Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage
Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen
Begriff der unbilligen Härte
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer gegen die
Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 59.200,41 € gerichteten Klage.
Die Antragstellerin betreibt seit ca. 14 Jahren Speditionsunternehmen und beschäftigte im Streitzeitraum 21 Kraftfahrer im
Fernverkehr. Im Jahr 2016 führte das Hauptzollamt Stralsund, Finanzkontrolle Schwarzarbeit Schwerin, bei der Antragstellerin
eine Prüfung durch. Aufgrund der ausgewerteten Unterlagen sowie der im November 2016 durchgeführten Zeugenvernehmungen der
Fahrer ging das Hauptzollamt von einer Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohnes von 8,50 € pro Stunde aus und erwirkte
im August 2018 einen Arrestbeschluss nach § 29a Abs. 1 OWiG i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG über insgesamt 98.686,08 €. Diesen Betrag hat die Antragstellerin zur Abwendung der Vollstreckung bis September 2019
in Raten aufgebracht.
Die Antragsgegnerin führte aufgrund der Erkenntnisse des Hauptzollamtes im Jahr 2019 eine Betriebsprüfung durch, in deren
Ergebnis sie mit Bescheid vom 21.04.2020 eine Nachforderung von 59.200,41 € Sozialversicherungsbeiträgen (einschließlich 19.550,00
€ Säumniszuschlägen) für den Prüfzeitraum vom 01.01.2015 bis zum 31.10.2016 erhob.
Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass zur Arbeitszeit für Kraftfahrer neben den reinen Fahrzeiten auch Be- und
Entladezeiten, Reinigungs- und Wartungsarbeiten, die Zeit für gesetzliche und behördliche Formalitäten sowie Wartezeiten gehörten.
Wartezeiten seien nur dann Pausen bzw. Ruhepausen, wenn ihre zeitliche Lage und ihre voraussichtliche Dauer im Voraus, spätestens
unmittelbar vor Beginn des betreffenden Zeitraumes bekannt sei. Das sei z.B. der Fall, wenn sich der Fahrer bei der Ankunft
ausdrücklich nach der voraussichtlichen Warte- und Lade- oder Endladezeit erkundige und daraufhin das Fahrzeug verlasse, um
die Wartezeit nach eigenem Belieben zu verbringen.
Die unter Berücksichtigung dieser Vorgaben erfolgte Auswertung der Tagesprotokolle (Fahrerkarten) habe ergeben, dass die Arbeitnehmer
eine weitaus höhere Anzahl an Arbeitsstunden geleistet hätten, als über die Lohnbuchhaltung abgerechnet worden sei. Die Kraftfahrer
seien bis zu 15 Stunden täglich unterwegs gewesen, es seien aber deutlich weniger Arbeitsstunden gebucht worden. In den Zeugenvernehmungen
hätten die Fahrer bestätigt, dass, sobald die Zündung ausgestellt wurde, der Tachomat Pause gebucht habe. Be- und Entladezeiten
oder andere Tätigkeiten und Wartezeiten seien nicht als Arbeits- oder Bereitschaftszeit gebucht worden. Weiterhin hätten die
Kraftfahrer unter Zeitdruck gestanden, weshalb zu Unrecht Ruhezeiten gebucht worden seien, sofern der LKW gestanden habe.
Die Kraftfahrer hätten ein Festgehalt zwischen 1.350,00 € und 1.850,00 € monatlich ohne Vergütung von Überstunden bezogen,
woraus sich unter Berücksichtigung der ermittelten tatsächlichen Arbeitszeiten eine Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohnes
ergebe.
Die Antragstellerin legte hiergegen fristgemäß Widerspruch ein und beantragte darüber hinaus die Aussetzung der Vollziehung
unter Hinweis auf den Arrestbeschluss und die hiergegen eingelegten Rechtsmittel. Die Antragsgegnerin entsprach diesem Antrag
mit Bescheid vom 05.06.2020 befristet bis zum 30.09.2020 jedoch längsten bis zur Entscheidung des Landgerichts Stralsund beziehungsweise
der Entscheidung über den Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.2020 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch unter
Wiederholung der Begründung des Ausgangsbescheides zurück. Die Antragstellerin erhob hiergegen am 25.09.2020 Klage zum Sozialgericht
Schwerin (Beiakte 7 BA 16/20), welche bisher nicht begründet wurde.
