Abstrakte und individuelle Förderungsfähigkeit einer Ausbildung
Besonderer Härtefall
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II), für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2012.
Die 1992 geborene Klägerin wohnt seit 1. Juli 2012 unter der im Rubrum ersichtlichen Anschrift zu einer Gesamtmiete von 365,55
Euro.
In der Zeit vom 4. Oktober 2011 bis 31. August 2012 absolvierte sie eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme im r-Berufsbildungswerk
B e.V. Am 1. September 2012 begann sie - ebenfalls im A-Berufsbildungswerk B - eine Ausbildung zur Metallfeinbearbeiterin
mit einer Ausbildungsdauer von drei Jahren.
Einen Antrag der Klägerin auf Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) hatte das Bezirksamt Pankow von Berlin mit Bescheid vom 29. Dezember 2011 abgelehnt, weil die von der Klägerin besuchte
Ausbildungsstätte nicht im Ausbildungsstättenverzeichnis des Landes Berlin eingetragen und somit nicht förderungsfähig sei.
Die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Berlin Nord, bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 8. Dezember 2011 für
die Zeit vom 4. Oktober 2011 bis 31. August 2012 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§
97 ff., 102, 142 Drittes Buch Sozialgesetzbuch, Arbeitsförderung (
SGB III) i. V. m. §§
33,
44 ff. Neuntes Buch Sozialgesetzbuch, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (
SGB IX), und zwar Ausbildungsgeld in Höhe von zuletzt 465,00 Euro und einen Fahrtkostenzuschuss in Höhe von 53,00 Euro. Mit Bescheid
vom 20. August 2012 bewilligte sie für die Zeit vom 3. September 2012 bis 2. März 2014 als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
gemäß §§
112 ff.
SGB III i. V. m. §§
33,
44 ff.
SGB IX Ausbildungsgeld in Höhe von 572,00 Euro monatlich sowie einen Fahrkostenzuschuss in Höhe von 54,00 Euro monatlich. Die Lehrgangskosten
würden unmittelbar an den Träger der Maßnahme überwiesen.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 25. Januar 2012 für die Zeit vom 16. Dezember 2011 bis 30. Juni 2012
einen Zuschuss zu den angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 75,- Euro für den vollen Monat im streitigen
Zeitraum.
Am 20. Juli 2012 stellte die Klägerin erneut einen "Antrag auf Zuschuss zu den angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und
Heizung für Auszubildende".
Mit Bescheid vom 13. August 2012 bewilligte der Beklagte ihr daraufhin für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Juli
bis 31. Dezember 2012 einen Zuschuss zu den angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als Leistung für Auszubildende
in Höhe von 233,55 Euro monatlich.
Ohne Anhörung nahm der Beklagte mit Bescheid vom 16. August 2012 den Bescheid vom 13. August 2012 mit der Begründung "falsche
Berechnungsgrundlage Zuschussberechnung nach § 27 SGB II bis 31. August 2012" gestützt auf § 45 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch, Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) für die Zeit ab 1. September 2012 wieder zurück. Die Rücknahme der Bewilligungsentscheidung sei nur für die Zukunft erfolgt.
Man habe bei der Rücknahme der Bewilligungsentscheidung Ermessen ausgeübt, wobei das Interesse der Allgemeinheit an dem Vermeiden
von ungerechtfertigten Aufwendungen durch die öffentliche Hand überwiege.
Mit weiterem Bescheid vom 16. August 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember
2012 einen Zuschuss zu den angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als Leistungen für Auszubildende in Höhe von
13,55 Euro monatlich. Ausgeführt ist, dass die Klägerin Ausbildungsgeld beziehe und deshalb gemäß § 7 Abs. 5 SGB II grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes habe. Gemäß § 27 Abs. 3 SGB II werde daher lediglich ein Zuschuss gewährt.
