Anspruch auf eine Verletztenrente in der gesetzlichen Unfallversicherung
Anforderungen an die Feststellung einer MdE nach einer Gesundheitsstörung durch eine Nasenscheidewandverbiegung mit einseitiger
Nasenatmungsbehinderung und Nasenmuschelhyperplasie nach konservativ versorgter Nasenbeinfraktur
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger wegen der Folgen eines Versicherungsfalles vom 14.12.2007 Anspruch auf Verletztenrente nach einer
Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 10 vom Hundert (v.H.) im Rahmen eines Stützrententatbestandes hat.
Der 1980 geborene Kläger erlitt als Profi - Handballer am 14.12.2007 während eines Handballspieles eine Nasenbeinfraktur,
weswegen er notfallmäßig im M-Krankenhaus O behandelt wurde. Mit der Diagnose einer dislozierten Nasenbeinfraktur, dem Verdacht
auf Septumfraktur mit der Differentialdiagnose alte Septumfraktur, Epitaxis rechts und Verdacht auf Schädel-Hirn-Trauma wurde
er vom 14.12.2007 bis 15.12.2007 stationär überwacht. Ausweislich des Krankenhausberichts vom 04.05.2009 wurde eine Nasenatmungsbehinderung
verneint, ein Zustand nach vorherigem Nasentrauma mit Schiefnase notiert und ein Septumhämatom ausdrücklich nicht befundet.
Am 27.12.2008 erlitt der Kläger bei einem weiteren Handballspiel einen erneuten Unfall, bei dem er sich das linke Knie verletzte.
Aufgrund dieses Unfalls gewährte die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 24.04.2014 bis 29.01.2017 eine Verletztenrente
nach einer MdE von 20 v.H. und verpflichtete sich zudem, ab dem Zeitraum vom 30.01.2017 eine Rente im Rahmen eines Stützrententatbestandes
von 10 v.H. zu gewähren, soweit eine weitere Stützrente gegeben sei (Bescheid vom 09.06.2017).
Am 07.09.2010 zog sich der Kläger ein weiteres Nasentrauma im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit zu.
Mit Schreiben vom 06.11.2013 beantragte der Klägerbevollmächtigte, in Ansehung eines etwaigen Stützrententatbestandes wegen
der Folgen des Unfalls vom 14.12.2007 eine Verletztenrente festzusetzen. Entsprechend veranlasste die Beklagte eine Begutachtung
nach Auswahl des Klägers durch den Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. T. Dieser kam in seinem Rentengutachten vom 27.01.2014 zu dem
Ergebnis, dass als Unfallfolgen des Ereignisses vom 14.12.2007 eine leichte Schiefnase, massive Nasenatmungsbehinderung durch
massive Nasenscheidewandverbiegung und eine Nasenmuschelhyperplasie anzusehen seien. Die funktionelle Einschränkung schätzte
er ab dem 19.12.2007 auf Dauer mit einer MdE von 20 v.H. ein.
Daraufhin holte die Beklagte eine beratende fachärztliche Stellungnahme vom 24.06.2014 des Hals -Nasen -Ohren Arztes Dr. O1
ein. Dieser führte aus, es sei nicht eindeutig feststellbar, welche Verletzungsfolgen vom ersten dargestellten Trauma am 14.12.2007
herrührten. Im Behandlungsbericht sei angegeben worden, es bestünde der Zustand nach vorherigem Nasentrauma mit Schiefnase.
Später sei radiologisch eine dislozierte Nasenbeinstückfraktur nachgewiesen worden. Außerdem sei mehrfach über einen weiteren
Sportunfall am 07.09.2010 und eine erhebliche, gar verlegende Nasenseptumdeviation als Ursache der Nasenatmungsbehinderung
berichtet worden. Zutreffend sei bei einer doppelseitigen Verengung der Nasengänge durch eine massive Septumdeviation, dadurch
kompensatorisch ausgelöster Nasenmuschelhyperplasie der Gegenseite und der nachfolgend ausgeprägt starken Nasenatmungsbehinderung
der Grad der MdE mit 20 v.H. einzuschätzen.