Am 01.10.2020 hat die Antragsgegnerin den vorliegenden Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt und sich darauf
berufen, dass die Antragsgegnerin die Arbeitszeiten anhand der vorliegenden Aufzeichnungen fehlerhaft ermittelt habe. Die
Antragstellerin nutze zur Erfassung der Arbeitszeiten das System der D. Unternehmensgruppe. Die Daten würden aus den digitalen
Tachografen und Fahrerkarten ausgelesen, ausgewertet und archiviert. Unternehmer und Fahrer hätten die Pflicht, die Geräte
ordnungsgemäß zu verwenden und zu bedienen. Werde der Zündschlüssel des LKWs umgedreht, zeichne das Gerät diese Zeit als Arbeitszeit
auf; alle weiteren Zeiten, die der Fahrer außerhalb der reinen Lenkzeit arbeite, müsse er manuell eingeben.
Für sämtliche Fahrer wurden die hieraus resultieren Aufzeichnungen der Arbeitszeiten vorgelegt und erläutert. Insbesondere
wurde darauf hingewiesen, dass sich aus den Eintragungen in Spalten 1 und 2 zwar Beginn und Ende der Arbeit, nicht aber die
tatsächliche Arbeitszeit entnehmen lasse. Diese ergebe sich vielmehr aus der in Spalte 8 aufgeführten Lenkzeit sowie der vom
Fahrer selbst erfassten weiteren Arbeitszeit in Spalte 11. Soweit zwei Fahrer eine Tour zusammen gefahren seien, seien dem
zweiten Fahrer 30 % der Zeit, in der er nicht fährt, als Bereitschaftszeit angerechnet worden.
Die Antragsgegnerin setze sich mit dem Anknüpfen an die Zeiten aus den Spalten 1 und 2 über die Erfassung der tatsächlichen
Arbeitszeiten hinweg. Soweit die Antragsgegnerin aus den Zeugenaussagen der Fahrer entnehmen wolle, dass Be- und Entladezeiten
sowie notwendige Wartezeiten stets als Ruhepausen gebucht worden seien, habe es hierfür konkreterer Angaben bedurft. Die Vernehmungsprotokolle
seien oft nicht länger als 3 Seiten und die Angaben seien pauschal gehalten. Insbesondere seien die Arbeitnehmer weder zu
einzelnen Tagen befragt worden, noch dazu, was sie unter Arbeitszeiten verstehen. Auch ergebe sich aus jeder einzelnen Vernehmung,
dass es keine betriebliche Anweisung gegeben habe, Be- und Entladezeiten als Ruhezeiten im System einzugeben. Die Antragsgegnerin
mache es sich zu einfach, wenn sie nun sämtliche Ruhezeiten als Arbeitszeiten buche.
Weiter hat die Klägerin auf der Grundlage ihrer Aufzeichnungen über die Arbeitszeiten für die einzelnen Arbeitnehmer dargelegt,
dass sich in den meisten Fällen allenfalls geringfügige Überschreitungen der auf der Grundlage des Mindestlohnes berechneten
maximalen Arbeitszeit ergäben. Diese würden durch Unterschreitungen in anderen Monaten wieder ausgeglichen.
Lediglich bei dem im Zeitraum vom 01.12.2015 bis 16.09.2016 beschäftigten Fahrer S. M. sei es zu einer regelmäßigen Überschreitung
gekommen, weil dieser den Tachografen falsch bedient habe. Er habe den Tachografen bei nicht nur kurzfristigen Wartezeiten
stets auf Arbeitszeit gestellt. Zur Glaubhaftmachung wurde ein an Herrn M. adressiertes Schreiben vom 30.09.2016 vorgelegt
(AST 27), welches eine Feststellung der Falschbedienung enthält und dies auf eine Lese- Rechtschreibschwäche des Fahrers zurückführt.
Weiter sei eine häufige Überschreitung der Arbeitszeit nur noch bei dem Fahrer P. K. im Zeitraum vom 13.04. bis 31.12.2015
festzustellen, was ebenfalls auf eine Falschbedienung des Tachografen zurückzuführen sei. Dieser sei an vier Tagen auch während
der Wartezeiten auf Arbeitszeit eingestellt gewesen. Die Antragstellerin habe daraufhin das Gespräch mit dem Arbeitnehmer
gesucht. Ab Januar 2016 habe dieser die Stunden, die er bei Zahlung des Mindestlohnes hätte leisten können, dann nicht mehr
überschritten. Auch insoweit wurde ein Schreiben an den Arbeitnehmer vom 03.11.2015 vorgelegt, welches die Feststellung der
Falschbedienung enthält (AST 22).
Zumindest schulde die Antragstellerin aber die Säumniszuschläge nicht, da sie unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht
der weiteren Sozialversicherungsbeiträge gehabt habe (§
24 Abs.
2 S. 1
SGB IV). Sie habe darauf vertrauen dürfen, dass die Arbeitnehmer die vollständigen Zeiten ordnungsgemäß erfassen. Sofern sie mitbekommen
habe, dass dies nicht der Fall war, habe sie das Gespräch mit den Arbeitnehmern gesucht, um die Situation aufzuklären.
