Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung höheren Elterngeldes unter Berücksichtigung der Steuerklasse III.
Die 1983 geborene Klägerin beantragte am 15.03.2016 die Gewährung von Elterngeld für ihren am 00.00.2016 geborenen Sohn L
F. Für den 1. und 2. Lebensmonat des Kindes werde Basiselterngeld unter Anrechnung von Mutterschaftsgeld (
MuSchG) begehrt, für den 4. - 23. Lebensmonat Elterngeld plus. Vor der Geburt habe sie eine nichtselbstständige Tätigkeit ausgeübt,
in der Zeit vom 09.12.2017 bis 10.02.2018 sei eine nichtselbstständige Tätigkeit mit einem wöchentlichen Umfang von 15 Stunden
geplant. Die Klägerin legte dazu eine Bescheinigung der Techniker Krankenkasse über den Bezug von Mutterschaftsgeld in der
Zeit vom 27.12.2015 bis 07.04.2016 mit einem kalendertäglichen Zahlbetrag von 13,00 Euro vor, ferner die Gehaltsabrechnungen
für die Monate Dezember 2014 bis Januar 2016. Bei dem von ihr erzielten Einkommen wurden danach in den Monaten Dezember 2014
bis Mai 2015 die Steuerklasse I, von Juni bis Juli 2015 die Steuerklasse IV und ab August 2015 die Steuerklasse III berücksichtigt.
Durch Bescheid vom 22.03.2016 bewilligte die Beklagte Elterngeld für den 1. Lebensmonat (11.02. - 10.03.2016) in Höhe von
0 Euro, für den 2. Lebensmonat (11.03. - 10.04.2016) in Höhe von 105,36 Euro und für die Zeit vom 4. - 23. Kalendermonat (11.05.2016
- 10.01.2018) in Höhe von 600,70 Euro monatlich. Bei der Berechnung der Einkünfte der Klägerin wurde dabei die Steuerklasse
I zugrundegelegt.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 04.04.2016 Widerspruch ein, mit dem sie begehrte, bei der Berechnung des Einkommens
die Steuerklasse III zugrundezulegen. Sie führte dazu aus, gemäß § 2c Abs. 3 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sei in ihrem Falle die Steuerklasse III zu berücksichtigen, da die Steuerklasse I nicht in der überwiegenden Zahl der Monate
des Bemessungszeitraums gegolten habe. Damit sei jedoch die Grundregel des § 2c Abs. 3 Satz 1 anzuwenden, wonach die Steuerklasse
des letzten Monats des Bemessungszeitraums zu berücksichtigen sei. Da der Bemessungszeitraum 12 Kalendermonate betrage, käme
eine Anwendung des § 2c Abs. 3 Satz 2 nur dann in Betracht, wenn die abweichende Steuerklasse für einen Zeitraum von mehr
als 6 Monaten vorgelegen habe. In ihrem Falle sei die Steuerklasse aber zweimal geändert worden. Die Ausnahmevorschrift des
Abs. 3 Satz 2 sei nicht so zu verstehen, dass dann die Steuerklasse heranzuziehen sei, die am längsten gegolten habe.
Durch Teilabhilfebescheid vom 05.04.2016 bewilligte die Beklagte Elterngeld für den 2. Lebensmonat in Höhe von 105,36 Euro,
für den 4. - 9. Lebensmonat (11.05. - 10.11.2016) und für den 11. - 24. Lebensmonat (11.12.2016 - 10.02.2018) in Höhe von
jeweils 600,70 Euro monatlich. Den Widerspruch der Klägerin im Übrigen wies die Bezirksregierung Münster durch Widerspruchsbescheid
vom 14.06.2016 als unbegründet zurück. Als Bemessungszeitraum sei hier die Zeit von Dezember 2014 bis November 2015 zugrundezulegen,
da Kalendermonate, in denen Mutterschaftsgeld bezogen worden sei, bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes unberücksichtigt
blieben. Für die Ermittlung der zu berücksichtigenden Steuerklasse seien die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung,
die für den letzten Monat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach § 2c Abs. 1 erstellt worden sei, Grundlage. Mit der neuen
Regelung ab 2013 habe nur noch die Lohnsteuerklasse Bewandtnis für das Elterngeld, die am längsten vor dem Elterngeldbezug
Bestand gehabt habe. Bei einem Wechsel sei darauf zu achten, dass sie mindestens 7 Monate vor der Geburt des Kindes Bestand
habe. Im Falle der Klägerin lägen 6 Lohnabrechnungen mit der Lohnsteuerklasse I, 2 mit der Lohnsteuerklasse IV und 4 mit der
Lohnsteuerklasse III vor. Die Berücksichtigung der Steuerklasse III sei damit nicht möglich, da das BEEG keine Auswahlmöglichkeit vorsehe.
