Vollziehung einer Honorarrückforderung
Allgemeiner Anspruch auf angemessene Teilhabe an der Verteilung der Gesamtvergütung
Objektive Beweislast des Vertragsarztes
Unrichtige Abrechnungssammelerklärung
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Vollziehung einer Honorarrückforderung. Die Antragstellerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft
(BAG) von drei in X zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Fachärzten für Urologie. Mit Bescheid vom 10.07.2015 hob
die Antragsgegnerin die der Antragstellerin erteilten Honorarbescheide für die Quartale I/2011 bis IV/2014 teilweise in Höhe
von 138.748,77 EUR auf und forderte diesen Betrag zurück. Kapitel 31.2.2 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM), überschrieben
mit "Definierte operative Eingriffe an der Körperoberfläche", setze für die Berechnung eines dermato-chirurgischen Eingriffs
die obligate histologische Untersuchung entnommenen Materials und/oder eine Bilddokumentation des prä- und postoperativen
Befundes voraus. Nach Durchsicht von 42 Behandlungsfällen habe sie festgestellt, dass die Antragstellerin in keinem Fall den
histologischen Befund und/oder eine Bilddokumentation vorgelegt habe. Die eingereichten Dokumentationen hätten lediglich aus
Karteikartenauszügen und Arztbriefen bestanden. Der Inhalt der abgerechneten Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen
(GOP) 31102 EBM (Dermatochirurgischer Eingriff der Kategorie A2), 31503 EBM (Postoperative Überwachung im Anschluss an die Erbringung
einer Leistung entsprechend u.a. der GOP 31102) und 31609 EBM (Postoperative Behandlung nach der die Erbringung einer Leistung entsprechend u.a. der GOP 31102) sei nicht erfüllt, daher erfolge eine Korrektur in die Leistung nach GOP 02302 EBM (Kleinchirurgischer Eingriff III und/oder primäre Wundversorgung bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern).
Mit dem hiergegen gerichteten Widerspruch hat die Antragstellerin geltend gemacht, die Abrechnungsvoraussetzungen einer histologischen
Untersuchung und/oder einer Bilddokumentation des prä- und postoperativen Befundes für die Durchführung der GOP 31102 sei wegen Fehlens eines sachlichen Grundes rechtswidrig. Im Verhältnis zu Zirkumzisionen ambulant durchführender Krankenhäuser
liege eine grundrechtsrelevante Ungleichbehandlung vor. Krankenhäusern obliege eine solche Kontroll- und Überwachungspflicht
nicht. Die regressierte Summe sei rechnerisch nicht nachvollziehbar. Bei den 1.118 zur Diskussion stehenden und operierten
Patienten habe sie 212 Histologien und für 81 Patienten Fotodokumentationen gefertigt. Zum Beleg verweise sie auf die beigefügten
Falllisten. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23.09.2015). Hiergegen richtet sich die am 05.10.2015
zum Aktenzeichen S 2 KA 336/15 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobene Klage.
Am 19.11.2015 hat die Antragstellerin um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und u.a. vorgetragen: Sie habe mit der Antragsgegnerin
vereinbart, dass das Honorar bis zur erstinstanzlichen Entscheidung nur dann einbehalten werde, wenn die Realisierung aus
in der Person des Vertragsarztes liegenden Gründen gefährdet erscheine. Das sei bei der Antragstellerin, die in Abstimmung
mit dem Berufsverband Deutscher Urologen e.V. eine von zwei Musterklagen führe, nicht der Fall. Die Höhe der Forderung könne
keinen in der Person des Vertragsarztes liegenden Grund darstellen, da sich der Rückforderungsbescheid gegen alle Mitglieder
der BAG wende. Die Ratenzahlungsanordnung führe dazu, dass der Praxisbetrieb personell in Bezug auf die nichtärztlichen Mitarbeiter
eingeschränkt werden müsse und die Praxis insgesamt in existenzielle Bedrängnis gerate. Die Abrechnungsvoraussetzungen einer
histologischen Untersuchung und/oder einer Bilddokumentation des prä- und postoperativen Befundes für die Durchführung von
Zirkumzisionen nach GOP 31102 EBM könnten nicht auf §
87 Abs.
2d Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) gestützt werden. Die Anfertigung und Aufbewahrung von Genitalbildern greife unzulässig in das Persönlichkeitsrecht des jeweiligen
Patienten ein.
Die Antragstellerin hat beantragt:
Der Antragsgegnerin wird es untersagt, Honorareinbehalte wegen Rückforderungen aus dem Honoraraufhebungsbescheid vom 10.07.2015
in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2015 vorzunehmen, hilfsweise, die aufschiebende Wirkung der Klage zum
Aktenzeichen S 2 KA 336/15 gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid für die Quartale I/2011 bis IV/2014 vom 10.07.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids
vom 23.09.2015 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat vorgetragen: Die Leistungen nach GOP 31102 ff. EBM hätten komplett korrigiert werden müssen, da in keinem der von der Antragstellerin übersandten Fallunterlagen
der histologische Befund und/oder eine Bilddokumentation vorgelegt worden sei. Sie habe die Antragstellerin ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass Einbehalte dann erfolgten, wenn aus ihrer Sicht eine Realisierung der Forderung gefährdet sei. Das sei der
Fall.
Mit Beschluss vom 11.01.2016 hat das SG die Vollziehung der Rückforderung aus dem Bescheid vom 10.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2015
bis zur erstinstanzlichen Erledigung des Hauptsacheverfahrens S 2 KA 336/15 auf 100.000,00 EUR begrenzt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Übrigen "zurückgewiesen" und der Antragstellerin
4/5 sowie der Antragsgegnerin 1/5 der Kosten des Verfahrens auferlegt. Das SG hat ausgeführt: Der Hauptantrag sei zurückzuweisen. Es gebe weder einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne der §§ 53 ff. Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) noch eine Zusicherung gemäß § 34 SGB X des Inhalts, von der vorläufigen Realisierung der Honorarrückforderung abzusehen. Die Beteiligten hätten vereinbart, Musterklagen
vor dem SG Düsseldorf zu erheben und dass die Antragsgegnerin die Honorarrückforderung bis zum erstinstanzlichen Abschluss
nicht gegen laufende Honorarforderungen aufrechne. Eine Ausnahme hiervon gelte dann, wenn eine Realisierung der Rückforderung
aus in der Person des betroffenen Arztes liegenden Gründen gefährdet erscheine. Von dieser Ausnahmeregelung habe die Antragsgegnerin
rechtmäßig Gebrauch gemacht. Die Antragstellerin trage vor, die jetzige Ratenzahlungsanordnung berücksichtige ihre Leistungsfähigkeit
nicht und führe dazu, dass der Praxisbetrieb auch personell in Bezug auf die nichtärztlichen Mitarbeiter eingeschränkt werden
müsse und die Praxis insgesamt in existenzielle Bedrängnis geraten werde. Wenn dies bereits für die BAG in der Besetzung mit
drei Ärzten gelte, dann habe die Antragsgegnerin erst recht davon ausgehen dürfen, dass die Realisierung der Rückforderung
der gefährdet sei, weil einer der Mitglieder der BAG absehbar aus Altersgründen seine vertragsärztliche Tätigkeit beenden
werde. Dem Hilfsantrag sei hingegen teilweise stattzugeben. Ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Zwar sei ein bei der Antragsgegnerin
zu stellender Antrag nach §
86a Abs.