Weiter erhebe sie die Einrede der Verjährung für die aus dem Jahr 2015 geltend gemachten Beträge. Es gelte die vierjährige
Verjährungsfrist nach §
25 Abs.
1 SGB IV, da keine vorsätzliche Vorenthaltung vorliege. Der Bescheid enthalte hierzu keine ausreichenden Feststellungen. Die Antragstellerin
habe nicht erkennen können, dass weitere Beiträge abzuführen gewesen seien und habe daher die Nichtabführung nicht billigend
in Kauf genommen.
Die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung habe für die Antragstellerin auch eine unbillige, nicht durch öffentliche Interessen
gebotene Härte im Sinne das §
86a Abs.
3 S. 2
SGG zur Folge. Insoweit sei zum einen zu berücksichtigen, dass bereits ca. 99.000 € arrestiert seien, wovon 88.112,57 € auf die
Differenz zum Mindestlohn und 10.573,51 € auf einen vom Hauptzollamt errechneten Marktvorteil entfielen. Bei der Differenz
zum Mindestlohn handele es sich um Bruttobeträge, welche auch die Sozialversicherungsbeiträge mit umfassten. Hinzu komme,
dass die Antragstellerin von Corona finanziell betroffen sei. Für den Zeitraum von Januar bis August 2020 zeige die BWA im
Vorjahresvergleich ein Absinken der Umsätze um mehr als 160.000,00 €. Im Monat August sei ein Verlust von 44.000,00 € erwirtschaftet
worden, welcher nur durch die volle Ausschöpfung der Kontokorrentlinie und ein Förderdarlehen über 20.0000,00 € habe kompensiert
werden können. Das Konto habe Ende August einen Kontostand von -56.129,67 € aufgewiesen. Die aktuellen Kosten könnten nur
durch die Neuaufnahme von Darlehen gedeckt werden. Sollte die Antragstellerin den von der Antragsgegnerin geforderten Betrag
zum jetzigen Zeitpunkt zahlen müssen, müsse sie Insolvenzantrag stellen. Im Übrigen habe die Antragstellerin bereits durch
die Zahlungsvereinbarung mit dem Hauptzollamt bewiesen, dass sie an einer möglichen Rückzahlung mitwirken werden.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 25.09.2020 gegen den Bescheid vom 21.04.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 03.09.2020 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat ihre Ausführungen aus den angefochtenen Bescheiden wiederholt und ergänzend dargelegt, für die Berechnung der Arbeitszeit
die Gesamtdauer von Beginn bis Ende der Tätigkeit abzüglich der den Fahrern zustehenden Pausen zu Grunde gelegt zu haben.
Weiter seien Urlaubs-, Krankheits- und Feiertage berücksichtigt worden. Die Ausführungen der Antragstellerin bestätigten die
bereits getroffenen Feststellungen, dass u.a. die Bereitschaftszeiten nicht als Arbeitszeiten gewertet worden seien. Die Zeugenaussagen
der befragten 15 Fahrer seien aufgrund ihrer Übereinstimmungen durchaus aussagekräftig. Beispielhaft habe der Fahrer Herr
E. folgendes ausgesagt: „Wenn die Zündung des LKW ausgestellt wurde, wegen be- und entladen oder bei anderen Tätigkeiten,
habe ich nicht auf Arbeitszeit oder Bereitschaft gebucht. Der LKW stellt sich automatisch auf Pause und ich habe das nicht
beeinflusst.“ „45 Minuten Pause mache ich und die restliche Zeit der täglichen Beschäftigung sind Lenkzeiten, Arbeitszeiten
und Bereitschaft.“
Auch eine unbillige Härte liege nicht vor. Allein der pauschale Hinweis auf eine möglicherweise drohende Insolvenz genüge
hierfür nicht. Vielmehr müsse die Antragstellerin ihre aktuelle Vermögenslage substantiiert offenlegen. Zudem sei zu berücksichtigen,
dass der Gesetzgeber mit der Möglichkeit der Stundung gemäß §
76 SGB IV bei den Einzugsstellen etwaigen wirtschaftlichen Interessen eines Beitragsschuldners bereits Rechnung getragen habe. Im Widerspruchsverfahren
sei eine Aussetzung erfolgt, weil die Antragstellerin glaubhaft vorgetragen habe, dass mit dem arrestierten Betrag von ca.
