Entfallen der Vergütung wegen Mangelhaftigkeit einer Gutachtenerstattung
Verwertbarkeit und Überzeugungskraft eines Gutachtens
Abweichungen von einer großen Zahl anderweitig eingereichter Gutachten
Gründe:
Der erkennende Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts nicht, dass das erstattete Gutachten schon an sich unverwertbar
ist.
Rechtsgrundlage des Entfallens der Vergütung wegen Mangelhaftigkeit der Gutachtenerstattung ist § 8a Abs. 2 Nr. 2 JVEG. Allerdings führt nicht die (vollständige oder teilweise) Nichtverwertung der Gutachterleistung durch das Gericht zum (ggf.
teilweisen) Wegfall der Vergütung, sondern ihre (ggf. teilweise) -rechtliche - Nichtverwertbarkeit. Berücksichtigt das Gericht
die Gutachterleistung, erübrigt sich eine Prüfung der Verwertbarkeit (§ 2 Abs. 2 Satz 2 JVEG). Dagegen lässt sich für den Fall, dass das Gericht die Leistung im Ergebnis nicht oder auch nicht teilweise berücksichtigt,
nicht der Umkehrschluss ziehen, die Leistung sei nicht verwertbar (vgl. so auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss
vom 24. April 2018, 22 C 17.1272). Deshalb ist trotz der Ankündigung des Sozialgerichts vom 23. Februar 2018, das Gutachten
nicht zu verwenden, zu prüfen, ob und inwieweit das Gutachten verwertbar ist.
Zu unterscheiden ist grundsätzlich zwischen der Verwertbarkeit und Überzeugungskraft des Gutachtens. Abweichungen von einer
Vielzahl anderweitig eingereichter Gutachten begründen noch keine Unverwertbarkeit und entbinden das erkennende Gericht nicht
davon, das Gutachten inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung zu bewerten.
An die vom Sozialgericht angenommene Unverwertbarkeit ist ein strenger Maßstab anzulegen. Dies schon deshalb, weil das Sozialgericht
nicht beurteilen kann, ob nicht das Berufungsgericht in einem weiteren Rechtszug das Gutachten verwertet. Diese strengen Voraussetzungen
wären nach Auffassung des erkennenden Senats z. B. dann erfüllt, wenn das Gutachten den Streitgegenstand völlig verkennt und
sich zu den Beweisfragen überhaupt nicht verhält. Davon kann vorliegend keine Rede sein. Das Fehlen von Seitenzahlen (diese
fehlen sogar nicht selten in den Verwaltungsakten der Sozialleistungsträger), das Fehlen einer äußeren und/oder inneren Struktur
(es bleibt offen, was die Vorsitzende damit meint) und das Fehlen der in einem "Fließtext nachvollziehbar dargestellten Beantwortung
der Beweisfragen" begründen die Unverwertbarkeit nicht, sie betreffen die möglicherweise fehlende Überzeugungskraft eines
Gutachtens. Eine nicht ausreichende Trennung von Angaben der Probanden und ärztlichem Befund findet sich leider häufig in
psychiatrischen Gutachten. Auch dies betrifft die Überzeugungskraft.
Die Höhe der Vergütung war auf 1000,00 EUR festzusetzen. Da die Antragstellerin diesen Betrag mit Schreiben vom 13. September
2018 (nur) noch geltend macht, der für das umfangreiche, seitenzahlstarke Gutachten -trotz der vom Sozialgericht genannten
Mängel- noch angemessen ist (§§ 8, 9 JVEG), erübrigen sich weitere Ausführungen hierzu.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG). Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).