3 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) vorrangig (Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.05.2014 - L 11 KA 99/13 B ER - m.w.N.). Angesichts des bisherigen Verfahrensablaufs und der gegenläufigen Interessen der Beteiligten sei ein solcher
Antrag jedoch erkennbar aussichtslos. Rechtsgrundlage für das Begehren der Antragstellerin sei §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG. Bei summarischer Prüfung sei der angefochtene Rückforderungsbescheid überwiegend als rechtmäßig anzusehen. Die Antragsgegnerin
habe in 1.118 Fällen sachlich-rechnerische Richtigstellungen verfügt, weil sie den Inhalt der abgerechneten Leistungen nach
GOP 31102, 31503 und 31609 EBM als nicht erfüllt angesehen habe. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und
Rückforderung sei §
106a Abs.
2 Satz 1 Halbsatz 1
SGB V. Die Befugnis zu Richtigstellungen bestehe auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Eine
nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheides mit Wirkung
für die Vergangenheit löse nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 50/12 R -). Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung seien erfüllt. Die Antragstellerin
habe bei summarischer Prüfung für die von ihr durchgeführten Zirkumzisionen in 875 Fällen zu Unrecht die GOP 31102 ff. EBM abgerechnet. Der Wortlaut des Kapitels 31.2.2 EBM sei eindeutig. Gefordert werde eine obligate histologische
Untersuchung entnommenen Materials und/oder eine Bilddokumentation des prä- und postoperativen Befundes. Diese Regelung stütze
sich zutreffend auf §
87 Abs.
2d Satz 1
SGB V (wird ausgeführt). Die Anfertigung einer Fotodokumentation sei im Übrigen nicht obligatorisch, sondern stehe gleichwertig
neben der histologischen Untersuchung. Insofern ergebe sich z.B. aus der S1- Leitlinie "Phimose und Paraphimose", dass die
histologische Untersuchung des entfernten Gewebes bei Verdacht auf Lichen sclerosus (LS) und insbesondere beim Übergreifen
der Veränderungen auf die Glans wegen der evtl. notwendigen lokalen Nachbehandlung geboten sei. Da LS nach dieser S1-Leitlinie
etwa 80% der sekundären Phimosen ausmache, sei die generelle Forderung nach einer Histologie bei dermato-chirurgischen Eingriffen
der Kategorie A2 auch bei Zirkumzisionen nicht etwa willkürlich oder missbräuchlich (Hinweis auf BSG, Urteil vom 11.02.2015 - B 6 KA 10/14 R -). Allerdings sei die Vollziehung des Rückforderungsbetrages zu begrenzen. Nach dem durch Falllisten untermauerten Vortrag
der Antragstellerin habe sie 212 Histologien sowie 31 prä- und postoperative Fotodokumentationen gefertigt. Im Rahmen summarischer
Prüfung bestünden keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Darstellung und auch die Antragsgegnerin habe die Richtigkeit nicht
bestritten, obwohl sie hierzu im Widerspruchsverfahren Gelegenheit gehabt habe und der Antragstellerin hätte aufgeben können,
diese Unterlagen vorzulegen. 243 von 1.118 berichtigten Fällen entsprächen etwa 21,7 %. Die Vollziehung der Rückforderung
sei um etwa diesen Betrag (30.157,38 EUR) zu reduzieren und die vollziehbare Rückforderungssumme gerundet auf 100.000,00 EUR
zu begrenzen. Zu einer weitergehenden Verminderung bestehe keine Veranlassung. Bei Durchsicht wiesen die von der Antragstellerin
eingereichten Unterlagen aus, dass sämtliche Patienten türkische oder arabische Namen trügen und sich in einem Alter von zwei
bis neun Jahren befänden. Das deute stark darauf hin, dass es sich bei den streitbefangenen Zirkumzisionen um Beschneidungen
aus religiösen, rituellen oder kulturellen Gründen gehandelt habe, die nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
abgerechnet werden dürften.
Diesen Beschluss greift die Antragsgegnerin fristgerecht mit der Beschwerde an. Sie trägt vor: Der anhand von Falllisten untermauerte
Vortrag der Antragstellerin, eine bestimmte Anzahl an Histologien und prä- und postoperative Dokumentationen gefertigt zu
haben, reiche nicht aus, um die Vollziehung des Rückforderungsbetrages zu begrenzen. Entgegen der Auffassung des SG habe sie die Richtigkeit bestritten bzw. in Frage gestellt, denn sie habe den Widerspruch zurückgewiesen. Es sei nicht ihre
Aufgabe, den jeweiligen Widerspruchsführer aufzufordern, beweiskräftige Unterlagen vorzulegen. Das falle in dessen Verantwortungsbereich,
denn ihm obliege es, seinen Widerspruch zu begründen und ggf. durch Vorlage von Unterlagen zu belegen. Im Übrigen erscheine
es wenig nachvollziehbar, dass die Antragstellerin vermeintliche Histologien und/oder prä- und postoperative Fotodokumentationen
erst im Widerspruchsverfahren und nicht schon zuvor habe vorlegen können. Bereits mit Schreiben vom 24.02.2014 habe sie -
die Antragsgegnerin - die Antragstellerin aufgefordert, die entsprechenden Unterlagen vorzulegen, was bislang nicht geschehen
sei. Damit seien die Voraussetzungen der betreffenden Abrechnungsziffern nicht erfüllt, die fraglichen Ziffern nicht ansetzbar
und die Honorarbescheide demzufolge zu korrigieren.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.01.2016 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin vom 19.11.2015 abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie meint, im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren gelte der Amtsermittlungsgrundsatz. Die Antragsgegnerin verkenne ihre
Pflicht, den Sachverhalt zugunsten des Betroffenen zu ermitteln. Mit der Widerspruchsbegründung habe sie - die Antragstellerin
- ausdrücklich die Fälle benannt, in denen Histologien oder Fotodokumentationen gefertigt worden seien. Sie habe dadurch mehr
als hinreichende Anhaltspunkte für die Antragsgegnerin geliefert, um Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen. Zudem habe