98.000 € nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens die Forderung der Einzugsstellen beglichen werden solle. Unmittelbar nach
Anordnung der Aussetzung der Vollziehung habe die FKS Schwerin jedoch mitgeteilt, dass der Betrag ausschließlich für die Ordnungswidrigkeit
abgeschöpft werden solle und nicht für die hier betroffene Nachforderung. Die Beitragsforderung bestehe neben der Bußgeldforderung.
Es komme zu keiner Doppelbelastung, wenn gegen den Betrieb vollstreckt werde.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 14.10.2020 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den streitigen Bescheid angeordnet.
Dem Antrag sei zu entsprechen, da der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen sei und die sofortige Vollziehung der Beitragsnachforderung
für die Antragstellerin eine unbillige Härte darstelle.
Die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren seien nicht abschätzbar, da diese maßgebend von einer Anhörung der Mitarbeiter
der Antragstellerin abhingen, so dass eine allgemeine Interessenabwägung vorzunehmen sei. Hierbei sei zu beachten, dass die
Anforderungen an das Aussetzungsinteresse der Antragstellerein umso geringer seien, je größer die Erfolgsaussichten seien.
Umgekehrt seien die Anforderungen an die Erfolgsaussichten umso geringer, je schwerer die Verwaltungsmaßnahme auf die Antragstellerin
wirke. Zu bedenken sei einerseits, welche Folgen einträten, wenn die Eilentscheidung nicht erginge, die Klage aber später
Erfolg habe, und welche Nachteile entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen, die Klage aber später abgewiesen
werde.
Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung seien bei offenem Verfahrensausgang und Erfolgsaussichten zumindest in Teilbereichen
insbesondere auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin zu berücksichtigen. Diese habe auf ihre wirtschaftliche
Lage u. a. aufgrund der Corona-Pandemie hingewiesen, die sich in Form eines erheblichen negativen Betriebsergebnisses auszeichne
(Anlage 37); das Geschäftskonto weise demnach Ende August 2020 einen Negativbetrag von ca. 60.000,00 € auf (Anlage 39). Außerdem
werde in einem Schreiben des Steuerberaters C. K. vom 29.09.2020 die Auffassung geäußert, dass, wenn sich die Auftragslage
in den nächsten Wochen nicht deutlich verbessere, eine erfolgreiche Fortführung des Unternehmens der Antragstellerin kaum
möglich sei (Anlage 38). Hiernach stelle die sofortige Vollziehung der Beitragsnachforderung zur Überzeugung des Gerichts
für die Antragstellerin eine unbillige Härte dar, welche so gravierend sei, dass ihrem Antrag unter Berücksichtigung des ungewissen
Ausganges des Hauptsacheverfahrens stattzugeben sei.
Die Antragsgegnerin hat gegen den am 14.10.2020 zugestellten Beschluss am 22.10.2020 Beschwerde eingelegt und geltend gemacht:
Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach §
86b Abs.
1 Nr.
2 SGG lägen nicht vor. Erforderlich sei hierfür nach herrschender Meinung, dass die Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes
überwiegen, ein Erfolg in der Hauptsache also wahrscheinlicher sei als ein Misserfolg. Das Sozialgericht habe jedoch den Ausgang
des Hauptsacheverfahrens als offen bewertet, da dieser von Zeugenaussagen abhänge. Ob dem Sozialgericht dabei überhaupt die
Protokolle der Zeugenvernehmungen vorgelegen hätten, sei zweifelhaft. Diese seien erst am 13.10.2020 per Paket versendet worden
seien; das Sozialgericht habe aber schon am 14.10.2020 entscheiden. Aus der Entscheidung ergebe sich auch nicht, welche konkreten
Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides das Sozialgericht habe.
Auch eine unbillige Härte sei vorliegend nicht ersichtlich. Es bestünden Zweifel an der Aussagekraft der von der Antragstellerin
vorgelegten Unterlagen. So seien nur die Seiten 1 und 10 der betriebswirtschaftlichen Auswertung für einen einzigen Kalendermonat
(August 2019 und 2020) vorgelegt worden sowie ein einziger Auszug für ein einziges Firmenkonto. Die Antragstellerin habe ihre
finanzielle Situation daher nicht vollständig offengelegt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts vom 14.10.2020 aufzuheben und den Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage
vom 25.09.2020 abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss unter Bezugnahme auf dessen Gründe.
Es komme nicht darauf an, ob das Sozialgericht den Verwaltungsvorgang habe sichten können, da es Sache der Antragsgegnerin
sei, ihren Vortrag glaubhaft zu machen. Soweit die Antragsgegnerin sich auch in zweiter Instanz auf Zeugenaussagen berufe,
trage sie wiederum nicht detailliert und schlüssig vor, was sich aus diesen ergeben solle und mache den Vortrag nicht glaubhaft.