Am 28. September 2012 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Gewährung eines Mehrbedarfes für erwerbsfähige Menschen mit
Behinderung. Sie mache derzeit eine Ausbildung zur Metallfeinbearbeiterin im A-Berufsbildungswerk B, dies sei eine Leistung
zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §
33 Abs.
4 SGB IX.
Mit - vorliegend streitgegenständlichem - Bescheid vom 15. Oktober 2012 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da die Klägerin
lediglich Leistungen als Zuschuss gemäß § 27 Abs. 3 SGB II erhalte, eine Berücksichtigung von Mehrbedarfen könne in diesen Fällen nicht erfolgen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch,
mit dem die Klägerin auf § 21 Abs. 4 SGB II verwies, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2013 zurück, mit dem er auf § 7 Abs. 5 SGB II verwies. Der vorliegend im Streit stehende Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II sei in § 27 Abs. 2 SGB II nicht als mögliche Leistung genannt, da er als ausbildungsgeprägter Bedarf bei der Bemessung des Ausbildungsgeldes berücksichtigt
werde, er sei deshalb vom Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II erfasst.
Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, nach den Feststellungen der Bundesagentur für Arbeit zum Personenkreis der
behinderten Menschen im Sinne des
SGB IX zu gehören, so dass sie Anspruch auf Leistungen zu ihrer beruflichen Rehabilitation habe. Diesem Anspruch werde durch Gewährung
von Leistungen für die Durchführung ihrer beruflichen Bildungsmaßnahme mit dem Ziel, den Beruf der Metallfeinbearbeiterin
zu erlernen, nachgekommen. Bei dieser im A-Berufsbildungswerk durchgeführten Maßnahme handele es sich nicht um ein Ausbildungsverhältnis
der sonst üblichen Art, vielmehr sei die Ausbildung Teil einer Rehabilitationsmaßnahme. Den vorliegend streitbefangenen Mehrbedarf
über § 7 Abs. 5 SGB II auszuschließen würde dem Gedanken und der Verpflichtung zur Teilhabe zuwiderlaufen. Die Ausbildung, die sie durchlaufe, sei
eine regelförmige Maßnahme im Sinne der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. März 2010 (Az.: B 4 AS 59/09 R). Die Förderung, die sie in Form des Ausbildungsgeldes gemäß §
105 SGB III erhalte, sei nicht vergleichbar mit der Zahlung von Leistungen nach dem BAföG oder der Berufsausbildungsbeihilfe gemäß §§
60 ff.
SGB III und begründe daher keinen Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 5 SGB II, auch wenn das Ausbildungsgeld nicht als Ausnahme in § 7 Abs. 6 SGB II genannt sei. Weiter verweist die Klägerin u. a. auf ein Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. November 2010
(Az.: L 6 AS 168/08) sowie einen Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Februar 2008 (Az.: L 5 B 10/08 AS ER). Die Ausbildung in einem Berufsbildungswerk sei nicht mit einer Ausbildung außerhalb einer besonderen Einrichtung
für behinderte Menschen vergleichbar. Hätte der Gesetzgeber einen Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II beabsichtigt, hätte er die Förderung mit Ausbildungsgeld hier erwähnen müssen. Sie absolviere eine Fachpraktiker-Ausbildung
im Sinne des § 66 Berufsbildungsgesetz (BBiG), die weder mit BAB noch auf der Grundlage des BAföG förderfähig sei.
Mit Urteil vom 18. August 2014 hat das Sozialgericht Berlin den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 15. Oktober
2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 verurteilt, der Klägerin unter Abänderung der Bescheide
vom 13. August 2012 und 16. August 2012 dem Grunde nach weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Berücksichtigung
eines Regelbedarfes einschließlich Mehrbedarf und weitere Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Juli bis 31.
Dezember 2012 zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt: Streitgegenstand seien weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfes für erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte.
Die Klage sei begründet, weil die Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes habe. Ein entsprechender Antrag auf Leistungen sei gestellt worden. Der Antrag der Klägerin
vom 20. Juli "2014" (gemeint: 2012) sei dahingehend auszulegen gewesen, dass sämtliche in Betracht kommenden Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes begehrt worden seien. Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin sei § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Klägerin sei nicht vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II erfasst. Auf den Bezug von Ausbildungsgeld komme es hierfür nicht an, weil nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut lediglich
relevant sei, ob die absolvierte Maßnahme bzw. Ausbildung dem Grunde nach entsprechend den dort genannten Vorschriften förderungsfähig
sei. Von den allgemeinen nach den §§
51,
57 und
58 SGB III förderungsfähigen Maßnahmen bzw. Berufsausbildungen seien jedoch Maßnahmen oder Ausbildungen zu unterscheiden, die nur von
behinderten Menschen besucht werden könnten. Solche Maßnahmen stünden nichtbehinderten Menschen von vornherein nicht offen.