sie in der Widerspruchsbegründung darauf hingewiesen, dass ggf. weiterer Vortrag erfolgen könne. Dies hätte die Antragsgegnerin
bewegen müssen, weitere Unterlagen anzufordern, soweit sie dies für notwendig erachte. Unterbleibe dies, dürfe sie - die Antragstellerin
- davon ausgehen, dass ihr Vortrag nicht angezweifelt werde. Die Antragsgegnerin könne sich nicht darauf berufen, den Widerspruch
zurückgewiesen zu haben. Wenn sie ihren - der Antragstellerin - Vortrag als nicht glaubhaft einschätze, sei dies ein wesentlicher
Grund für die Entscheidung, die sich in der Begründung des Verwaltungsaktes wiederfinden müsse. Das sei nicht der Fall, mithin
sei der Bescheid unzulänglich begründet (§ 35 SGB X). Soweit die Antragsgegnerin vortrage, es sei wenig nachvollziehbar, dass die Nachweise für durchgeführte Histologien oder
Fotodokumentationen nicht bereits im Ausgangsverfahren, sondern erst im Widerspruchsverfahren vorgelegt würden, verkenne sie
das Verfahrensrecht des SGB X. Eine Präklusion existiere im Widerspruchsverfahren nicht. Nötigenfalls könnten die Histologiebefunde und Fotodokumentationen
der angeführten Patienten dem Senat zur Prüfung vorgelegt werden. Soweit die Antragsgegnerin meine, dass ein Widerspruchsführer
seinen Widerspruch zu begründen habe, so finde sich eine solche Verpflichtung in §
84 SGG nicht. Es bleibe vielmehr beim Amtsermittlungsgrundsatz des § 20 SGB X. Auch auf das Schreiben vom 24.02.2014 könne sich die Antragsgegnerin nicht berufen. Unberücksichtigt könne dabei bleiben,
dass sie lediglich 42 Fälle angefordert habe, um auf 1.118 Fälle zu schlussfolgern. Entscheidend sei, dass im Rahmen des Widerspruchsverfahrens
eine vollständige Überprüfung auch der Sachlage zu erfolgen habe. Mit der Widerspruchsbegründung seien die konkreten Behandlungsfälle
benannt worden, in denen die entsprechenden Unterlagen vorlägen. Wolle die Antragsgegnerin dies überprüfen, müsse sie die
Unterlagen anfordern.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen auf die Gerichtsakte, die Akte S 2 KA 336/15 (SG Düsseldorf) und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
II.
Die statthafte und im übrigen zulässige Beschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluss ist abzuändern und der Antrag
abzulehnen. Streitgegenstand des Beschwerdeverfahren ist die Entscheidung des SG nur insoweit, als es die Vollziehung aus dem Bescheid vom 10.07.2015 in der Gesalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2015
bis zur erstinstanzlichen Erledigung des Hauptsacheverfahren S 2 KA 336/15 auf 100.000,00 EUR begrenzt hat. Der Streitgegenstand wird durch die Antragsgegnerin in ihrer Funktion als Beschwerdeführerin
bestimmt (§
123 SGG). Nur diese hat Beschwerde eingelegt. Streitgegenstand sind allein die die Antragsgegnerin beschwerenden Gründe des Beschlusses
(S. 12 f. des Beschlussumdrucks).
1. Zutreffend hat das SG unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Senats (z.B. Beschluss vom 19.05.2014 - L 11 KA 99/13 B ER -) ein Rechtsschutzbedürfnis für den Hilfsantrag angenommen. Ein grundsätzlich zuvor bei der Antragsgegnerin zu stellender
Antrag auf Aussetzung wäre erkennbar aussichtslos.
2. Rechtsgrundlage für den Hilfsantrag ist §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG, wie vom SG ausgeführt. Hierauf und auf die vom SG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats (z.B. Senat, Beschluss vom 06.05.2015 - L 11 KA 10/14 B ER -) darlegten Voraussetzungen wird in entsprechender Anwendung des §
153 Abs.
2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Gleichermaßen zu eigen macht sich der Senat die Ausführungen des SG zu den Rechtsgrundlagen für sachliche-rechnerische Richtigstellungen einschließlich hieraus folgender Rückzahlungsverpflichtungen
und zu den Grundsätzen für die Auslegung der Vergütungsbestimmungen des EBM.
3. Das SG hat die Vollziehung des Rückforderungsbetrags begrenzt, "weil nach dem Vortrag der Antragstellerin" 212 Histologien und 31
prä- und postoperative Fotodokumentationen gefertigt worden seien. Die Vollziehung sei daher um den hierauf entfallenden Betrag
von 30.157,38 EUR auf 100.000,00 EUR zu begrenzen. In ihrer Beschwerde wendet die Antragsgegnerin ein, allein der mit Falllisten
untermauerte Vortrag der Antragstellerin reiche nicht aus, um die Vollziehung zu begrenzen. Dem ist zuzustimmen. Rechtserheblich
ist einerseits, inwieweit die Antragsgegnerin verpflichtet ist, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären und andererseits,
inwieweit ein Vertragsarzt verpflichtet ist, die tatsächlichen Grundlagen des von ihm geltend gemachten Anspruchs losgelöst
von der Amtsermittlungspflicht der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) darzulegen und ggf. zu beweisen. Hiermit geht einher,
wer die objektive Beweislast für Anspruchsgrundlagen, Einreden oder Einwendungen trägt.
4. Nach Dienstvertragsrecht (§§
611 ff.
Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB)) trägt der Dienstleistende die Beweislast dafür, dass ihm die geltend gemachte Vergütung (§
611 Abs.
1 Halbs. 2
BGB) zusteht. Er hat die Beweisführungslast (subjektive Beweislast) und ihn triff die objektive Beweislast (Feststellungslast),
die dem materiellen Recht folgt (BSG, Urteil vom 24.11.2010 - B 11 AL 35/09 R -; Urteil vom 08.09.2010 - B 11 AL 4/09 R -; Urteil vom 26.11.1992 - 7 RAr 38/92 -; Kummer, in: Peters/Sautter/Wolff,
SGG, §
103 Anm. 4 (II/74-12)). Kann der Dienstleistende eine der anspruchsbegründenden Tatsachen (z.B. Vertragsschluss, Erbringung der
vereinbarten Leistung) im Bestreitensfall nicht nachweisen (Beweisführungslast), greift die objektive Beweislast und die Klage
ist abzuweisen.
a) Die privatärztliche Behandlung ist grundsätzlich eine zivilrechtliche Dienstleistung nach §§
611 ff.
BGB bes. in spezialgesetzlicher Ausprägung nach §§ 630a ff.
