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LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.09.2018 - 6 VG 2878/17
Anspruch auf Gewaltopferentschädigung Anforderungen an eine leichtfertige und sozial missbilligenswerte Selbstgefährdung Verwertbarkeit aktenkundiger Unterlagen anderer Gerichte im sozialgerichtlichen Verfahren
1. Eine leichtfertige und sozial missbilligenswerte Selbstgefährdung liegt auch dann vor, wenn das Opfer im Rahmen eines langfristigen innerfamiliären Streits (hier um das Sorgerecht über ein Kind) und nach der Beendigung einer bereits gewalttätig gewordenen Auseinandersetzung die Kontrahenten erneut aufsucht, um "dem Streit ein Ende zu machen", dabei potenzielle Schlagwerkzeuge mit sich führt und sich damit in die erneute Auseinandersetzung begibt, nachdem diese von verbalen Anwürfen zu Gewalttätigkeiten übergegangen ist.
2. Welche Verhaltensweisen sozial missbilligenswert sind, bestimmt die Rechtsordnung. Hierzu gehört das staatliche Gewaltmonopol. Es verlangt, laufende, auch innerfamiliäre Konflikte mit Hilfe der staatlichen Instanzen (hier: Jugendamt, Familiengericht, Polizei) zu beenden und nicht durch verbale oder körperliche Auseinandersetzungen. Dies gilt auch dann, wenn innerhalb der Familie oder Gruppe des Gewaltopfers möglicherweise abweichende kulturelle oder soziale Vorstellungen oder Verhaltensmuster bestehen.
Bei der Feststellung der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 OEG kann das Gericht maßgeblich auf aktenkundige Unterlagen anderer Gerichte abstellen. Zwar besteht in einem sozialgerichtlichen Verfahren keine rechtliche Bindung an die Feststellungen anderer Gerichte, etwa der Strafgerichte. Es ist vielmehr eine unabhängige Beweiswürdigung geboten. In diesem Rahmen können aber zum Beispiel die Feststellungen anderer Gerichte als Urkunden verwertet werden, insbesondere die darin enthaltenen Aussagen von Zeugen.
Normenkette:
OEG § 1 Abs. 1 S. 1
,
OEG § 1 Abs. 8 S. 1
,
OEG § 2 Abs. 1 S. 1
,
BVG § 36 Abs. 1
,
BVG § 38 Abs. 1 S. 1
, , ,
BGB § 277
,
BGB §§ 1303 ff.
, ,
SGG § 118 Abs. 1 S. 1
,
SGG § 128
,
ZPO § 415
Vorinstanzen: SG Heilbronn 11.04.2017 S 2 VG 95/15
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. April 2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

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