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LSG Chemnitz, Urteil vom 04.10.2011 - 5 R 132/11
Umfang der Leistungspflicht für die Hilfsmittelversorgung mit einem Hörgerät; Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers; Abgrenzung des Hörgeräteakustiker als Erfüllungsgehilfe der Krankenkasse
1. Die Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX erstreckt sich im Falle des nicht fristgerecht weitergeleiteten Antrages des Versicherten nicht nur auf Teilhabeleistungen sondern auch auf Leistungen der Krankenbehandlung, sofern solche Leistungen das Begehren des versicherten Antragstellers decken können. Der im Falle nicht fristgerechter Weiterleitung endgültig zuständig gewordene Leistungsträger hat den geltend gemachten Anspruch - hier auf das Hilfsmittel Hörhilfe - anhand aller Rechtsgrundlagen, auch nach zuständigkeitsfremden Leistungsgesetzen, zu prüfen und zu erbringen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation in Betracht kommen und dem Grunde nach vorgesehen sind.
2. Der Hörgeräteakustiker ist zwar beauftragter Leistungserbringer der Krankenkasse, jedoch keine zur Entgegennahme von Sozialleistungsanträgen befugte Stelle (§ 16 Abs. 1 S. 2 SGB I). Die Übergabe der ohrenärztlichen Verordnung durch den Versicherten an den Hörgeräteakustiker kann daher nicht bereits als Eingang des Antrages auf Hilfsmittelgewährung gegenüber der Krankenkasse gewertet werden. Erst die Weiterleitung des Hilfsmittelbegehrens durch den Hörgeräteakustiker namens und im Auftrag des Versicherten an die Krankenkasse stellt den Eingang des Leistungsantrages bei einem Sozialleistungsträger dar.
3. Die Kostenerstattung eines selbstbeschafften Hörgeräts ist zwar davon abhängig, ob der Versicherte das ihm Zumutbare getan hat, um die notwendige Leistung zur Vermeidung unnötiger Kosten zu ermitteln. Testet der Versicherte bei einem von der Krankenkasse zugelassenen Hörgeräteakustiker jedoch mehrere Hörgeräte, darunter auch solche zu Vertragsarztpreisen oder Festbeträgen, und liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Testung und Anpassung unsachgemäß erfolgte oder überteuerte bzw. luxuriöse Geräte angepasst worden sind, dann erfüllt der Versicherte regelmäßig diese Obliegenheit, soweit die Leistungsträger nicht im Einzelfall Vorschläge unterbreiten, denen der Versicherte konkret nachgehen kann, um eine preiswertere Hörgeräteversorgung mit gleichadäquaten Ergebnissen zu erreichen. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Normenkette:
SGB I § 16 Abs. 1 S. 2
,
SGB V § 11 Abs. 1 Nr. 4
,
SGB V § 12 Abs. 2
, ,
SGB V § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
,
SGB V § 33 Abs. 1 S. 1
, ,
SGB IX § 14 Abs. 1
,
SGB IX § 14 Abs. 2
,
SGB IX § 15 Abs. 1 S. 3
,
SGB IX § 15 Abs. 1 S. 4
,
SGB IX §§ 33ff
Vorinstanzen: SG Dresden 10.01.2011 S 37 R 2060/09
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 10. Januar 2011 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungstext anzeigen: