüllt ihre Leistungspflicht
mit der Übernahme des Festbetrags (§
12 Abs
2 SGB V). Der Festbetrag stellt also die Obergrenze des Leistungsanspruchs des Versicherten dar. Die Festsetzung eines solchen Festbetrags
(§
36 SGB V) ändert aber nichts am Sachleistungsprinzip (§
2 Abs
2 Satz 1
SGB V), das sich am Bedarf des Versicherten orientiert. Sie betrifft lediglich die Leistungshöhe und nicht den Leistungsanspruch
dem Grunde nach. Demgemäß hat eine Krankenkasse dem Versicherten eine Hörhilfe prinzipiell in Natur, dh durch Vertragsabschluss
mit dem Leistungserbringer, zur Verfügung zu stellen, und der Versicherte leistet ggf nur die erforderliche Zuzahlung (BSG,
Urteil vom 23. Januar 2003, B 3 KR 7/02 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 1).
Der für ein Hilfsmittel festgesetzte Festbetrag begrenzt die Leistungspflicht der Krankenkasse dann nicht, wenn er für den
Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausreicht (BSG, aaO.; vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2002,
1 BvL 28/95, 1 BvL 29/95 und 1 BvL 30/95, SozR 3 - 2500 § 35 Nr 2). Dies soll der Fall sein, wenn kein Hörgerät zum festgesetzten Festbetrag zur Verfügung stand,
das für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv ausreichte (BSG, Urteil vom 21. August 2008, B 13 R 33/07 R, SozR 4- 3250 § 14 Nr 7). Ob es dabei genügt, dass nur der vom Versicherten in Anspruch genommene Hörgeräteakustiker über
kein solches Gerät verfügt oder ob diese Fallkonstellation nur angenommen werden kann, wenn ein solches Hörgerät überhaupt
nicht auf dem Markt erhältlich ist bzw in atypischen Sonderfällen eines Systemversagens (vgl hierzu LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 24. September 2008, L 5 KR 1539/07, anhängig beim BSG, Az: B 3 KR 20/08 R), bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch besteht unabhängig davon
nicht. Erhält ein Versicherter - wie hier die Klägerin - aufgrund einer ärztlichen Verordnung ein Hörgerät, dessen Preis über
dem Festpreis liegt und rechnet der Hörgeräteakustiker (Leistungserbringer) den Festpreis mit der Krankenkasse ab, hat der
Versicherte das Hörgerät insoweit als Sachleistung mit Zuzahlungspflicht erhalten. In Bezug auf die über dem Festpreis liegenden
Kosten (Mehrkosten) hat sich der Versicherte das Hörgerät selbstbeschafft (BSG, Urteil vom 21. August 2008, B 13 R 33/07 R, SozR 4- 3250 § 14 Nr 7). Folgerichtig begehrt die Klägerin nur eine Erstattung des von ihr getragenen Teilbetrags. Der
hierauf gerichtete Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung besteht jedoch nicht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG scheidet ein auf §
13 Abs
3 SGB V gestützter Erstattungsanspruch aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne zuvor die Krankenkasse einzuschalten
und ihre Entscheidung abzuwarten (BSG, Urteil vom 2. November 2007, B 1 KR 14/07 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 15 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Die Vorschrift gewährt einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall,
dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der gesetzlichen
Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann.
Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige
Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Krankenkasse
- wie hier - vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen
wäre.
Im vorliegenden Fall hat der Hörgerätetechniker der Klägerin die Hörgeräte am 8. Mai 2007 ausgeliefert und ihr diese drei
Wochen nach der Testung am 22. Mai 2007 in Rechnung gestellt, so dass die Anpassphase zu diesem Zeitpunkt, wie er auch dem
Senat bestätigt hat, endete. Diese Rechnung zahlte die Klägerin bis zum 7. Juni 2007. Die (endgültige) Abgabe der Hörgeräte
an die Klägerin erfolgte also am 22. Mai 2007; sie wandte sich mit ihrem Begehren auf Übernahme der Mehrkosten aber erst am
11. Juni 2007 an die Beklagte. Es wäre ihr nach Ansicht des Senats ohne Weiteres zumutbar gewesen, sich vor der endgültigen
Abgabe der Hörgeräte an die Beklagte zu wenden. Dadurch hatte die Krankenkasse keine Möglichkeit vor Abgabe der Hilfsmittel
zu prüfen, ob ihre Leistungspflicht ausnahmsweise über den Festbetrag hinaus besteht. Dieser Auffassung steht das Urteil des
BSG vom 23. Januar 2003 (B 3 KR 7/02 R, SozR 4-2500 §33 Nr 1) nicht entgegen. Zwar hat der 3. Senat des BSG in der genannten Entscheidung einen auf §
13 Abs
3 SGB V gestützten Freistellungsanspruch für möglich gehalten, obwohl der Versicherte sich das im dortigen Fall streitige Hörgerät
hatte liefern und anpassen lassen, bevor er die Krankenkasse mit dem Leistungsbegehren befasst hatte. Der hier zu beurteilende
Fall liegt aber insofern anders, als der Klägerin das Hörgerät nicht nur angepasst, sondern ihr dieses bereits in Rechnung
gestellt und von ihr auch bezahlt wurde, bevor sie sich an die Beklagte wandte. Damit war das Eigentum an dem Hörgerät auf
die Klägerin übergegangen und die Abgabe des Hilfsmittels abgeschlossen.