Die Zeugenaussagen seien rein pauschal. Nach der Vorgehensweise der Antragsgegnerin könnten Kraftfahrer, die die ganze Woche
auswärts seien, auch durchgehend 24 Stunden Arbeitszeit vorweisen. Im Übrigen beziehe sich die Beitragsforderung auf mehrere
zurückliegende Jahre. Es pauschale Anfrage an die Arbeitnehmer, wie sie die Pausen gestaltet haben, werde einer Aufklärung
des Sachverhalts nicht gerecht.
Soweit sich die Antragsgegnerin darauf berufe, dass die arrestierten 98.000 € allein für die Ordnungswidrigkeit abgeschöpft
und gesichert worden seien, sei auch dies weder glaubhaft gemacht noch nachvollziehbar. Wie bereits dargelegt, sei der Betrag
nach den Bruttobezügen berechnet, so dass hierin auch Sozialversicherungsbeiträge enthalten seien. Die Antragsgegnerin sei
daher durch den Arrest gesichert. Durch eine Vollstreckung würde die Antragstellerin doppelt belastet. Die finanzielle Situation
der Antragstellerin sei weiterhin angespannt. Der Kontostand liege derzeit am 13.11.2020 bei über -77.000,00 €.
Die Antragsgegnerin hat hierauf erwidert, dass die Antragstellerin ihre Vermögenslage weiterhin nicht vollständig offengelegt
habe. Auch habe in der Zeit, in der die Aussetzung der Vollziehung während des Widerspruchsverfahrens angeordnet gewesen sei,
für die Antragstellerin ausreichend Möglichkeit bestanden (u.a. durch die vielfältigen Unterstützungsprogramme des Bundes
und der Länder) die notwendigen finanziellen Mittel zu generieren, die für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtung
benötigt werden. Ebenso habe sie Stundungs- bzw. Ratenzahlungsvereinbarungen schließen oder diese Maßnahmen zumindest anstoßen
können. Als Anlage zu diesem Schriftsatz hat die Antragsgegnerin eine Zusammenstellung der aus ihrer Sicht wesentlichen Teile
der protokollierten Zeugenaussagen der Kraftfahrer vorgelegt (Bl. 64 ff. GA).
Die Antragstellerin hat zuletzt eine BWA für den Zeitraum Januar bis Oktober 2020 mit Vorjahresvergleich eingereicht und ausgeführt,
nur über ein einziges Betriebskonto zu verfügen. Die schwierige finanzielle Lage der Antragstellerin bestehe trotz aller bereitgestellten
Hilfen (welche im Einzelnen aufgeführt wurden).
Die Antragsgegnerin hat hierzu vorgetragen, dass die Erlöse in diesem Zeitraum gegenüber dem Vorjahr zwar um 20 % gesunken
seien. Es sei aber weder ersichtlich, ob die Rechnungen für Oktober 2020 bereits gebucht worden seien, noch könne eine Buchung
der im Jahr 2020 erhaltenen Coronahilfen von 45.000,- € festgestellt werden. Auffällig sei auch, dass die Personalkosten trotz
angeblich schlechter Auftragslage angestiegen seien, ebenso die Mautgebühren. Eine drohende Insolvenz spreche im Übrigen eher
gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, weil die Sozialversicherungsträger angesichts des drohenden Ausfalles dann
ein besonderes Interesse an einer zeitnahen Durchsetzung der Forderung hätten.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Entgegen der angefochtenen Entscheidung liegen die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der
Hauptsache erhobenen Klage nicht vor.
Nach §
86b Abs.
1 Nr.
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben,
die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Voraussetzung einer solchen Anordnung ist, dass das private Interesse
an der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Vollziehung überwiegt. Dies ist nach der gesetzlichen
Wertung des §
86a Abs.
3 S. 2
SGG regelmäßig der Fall, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn
die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene
Härte zur Folge hätte.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen dann, wenn ein Erfolg des eingelegten Rechtmittels wahrscheinlicher ist,
als ein Misserfolg (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt,
SGG, §
86a, Rn. 27a.) Dies ist vorliegend nicht der Fall, da sich der angefochtene Bescheid nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen
Prüfung als rechtmäßig erweist.
Die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Nachberechnung von Sozialversicherungsbeiträgen beruht auf der Unterschreitung
des gesetzlichen Mindestlohnes, welcher im Streitzeitraum 8,50 € monatlich betrug. Die Unterschreitung ist dadurch eingetreten,
dass die Arbeitnehmer bei Bezug eines Festgehaltes wesentlich mehr Arbeitsstunden geleistet haben, als in der Buchhaltung
der Antragstellerin erfasst wurden.