BGB (hierzu Frehse, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung -
SGB V, 19. Auflage, 79. Lfg., Stand 01.01.2013, §
28 Rdn. 96 ff.; Schmidbauer, in: Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Auflage, 2006, § 3 Rdn. 39 ff.). Bestreitet
der Patient die vom Arzt erbrachte Leistung nach Grund und/oder Höhe obliegt diesem nach allgemeinen Grundsätzen die Beweisführungslast,
zudem trifft ihn die objektive Beweislast. Kann er den Beweis nicht führen, die bestrittene Leistung erbracht zu haben, ist
seine Klage abzuweisen.
b) Für das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gilt grundsätzlich nichts anderes. Der Honoraranspruch
des Vertragsarztes ist grundsätzlich gegen seine KV gerichtet (BSG, Urteil vom 03.02.2010 - B 6 KA 30/08 R -). Auch insoweit ist er beweisbelastet. Allerdings wird die Beweisführungslast (subjektive Beweislast) im von der Offizialmaxime
bestimmten Verwaltungsverfahren durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 20 SGB X), durch allgemeine Mitwirkungspflichten (§ 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X) und aus der Natur der Sache folgende besondere Mitwirkungspflichten ersetzt. So treffen den geprüften Arzt besondere Mitwirkungspflichten,
die über die allgemeinen Mitwirkungspflichten nach § 21 Abs 2 SGB X hinausgehen (BSG, Urteil vom 13.08.2014 - B 6 KA 41/13 R -; Urteil vom 05.06.2013 - B 6 KA 40/12 R -; Urteil vom 21.03.2012 - B 6 KA 17/11 R -; Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 58/94 -; Urteil vom 09.03.1994 - 6 RKa 16/92 -; Senat, Urteil vom 17.12.2014 - L 11 KA 46/14 -; Urteil vom 14.11.2011 - L 11 KA 75/10 -). Diese - von der Darlegungs- und Feststellungslast zu trennende - besondere Mitwirkungspflicht ergibt sich daraus, dass
dem Arzt ein Vergütungsanspruch nur dann zusteht, wenn er die Leistung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen
durfte; es ist daher seine Angelegenheit, die zur Begründung seines Anspruchs dienenden Tatsachen so genau wie möglich anzugeben
und zu belegen, vor allem, wenn er sich auf für ihn günstige Tatsachen berufen will, die allein ihm bekannt sind oder nur
durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (BSG, Urteil vom 13.08.2014 - B 6 KA 41/13 R -; Urteil vom 05.06.2013 - B 6 KA 40/12 R -; Urteil vom 21.03.2012 - B 6 KA 17/11 R -; Senat, Urteil vom 17.12.2014 - L 11 KA 46/14 -; Urteil vom 14.11.2011 - L 11 KA 75/10 -; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.08.2012 - L 7 KA 73/09 -). Lässt sich in Kombination von Amtsermittlungs- und Mitwirkungspflicht die strittige Tatsache nicht beweisen, greift die
objektive Beweislast. Sie besagt, dass den beweisbelasteten Beteiligten die nachteiligen Folgen daraus treffen, dass eine
bestimmte Tatsache nach Ausschöpfung aller Beweismittel nicht festgestellt werden kann. Dabei gilt der Grundsatz, dass jeder
Beteiligte die Beweislast für diejenigen Tatsachen - in Bezug auf das Vorhandensein positiver wie für das Fehlen negativer
Tatbestandsmerkmale - trägt, welche die von ihm geltend gemachte Rechtsfolge begründen (hierzu BSG, Urteil vom 08.11.2005 - B 1 KR 18/04 - zu §§
103,
128 SGG; Urteil vom 14.03.1996 - 7 RAr 18/94 -; vgl. auch Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.12.2011 - I ZR 144/09 -; Urteil vom 09.01.1996 - VI ZR 94/95 -).
c) Ebenso wie im privaten Geschäftsverkehr eine Rechnung ausreichend spezifiziert sein muss, ist auch der Vertragsarzt verpflichtet,
seine Honoraranforderungen für seine vertragsärztliche Tätigkeit zu begründen und zu belegen (so schon BSG, Urteil vom 20.09.1988 - 6 RKa 22/87 -). Zu Hilfe kommt ihm dabei die aus dem Gedanken von Treu und Glauben abgeleitete Annahme, dass er die abgerechneten Leistungen
auch tatsächlich und so, wie gesetzlich vorgeschrieben, erbracht habe (BSG, Urteil vom 13.08.2014 - B 6 KA 41/13 R -; Urteil vom 09.03.1994 - 6 RKa 18/92 -). Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Leistungsabrechnung geltend zu machen, obliegt den Stellen, die für eine entsprechende
Überprüfung der Behandlungsweise des Arztes zuständig sind. Werden die Zweifel substantiiert dargelegt, ist es wiederum Sache
des Arztes, die Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit seiner Honoraranforderung zu entkräften, d.h. er muss im Ergebnis seinen
Anspruch auf Honorierung wieder gemäß dem Ausgangsgrundsatz nach Grund und Höhe ausreichend darlegen. Dieser Grundsatz gilt
u.a. für eine Überprüfung auf rechnerische und gebührenordnungsmäßige/sachliche Richtigkeit nach § 45 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und für Maßnahmen der Sicherung der Qualität (so BSG, Urteil vom 12.10.1994 - 6 RKa 18/93 - zu § 34 BMV-Ä a.F.).
d) Dass der Leistungserbringer die Beweislast für seine Abrechnung trägt, wird im Übrigen durch die Rechtslage in Abrechnungsstreitigkeiten
wegen vom Krankenhaus erbrachter Leistungen bestätigt. Die objektive Beweislast für den Vergütungsanspruch wegen Krankenhausbehandlung
(§
39 SGB V) eines gesetzlich versicherten Patienten hat der Krankenhausträger (BSG, Urteil vom 30.06.2009 - B 1 KR 24/08 R -).
5. Ihrem Gegenstand nach muss die Honoraranforderung eines Arztes die im Abrechnungsquartal erbrachten Leistungen einzeln
und konkret nach den Gebührenordnungen aufgeschlüsselt bezeichnen. Dementsprechend haben sich die Prüfung und ggf. Beanstandung
ebenfalls auf die abgerechneten Leistungen im einzelnen und auf die Vereinbarkeit der Abrechnung mit den Gebührenordnungen
zu beziehen. Die von den prüfenden Stellen gemäß §§ 20, 21 SGB X durchzuführenden Ermittlungen sind demgemäß im Grundsatz stets auf jede einzelne der abgerechneten Leistungen zu richten,
haben also bei Beanstandung und Honorarkürzung hinsichtlich jeder bemängelten Leistung ausreichenden Nachweis der Tatsachen
zu erbringen, die die Maßnahmen rechtfertigen. Eine summarische Fehlerfeststellung in dem Sinn, dass die bei einer konkreten
Leistung festgestellte Abweichung vom Leistungsstandard auch für weitere gleichartige, später durchgeführte Leistungen zugrunde
gelegt wird, ist demzufolge nur zulässig, wenn außer der erstmaligen Abweichung zugleich festgestellt wurde, dass der Grund
der Beanstandung fortbestand und die nachfolgenden Leistungen ebenfalls erfasste (BSG, Urteil vom 12.10.1994 - 6 RKa 18/93 -). Letzteres betrifft Plausibilitätsprüfungen, die ein zulässiges Verfahren darstellen, mit deren Hilfe aufgrund bestimmter
Anhaltspunkte und vergleichender Betrachtungen die rechtliche Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen vermutet werden kann.