Diese unterfielen nicht dem Leistungsausschluss. Sie stellten sich gegenüber den nach §§
51,
57 und
58 SGB III geförderten Maßnahmen bzw. Ausbildungen als ein aliud, also etwas rechtlich anderes, dar. Dies ergebe sich aus dem Regelungszusammenhang
des
SGB III. Die Klägerin habe daher Anspruch auf die Gewährung des Regelbedarfes zzgl. des Mehrbedarfes gemäß § 21 Abs. 4 SGB II, was durch Grundurteil festgestellt werde.
Gegen dieses ihm am 11. September 2014 zugegangene Urteil richtet sich die am Montag, dem 13. Oktober 2014, eingegangene Berufung
des Beklagten. Der Beklagte verweist zur Begründung auf die Entscheidung des BSG vom 6. August 2014 (Az.: B 4 AS 55/13 R). Die Ausbildung der Klägerin sei nach den §§
51 ff. und §
116 SGB III förderungsfähig. Die Ausbildung erfolge in einem anerkannten Ausbildungsberuf und sei in das Ausbildungsverzeichnis der IHK
eingetragen. Ein Ausbildungsvertrag sei abgeschlossen worden. Unerheblich sei, dass die Ausbildung nicht in einem Betrieb,
sondern in einem Berufsausbildungswerk absolviert werde und deswegen keine Ausbildungsvergütung, sondern Ausbildungsgeld gezahlt
werde, denn dies sei dem individuellen Umstand der Behinderung geschuldet und keine Frage der abstrakten Förderungsfähigkeit
der Ausbildung. Es führe zu keiner anderen Entscheidung, dass sich die von der Klägerin wahrgenommene Ausbildung nur an behinderte
Menschen richte und als Teilhabe am Arbeitsleben ausgestaltet sei. Gemäß §
116 SGB III werde der Kreis der förderungsfähigen beruflichen Ausbildungen im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erweitert
und es werde damit ersichtlich an die allgemeinen Voraussetzungen der Förderungsfähigkeit gemäß §§
51 ff.
SGB III angeknüpft. Gemäß §
116 Abs.
2 SGB III seien auch berufliche Ausbildungen förderungsfähig, die im Rahmen des Berufsbildungsgesetzes oder der Handwerksordnung abweichend von den Ausbildungsordnungen für staatlich anerkannte Ausbildungsberufe oder in Sonderformen für behinderte Menschen
durchgeführt würden. Die Ausbildung der Klägerin sei mithin förderungsfähig. Weiter verweist der Beklagte auf die Gesetzesbegründung,
mit welcher der Gesetzgeber ersichtlich davon ausgegangen sei, dass die Personengruppe, der die Klägerin angehöre, grundsätzlich
dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II unterfalle. Auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Leistungsausschlusses für Auszubildende sei es konsequent,
ihn auf diejenigen zu erstrecken, denen Teilhabeleistungen erbracht würden. Insoweit gebe es keinen Unterschied zwischen nichtbehinderten
und behinderten Menschen in einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. August 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst
Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte des Beklagten und den der beigezogenen Akten
der Bundesagentur für Arbeit.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Während der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 15. Oktober 2012
in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 rechtmäßig ist, war das erstinstanzliche Urteil nicht rechtmäßig
und daher aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen in Form von Regelbedarf und Mehrbedarf
im streitigen Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2012.
Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin geltend gemachten Leistungen sind § 19 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II und für den geltend gemachten Mehrbedarf § 21 Abs. 4 SGB II, wonach ein Mehrbedarf von 35 % des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt wird bei erwerbsfähigen behinderten Leistungsberechtigten, denen u. a. Leistungen zur
Teilhabe am Arbeitsleben nach §
33 SGB IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben erbracht werden. Ein Anspruch auf dieser Grundlage
besteht für die Klägerin jedoch nicht, weil sie dem Anspruchsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II unterliegt.
