Vergütung von Sachverständigen im sozialgerichtlichen Verfahren
Gründe:
I. In dem am Sozialgericht Würzburg anhängig gewesenen Rechtsstreit E. G. gegen AOK Bayern mit Az.: S 14 KR 106/05 ist der Antragsteller mit Beweisanordnung des Sozialgerichts Würzburg vom 08.05.2007 gemäß §§
103 ff. des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zum ärztlichen Sachverständigen bestellt worden. Beweisthema ist die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers als
IT-Spezialist und Fachinformatiker in bestimmten Zeiträumen gewesen.
Das fachärztlich-algesiologische Gutachten des Antragstellers vom 14.08.2007 ist unter Einbeziehung des Dipl.-Psych. T. gefertigt
worden. Hinsichtlich dessen Honorierung hat der Antragsteller am 08.07.2005 mit dem Bezirksrevisor folgende Vereinbarung getroffen:
Aufgrund der hier gegebenen besonderen Begutachtungssituation bei der Erstellung eines Schmerzgutachtens können alle Untersuchungen
und psychologischen Tests durch einen Psychotherapeuten, Motopäden und Psychotherapeuten (Dipl.-Psychologen) ausnahmsweise
über den Zeitaufwand abgerechnet und vergütet werden. Je Test werden 0,5 Stunden angesetzt. Ferner erhält der Sachverständige
für ein durchgeführtes Literaturstudium mit Ausnahme der "Roten Liste" pauschal eine Stunde, egal wie viele Fundstellen zitiert
werden. Von ihm zudem beantragte Sachkosten nach DKG-NT, Spalte 6, für die psychologische Tests werden erstattet.
Der Antragsteller hat mit Liquidation vom 14.08.2007 (Rechnung-Nr. 08-2007) insgesamt 2.953,82 EUR geltend gemacht, die sich
wie folgt aufschlüsseln:
- Aktenstudium
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4,17 Stunden
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- Anamnese, Untersuchung
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5,00 Stunden
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- 7 Tests á 0,5 Stunden
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3,50 Stunden
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- Beurteilung 18 Seiten
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18,00 Stunden
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- 38 Seiten Gutachten
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9,50 Stunden
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- Gesamtstunden gerundet
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40,50 Stunden x 60 EUR pro Stunde =
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2.430,00 EUR
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- Schreibgebühr für 63.579 Anschläge
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48,00 EUR
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2.478,00 EUR
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- 19 % Umsatzsteuer
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470,82 EUR
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- Porto
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5,00 EUR
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2.953,82 EUR
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Das Sozialgericht Würzburg hat mit Nachricht der Kostenbeamtin vom 19.09.2007 den Vergütungsantrag vom 14.08.2007 über 2.953,82
EUR auf 2.562,07 EUR gekürzt. Zu entschädigen seien entsprechend dem Beschluss des Kostensenats des BayLSG vom 14.07.1998
- L 3 U 297/93.Ko folgende Positionen:
- Aktenstudium
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4,17 Stunden
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- 7 Testungen
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3,50 Stunden
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- Untersuchung
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5,00 Stunden
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- Abfassung des Gutachtens
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13,36 Stunden
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- Diktat und Durchsicht
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8,75 Stunden
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34,78 Stunden
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- gerundet
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35,00 Stunden á 60,00 EUR =
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2.100,00 EUR
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- Schreibgebühren (63.579 Anschläge)
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48,00 EUR
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- Porto
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5,00 EUR
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2.153,00 EUR
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- 19 % Umsatzsteuer
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409,07 EUR
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2.562,07 EUR
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Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 02.10.2007 hervorgehoben, dass die vorgelegte Abrechnung nicht der Vereinbarung mit
dem Bezirksrevisor entspräche. Dieses Schreiben ist als Antrag auf Kostenfestsetzung im Sinne von § 4 Abs. 1 JVEG gewertet
worden.