Anhaltspunkte für eine solche Vermutung sind Abrechnungsauffälligkeiten (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.03.2015 - L 7 KA 19/12 -).
6. Allerdings weist das Vertragsarztrecht Besonderheiten auf.
a) Der Honoraranspruch des Vertragsarztes wird mit Erbringung der Leistung weder der Höhe nach konkret bestimmt noch wird
er mit Erstellung der Abrechnung sofort fällig. Vielmehr steht den Vertragsärzten zunächst nur ein allgemeiner Anspruch auf
angemessene Teilhabe an der Verteilung der von den Krankenkassen an die KV gezahlten Gesamtvergütung zu (BSG, Urteil vom 03.02.2010 - B 6 KA 30/08 R -; Urteil vom 14.03.2001 - B 6 KA 54/00 R -). Die KV erlässt in Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile quartalsmäßig Honorarbescheide, ohne dass sie - aus rechtlichen
und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit
der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Insofern handelt es sich um eine Vorableistung der KV, die nur
deswegen geboten ist, weil der Vertragsarzt ansonsten unzumutbar lang auf die Befriedung seines Anspruchs warten muss. Ein
Vertragsarzt kann daher auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten
Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 43/12 R -). Die mit der sachlich-rechnerischen Richtigstellung verbundene (Teil)Rücknahme des Honorarbescheides führt nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X zu einer Rückzahlungsverpflichtung (BSG, Urteil vom 19.08.2015 - B 6 KA 36/14 R -).
Hinzu kommt eine weitere Atypik. Für die Frage, ob eine Honorarabrechnung unrichtig erstellt und abgegeben und der auf ihr
beruhende Honorarbescheid deshalb ebenfalls unrichtig ist, hat die Erklärung des Vertragsarztes über die ordnungsgemäße Erbringung
und Abrechnung der geltend gemachten Leistungen eine grundlegende Bedeutung. Die an sich für jede einzelne Leistungsabrechnung
gebotene Erklärung des Arztes über die ordnungsgemäße Erbringung und Abrechnung dieser Leistung wird aufgrund der den Vertragsarzt
bindenden Bestimmungen untergesetzlichen Rechts durch eine sog. Abrechnungs-Sammelerklärung ersetzt. Hierzu hat er mit jeder
Quartalsabrechnung zu bestätigen, dass die abgerechneten Leistungen persönlich erbracht worden sind und dass die Abrechnung
sachlich richtig ist (§ 45 Abs. 1 BMV-Ä). Die Abgabe einer ordnungsgemäßen Abrechnungs-Sammelerklärung ist eine eigenständige Voraussetzung für die Entstehung des
Vergütungsanspruchs (hierzu ausführlich Senat, Beschluss vom 24.02.2016 - L 11 KA 58/15 B ER - für eine nicht vom ärztlichen Leiter des MVZ abgegebene Abrechnungs-Sammelerklärung). Mit ihr garantiert der Vertragsarzt,
dass die Angaben auf den von ihm eingereichten Abrechnungen zutreffen. Diese Garantiefunktion ist gerade wegen der infolge
des Sachleistungsprinzips im Vertragsarztrecht auseinander fallenden Beziehungen bei der Leistungserbringung und der Vergütung
und den damit verbundenen Kontrolldefiziten unverzichtbar. Die Richtigkeit der Angaben in den Abrechnungen kann nur in engen
Grenzen überprüft werden. Kontrollen sind mit erheblichem Aufwand und unsicheren Ergebnissen verbunden. Das System der Abrechnung
beruht deshalb in weitem Maße auf dem Vertrauen, dass der Arzt die erbrachten Leistungen zutreffend abrechnet. Insoweit kommt
der Abrechnungs-Sammelerklärung als Korrelat für das Recht des Arztes, allein aufgrund eigener Erklärungen über Inhalt und
Umfang der von ihm erbrachten Leistungen einen Honoraranspruch zu erwerben, eine entscheidende Funktion bei der Überprüfung
der Abrechnung zu. Aus dieser Funktion der Abrechnungs-Sammelerklärung als Voraussetzung der Vergütung der von dem Vertragsarzt
abgerechneten Leistungen folgt zugleich, dass die Erklärung in den Fällen, in denen sie sich wegen abgerechneter, aber nicht
oder nicht ordnungsgemäß erbrachter Leistungen als falsch erweist, ihre Garantiewirkung nicht mehr erfüllt, es sei denn, es
läge lediglich ein Fall schlichten Versehens vor. Wenn die Garantiefunktion der Abrechnungs-Sammelerklärung entfällt und damit
eine Voraussetzung für die Festsetzung des Honoraranspruches des Arztes fehlt, ist der auf der Honorarabrechnung des Vertragsarztes
in Verbindung mit seiner Bestätigung der ordnungsgemäßen Abrechnung beruhende Honorarbescheid rechtswidrig.
Fraglich ist die Verteilung der objektiven Beweislast. Den Vertragsarzt trifft nach allgemeinen Grundsätzen die objektive
Beweislast dafür, dass der vom ihm geltend gemachte Anspruch besteht. Der "konkrete" Honoraranspruch des Vertragsarztes entsteht
unter der Geltung begrenzter Gesamtvergütung regelmäßig erst nach Prüfung sämtlicher von den Vertragsärzten eingereichten
Abrechnungen und der darauf basierenden Errechnung der möglichen Verteilungspunktwerte (BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R -). Erst dadurch - letztlich also durch den Erlass des Honorarbescheides - konkretisiert sich der bis dahin nur allgemeine
Anspruch des Vertragsarztes auf Honorarteilhabe zu einem der Höhe nach individualisierten Honoraranspruch. Vorher kann der
Vertragsarzt in der Regel nur von einer ungefähren Höhe des zu erwartenden Honorars ausgehen. Auch die Fälligkeit des Honoraranspruchs
tritt erst mit Erlass eines Honorarbescheides ein (BSG, Urteil vom 03.02.2010 - B 6 KA 30/08 R -).
Diese Zusammenhänge deuten an, dass die KV die objektive Beweislast trägt, wenn sich die Voraussetzungen der Richtigstellung
(§ 45 Abs. 3 Satz 1 BMV-Ä) und/oder der Rückforderung (§ 50 SGB X) nicht nachweisen lassen. Unberücksichtigt bliebe dabei allerdings, dass der Vertragsarzt insoweit privilegiert würde, als
er lediglich die Sammelerklärung unterzeichnen müsste (§ 45 Abs. 1 BMV-Ä) und hierdurch die objektive Beweislast dafür, die fraglichen Leistungen erbracht zu haben, auf die KV übergeht. Das ist
mit allgemeinen Beweisgrundsätzen (s. oben) nicht vereinbar und überdehnt die Funktion der Unterschrift des Vertragsarztes.