§ 7 Abs. 5 SGB II in der seit 1. April 2012 geltenden Fassung bestimmt:
Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§
51,
57 und
58 des
Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach §
27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
In § 27 Abs. 1 bis 3 SGB II in der seit 1. April 2012 geltenden Fassung ist geregelt:
(1) Auszubildende im Sinne des § 7 Absatz 5 erhalten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe der folgenden
Absätze. Die Leistungen für Auszubildende gelten nicht als Arbeitslosengeld II.
(2) Leistungen werden in Höhe der Mehrbedarfe nach § 21 Absatz 2, 3, 5 und 6 und in Höhe der Leistungen nach § 24 Absatz 3
Nummer 2 erbracht, soweit die Mehrbedarfe nicht durch zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen gedeckt sind.
(3) Erhalten Auszubildende Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch oder Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz oder erhalten sie diese nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht und bemisst sich
deren Bedarf nach § 61 Absatz 1, § 62 Absatz 2, § 116 Absatz 3, §
123 Absatz
1 Nummer
1 und 4, §
124 Absatz
1 Nummer
2 des
Dritten Buches oder nach §
12 Absatz
1 Nummer
2 und Absatz 2, § 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, erhalten sie einen Zuschuss zu ihren angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 Absatz 1 Satz 1), soweit der Bedarf in entsprechender Anwendung des § 19 Absatz 3 ungedeckt ist. Satz 1 gilt nicht, wenn
die Berücksichtigung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung nach § 22 Absatz 5 ausgeschlossen ist.
Die von der Klägerin im streitigen Zeitraum besuchte Bildungsmaßnahme bzw. die sich daran anschließende Berufsausbildung waren
dem Grunde nach förderungsfähig im Sinne des § 7 Abs. 5 SGB II. Eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme, wie sie die Klägerin bis 31. August 2012 besucht hat, ist gemäß §
51 Abs.
1 und
2 SGB III in der vom 1. April 2012 bis 31. Juli 2012 geltenden Fassung förderungsfähig, wenn sie auf die Aufnahme einer Ausbildung
vorbereitet oder der beruflichen Eingliederung dient und nicht den Schulgesetzen der Länder unterliegt sowie nach Aus- und
Fortbildung und Berufserfahrung der Leitung und der Lehr- und Fachkräfte, nach Gestaltung des Lehrplans, nach Unterrichtsmethode
und Güte der zum Einsatz vorgesehenen Lehr- und Lernmittel eine erfolgreiche berufliche Bildung erwarten lässt. Dies war vorliegend
gegeben. Etwaige Anhaltspunkte dafür, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt gewesen sein könnten,
wurden nicht vorgebracht und liegen nicht vor.
Im Anschluss an die berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme hat die Klägerin im hier streitigen Zeitraum eine Berufsausbildung
zur Metallfeinbearbeiterin absolviert. Eine Berufsausbildung war nach §
57 Abs.
1 SGB III in der vom 1. April 2012 bis 31. Juli 2013 geltenden Fassung förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Bei der Metallfeinbearbeiterin
handelt es sich entgegen den erstinstanzlichen Ausführungen um einen nach dem Berufsbildungsgesetz anerkannten Ausbildungsberuf. Denn die IHK zu Berlin hat auf der Grundlage der ihr durch § 44 BBiG in Verbindung mit § 48 Abs. 2 BBiG vom 14. August 1969 (GVBl. S. 1363) eingeräumten Regelungsbefugnis durch Beschluss ihres Berufsbildungsausschusses vom 17.
März 1981 (der den Beteiligten übermittelt wurde) den Beruf des Metallfeinbearbeiters bzw. der Metallfeinbearbeiterin als
Ausbildungsberuf anerkannt. Ein Berufsausbildungsvertrag wurde abgeschlossen, nämlich am 18. Juli 2012, und eingetragen in
das Verzeichnis der Berufsausbildungsverträge. Die Voraussetzungen des Ausschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II sind damit erfüllt.
Dem Eingreifen des Ausschlusses steht nicht entgegen, dass die Ausbildung der Klägerin als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben
durch die Bundesagentur für Arbeit gemäß den §§
112 ff.
SGB III i. V. m. §§
33,
44 ff.