Zwar legt die Antragstellerin nachvollziehbar dar, wie die Erfassung der Arbeitszeit erfolgte und wie sich aus den erfassten
Daten die Gesamtarbeitszeit errechnet. Diese ist jedoch im Ergebnis deshalb unzutreffend, weil ein wesentlicher Teil der Arbeitszeit,
welcher von den Arbeitnehmern individuell zu erfassen gewesen wäre, nicht korrekt erfasst worden ist. Dies ergibt sich aus
einer zusammenfassenden Würdigung der vorliegenden Protokolle der Zeugenvernehmungen der Arbeitnehmer. Zwar weist das Sozialgericht
zu Recht darauf hin, dass für eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts nicht allein auf diese Urkunden abgestellt werden
kann, sondern voraussichtlich zumindest eine ergänzende Vernehmung einzelner Arbeitnehmer erforderlich werden wird. Allerdings
lässt der Inhalt der vorliegenden Aussagen mit hinreichender Sicherheit eine vorläufige Bewertung der Richtigkeit der erfassten
Arbeitszeiten zu.
Sämtliche vernommenen Arbeitnehmer haben Angaben zu ihren regelmäßigen Arbeits- und Pausenzeiten gemacht. Die resultierende
Arbeitszeit weicht erheblich (um bis zu mehrere Stunden) von derjenigen ab, welche sich aus den von der Antragstellerin geführten
Aufzeichnungen ergibt. Der überwiegende Teil der Arbeitnehmer hat darüber hinaus bekundet, dass außerhalb der automatisch
erfassten Lenkzeiten von Ihnen regelmäßig keine Arbeitszeit erfasst wurde. Plausibel begründet wurde dies zum einen damit,
dass angesichts des Festgehaltes die tatsächlich Arbeitszeit egal gewesen sei, sowie zum anderen mit dem vorhandenen Zeitdruck,
der ein Einhalten der vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht zugelassen habe. Keiner der Zeugenaussagen sind Hinweise darauf zu
entnehmen, dass es sich bei den beschriebenen Zeiten (Warten sowie Be- und Entladen) um solche gehandelt haben könnte, welche
ausnahmeweise keine Arbeitszeit darstellen, weil deren voraussichtliche Dauer spätestens bei Beginn bekannt ist und der Arbeitnehmer
daher das Fahrzeug verlassen und die Zeit nach eigenen Vorstellungen gestalten kann. Erst recht sind keine Anhaltspunkte dafür
vorhanden, dass solche Zeiten in einem Umfang angefallen sein könnten, der die gravierenden Abweichungen zu der erfassten
Arbeitszeit erklären würde.
Bei dieser Sachlage muss davon ausgegangen werden, dass die Arbeitszeiten offenbar systematisch unvollständig erfasst wurden.
Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Ermittlung der tatsächlichen Arbeitszeit nach Beginn und Ende der Tätigkeit unter
Abzug der gesetzlichen Pausen ist daher die einzige Möglichkeit, welche angesichts der offensichtlich unvollständigen vorhandenen
Aufzeichnungen besteht. Verbleibende Unsicherheiten gehen dabei zu Lasten der Antragstellerin, da sie ihrer Pflicht zur Führung
vollständiger Entgeltunterlagen gemäß § 28f
SGB VI nicht nachgekommen ist. Konkrete Fehler der von der Antragsgegnerin durchgeführten Arbeitszeitberechnung sind von der Antragstellerin
weder aufgezeigt worden, noch für den Senat ersichtlich.