Nachdem der Klägerbevollmächtigte auf Nachfrage der Beklagten mitgeteilt hatte, der Kläger habe vor dem Unfall vom 14.12.2007
keine Beschwerden im Nasenbereich gehabt, holte die Beklagte eine erneute beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. O1 vom
10.12.2014 ein. Darin regte der Beratungsarzt eine weitere Untersuchung des Klägers durch Rhinomanometrie an und führte ferner
aus, dass bei einer möglicherweise nur einseitig bestehenden massiven Nasenatmungsbehinderung eine MdE von 10 v.H. infrage
käme, eine beidseitig gestörte Nasenatmung sei mit einer MdE von 20 v.H. zu bewerten.
Auf Veranlassung der Beklagten wurde sodann durch die HNO-Gemeinschaftspraxis am D am 10.02.2015 und am 02.07.2015 mittels
einer Rhinomanometrie der Nasendurchfluss beim Kläger gemessen. Nach Auswertung des Rhinomanometrie-Protokolls vom 02.07.2015
beschrieb Dr. O1 in einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 05.08.2015 eine verlegende Septumdeviation links
mit funktioneller Störung mit fast aufgehobener Nasenluftpassage links. Die MdE sei bei einseitiger Nasenatmungsbehinderung
mit unter 10 v.H. einzuschätzen, auch bei einseitig verlegter Nasenatmung. Dabei bezog er sich auf das "Kursbuch der ärztlichen
Begutachtung" von Ludolph/Schürmann/Gaidzik.
Mit Bescheid vom 02.09.2015 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Verletztenrente wegen des Versicherungsfalles vom 14.12.2007
ab. Die Erwerbsfähigkeit sei über die 26. Woche nach Eintritt des Versicherungsfalles nicht in messbarem Grade, wenigstens
10 v.H., gemindert.
Unter der Überschrift "Begründung" führte die Beklagte sodann im 2. Absatz folgendes aus:
Als Folgen Ihres Versicherungsfalles werden anerkannt:
Nasenscheidewandverbiegung nach links mit einseitiger Nasenatmungsbehinderung und Nasenmuschelhyperplasie nach konservativ
versorgter Nasenbeinfraktur.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger über seine Bevollmächtigten teilweise Widerspruch ein, zu dessen Begründung er ausführte,
die rhinomanometrische Messung habe eine fast vollständig aufgehobene Nasenluftpassage links im Sinne einer schweren einseitigen
Nasenatmungsbehinderung ergeben. Maßgeblich sei nicht das "Kursbuch der ärztlichen Begutachtung", sondern das Begutachtungswerk
"Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohrenarztes" von Feldmann/Brusis, 7. Aufl. 2012. Danach wäre die Verengung der Nasengänge einseitig
je nach Atembehinderung mit einer MdE von 0-10 v.H. zu bewerten. Da es keine schwerere einseitige Nasenatmungsbehinderung
als beim Kläger geben könne, sei die MdE mit einer MdE von 10 v.H. einzuschätzen. Zu berücksichtigen sei auch die leichte
Schiefnase als einfache, kosmetisch nur wenig störende Entstellung des Gesichts.
Hierauf erwiderte die Beklagte, dass die in dem Werk von Feldmann/Brusis genannten Erfahrungswerte in der gesetzlichen Unfallversicherung
nicht analog anwendbar seien, da sich diese explizit auf die Grad der Behinderung (GdB)/Grad der Schädigungsfolgen (GdS) -Sätze
der Versorgungsmedizin bezögen. Auch die leichte Schiefnase würde keine messbare MdE begründen. Der Versicherte müsste nachweislich
an einer seelischen Störung leiden. Nachdem der Klägerbevollmächtigte weiterhin den Widerspruch aufrechterhielt, wies die
Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2016 unter Bezugnahme auf das "Kursbuch der ärztlichen Begutachtung"
von Ludolph/Schürmann/Gaidzig zurück.
Der Kläger hat am 18.03.2016 unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens im Widerspruchsverfahren Klage bei dem Sozialgericht
Dortmund erhoben.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 02.09.2015 in der Gestalt des Wiederspruchsbescheids vom 18.02.2016 teilweise aufzuheben und
die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 24.04.2014 wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 14.12.2007 eine Rente auf unbestimmte
Zeit nach eine eine MdE von 10 v.H. im Rahmen eines Stützrententatbestandes (weiterer Unfall vom 27.12.2008) zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Hals-Nasen-Ohren-ärztlichen Fachgutachtens von Dr. C vom 14.07.2016.
