Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Förderung einer beruflichen Weiterbildung zum Industrieelektriker.
Der am 00.00.1964 in Marokko geborene Kläger studierte dort nach dem Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung im Jahr 1989
Chemie und Physik. Er lebt seit 1992 in Deutschland und ist inzwischen eingebürgert. Nachdem er am Studienkolleg O die Berechtigung
zum Besuch der Fachhochschule erworben hatte, nahm er 1994 in X ein Mathematikstudium auf, welches er 1998 aus familiären
und finanziellen Gründen abbrach. Von September 1997 bis 2001 war er als Lagerist tätig. Von 2002 bis 2004 nahm der Kläger
an einer von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Umschulung zum Informationselektroniker teil, bestand jedoch die Abschlussprüfungen
auch nach zweimaliger Wiederholung nicht.
Einen 2005 gestellten Antrag auf Förderung einer Weiterbildung zum Elektroniker für Geräte und Systeme lehnte der Beklagte
mangels Eignung des Klägers ab. Auch Widerspruchs- und Klageverfahren blieben erfolglos. Der im Jahr 2006 gestellte Antrag
auf Erteilung eines Bildungsgutscheins zur Weiterbildung zum Fachinformatiker wurde bestandskräftig abgelehnt. Am 25.04.2007
beantragte der Kläger einen Bildungsgutschein für eine Weiterbildung zum Elektroniker für Industrie, Handel und Dienstleister.
Nachdem ihm seitens des BFZ F e.V., bei welchem er sich beworben und vorgestellt hatte, sowohl fachliche als auch persönliche
Eignung und hohe Motivation bescheinigt worden waren, holte der Beklagte ein psychologisches Gutachten der Dipl.-Psychologin
I zur umfassenden Eignungsbeurteilung ein. Diese kam nach einer Untersuchung des Klägers in ihrem Gutachten vom 29.06.2007
zu dem Ergebnis, dass aufgrund des Leistungsbildes des Klägers und den Schulanforderungen einer Umschlungen ein hohes Misserfolgsrisiko
bestehe. Daraufhin lehnte der Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 25.07.2007 ab. Widerspruchs- und Klageverfahren blieben
erfolglos. Während des Berufungsverfahrens bei dem LSG Nordrhein-Westfalen (L 20 AS 575/10) nahm der Kläger vom 06.04.2010 bis zum 16.04.2010 an einem Assessment-Center der J Gesellschaft für innovative Arbeitsmarktprojekte
mbH teil, das trotz der festgestellten Defizite vor allem aufgrund der hohen Motivation und der einschlägigen Vorkenntnisse
des Klägers zu einem insgesamt positiven Fazit kam. Im Mai 2010 meldete er sich daraufhin bei W in L zu einer Umschulung zum
Industrieelektriker an, die vom 01.10.2010 bis zum 31.12.2011 stattfinden sollte. Am 17.10.2011 schlossen die Beteiligten
vor dem Landessozialgericht einen gerichtlichen Vergleich, in dem sie das Folgende vereinbarten:
"1. Die Beklagte wird mit dem Kläger durch ihren Psychologischen Dienst einen Eignungstest für die Weiterbildung des Klägers
zum Industrieelektriker/Fachrichtung Betriebstechnik durchführen. Sie ist bemüht, diese Testung unverzüglich durchführen zu
lassen, um zu prüfen, ob auch noch ein Einstieg in die bereits begonnene Maßnahme möglich ist. Jedenfalls aber wird sie den
Kläger binnen drei Monaten zu einem solchen Test einladen.
2. Bei positivem Ausgang der zu 1. vereinbarten Testung erbringt die Beklagte dem Kläger Leistungen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. §
77 Abs.
1 und
2 SGB III. Bei negativem Ausgang wird sie ihn unverzüglich bescheiden."
Daraufhin veranlasste der Beklagte eine erneute Begutachtung des Klägers durch den Psychologischen Dienst der Agentur für
Arbeit L. In seinem Gutachten vom 25.11.2011 führte der Dipl.-Psychologe H aus, dass insgesamt die gewünschte Umschulung aus
psychologischer Sicht mit einem deutlichen Misserfolgsrisiko behaftet sei. Einerseits bestehe eine tragfähige Motivation.