SGB IX und damit zudem nicht ausdrücklich auf der Grundlage einer der in § 7 Abs. 5 SGB II genannten Normen gefördert worden ist. Gemäß §
116 Abs.
2 SGB III in der seit 1. April 2012 geltenden Fassung sind förderungsfähig auch berufliche Aus- und Weiterbildungen, die im Rahmen
des Berufsbildungsgesetzes oder der Handwerksordnung abweichend von den Ausbildungsordnungen für staatlich anerkannte Ausbildungsberufe oder in Sonderformen für behinderte Menschen
durchgeführt werden. Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 6. August 2014 (Az. B 4 AS 55/13 R, zitiert nach juris) außerdem zur der Frage des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 5 SGB II in einem vergleichbaren Fall umfassend ausgeführt:
a) Der Wortlaut des § 7 Abs 5 SGB II umfasst auch besondere Leistungen der Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben in Gestalt einer Ausbildung.
Zwar weisen die Klägerinnen zutreffend darauf hin, dass die in § 7 Abs 5 SGB II aufgeführte Normenkette des
SGB III die von der Klägerin zu 2 bezogenen Förderleistungen nicht ausdrücklich benennt. Der Klägerin zu 2 sind nach den Feststellungen
des LSG keine Leistungen für eine berufliche Ausbildung nach §§
59 ff
SGB III von der BA gewährt worden, sondern besondere Leistungen nach §§
102 ff
SGB III in den zu Beginn der Ausbildung im August 2010 jeweils geltenden Fassungen (§
422 SGB III), also Leistungen im Rahmen der Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben (§§
97 ff
SGB III). Die BA hat dabei die Teilnahmekosten für die Maßnahme der Ausbildung zur Buchbinderin im Berufsbildungswerk M nach §
103 S 1 Nr 3
SGB III iVm §
109 SGB III übernommen, die Klägerin zu 2 in einem Internat mit Vollverpflegung untergebracht (§
106 Abs
3 SGB III) sowie Ausbildungsgeld nach §
104 Abs
1 Nr
1 SGB III iVm §
105 Abs
1 Nr
2 SGB III gezahlt und die Fahrtkosten für die Heimfahrten übernommen. Die Klägerin hat damit - unabhängig von der nicht ausdrücklichen
Erwähnung dieser Vorschriften im § 7 Abs 5 SGB II - eine nach dem Wortlaut des Ausschlusstatbestandes dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung iS der §§
60 bis
62 SGB III absolviert. Wie beide für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden haben, kommt es für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 SGB II allein auf die abstrakte Förderungsfähigkeit der Ausbildung an (...). Diese ist bei der von der Klägerin zu 2 absolvierten
Ausbildung zur Buchbinderin gegeben.
Nach §
60 Abs
1 SGB III ist eine berufliche Ausbildung förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Bei der von
der Klägerin zu 2 absolvierten Ausbildung zur Buchbinderin handelt es sich nach den bindenden Feststellungen des LSG (§
163 SGG) um eine in diesem Sinne förderungsfähige. ...
Zum einen ist nach der Rechtsprechung des für die Arbeitsförderung zuständig gewesenen 7a-Senats des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, die Eintragung bzw die Nichteintragung des Berufsausbildungsverhältnisses in das
Berufsausbildungsverzeichnis für Gerichte, andere Behörden und Dritte insoweit bindend, als damit ua im Hinblick auf das Vorliegen
eines Ausbildungsverhältnisses Tatbestandswirkung eintritt (...). Mit der Aufnahme von Berufsausbildungsverhältnissen in das
nach dem BBiG einzurichtende und zu führende Verzeichnis durch die hierfür zuständige Stelle erfolgt zugleich eine Entscheidung darüber,
ob eine Ausbildung der durch das BBiG vorgeschriebenen Form entspricht (...). Eine Überprüfung der inhaltlichen Übereinstimmung der Ausbildung mit den Vorschriften
des BBiG und der jeweiligen Ausbildungsordnung steht den Gerichten im Rahmen der Überprüfung der Entscheidung der BA über die Berufsausbildungsbeihilfe
dann folglich nicht mehr zu.