Dr. C kam nach ambulanter Untersuchung des Klägers abschließend zu dem Ergebnis, dass aktuell keine Gesundheitsstörungen bestünden,
die mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 14.12.2007 zurückzuführen seien. Es bestünde eine geringe
äußere Deformität der Nase durch eine minimale knorpeligen Schiefnase nach rechts sowie eine starke Deformität der Nasenscheidewand
und eine Nasenmuschelhyperplasie beidseits mit beidseitiger Störung der Nasenatmung. Diese seien ebenso wie die beklagten
Kopfschmerzen unfallunabhängig einzuordnen. Typisch für eine traumabedingte Nasenscheideverbiegung sei das Abrutschen der
Nasenscheidewand vom Nasenboden, was hier nicht gegeben sei. Zudem habe es in der Erstversorgung in der Hals-Nasen-Ohren Klinik
keine sicheren Hinweise für ein Frakturgeschehen der Nasenscheidewand wie z.B. ein Septumhämatom, eine Schleimhautverletzung,
ein mobiles Septum oder aus der Schleimhaut der Nasenscheidewand herausragende Knorpelstücke oder eine Instabilität der äußeren
oder inneren Nase gegeben. Die Konfiguration beim Kläger mit überlangem und subluxierten Spannungsseptum spräche eher für
ein kindliches Nasentrauma bzw. ein Trauma im jugendlichen Alter während der Wachstumsphase. Alle Fakten sprächen nicht für
einen kausalen Zusammenhang der Gesundheitsstörung des Klägers mit dem Arbeitsunfall vom 14.12.2007. Wegen der weiteren Einzelheiten
wird auf das Gutachten vom 14.07.2016 Bezug genommen.
Der Klägerbevollmächtigte hat dem Sachverständigengutachten entgegengehalten, in dem nur teilweise angefochtenen Bescheid
vom 02.09.2015 seien als Folgen des Versicherungsfalles eine Nasenscheidewandverbiegung nach links mit einseitiger Nasenatmungsbehinderung
und Nasenmuschelhyperplasie nach konservativ versorgter Nasenbeinfraktur anerkannt worden. Streitig sei lediglich die MdE-Bewertung
dieser Unfallfolgen. Dies verkenne der Sachverständige.
Dem hat die Beklagte widersprochen. Mit dem Bescheid vom 02.09.2015 seien keine Unfallfolgen verbindlich anerkannt worden.
Die materielle Bindungswirkung beschränke sich auf den Verfügungssatz. Die aufgezählten Unfallfolgen seien lediglich zu Begründung
der Ablehnung einer Rente aufgeführt worden.
Das Sozialgericht hat eine ergänzende Stellungnahme bei Dr. C vom 14.11.2016 eingeholt. Dieser führte unter Zugrundelegung
der im Bescheid aufgeführten Unfallfolgen aus, dass aufgrund des Ergebnisses der bei ihm vorgenommenen Rhinomanometrie mit
hochgradiger Einschränkung der nasalen Luftpassage links die MdE für die einseitige hochgradige Nasenatmungsbehinderung unter
Bezugnahme auf Feldmann/Brusis "Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohrenarztes" mit 10 v.H. einzuschätzen sei.
Dem ist die Beklagte entgegengetreten, "Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohrenarztes" von Feldmann/Brusis lege eine GdB-Einschätzung
zugrunde. Maßgeblich sei stattdessen das "Kursbuch der ärztlichen Begutachtung" von Ludolph/Schürmann/Gaidzig, wonach eine
MdE unter 10 v.H. anzusetzen sei.
Daraufhin hat der Klägerbevollmächtigte einen Auszug aus dem "Kompendium der medizinischen Begutachtung von Peters/Ekkerskamp/Wich"
(Stand November 2003) überreicht, ausweislich dessen die einseitige Verengung der Nasengänge mit Belüftungsstörung der Nasennebenhöhlen
und Atembehinderung eine MdE von bis zu 10 v.H. bedingen könne.