Es seien auch numerische Fähigkeiten und Kenntnisse deutlich gemacht, die eine tragfähige Basis für die gewünschte Qualifikation
böten. Die logische Denkfähigkeit und die räumliche Vorstellungsfähigkeit seien leicht unter dem Durchschnitt der Bezugsgruppe
umschulungswilliger erwachsener Männer und böten deshalb eine nur unsichere Basis im Hinblick auf die gewünschte Qualifikation.
Mit Bescheid vom 25.01.2012 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Das Ergebnis der psychologischen Begutachtung stehe einer Bewilligung
entgegen. Das Interesse des Klägers an der Teilnahme an dieser speziellen Weiterbildung müsse angesichts des Misserfolgsrisikos
hinter dem finanziellen Interesse der Allgemeinheit, die Förderleistungen passgenau einzusetzen, zurückstehen. Andere Integrationsmaßnahmen
seien besser geeignet. Zur Begründung des am 01.02.2012 eingelegten Widerspruchs wurde eingewandt, das psychologische Gutachten
rechtfertige das Ergebnis nicht, weil der Kläger in der Vergangenheit bei Eignungstests positive Ergebnisse erzielt habe.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2012 zurück. Er führte aus, die Ermessensentscheidung,
im Rahmen derer die Interessen des Klägers gegen dasjenige der Allgemeinheit am passgenauen Einsatz von Fördermitteln abzuwägen
seien, habe aufgrund der schlechten Prognose negativ ausfallen müssen.
Am 03.05.2012 hat der Kläger beim Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben und vorgetragen, seine Umschulung im Elektronikbereich
im Jahr 2002 habe er in der Theorie und im Fachgespräch bestanden. Am praktischen Teil sei er gescheitert, da er Differenzen
mit seinem Ausbilder gehabt habe. Er sei extra nicht praktisch ausgebildet worden. Deshalb habe er sich selbst fortgebildet
an einer Fern-Universität. Er habe über 2.000,00 EUR ausgegeben für Bücher etc., um sich im praktischen Elektronikbereich
fortzubilden. Während der Ausbildung sei er an Diabetes erkrankt. Es habe eine Weile gedauert, den Diabetes gut einzustellen.
Seine Eignung für eine Weiterbildungsmaßnahme als Industrieelektriker sei im Assessment-Center im Jahr 2010 bestätigt worden.
Mit dem vom Beklagten eingeholten psychologischen Gutachten sei er nicht einverstanden, weil er den Test erfolgreich bestanden
habe.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 25.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2012 zu verurteilen,
die Förderung der beruflichen Weiterbildung zum Industrieelektriker zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die Fähigkeiten des Klägers entsprächen nicht dem Anforderungsprofil an den Beruf des Industrieelektrikers.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.09.2013 abgewiesen. Der Beklagte habe das ihm eröffnete Ermessen ordnungsgemäß
ausgeübt, so dass die Ablehnungsentscheidung nicht zu beanstanden sei.
Gegen das ihm am 21.10.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.10.2013 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er seinen
bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Das vom Beklagten veranlasste Gutachten sei ein Parteigutachten und dürfe der
Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.09.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 25.01.2012
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2012 aufzuheben und die Förderung der beruflichen Weiterbildung zum Industrieelektriker
zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und ist der Ansicht, die Übernahme der Kosten für eine Qualifizierungs-
oder Umschulungsmaßnahme komme derzeit nicht mehr in Frage. Der Kläger sei fixiert auf eine bestimmte Maßnahme, im Übrigen
aber nicht integrationswillig. Eine sog. niederschwellige Maßnahme lehne er von vorneherein ab.
