Unzulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrages im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im sozialgerichtlichen
Verfahren
1. Das Bedürfnis, die Rechtswidrigkeit einer in der Sache erledigten Verwaltungsentscheidung festzustellen, rechtfertigt sich
allein aus dem Umstand, dass aus der Rechtswidrigkeit der Verwaltungsentscheidung weitere Folgen abgeleitet werden können
(Rehabilitationsinteresse, Schadenersatz, Wiederholungsgefahr) und der Betroffene nicht um den Erfolg seines Rechtsmittels
gebracht werden soll, den er bis zur Erledigung der Verwaltungsentscheidung erzielt hatte.
2. Diesem Anliegen kann jedoch nur in der Folge einer Entscheidung entsprochen werden, die endgültigen Charakter hat, sodass
eine derartige Feststellung einer vorläufigen Regelung im Rahmen eines Eilverfahrens grundsätzlich nicht zugänglich und damit
mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist.
Gründe
I.
Streitig ist die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 31.12.2014.
Der Antragsteller (ASt) bezog zuletzt - nach dem Ende eines Bewilligungsabschnittes zum 30.06.2014 - mit Bescheid vom 28.05.2014
für Juli 2014 in Höhe von 391.- EUR (Regelbedarf) Alg II als vorläufige Leistung, wobei die zeitliche Begrenzung des Anspruches
darauf beruhte, dass eine Untersuchung in Bezug auf die Erwerbsfähigkeit des ASt durchzuführen sei. Nach einem Fortzahlungsantrag
zum 01.08.2014 weigerte sich der ASt gegenüber dem Antragsgegner (Ag) eine Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht
abzugeben, einen Gesundheitsfragebogen auszufüllen oder an einer vom Ag veranlassten ärztlichen Untersuchung zur Überprüfung
der Erwerbsfähigkeit teilzunehmen. Mit Bescheid vom 30.07.2014 lehnte der Ag, nachdem er den ASt mehrfach auf die Konsequenzen
seines Verhaltens hingewiesen hatte, die Bewilligung von Alg II für die Zeit ab dem 01.08.2014 ab. Der ASt habe trotz mehrfacher
Aufforderung nichts zur Klärung seiner Erwerbsfähigkeit beigetragen. Sobald er der Aufforderung zur Mitwirkung nachkomme,
werde die Frage einer Nachzahlung geprüft. Die Entscheidung beruhe auf § 7 Abs 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 SGB II.
Nach dem hiergegen eingelegten Widerspruch hat der ASt am 12.08.2014 beim Sozialgericht Bayreuth (SG) beantragt, den Ag im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verurteilen, vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu zahlen. In einem Erörterungstermin am 21.08.2014 hat der Ag erklärt, den Anspruch anzuerkennen und den Ablehnungsbescheid
vom 30.07.2014 aufzuheben. Nachfolgend hat der Ag mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 28.08.2014 dem Ag - auch unter Aufhebung
des Bescheides vom 28.05.2014 - Leistungen nach dem SGB II endgültig für den Bewilligungsabschnitt vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 in Höhe von 391.- EUR monatlich bewilligt und die Leistungen
für August 2014 an den ASt am 29.08.2014 ausgezahlt.
Hierauf hat der ASt entgegen seiner Ankündigung im Erörterungstermin erklärt, kein Interesse an der Zurücknahme seines Antrages
zu haben. Er benötige ein "Urteil".
Den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat das SG mit Beschluss vom 24.09.2014 als unzulässig abgelehnt. Mit der Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 01.07.2014 bis
31.12.2014 habe sich das Antragsbegehren erledigt und sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden. Für eine vorläufige
Regelung bestehe kein schützenswertes Interesse mehr, weil der Ag zwischenzeitlich die vom ASt begehrten Leistungen bewilligt
habe. Soweit das Beharren des ASt auf einem Urteil als Fortsetzungsfeststellungsantrag auszulegen sei, sei dieser im Rahmen
des einstweiligen Rechtsschutzes ebenfalls nicht zulässig. Die Kosten des ASt habe der Ag jedoch unter Veranlassungsgesichtspunkten
zu tragen.
Gegen den Beschluss hat der ASt Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen.
II.
Gegenstand des Antragsverfahrens vor dem SG war - nach der Erledigung des ursprünglichen Antragsbegehrens auf Bewilligung von Alg II ab 01.08.2014 - zuletzt allein die
Feststellung, dass der ablehnende Bescheid des Ag vom 30.07.2014 rechtswidrig gewesen sei. Allein dahingehend konnte das Bestehen
des ASt auf Erlass einer schriftlichen Entscheidung verstanden werden, soweit er nach der Bewilligung und der tatsächlichen
Auszahlung der Leistungen gegenüber dem SG geltend gemacht hat, die "Rechtswiedrigkeit peer Niederschrieft ist nicht ausreichend".
Der Eilantrag in Bezug auf dieses zuletzt allein streitige Begehren war jedoch bereits vor dem SG mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht zulässig (vgl. Keller in Meyer- Ladewig/ Keller/ Leitherer,
SGG, 11. Aufl., §131 Rn. 7c mwN). Das Bedürfnis die Rechtswidrigkeit einer in der Sache erledigten Verwaltungsentscheidung festzustellen,
rechtfertigt sich allein aus dem Umstand, dass aus der Rechtswidrigkeit der Verwaltungsentscheidung weitere Folgen abgeleitet
werden können (Rehabilitationsinteresse; Schadenersatz; Wiederholungsgefahr) und der Betroffene nicht um den Erfolg seines
Rechtsmittels gebracht werden soll, den er bis zur Erledigung der Verwaltungsentscheidung erzielt hatte. Diesem Anliegen kann
jedoch nur in der Folge einer Entscheidung entsprochen werden, die endgültigen Charakter hat, so dass eine derartige Feststellung
einer vorläufigen Regelung im Rahmen eines Eilverfahrens grundsätzlich nicht zugänglich und damit mangels Rechtsschutzbedürfnisses
unzulässig ist (Beschluss des Senates vom - L 11 AS 605/12 B ER).
Im Ergebnis ist die Beschwerde daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG und ergibt sich aus dem Unterliegen des ASt, wobei der Senat unter Abwägung des Anlasses für das Eilverfahren, den der Ag
gesetzt hat, und den Motiven des ASt für das Betreiben des Beschwerdeverfahrens, womit die Grenze zum Rechtsmissbrauch überschritten
ist, keine Notwendigkeit sieht, den Ag mit den außergerichtlichen Kosten des ASt zu belasten. Mangels eines vorhergehenden
Hinweises an den ASt ist davon abzusehen, dem ASt Kosten nach §
192 SGG aufzuerlegen.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).