In einer weiteren vom Sozialgericht eingeholten ergänzenden Stellungnahme von Dr. C verblieb dieser bei seiner MdE-Bewertung.
Bei dem Werk von Feldmann/Brusis werde auf den rein formalen Unterschied zwischen GdB und MdE verwiesen, so dass ein GdB von
10 v.H. mit einer MdE von 10 v.H. gleichgesetzt werden könne.
Nach Überreichen eines Auszug aus "Ludolph/Schürmann/Gaidzik, (Ausgabe 12/2012) zur MdE-Bewertung bei einseitig verlegter
Nasenatmung durch die Beklagte, hat der Klägerbevollmächtigte entgegengehalten, Standardwerk für Hals-Nasen-Ohren-Angelegenheiten
sei Feldman/Brusis, zudem sei die MdE-Bewertung eine Schätzung und kein schemenhaftes Formelwerk. Dr. C habe diesen ihm durch
die Erfahrungswerte eröffneten Einschätzungsspielraum nicht überschritten.
Daraufhin hat die Beklagte erwidert, es käme bei der MdE-Bewertung insbesondere auf den Umfang der sich aus der Beeinträchtigung
des körperlichen und geistigen Leistungsvermögen ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeit auf dem gesamten Gebiet des Erwerbsleben
an. Dieser Umfang liege hier eindeutig unter 10 v.H. Der Kläger führe als Profisportler trotz einer einseitigen Nasenatmungsbehinderung
weiter seinen Leistungssport wettbewerbsfähig aus.
Mit Schreiben vom 15.04.2019 hat der Klägerbevollmächtigte auf das Prinzip des abstrakten Schadensausgleiches hingewiesen,
sowie auf die aufgrund der Mundatmung im Leistungssport untergeordnete Rolle der Nasenatmung. Er hat zudem noch einen Auszug
aus Mehrhoff/Eckenkamp/Wich, "Unfallbegutachtung", 14. Aufl. 2019, überreicht, in welchem die MdE für eine behinderte Nasenatmung
durch Verengung der Nasengänge einseitig je nach Atembehinderung mit einer MdE von 0-10 v.H. eingeschätzt wird.
Mit Urteil vom 12.08.2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die von der Beklagten mit Bescheid vom 02.09.2015 anerkannten
Unfallfolgen entfalteten zwar Bindungswirkungen und seien auch bei der Bewertung der MdE zugrunde zu legen. Dies ergebe sich
aus der Auslegung des Bescheides und dem nicht ins Gegenteil zu verkehrenden objektiven Sinngehalt des Textes des Bescheids
"Als Folgen des Unfalls werden anerkannt:". Soweit sich die Beklagte darauf stütze, dieser Text sei allein zur Begründung
der Rentenablehnung aufgeführt worden und insoweit Bezug nehme auf das Urteil des BSG vom 22.06.2004 sei dem nicht zu folgen. Zwar befinde sich die Auflistung der Folgen unterhalb der fett gedruckten Worte "Begründung",
allerdings sei der Satz " Als Folgen des Versicherungsfalls werde anerkannt:" nicht nur fett, sondern zudem unterstrichen
abgedruckt und hebe sich aus dem gesamten Druckbild des Bescheides als deutlich augenfälliger hervor. Damit sei auch optisch
nicht mehr erkennbar, dass es sich dabei um einen Unterpunkt einer Begründung und nicht um eine verbindlich eigene Feststellung
handeln solle.
Dennoch erreichten die festgestellten Unfallfolgen keine MdE von 10 v.H. Die klägerseits vorgetragenen Erfahrungswerte aus
"Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohrenarztes" von Feldmann/Brusis seien nicht heranzuziehen, da sich die dort niedergelegten
Grundsätze ausdrücklich auf den GdB bzw. GdS bezögen. Auch sei der Unterschied zum Bewertungssystem der MdE und der GdB bzw.
GDS nicht ein rein formaler, denn der GdB und der GdS berücksichtigten nicht nur Funktionsausfälle, die sich auf das Gesamtgebiet
des allgemeinen Erwerbslebens bezögen, sondern darüber hinaus auch die Auswirkungen der Gesundheitsstörungen in allen Lebensbereichen.