Daher liegt es die Annahme nicht fern, die objektive Beweislast treffe den Vertragsarzt, wenn die KV die Honorarabrechnung
berichtige. Die Dissonanz löst sich auf, wenn die sachlich-rechnerische Richtigstellung differenziert wird. Berichtigt die
KV die Abrechnung mit dem Honorarbescheid, indem sie Leistungsansätze streicht oder umwandelt, ist der Honoraranspruch weder
entstanden noch gar fällig geworden. Die objektive Beweislast liegt demnach beim Vertragsarzt. Korrigiert die KV den Honorarbescheid
nachträglich, trifft sie die objektive Beweislast, denn sie muss nunmehr eine ihr günstige Tatsache nachweisen, nämlich dass
der erteilte Bescheid rechtswidrig war.
b) Die Abrechnungs-Sammelerklärung als Ganzes ist bereits dann unrichtig, wenn nur eine mit ihr abgegebene Abrechnungsposition
eine unrichtige Angabe über erbrachte Leistungen enthält. Damit entfällt für die KV grundsätzlich die Verpflichtung, als Voraussetzung
der Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides dem Arzt mehr als eine unrichtige Abrechnung pro Quartal nachzuweisen. Sie ist
rechtlich nicht gehalten, in allen Behandlungsfällen, in denen sie unrichtige Abrechnungen vermutet, den Nachweis der Unrichtigkeit
zu führen. Im Ergebnis liegt somit das Honorar-Risiko auf der Seite des Arztes, der in seiner Honorarabrechnung unrichtige
Angaben gemacht hat (BSG, Urteil vom 17.09.1997 - 6 RKa 86/95 -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.03.2011 - L 7 KA 13/11 B ER -). So liegt es hier. Der Senat ist mit dem SG der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Abrechnung der streitbefangenen Leistungen nicht erfüllt sind. Auf die Entscheidung
des SG wird insoweit Bezug genommen (§
153 Abs.
2 SGG). Soweit die Antragstellerin einwendet, dass die Antragsgegnerin nur die Unterlagen für 42 und nicht für 1.118 Fälle angefordert
und ausgewertet habe, lässt sie den aufgezeigten Charakter der Plausibilitätsprüfung unberücksichtigt (hierzu auch Senat,
Urteil vom 13.03.2013 - L 11 KA 87/12 -; Urteil vom 29.02.2012 - L 11 KA 72/08 -).
c) Aus diesen Zusammenhängen folgt die objektive Beweislast. Die Antragstellerin trifft die objektive Beweislast dafür, dass
der von ihr geltend gemachte Anspruch besteht, da die Garantiefunktion der Sammelerklärung nicht mehr greift. Ihr gereicht
es zum Nachteil, wenn sich nicht nachweisen lässt, dass sie die Leistungen im Einklang mit den materiellen und formellen Vorgaben
des Rechts der GKV erbracht hat.
6. Allerdings greift die objektive Beweislast erst, wenn die Antragsgegnerin den Sachverhalt von Amts wegen ermittelt hat
(§ 20 SGB X) oder sie hierauf verzichten konnte, weil die Antragstellerin einer ihr obliegenden Mitwirkungspflicht (s. oben) nicht nachgekommen
ist.
a) Der Untersuchungsgrundsatz (§ 20 SGB X) betrifft jedes Verwaltungsverfahren (§ 8 SGB X) und damit auch für die streitbefangene sachlich-rechnerische Richtigstellung sowie den daraus folgenden Rückforderungsanspruch.
Maßgeblich für die Reichweite der Amtsermittlung ist der jeweilige Gegenstand des Verwaltungsverfahrens. Hierzu müssen alle
Tatsachen ermittelt werden, die für die Verwaltungsentscheidung wesentlich, also entscheidungserheblich sind (Siefert, in:
von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage, 2014, § 20 Rdn. 5; Luthe, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 20 Rdn. 10). Abzustellen ist dabei auf die Sicht der das Verfahren betreibenden Behörde. Diese Pflicht greift indessen nicht
allumfassend. Sie erfährt Einschränkungen.
aa) Ist die vollständige Sachaufklärung nur unter Mitwirkung der Beteiligten möglich, obliegt es der Behörde, auf die vollständige
Tatsachendarstellung durch die Beteiligten hinzuwirken und diese Tatsachendarstellung auf ihre Wirklichkeit hin zu überprüfen
(Siefert, a.a.O., § 20 Rdn. 8). Die Behörde hat das Vorbringen der Beteiligten bei ihren Überlegungen zu berücksichtigen,
auch wenn im Rahmen des § 20 SGB X im Gegensatz zu §
103 Satz 1 Halbs. 2
SGG eine Regelung fehlt, nach der die Beteiligten bei den Ermittlungen heranzuziehen sind. Die Geltung des Untersuchungsgrundsatzes
endet dort, wo die Mitwirkungspflichten der Beteiligten einsetzen (§§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch und § 21 Abs. 2 SGB X). Die Beteiligten sind insbesondere dann gehalten mitzuwirken, wenn es um nur ihnen bekannte Tatsachen geht (vgl. BSG, Urteil vom 13.08.2014 - B 6 KA 41/13 R -). Das wiederum setzt voraus, dass der Beteiligte bestimmte Umstände, auf die er sich berufen will, auch geltend macht (Siefert,
a.a.O., § 20 Rdn. 8). In den § 21 Abs. 2 SGB X zugewiesenen Fallgestaltungen bedeutet dies, dass die Behörde weitere eigene Ermittlungen zugunsten des Beteiligten im Regelfall
nicht mehr anstellen muss, wenn dieser seine Mitwirkungspflichten gröblich verletzt, was dann zur Ablehnung der begehrten
Sozialleistung oder zu sonstigen belastenden Ergebnissen für führen kann. Lediglich wenn der Beteiligte seinen Mitwirkungspflichten
zwar ansatzweise nachgekommen ist, aber nicht in der ihm möglichen Sorgfalt und z.B. Angaben noch unklar oder unvollständig
sind, muss die Behörde vom Amts wegen weiter ermitteln, darf dies aber ggf. in einem verringerten Umfang machen (Luthe, a.a.O.,
§ 20 Rdn. 24).