Auch soweit sich die Antragstellerin gegen die Festsetzung der Säumniszuschläge wendet, weil sie keine Kenntnis von der fehlerhaften
Erfassung der Arbeitszeiten durch ihre Arbeitnehmer gehabt habe, vermag dies nicht zu überzeugen. Zunächst ist es Sache der
Antragstellerin als Arbeitgeber, ihre insoweit mit der Erfassung der Arbeitszeit beauftragten Arbeitnehmer korrekt und vollständig
zu instruieren, welche Zeiten als Arbeitszeit zu erfassen sind und welche nicht. Dass eine entsprechende Einweisung dahin
erfolgt wäre, dass Warte- sowie Be- und Entladezeiten grundsätzlich als Arbeitszeit zählen, wenn nicht ausnahmsweise die voraussichtliche
Dauer im Voraus bekannt ist und die Gestaltung als echte Pausenzeit zulässt, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Vielmehr hat die Antragstellerin sowohl nach eigenem Vorbringen als auch nach der Aussage der Zeugen H. M. und S. M. ohne
eine genaue Differenzierung hinsichtlich der zu erfassenden Zeiträume darauf hingewirkt, dass weniger Arbeitszeit erfasst
wird. So hat der Zeuge H. M. angegeben, dass er von Herrn S. darauf hingewiesen worden sei, so viele Arbeitszeiten gebucht
zu haben, was er dann nicht mehr getan habe. Der Zeuge S. M. hat zu Protokoll gegeben, dass Herr S. ihm gesagt habe, er solle
die Fahrerkarte rausziehen, wenn die Schichtzeit überschritten wurde. Die Antragstellerin selbst hat vorgetragen, die Arbeitnehmer
S. M. und P. K. aus Anlass hoher erfasster Arbeitszeiten auf eine Falschbedienung des Tachografen hingewiesen zu haben. Dabei
wird aus dem Vorbringen der Antragstellerin weder ersichtlich, dass es sich um eine Falschbedienung im eigentlichen Sinn gehandelt
haben könnte, noch, inwieweit bei dem Zeugen M. eine Lese- /Rechtschreibschwäche hierfür ursächlich gewesen sein kann. Im
Falle des Zeugen Koslowski hat die Antragstellerin schlicht vorgetragen, dass dieser den Tachografen während der Wartezeiten
auf Arbeitszeit eingestellt habe, was grundsätzlich korrekt ist.
Auch den vorgelegten Schreiben an die Zeugen, welches zumindest der Zeuge M. nach seiner Aussage nie erhalten hat, lassen
sich weder konkrete Fehler bei der Erfassung der Arbeitszeiten noch eine sachgerechte Belehrung über die zu erfassenden Zeiten
entnehmen. Zwar sind die hierin aufgeführten Beispiele für zur Arbeitszeit zählende Verrichtungen (Ladungssicherung sowie
Erledigung von Zoll- und anderen Formalitäten) korrekt aber unvollständig. Ebenso zutreffend aber unvollständig ist der enthaltene
Hinweis, dass Wartezeiten, deren Dauer im Voraus bekannt ist, nicht als Arbeitszeit zählen. Denn diese Ausführungen lassen
gerade offen, wie mit den regelmäßig auftretenden normalen Wartezeiten sowie Be- und Entladezeiten zu verfahren ist, sondern
überlassen dies der Schlussfolgerung des Fahrers. Damit enthalten auch diese Schreiben, wenn sie denn jemals zur Kenntnis
der Arbeitnehmer gelangt sind, keine geeignete Belehrung zur korrekten Erfassung der Arbeitszeiten, sondern stattdessen ein
pauschales Hinwirken auf eine Erfassung in geringerem Umfang.
Letztlich geht der Senat auch davon aus, dass die Abweichungen zwischen erfassten und tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten
so groß sind, dass sich der Antragstellerin die unvollständige Erfassung bereits aus diesem Grund aufdrängen musste. Da sie
nicht auf eine zutreffende Erfassung hingewirkt hat, nahm sie die Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohnes und damit
auch die Nichtabführung hierauf zu entrichtender Sozialversicherungsbeträge zumindest billigend in Kauf. Bei dieser Sachlage
sind sowohl die Säumniszuschläge zu Recht festgesetzt als auch eine Verjährung wegen der Geltung der 30-jährigen Verjährungsfrist
nicht eingetreten.
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die sofortige Vollziehbarkeit der Forderung für die Antragstellerin eine unbillige
Härte darstellen würde.
Die von der Antragstellerin behauptete drohende Insolvenz kann sowohl ein Argument für als auch gegen die Anordnung der aufschiebenden
Wirkung sein. Für die Anordnung spricht dies nur dann, wenn die Insolvenz gerade und nur wegen der Vollstreckung der streitigen
Forderung droht. Dies ist vorliegend sehr zweifelhaft. So hat die Antragstellerin ausführlich dargelegt, sich aufgrund der
Corona-Krise in einer angespannten wirtschaftlichen Situation zu befinden. Diese hat der Steuerberater bereits im September
2020 (ohne jede Bezugnahme auf die hier streitige Forderung) dahin bewertet, dass ohne eine wesentliche Verbesserung der Auftragslage
in den nächsten Wochen eine erfolgreiche Fortführung des Unternehmens kaum möglich sei. Eine solche Verbesserung hat es nach
Darstellung der Antragstellerin nicht gegeben. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass entweder weiterhin - auch ohne
Berücksichtigung der hier streitigen Forderung - akut die Insolvenz der Antragstellerin droht oder aber die Einschätzung des
Steuerberaters zur Wirtschaftslage der Antragstellerin schlicht unzutreffend war.