Auch bei Zugrundelegung der vom Kläger darüber hinaus angegebenen Werke "Das Kompendium der medizinischen Begutachtung" von
Peters/Ekkernkamp/Wich (Stand November 2003) bzw. "Unfallbegutachtung" von Merkhoff/Ekkernkamp/Wich (2019) sei als Erfahrungswert
für eine einseitige Verengung der Nasengänge - je nach Atembehinderung - eine MdE von 0-10 v.H. anzusetzen. Die Kammer deute
diese Staffelung so, dass bei (einseitig) gänzlich fehlender Nasenatmungsbehinderung eine MdE von 0 v.H. und erst bei einseitig
kompletter Nasenatmungsbehinderung eine MdE von 10 v.H. angesetzt werden könne. Beim Kläger liege jedoch keine einseitige
komplette Nasenatmungsbehinderung vor. Der Umfang der einseitigen Nasenatmungsbehinderung sei im streitgegenständlichen Bescheid
nicht festgestellt worden. Die Feststellung des Sachverständigen hätten in der Rhinomanometrie einen, wenn auch äußerst geringen,
so jedoch vorhanden Luftdurchfluss für den linken Nasengang ergeben, und der gerichtliche Sachverständige habe die einschränkende
Luftpassage als hochgradig, hingegen nicht als vollständig bezeichnet. Das Gericht sei daher seinen Feststellungen, nicht
hingegen seiner Bewertung der MdE gefolgt, auch weil letztere sich auf den GdB und den GdS, nicht hingegen auf das System
der MdE bezogen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug
genommen.
Gegen das am 28.08.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger durch seinen Klägerbevollmächtigten am 26.09.2019 Berufung eingelegt.
Der Kläger vertritt unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens die Auffassung, die im Bescheid vom 02.09.2015
anerkannten Unfallfolgen einer Nasenscheidewandverbiegung nach links mit einseitiger Nasenatmungsbehinderung und Nasenmuschelhyperplasie
nach konservativ versorgter Nasenbeinfraktur bedinge eine MdE von 10 v.H. Die vom Sozialgericht Dortmund vorgenommene Auslegung
dergestalt, erst bei einer einseitigen kompletten, d.h. aufgehobenen Nasenatmungsbehinderung eine MdE mit 10 v.H. zu bewerten,
stehe der eindeutige Wortlaut der genannten Erfahrungswerte entgegen. Es werde in den Erfahrungswerten von Verengungen der
Nasengängen und Atembehinderungen und nicht von einem Verschluss der Nasengänge und einer komplett unmöglichen oder aufgehobenen
Nasenatmung gesprochen. Der Gutachter Dr. T habe eine massive Nasenatmungsbehinderung angegeben. Ferner habe der Gerichtssachverständige
von einer linksseitigen hochgradigen Nasenatmungsbehinderung gesprochen und die rhinomanometrische Untersuchung vom 02.07.2015
habe bei einem Wert von 98 cm³/s bei einem Flow von 150 Pa eine fast vollständig aufgehobene Luftpassage links im Sinne einer
schweren einseitigen Nasenatmungsbehinderung ergeben. Der Sachverständige Dr. C habe in der von ihm vorgenommenen Rhinomanometrie
bei einer Druckdifferenz von 150 Pa kaum linksseitig ein Durchfluss für Luft messen können. Ausweislich des Messprotokolls
habe der Luftfluss linksseitig bei einem Flow von 150 Pa gerade einmal 17 ml/s betragen. Es könne keine schwerere einseitige
Nasenatmungsbehinderung bestehen, als die beim Kläger vorhandene.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
1.
Das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.08.2019 zum Aktenzeichen S 21 U237/16 wird aufgehoben.
2.