Es kann offen bleiben, ob die Klägerin das Hörgerät nur unter der Bedingung gekauft hat, dass die Beklagte den über dem Festbetrag
liegenden Betrag erstattet. Sollte dies der Fall sein und zur Folge haben, dass der zwischen der Klägerin und der Firma K.
H. GmbH geschlossene Vertrag nicht wirksam geworden ist, würde ein Erstattungsanspruch ebenfalls nicht bestehen, weil in diesem
Fall von der Beklagten zu erstattende Kosten nicht entstanden sind.
Die Beiladung des Rentenversicherungsträgers war deshalb nicht notwendig. Unabhängig davon, dass die Beklagte als erstangegangener
Leistungsträger, der den Antrag nicht unverzüglich weitergeleitet hat (§
14 Abs
1 Satz 1 und
2, Abs
2 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB IX), für die Leistungserbringung unter allen denkbaren Anspruchsgrundlagen zuständig ist, gilt nach §
15 Abs
1 SGB IX, der der Vorschrift des §
13 Abs
3 Satz 1
SGB V nachgebildet ist, ebenfalls, dass dem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin bereits formelle Gründe, nämlich die Nichteinhaltung
des Beschaffungswegs, entgegenstehen (vgl zum Ganzen BSG vom 21. August 2008 aaO.). Die Klägerin hat aus diesem Grund aufgrund
ihrer beruflichen Betroffenheit auch keinen weitergehenden Anspruch nach §§
9,
10,
11,
15 Abs
1 Satz 1
SGB VI.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats ferner fest, dass die Klägerin zum Festbetrag ausreichend
mit Hörgeräten versorgt werden kann und der festgesetzte Festbetrag die Leistungspflicht der Krankenkasse begrenzt, weil diese
zum Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv ausreichen (vgl BSG, Urteil vom 21. August 2008, B 13 R 33/07 R, SozR 4 - 3250 § 14 Nr 7).
Der Anspruch richtet sich nach §
33 SGB V. Nach Abs
1 Satz 1 dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und
anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden
Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeinen Gebrauchsgegenstände
des täglichen Lebens anzusehen oder nach §
34 Abs
4 SGB V ausgeschlossen sind. Nach §
36 Abs
1 Satz 1
SGB V bestimmen die Spitzenverbände der Krankenkassen (ab 1. April 2007 der Spitzenverband Bund der Krankenkassen) gemeinsam und
einheitlich Hilfsmittel, für die die Festbeträge festgesetzt werden (§
36 Abs
1 Satz 1
SGB V). Wenn für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist, so erfüllt die Krankenkasse in der Regel ihre Leistungspflicht mit
dem Festbetrag (§
12 Abs
2 SGB V). Nach der Rechtsprechung ist diese Festbetragsregelung grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar, wenn eine sachgerechte
Versorgung des Versicherten zu den festgesetzten Festbeträgen möglich ist (so BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2002, 1 BvL 28/95, 1 BvL 29/95 und 1 BvL 30/95, SozR 3 - 2500 § 35 Nr 2).
Auch zur Überzeugung des Senats ergibt sich aus dem vom SG eingeholten Gutachten von Prof. Dr. P. wie dem im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. B., dass das Gerät
Phonak Savia zwar geringfügig besser als die alternativen Hörhilfen Audio-Service Nova und Siemens Phoenix abgeschnitten hat,
aber nur in einem Bereich von 5 % bis 10 %, was nicht signifikant das Hörvermögen der Klägerin verbessert. Dies hat das SG ausführlich begründet dargelegt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen in vollem Umfang an und sieht insoweit von einer
weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach §
153 Abs
2 SGG ab.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich aufgrund der Ermittlungen des Senats keine abweichende Beurteilung dieses Sachverhalts
ergibt. Auch die K. H. GmbH hat nur eine Hörverbesserung von 5 bis 10 % bestätigt und ihre Aussage, dass die Betroffene im
Privatleben und Arbeitsstelle nur bedingt zurecht käme, mit "gegebenenfalls" eingeschränkt. Dass die Klägerin tatsächlich
Probleme am Arbeitsplatz hatte, ergibt sich aus der Auskunft der K. S. nicht. Diese hat zwar berichtet, dass nach Aussage
der Klägerin Schwierigkeiten beim Telefonieren bestanden haben, diese aber nicht konkret aus eigener Anschauung beschrieben.
Solche Schwierigkeiten hat der Arbeitgeber somit selbst nicht festgestellt. Zu Beanstandungen oder gar einer falschen Behandlung
der Pflegebedürftigen ist es nicht gekommen. Allein der Umstand, mit mehreren Personen reden zu müssen, begründet solche Probleme
bei der von der Klägerin durchgeführten Tätigkeit auch nicht nachvollziehbar. Vielmehr kann sich die Klägerin einer Hörquelle
ausschließlich zuwenden. Da somit die Hörgeräte über das Maß des Notwendigen hinausgehen, besteht auch aus diesem Grund kein
Anspruch auf die beantragte Mehrversorgung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.