Ist die iS des § 7 Abs 5 SGB II erforderliche abstrakte Förderungsfähigkeit der Ausbildung gegeben, so kommt es - wie ebenfalls beide für die Grundsicherung
zuständigen Senate bereits entschieden haben - auf die individuelle Förderungsfähigkeit, die im Verhältnis zum Träger der
Ausbildungsförderleistung eingetreten ist, nicht mehr an (...). Dies betrifft sowohl Gründe, die zum Versagen von Förderleistungen
führen (...) als auch den individuell bedingten Umfang der Förderung und die Förderleistungen im Einzelnen. Soweit die Klägerin
zu 2 mithin ihre Ausbildung nicht in einem Betrieb, sondern in einem Berufsbildungswerk absolviert und deswegen keine Ausbildungsvergütung,
sondern die oben beschriebenen Leistungen von der BA als Teilhabeleistungen erhalten hat, ist dies den individuellen, in der
Person der Klägerin zu 2 liegenden Umständen geschuldet und keine Frage der abstrakten Förderungsfähigkeit der Ausbildung.
Als ein solcher individueller Grund machte die Behinderung der Klägerin zu 2 die Erbringung der Ausbildungsförderung als Leistungen
zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich (§
97 Abs
1 SGB III iVm §§
33 ff, 44 ff
SGB IX).
Solche Leistungen können nach §
98 SGB III als allgemeine oder besondere erbracht werden. Die Klägerin hat hier die bereits erwähnten besonderen Leistungen nach §
102 ff
SGB III erhalten. Grundsätzlich gilt jedoch gemäß §
99 SGB III, dass die allgemeinen und besonderen Leistungen sich nach den Vorschriften des ersten und vierten bis sechsten Abschnitts
(Fünfter Abschnitt des
SGB III = §§
60 bis
62 SGB III) richten, soweit in den nachfolgenden Normen nichts Abweichendes bestimmt ist. Hierbei handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung
(...). Dies bedeutet, dass die Voraussetzungen etwa der §§
59 ff
SGB III im Hinblick auf die Förderungsfähigkeit gegeben sein müssen, soweit nicht ab §
100 ff
SGB III Besonderheiten normiert sind, die der spezifischen - hier - Ausbildungssituation behinderter Menschen Rechnung tragen (...).
Damit wird berücksichtigt, dass zwar das Vorliegen einer Behinderung Voraussetzung für die Leistungserbringung nach §§
97 ff
SGB III ist, das Eingliederungsziel jedoch - soweit nichts Abweichendes bestimmt ist - mit den Instrumentarien der allgemeinen aktiven
Arbeitsförderung erreicht werden soll (...). Letztlich soll damit eine Gleichbehandlung behinderter erwerbsfähiger und nichtbehinderter
erwerbsfähiger Auszubildender durch einen wegen der Behinderung erforderlichen Ausgleich bewirkt werden (...). Aufgrund dieses
systematischen Zusammenhangs bedurfte es im Hinblick auf den Grundgedanken, dass für den Leistungsausschluss die abstrakte
Förderungsfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach erforderlich ist und die individuelle Situation insoweit keine Rolle spielt,
keiner ausdrücklichen Erwähnung der Vorschriften über das Ausbildungsgeld nach §§
103 Nr
2 iVm 104, 105
SGB III im Wortlaut der Regelung des § 7 Abs 5 Abs 1 SGB II. Die abstrakte Förderungsfähigkeit auch einer Teilhabeleistung in Gestalt der Ausbildung bestimmt sich nach den Regeln der
§§
60 ff
SGB III unter Berücksichtigung der Besonderheiten der §§
97 ff
SGB III. ...