bb) Die Vorlage der zur Prüfung benötigten Unterlagen gehört zu diesen besonderen Mitwirkungspflichten des Arztes (BSG, Urteil vom 13.08.2014 - B 6 KA 41/13 R -; vgl. auch BSG, Urteil vom 12.10.1994 - 6 RKa 18/93 - und Urteil vom 04.05.1994 - 6 RKa 37/92 -). Kommt der Arzt dem nicht nach, kann er eine darauf beruhende Unvollständigkeit der Sachaufklärung nicht den prüfenden
Stellen anlasten (BSG, Urteil vom 12.10.1994 - 6 RKa 18/93 -). Insbesondere ist der Vertragsarzt gehalten, die entscheidungserheblichen Unterlagen jedenfalls dann von sich aus vorzulegen,
wenn die Notwendigkeit offensichtlich ist. Das ist hier der Fall, wie aus der Leistungslegende zu Kapitel 31.2.2 unschwer
folgt (dazu sogleich). Diese Rechtslage entspricht dem Krankenhausrecht der GKV. Auch in den Fällen, in denen die vom Krankenhaus
vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften offenkundig zweifelhaft oder gar offen umstritten ist, gebietet
§
301 Abs.
1 SGB V dem Krankenhaus, der Krankenkasse die entsprechenden Sachverhalte nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung
der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so wird das Krankenhaus seinen Informationspflichten gerecht und schafft
damit die unerlässliche Basis dafür, dass die Krankenkasse der Abrechnung vertrauen kann (BSG, Urteil vom 17.09.2013 - B 1 KR 51/12 R -). Anderes mag dann gelten, wenn dem Vertragsarzt nach Sachlage nicht deutlich ist, welche Unterlagen die KV für die Abrechnungsprüfung
benötigt und er deswegen nur das vorlegt, was er als geboten ansieht. Dann mag die KV verpflichtet sein, ihn auf defizitäre
Vorbringen hinzuweisen, um konkreten Unterlagen nachzureichen (vgl. BSG, Urteil vom 20.09.1988 - 6 RKa 22/87 -, wonach die Prüfungsausschüsse dem Vertragsarzt u.U. Gelegenheit geben müssen, seinen bisherigen Vortrag zu ergänzen).
b) Vorliegend hat die Antragstellerin ihrem Widerspruch vom 21.09.2015 eine tabellarische Liste beigefügt, die aus ihrer Sicht
belegen soll, dass von den im Regresszeitraum operierten 1.118 Patienten 212 Histologien durchgeführt und 81 Fotodokumentationen
gefertigt wurden. Diese Liste ist tendenziell untauglich, die fraglichen Behauptungen zu beweisen. Sie hat keinen eigenständigen
Beweiswert und reduziert sich auf eine Substantiierung des Vortrags. Beweisrechtlich enthält die Liste konkretisierte Behauptungen.
Im deutschen Rechtssystem sind (substantiierte) Behauptungen eines Klägers, ihm stehe der geltend gemachte Anspruch zu, grundsätzlich
nicht ausreichend, um seiner Klage zum Erfolg zu verhelfen. Es handelt sich um Partei- bzw. Beteiligtenvorbringen. Ausnahmen
greifen dann, wenn der Tatsachenvortrag nicht bestritten wird oder aber Beweiserleichterungen greifen (so im Arzthaftungsrecht
oder ausdrücklich in § 1 Abs. 3 Bundesversorgungsgesetz (BGBl I 1982, 21) i.d.F. vom 13.12.2007). Erachtet es der Gesetzgeber infolge spezifischen Beweisnotstandes ausnahmsweise als ausreichend,
der Entscheidung allein den Vortrag des Antragstellers/Klägers zugrundezulegen, so hat er dies ausdrücklich normiert. Hierzu
rechnet § 15 des Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (zuletzt geändert durch Art. 20 Abs. 3 des
Gesetzes vom 13.12.2007 (BGBl I 2904)):
"Die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, sind, wenn
Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen
sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Verwaltungsbehörde
kann in besonderen Fällen von dem Antragsteller die eidesstattliche Versicherung verlangen, daß er bei seinen Angaben nach
bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe."
Für das Leistungserbringerrecht des
SGB V existiert keine vergleichbare Vorschrift. Die tatsächlichen Grundlagen eines geltend gemachten Anspruchs hat der Kläger zu
behaupten, darzulegen und ggf. zu beweisen. Der Vollbeweis ist erbracht, wenn sich das Gericht die Überzeugung davon verschaffen
kann, dass die betreffende Behauptung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zutrifft (hierzu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,
Zivilprozessordnung (
ZPO), 71. Auflage, 2013, §
294 Rdn. 1 m.w.N.) und der Anspruch im Ergebnis besteht. Gelingt es einem Kläger nicht, dem Gericht diese Überzeugung zu verschaffen
und führt auch eine nötigenfalls von Amts wegen betriebene Sachaufklärung (§
103 Satz 1
SGG) nicht weiter, ist die Klage nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast abzuweisen. Für das auf Schnelligkeit und Vorläufigkeit
angelegte einstweilige Rechtsschutzverfahren greifen einerseits mindere Beweisanforderungen und ist andererseits eine weitere
Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich nicht tunlich. Statt eines Vollbeweises sind die dem Antrag zugrundeliegenden Behauptungen
nur glaubhaft zu machen. Das ist für Regelungs- und Sicherungsanordnung ausdrücklich normiert (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG), greift indes gleichermaßen für die in §
86b Abs.
1 SGG gelisteten Entscheidungsvarianten. Glaubhaftmachung (hierzu §
294 Abs.
1 ZPO) ist weniger als Sicherheit, nämlich nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O.).
Demzufolge kann Beteiligtenvorbringen den geltend gemachten Anspruch nur dann stützen, wenn es unstrittig ist. Äußert sich
der Anspruchsgegner (hier die KV) nicht, kann jedenfalls im Verwaltungsverfahren und im
SGG-Verfahren nicht unbesehen unterstellt werden, die fragliche Tatsache sei nunmehr unstrittig. Auch insoweit gilt, wie im Recht
im Übrigen nicht unbekannt, dass Schweigen grundsätzlich keine Zustimmung ist. Das schließt nicht aus, dass eine Behörde oder
ein Gericht in den Grenzen freier Beweiswürdigung im Einzelfall allein auf der Basis des Vorbringens von Antragsteller/Kläger
die Überzeugung gewinnt, der fragliche Anspruch bestehe, wobei im einstweiligen Rechtsschutzverfahren der geminderte Beweismaßstab