Darüber hinaus hat die Antragstellerin ihre wirtschaftlichen Verhältnisse auch nicht so umfassend dargelegt, dass sich die
tatsächliche Insolvenzgefahr hiernach beurteilen ließe. Eine betriebswirtschaftliche Auswertung, aus welcher sich lediglich
die aktuelle Ertragslage entnehmen lässt, ist hierfür nicht ausreichend. Denn eine Insolvenz droht nur dann, wenn aktuelle
Verluste nicht (z.B. durch die Aufnahme von Krediten oder die Veräußerung von Vermögenswerten) kompensiert werden können.
Zu ihrer Vermögenslage und der hieraus resultierenden Kreditwürdigkeit hat die Antragstellerin indes keine Angaben gemacht.
Gegen ein Drohen der Insolvenz gerade aufgrund der streitigen Forderung spricht auch ein Vergleich von deren Höhe mit dem
Umsatz der Antragstellerin, welcher sich nach der vorgelegten BWA auch im Krisenjahr 2020 (im Zeitraum von Januar bis Oktober)
noch auf über 900.000 € beläuft. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin diese Forderung bei Ablehnung des Antrages auch keineswegs
zwingend sofort in voller Höhe aufbringen muss. Die Antragsgegnerin hat insoweit zutreffend auf die bestehenden Möglichkeiten
einer Stundung oder Ratenzahlung hingewiesen, welche von den Einzugsstellen auf Antrag gewährt werden kann. Insbesondere vor
dem Hintergrund der aktuellen Situation hätte ein solcher Antrag große Aussicht auf Erfolg. Solange die Antragstellerin von
dieser naheliegenden Möglichkeit keinen Gebrauch macht, lässt sich keine Überforderung ihrer Leistungsfähigkeit und damit
auch keine unbillige Härte feststellen.
Letztlich ist auch das Argument der Antragstellerin, dass die Antragsgegnerin bzw. die Einzugsstellen durch den angeordneten
Arrest bereits gesichert seien, nicht zutreffend. Zunächst ist festzustellen, dass die Antragstellerin nach eigenem Vortrag
noch Rechtsmittel gegen die Anordnung des Arrestes betreibt. Der im Wege des Arrestes gesicherte Betrag kann daher jederzeit
in Wegfall geraten. Weiterhin enthält diese Summe, auch wenn sie nach den Bruttolöhnen berechnet wurde, allenfalls die Hälfte
der streitigen Sozialversicherungsbeiträge. Entscheidend ist jedoch, dass die Einzugsstellen weder jetzt noch später auf den
arrestierten Betrag zugreifen können, um hieraus den streitigen Anspruch auf die Sozialversicherungsbeiträge zu befriedigen.
Wie sich aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Arrestbeschluss ergibt, beruht dieser auf § 29a Abs. 1 OWiG i.V.m. §
21 Abs.
1 Nr.
9 MiLoG. Die Vorschriften der
StPO sind daher nur über die Verweisung in § 46 Abs. 1 OWiG anwendbar. Nicht von dieser Verweisung umfasst ist die Regelung des §
459h StPO, welche eine Auskehr des Erlöses aus der Einziehung an den Verletzten nach Rechtskraft des Urteils vorsieht (Lampe in: Karlsruher
Kommentar zum OWiG, § 46, Rn. 55). Vielmehr sieht das OWiG in § 99 Abs. 2 eine systematisch abweichende Regelung zu der Berücksichtigung von Ansprüchen Geschädigter im Rahmen der Vollstreckung vor.
Hiernach unterbleibt die Vollstreckung der Einziehung bei Nachweis rechtskräftig festgestellter Ansprüche eines Geschädigten.
Bei bereits durchgeführter Vollstreckung erfolgt bei Nachweis einer Zahlung an den Verletzten eine Rückerstattung an den Betroffenen.
Die Antragstellerin ist hiernach vor einer doppelten Zahlungsverpflichtung geschützt, ohne dass eine direkte Auskehr des arrestierten
Betrages an die Geschädigten möglich wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG i. V. m. §
154 Abs.
1 VWGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes richtet sich grundsätzlich nach dem von der Beschwerdeführerin verfolgten Interesse. Betrifft
der Rechtsstreit eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist im Hauptsacheverfahren deren
Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG). Im einstweiligen Rechtsschutz ist das Interesse geringer, weil es nur um eine vorläufige Regelung geht. Im konkreten Fall
erscheint das Interesse der Beschwerdeführerin mit einem Viertel der streitigen Forderung angemessen bewertet
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.