Dagegen richtet sich die am 20.06.2016 erhobene Klage, mit der die Klägerin die Gewährung höheren Elterngeldes unter Zugrundelegung
der Steuerklasse III begehrt. Sie hat vorgetragen, die Zugrundelegung der Steuerklasse I durch die Beklagte widerspreche dem
eindeutigen Wortlaut der Vorschrift des § 2c Abs. 3 Satz 1 BEEG, wonach die Steuerklasse des letzten Monats des Bezugszeitraums zu berücksichtigen sei. Die Ausnahmevorschrift des § 3 Satz
2 sei hingegen nicht einschlägig, da keine Steuerklasse in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums, d.h.
für mehr als 6 Monate gegolten habe. Die Vorschrift sei nicht so zu verstehen, dass die Steuerklasse zu berücksichtigen sei,
die innerhalb des zwölfmonatigen Bemessungszeitraumes am längsten gegolten habe. Eventuell entgegenstehende Verwaltungsvorschriften
seien für die gerichtliche Entscheidung ohne Bedeutung.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 22.03. und 05.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2016
zu verurteilen, ihr höheres Elterngeld unter Berücksichtigung der Steuerklasse III zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Verwaltungs- und Streitakten Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte im Termin vom 24.10.2016 in der Streitsache ohne mündliche Verhandlung gemäß §
124 Abs.
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) entscheiden, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben worden. Sie ist jedoch nicht begründet.
Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtwidrig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von §
54 Abs.
2 SGG. Die Beklagte hat Elterngeld in zutreffender Höhe bewilligt.
Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Elterngeld gemäß § 1 BEEG werden von der Klägerin erfüllt, denn sie hat einen Wohnsitz in Deutschland, lebt mit ihrem Kind in einem Haushalt, betreut
und erzieht das Kind selbst und übt keine oder keine volle Erwerbstätigkeit aus.
Die Höhe des zu gewährenden Elterngeldes bestimmt sich nach § 2 BEEG, hier anwendbar in der ab dem 01.01.2015 gültigen Fassung vom 27.01.2015. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift wird Elterngeld
in Höhe von 67 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag
von 1.800,00 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtige Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.
Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c - 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben
verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
1. nichtselbstständiger Arbeit nach §
2 Abs.
1 Satz 1 Nr.
4 des
Einkommensteuergesetzes sowie 2. Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit nach §
2 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 - 3 des
Einkommensteuergesetzes, die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach §
2b oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs. 3 hat.
Die Bestimmung des der Bemessung zugrundezulegenden Bemessungszeitraumes erfolgt nach § 2b BEEG. Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die 12 Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich (§ 2b Abs. 1 Satz 1 BEEG). Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte
Person u.a. Mutterschaftsgeld nach dem
Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem 2. Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat (§ 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BEEG). Da die Klägerin ab Dezember 2015 Mutterschaftsgeld bezogen hat, hat die Beklagte den Bemessungszeitraum unter Außerachtlassung
dieses Monats zutreffend auf die Zeit von Dezember 2014 bis November 2015 festgelegt.
Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder
Geldeswert über 1/12 des Arbeitnehmer-Pauschbetrages, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e
und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit (§ 2c Abs. 1 Satz 1 BEEG). Welche Steuerklasse zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus Abs. 3 der Vorschrift. Grundlage der Ermittlung der nach den
§§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung,
die für den letzten Monat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Abs. 1 erstellt wurde. Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen
des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe
maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten hat. Unter Berücksichtigung dieser
Vorschriften hat die Beklagte zutreffend die Lohnsteuerklasse I der Berechnung des Elterngeldes zugrundegelegt.
Grundsätzlich ist nach § 2c Abs. 3 Satz 1 für die Feststellung der Lohnsteuerklasse die Angabe in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung,
die für den letzten Monat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Abs. 1 erstellt wurde, maßgeblich. Die Ausnahmevorschrift
des Abs. 3 Satz 2 greift nur ein, soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe
zu einem Abzugsmerkmal geändert hat. Eine solche Steuerklassenänderung ist im Falle der Klägerin nicht nur einmal, sondern
zweimal im Bemessungszeitraum vorgenommen worden. Die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe ist dann maßgeblich, wenn
sie in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten hat. Diese Ausnahmeregelung ist hier einschlägig,
da im Vergleich zu der im letzten Monat des Bemessungszeitraums geltenden Steuerklasse III in der überwiegenden Zahl der Monate
des Bemessungszeitraums -nämlich 6 Monate bezüglich der Steuerklasse I und 2 Monate mit der Steuerklasse IV und damit insgesamt
für 8 Monate- eine abweichende Angabe maßgeblich war. Eine derartige Lesart der Ausnahmevorschrift des Absatzes 3 Satz 2 erscheint
im Hinblick auf Sinn und Zweck der Regelung zulässig. Das Gesetz knüpft nämlich an die im Bemessungszeitraum überwiegend geltende
Steuerklasse mit dem Ziel an, ein annähernd zutreffendes verfügbares Einkommen zu ermitteln (vgl. Dau injurisPR-SozR 2/2015
Anmerkung 4). Im Ergebnis entspricht dies der Bewertung in den Richtlinien des BMFSF zum BEEG (BMFSFJ/211 Ziffer 2c.3.2.2), wonach eine Angabe in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten hat,
wenn sie länger gegolten hat als jeweils die anderen Angaben. Sie muss nicht notwendigerweise in der Hälfte der Monate des
Bemessungszeitraums gegolten haben. Es ergibt sich danach eine Berücksichtigung der Steuerklasse I, die innerhalb des Änderungszeitraums
von 8 Monaten die überwiegende Zahl der Monate gegolten hat. Damit ist dem Willen des Gesetzgebers Genüge getan, der bei der
Berücksichtigung der Steuerklasse auf diejenige abstellen will, die den Bemessungszeitraum geprägt hat, da nur so ein annähernd
zutreffendes verfügbares Einkommen ermittelt werden kann.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.