Die Klägerin zu 2 vermag auch nicht mit ihrem Begehren nach einer Mehrbedarfsleistung nach § 21 Abs 4 SGB II (idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453 mWv 1.1.2011) durchzudringen. Danach wird bei erwerbsfähigen
behinderten Leistungsberechtigten, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §
33 SGB IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 3 SGB XII erbracht werden, ein Mehrbedarf von 35 % des nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Zwar werden der Klägerin zu 2 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben iS des §
33 SGB IX erbracht. Da sie jedoch von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen ist, soweit es sich um ausbildungsbedingten
Bedarf und ausbildungsgeprägten Mehrbedarf handelt, hat sie auch keinen Anspruch auf die an die Teilhabeleistung anknüpfende
Leistung nach § 21 Abs 4 SGB II(...). Für die Zeit ab dem 1.4.2011 hat der Gesetzgeber dies auch klar zum Ausdruck gebracht, indem er in § 27 Abs 2 SGB II für den Personenkreis der nach § 7 Abs 5 SGB II ausgeschlossenen Auszubildenden lediglich einen Anspruch auf Leistungen für Mehrbedarf nach § 21 Abs 2, 3, 5 und 6 und in Höhe der Leistungen nach § 24 Abs 3 Nr 2 SGB II anerkannt hat.
Dem schließt sich das Gericht an, mit der Folge, dass die Klägerin wegen der Erfüllung der Ausschlussvoraussetzungen des §
7 Abs. 5 SGB II bei abstrakter Förderungsfähigkeit ihrer Ausbildung vorliegend ebenfalls keinen Anspruch auf Regelbedarfs- oder Mehrbedarfsleistungen
hat.
Auch die Voraussetzungen für eine Rückausnahme nach § 7 Abs. 6 SGB II sind hier nicht gegeben. Danach findet Absatz 5 keine Anwendung auf Auszubildende, die (Nr. 1) aufgrund von § 2 Absatz 1a des BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung oder aufgrund von §
60 SGB III keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe haben, (Nr.
2) deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, nach §
62 Abs.
1 oder §
124 Abs.
1 Nr.
1 SGB III bemisst oder (Nr.
3) die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund von § 10 Abs. 3 BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben. Die Rückausnahme der Nr. 1 betrifft also Auszubildende, die im Elternhaus wohnen und deshalb keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe haben. Von
der Rückausnahme der Nr. 2 sollen diejenigen profitieren, die eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme durchlaufen und ebenfalls
im Elternhaus wohnen. Diese Voraussetzungen waren in der Person der Klägerin im hier streitigen Zeitraum insgesamt nicht gegeben.
Ein besonderer Härtefall im Sinne des § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB II, der es dem Beklagten ermöglichen würde, der Klägerin im vollen Umfang Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes darlehensweise
zu gewähren, ist nicht zu erkennen. Hilfebedürftige, die eine Ausbildung der in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II genannten Art betreiben und nach den dafür vorgesehenen Leistungsgesetzen nicht gefördert werden, sind in der Regel gehalten,
von der Ausbildung ganz oder vorübergehend Abstand zu nehmen, um für die Dauer der Hilfebedürftigkeit den Ausschluss von der
Hilfe zum Lebensunterhalt abzuwenden. Das ist als vom Gesetzgeber gewollte Folge eines mehrstufigen Sozialleistungssystems
grundsätzlich hinzunehmen. Ein besonderer Härtefall liegt erst dann vor, wenn im Einzelfall Umstände hinzutreten, die einen
Ausschluss von der Ausbildungsförderung durch Hilfe zum Lebensunterhalt auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, das Leistungssystem
des SGB II von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart, das heißt als unzumutbar oder in
hohem Maße unbillig, erscheinen lassen (Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 67/08 R; Urteil vom 30. September 2008, B 4 AS 28/07 R, zitiert nach juris). Anhaltspunkte dafür, dass die Folgen des Anspruchsausschlusses über das damit in aller Regel verbundene
Maß hinausgingen, sind bei der Klägerin aber nicht erkennbar. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass bei ihr eine von den insoweit
relevanten Fallgruppen (Gefahr der Beendung einer vor dem Abschluss stehenden Ausbildung mit dem Risiko zukünftiger Erwerbslosigkeit;
Gefahr der Beendung einer fortgeschrittenen und bisher kontinuierlich betriebenen Ausbildung wegen einer Behinderung oder
Krankheit; förderungsfähige Ausbildung als objektiv belegbar einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt) vorlag (vgl. Bundessozialgericht,
Beschluss vom 23. August 2012, B 4 AS 32/12 B, Rdnr. 20, zitiert nach juris).
Nach alledem war das erstinstanzliche Urteil daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §
193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG liegen nicht vor.