Der Senat hat zwei Erörterungstermine sowie eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Protokolle
vom 11.09.2014, 10.12.2015 und 25.02.2016 verwiesen. Mit den Beteiligten zugestelltem Schreiben vom 29.02.2016 hat der Senat
darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung nach §
153 Abs.
4 SGG beabsichtigt ist.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte die Berufung gemäß §
153 Abs.
4 SGG durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine erneute mündliche Verhandlung nicht für erforderlich
hält. Die Beteiligten sind dazu schriftlich angehört worden.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Kläger
keinen Anspruch auf die Erteilung des begehrten Bildungsgutscheins hat.
Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. §
81 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III kann der Beklagte Weiterbildungsmaßnahmen fördern, wenn dies für die berufliche Eingliederung eines Leistungsberechtigten
notwendig ist. Die Notwendigkeit einer beruflichen Weiterbildung kann dabei nur bejaht werden, wenn ein Eingliederungserfolg
mit hinreichender Sicherheit vorausgesagt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.11.2015 - L 7 AS 5471/13). Eine solche positive Prognose kann hier angesichts der mit den Vorgutachten übereinstimmenden Einschätzung des Psychologischen
Dienstes nicht getroffen werden. In dem Gutachten vom 25.11.2011 werden dem Kläger in Relation zu anderen erwachsenen umschulungswilligen
Männern unterdurchschnittliche logische Denkfähigkeit und räumliches Vorstellungsvermögen attestiert, so dass trotz tragfähiger
Motivation und numerischer Fähigkeiten und Kenntnisse ein deutliches Misserfolgsrisiko besteht. Der Senat hat keine Bedenken
sich dieser Einschätzung anzuschließen, denn der Dipl.-Psychologe H gelangt zu seiner Beurteilung aufgrund eines persönlichen
Gesprächs mit dem Kläger und einer durchgeführten Leistungsuntersuchung. Das Gutachten ist in sich schlüssig und enthält keine
Anhaltspunkte dafür, dass Aspekte nicht richtig erhoben oder gewürdigt wurden. Das Ergebnis ist aus den im Einzelnen dargestellten
Aspekten abzuleiten und nachvollziehbar. Bedenken gegen die Verwertung eines vom Leistungsträger eingeholten Gutachtens im
gerichtlichen Verfahren im Wege des Urkundsbeweises bestehen nicht (BSG, Urteil vom 08.12.1988 - 2/9b RU 66/87 Rn. 17).
Soweit der Kläger meint, seine Eignung für die Umschulung sei nachgewiesen, was durch das psychologische Gutachten nicht widerlegt
werden könne, kann ihm nicht gefolgt werden. Angesichts des Umstands, dass der Kläger keines seiner jahrelangen Studien mit
Erfolg beenden konnte, sind die akademischen Leistungsnachweise nicht geeignet, eine positive Prognose zu begründen. Dass
er die Ausbildung zum Informationselektroniker nach dreimaligem Nichtbestehen der Prüfungen ohne den Erwerb des entsprechenden
berufsqualifizierenden Abschlusses beendete, spricht ebenfalls gegen seine Eignung für die in Aussicht genommene Weiterbildung.
Über einschlägige berufliche Vorerfahrungen, die als Nachweis seiner Fähigkeiten und Kenntnisse dienen könnten, verfügt der
Kläger nicht.
Selbst aber wenn die Tatbestandsvoraussetzungen vorlägen, hätte der Kläger keinen Anspruch auf den begehrten Bildungsgutschein,
denn die Entscheidung über die Bewilligung der beantragten Kostenübernahme für die Weiterbildungsmaßnahme steht im Ermessen
des Beklagten. Der Kläger hätte grundsätzlich lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung nach §
39 SGB I, nicht aber auf die hier begehrte konkrete Leistung auf Umschulung zum Industrieelektriker. Nur wenn das Ermessen ausschließlich
in einem bestimmten Sinne rechtmäßig ausgeübt werden könnte und jede andere Entscheidung rechtswidrig wäre (Ermessensreduzierung
auf Null), bestünde ein Anspruch auf diese einzig mögliche rechtmäßige Entscheidung. Eine solche Ermessensreduzierung auf
Null ist vorliegend jedoch nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.