der Glaubhaftmachung (§
294 ZPO) ausreicht.
c) So ist das SG verfahren, indem es die Behauptungen der Antragstellerin wegen der von ihr im Widerspruchsverfahren vorgelegten Patientenliste
und wegen des (vermeintlichen) Nichtbestreitens durch die Antragsgegnerin als glaubhaft angesehen hat. Dem vermag der Senat
nicht zu folgen. Patientenlisten sind z.B. in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung (§
106 SGB V) grundsätzlich nicht geeignet, eine besondere Morbiditätsstruktur des Patientenklientels im Hinblick Praxisbesonderheiten
oder kompensatorische Einsparungen zu beweisen (hierzu Senat, Urteile vom 12.12.2012 - L 11 KA 93/08 -; Urteil vom 19.03.2012 - L 11 KA 136/11 -; Urteil vom 14.12.2011 - L 11 KA 75/10 -; Urteil vom 24.11.2010 - L 11 KA 4/09 -; Urteil vom 15.07.1998 - L 11 KA 144/97 -; Urteil vom 13.05.1998 - L 11 Ka 14/98 -; Urteil vom 19.03.1997 - L 11 Ka 135/96 -; Urteil vom 26.06.1996 - L 11 Ka 112/96
-). Die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände
wie Praxisbesonderheiten obliegt dem Arzt. Die ihm insoweit auferlegte Mitwirkungspflicht und die ihn treffende Darlegungs-
und Feststellungslast berechtigt die Prüfgremien allerdings nicht dazu, sich darauf zu beschränken, pauschal die Nichterfüllung
der insoweit bestehenden Anforderungen festzustellen. Infolge des ihnen eingeräumten Beurteilungsspielraums, dem als Korrektiv
die Bescheidbegründung wesentliche Bedeutung zukommt, müssen sie sich mit substantiierten Darlegungen des Arztes im Einzelnen
auseinandersetzen (BSG, Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 8/14 R -). Das ist auf vorliegende Fallgestaltung zu übertragen. Möglicherweise glaubte die Antragstellerin, im Widerspruchsverfahren
hinreichend vorgetragen zu haben. Ob und inwieweit die Widerspruchsbehörde in einer solche Situation wegen § 20 SGB X gehalten ist, auf defizitäre Vorbringen hinzuweisen, um dem Widerspruchsführer die Möglichkeit einzuräumen, sein aus ihrer
Sicht defizitäres Vorbringen nachzutragen, kann offen bleiben. Vorliegend indessen musste die Antragstellerin aus dem das
Verfahren betreffenden Schreiben der Antragsgegnerin vom 24.02.2014 wissen, dass ihr Vortrag nicht ausreicht. In diesem Schreiben
heißt es: "Im Rahmen der vorgenommenen Überprüfungen haben sich hinsichtlich Ihrer Abrechnung Fragen ergeben. Um diese möglicherweise
schon auf dem Schriftwege klären zu können, bitten wir Sie, alle Ihnen vorliegenden Patientenunterlagen -möglichst in Kopie-
(Karteikarten/Computerausdrucke, Operationsberichte, histologische Befundberichte, Bilder und Befunddokumentationen) für die
in der anliegenden Liste aufgeführten Patienten einzureichen."
Im Übrigen konnte die anwaltlich vertretene Antragsgegnerin aus Bescheid vom 10.07.2015 (S. 3 oben)
"Nach Durchsicht der 42 Behandlungsfälle wurde festgestellt, dass Sie in keinem Fall den histologischen Befund und/oder eine
Bilddokumentation vorlegen konnten. Ihre eingereichten Dokumentationen bestanden lediglich aus Karteikartenauszügen und Arztbriefen."
erkennen, dass die dem Widerspruch beigefügte tabellarische Auflistung aus Sicht der Antragsgegnerin keine Beweiskraft hat.
Ohnehin ist die mittels der Liste aufgestellte Behauptung, Dokumentationen gefertigt zu haben, keine Bilddokumentation i.S.d.
Kapitel 31.2.2, was aus logischen Gründen evident ist und keiner Vertiefung bedarf.
5. Soweit das SG seine Entscheidung auch darauf stützt, dass die Antragsgegnerin die Richtigkeit der Darstellung der Antragsgegnerin im Widerspruchsverfahren
nicht bestritten habe, obwohl sie dazu Gelegenheit gehabt habe, erschließt sich dem Senat der rechtliche Hintergrund nicht.
Das SG hat einen solchen auch nicht ausgemacht. Das Widerspruchsverfahren beginnt mit der Erhebung des Widerspruchs (§
83 SGG). Hiermit bringt der Widerspruchsführer zum Ausdruck, mit dem angefochtenen Bescheid nicht einverstanden zu sein. Auf den
Widerspruch führt die Ausgangsbehörde bzw. die Widerspruchsbehörde das Widerspruchsverfahren durch. Dieses endet grundsätzlich
mit einem Abhilfe- oder einem Widerspruchsbescheid (§
85 Abs.
1 und Abs.
2 SGG). Angesichts dieser Zusammenhänge besteht keine prozessual begründete Pflicht der das Widerspruchsverfahren betreibenden
Behörde, einem Vorbringen des Widerspruchsführers mittels Bestreitens entgegenzutreten. Die Behörde trifft mangels Rechtsgrundlage
auch keine dies fördernde Obliegenheit. Ob und wann eine Behörde wegen § 20 SGB X verpflichtet ist, den Widerspruchsführer auf unzureichendes Vorbringen hinzuweisen und ggf. von Amts wegen weitere Unterlagen
anzufordern, braucht hier - wie ausgeführt - nicht entschieden zu werden. Auch Erwägungen wie Verwirkung, Treu und Glauben,
venire contra factum prium (u. dergl.), greifen angesichts der normativ vorgegebenen Struktur des Widerspruchsverfahrens jedenfalls
vorliegend nicht. Das SG hat sie im Übrigen auch nicht diskutiert.
6. Das Vorbringern der Antragstellerin, dem Senat die Histologiebefunde und Fotodokumentationen zur Prüfung vorzulegen, läuft
dem einstweiligen Charakter des Verfahrens zuwider.
Nach alledem musste die Beschwerde Erfolg haben.
III.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. Hiernach bestimmt sich die Höhe des Streitwertes nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache.
Maßgebend ist grundsätzlich dessen wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens (std. Rspr. des Senats, vgl. Beschlüsse
vom 26.03.2012 - L 11 KA 134/11 B -, 17.10.2011 - L 11 KA 123/10 -, 29.08.2011 - L 11 KA 27/11 B -). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung desStreitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzunehmen. In dem auf einstweiligen Rechtsschutz gerichteten Verfahren kann keine endgültige
Zuweisung der geltend gemachten Forderungen erfolgen. Das zu berücksichtigende Interesse der Antragstellerin war allein darauf
gerichtet, zumindest für die Dauer des Hauptsacheverfahrens das einbehaltene Honorar ausgekehrt zu erhalten, um darüber verfügen
zu können. Das wirtschaftliche Interesse wird mithin durch den Zeitfaktor "Länge des Verfahrens" und durch das Zinsinteresse
bestimmt (vgl. dazu Senat, Beschlüsse vom 07.11.2011 - L 11 KA 110/11 B -, 04.10.2011 - L 11 KA 50/11 B -, 28.02.2011 - L 11 KA 63/10 B - und 31.08.2011 - L 11 KA 24/11 B ER). Das Zinsinteresse ist darauf gerichtet, nicht auf eine etwaige Zwischenfinanzierung angewiesen zu sein. Das erfasst
das erstinstanzliche Hauptsacheverfahren, denn das SG hat seine Regelung hierauf begrenzt. Bei einer geschätzten Dauer des erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens von zwei Jahren
ergibt sich unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Kreditzinses von derzeit ca. 5 % ein Streitwert wie folgt: 5 %
von 38.748,77 EUR x 2 = 3.874,88 EUR.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§
177 SGG).