Das Sozialgericht Würzburg hat mit Beschluss vom 07.12.2007 die Vergütung des Antragstellers für das Gutachten vom 14.08.2007
auf 2.454,97 EUR festgesetzt. Streitig sei der von dem Antragsteller geltend gemachte Zeitaufwand für die Untersuchung, testpsychologische
Auswertung und wiederholte Anrechnung bei der Beurteilung. Die Untersuchung durch den Sachverständigen habe nur 3,5 Stunden
von 8:30 Uhr bis 12.00 Uhr gedauert, nicht wie angenommen 5 Stunden. Die Anweisungsstelle habe zu Recht die testpsychologische
Auswertung der 7 Testungen, die bereits pauschal mit 3,5 Stunden angesetzt worden seien, nicht erneut bei der Abfassung des
Gutachtens sowie bei Diktat und Durchsicht berücksichtigt. Denn dies wäre eine zweifache Abrechnung, die auch nicht mit der
Vereinbarung vom 08.07.2005 begründbar sei.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde vom 30.12.2007 ging am 03.01.2008 beim Sozialgericht Würzburg ein. Zur Begründung hob
der Beschwerdeführer hervor, dass die Interpretation der Ergebnisse der durchgeführten 7 Tests nicht angerechnet worden sei.
Diese Kürzung sei nicht gerechtfertigt, da die Rohdaten alleine keine verwertbare Aussage zulassen würden, sondern vielmehr
die Einordnung zu Normstichproben, Prozenträngen, definierten Krankheitsbildern etc. erforderlich sei und eine gesonderte
Leistung darstelle. Es handele sich also nicht um eine doppelte Abrechnung. Ebenfalls nicht anerkannt worden sei der Zeitaufwand
für die psychologische Untersuchung von 1,5 Stunden, obwohl im Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass zusätzlich
ein Psychologe eingebunden gewesen sei, was allgemeinem Standard entspräche. Hätte er alle Zeiten notiert, wären entgegen
dem gewählten Ansatz weitere 5,67 Stunden zu fordern gewesen. Im Übrigen entbehre die Anzahl der Anschläge geteilt durch 1.800
= Seitenzahl einer realistischen Grundlage.
Von Seiten des Kostensenats wurden die erstinstanzlichen Streitakten samt dem dort enthaltenen fachärztlich-algesiologischem
Gutachten des Antragstellers vom 14.08.2007 beigezogen.
II. Die Beschwerde ist gemäß §§
172,
173 SGG i.V.m. §
4 Abs.
3 JVEG zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt.
Die Beschwerde erweist sich auch insoweit als begründet, als die Entscheidung der Kostenbeamtin des Sozialgerichts Würzburg
vom 19.09.2007 wieder herzustellen ist.
Die Entscheidung der Kostenbeamtin vom 19.09.2007 und der Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 07.12.2007 unterscheiden
sich nur in einem Punkt: Als berücksichtigungsfähig für die Untersuchung sind 5 Stunden bzw. 3,5 Stunden angenommen worden.
Die Prüfung der Akten und der zugehörigen Kostenakten ergibt, dass wie ursprünglich angenommen insgesamt 5 Stunden für die
Begutachtung zu berücksichtigen sind. Denn ausweislich des Gutachtens vom 14.08.2007 auf S. 13 ff. und 28 ff. hat der hinzugezogene
Dipl.-Psych. T. nicht nur 7 Testungen (= 3,5 Stunden) durchgeführt, sondern ist darüber hinaus zusätzlich im Rahmen einer
psychologischen Exploration (biographische Anamnese, psychische Beschwerden, Tagesablauf und Fremdanamnese) tätig geworden.
Der Antragsteller hat mit Beschwerdebegründung vom 30.12.2007 zutreffend darauf hingewiesen, dass hierfür 1,5 Stunden angefallen
sind. In Berücksichtigung der Vereinbarung mit dem Bezirksrevisor vom 08.07.2005 sind auch diese 1,5 Stunden zu vergüten.
Im Übrigen entsprechen die Nachricht der Kostenbeamtin des Sozialgerichts Würzburg vom 19.09.2007 bzw. der Beschluss des Sozialgerichts
Würzburg vom 07.12.2007 in allen Punkten der Kostenrechtsprechung des Senats, so dass gemäß §
142 Abs.
2 S. 3
SGG hierauf Bezug genommen wird. Insbesondere ist für die Abfassung einer Seite der Beurteilung und Beantwortung der gestellten
Beweisfragen eine Stunde anzusetzen, wobei jeweils für eine ganze Seite von 1.800 Anschlägen (30 Zeilen x 60 Anschläge) nach
DIN 1.422 ausgegangen wird.
Nach alledem ist der Beschwerde des Beschwerdeführers nur in dem beschriebenen Umfange stattzugeben gewesen.
Die Entscheidung ist gemäß §
177 SGG endgültig. Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§
4 Abs.
8 JVEG).