Der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.02.2016 wird teilweise aufgehoben
3.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger wegen der mit Bescheid vom 02.09.2015 rechtskräftig anerkannten Unfallfolgen des
Versicherungsfalls vom 14.12.2007 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 10 v.H. im Rahmen eines Stützrententatbestandes
zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bleibt bei der Auffassung dass eine einseitige Nasenatmungsbehinderung keine MdE von 10 v.H. bedinge. Dies gelte insbesondere,
da zusätzlich zur Nasenatmung immer auch die Mundatmung zur Verfügung stünde. Die Notwendigkeit zu einer erneuten Rhinomanometrie
sei nicht gegeben. Der Ausführung von Dr. C, dass bei dem Kläger eine linksseitige hochgradige Nasenatmungsbehinderung vorliege,
schließe man sich an.
Nachdem der Klägerbevollmächtigte auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt hatte, dass der Kläger aktuell nicht wegen der Unfallfolgen
in ärztlicher Behandlung sei, hat das Gericht eine weitere ergänzende Stellungnahme zur Beeinträchtigung der Nasenatmung links
durch die Nasenscheidewandbehinderung sowie zur Einschätzung der MdE unter Zugrundelegung der Erfahrungswerte aus Mehrhoff/Eckenkamp/Wich
(2019) bzw. Bereiter Hahn/Mertens (Erg. -Lfg. 4/18) von Dr. C eingeholt. Dieser hat in seiner gutachtlichen Stellungnahme
vom 12.10.2020 ausgeführt, dass bei einer Rhinomanometrie bei einer Druckdifferenz von 150 Pa Werte zwischen 300 und 500 ml/s
(je Seite) als normal gelten würden. Eine Rhinomanometrie diene jedoch in der täglichen Praxis vornehmlich als Orientierungshilfe
neben der wichtigeren Inspektion der inneren Nase zur Beurteilung einer Nasenatmungsbehinderung. Die Untersuchungsergebnisse
der Rhinomanometrie unterlägen größeren Schwankungen aufgrund äußerer Faktoren (Temperatur, Luftfeuchtigkeit etc.) und innerer
Faktoren (natürlicher Nasenzyklus, Reizung der Schleimhäute etc.). Bei dem Kläger sei bei allen drei erfolgten Untersuchungen
eine deutliche eingeschränkte Nasenatmung linksseitig gezeigt worden. Die nasale Luftpassage bei 150 Pa sei rechts am 10.02.2015
mit 989 ml/s gemessen worden und sei am 02.07.2015 und am 13.06.2016 bei der ersten Messung nicht messbar gewesen. Bei der
zweiten Messung am 13.06.2016 nach Gabe von abschwellenden Nasentropfen sei eine Luftpassage von 442ml/s gemessen worden.
Linksseitig habe die Luftpassage am 10.02.2015 241 ml/s, am 02.07.2015 98 ml/s und am 13.06.2016 bei der ersten Messung 136
ml/s und bei der zweiten Messung am 13.6.2016 nach Gabe von abschwellenden Nasentropfen nach einer paradoxen Reaktion mit
17 ml/s gemessen worden. Aus den Messdaten der Rhinomanometrie ließe sich jedoch keine MdE direkt ableiten. Es existierten
einerseits keine allgemein anerkannten Normwerte, aus denen gutachterlich der Schweregrad einer Nasenatmungsbehinderung abgeleitet
werden könne, andererseits keine Tabellen, aus denen sich aus den Messwerten eine MdE ableiten ließe. Bei erneuter Prüfung
der vorliegenden Befunde des Klägers schätze er unter Zugrundelegung der MdE-Erfahrungswerte aus Mehrhoff/Eckenkamp/Wich sowie
aus Bereiter-Hahn/Mehrtens die MdE für den Kläger mit unter 10 v.H. ein und stimme mit dem Beratungsarzt Dr. O1 in seiner
Stellungnahme vom 05.08.2015 überein.
Mit Schriftsätzen vom 26.02.2021 und vom 25.02.2021 haben die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogenen Verwaltungsakten
Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der Beratung war.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte gem. §
153 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m. §
124 Abs.
2 SGG aufgrund des von den Beteiligten erteilten Einverständnisses ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ( §
54 Abs.
4 SGG ) zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht
in dessen Rechten. Der Kläger hat aus dem Versicherungsfall vom 14.12.2007 keinen Anspruch auf eine Verletztenrente, auch
nicht unter Berücksichtigung eines Stützrententatbestands.
Als Verletztenrente ist dem Versicherten nach § 56 Abs. 1 Satz 1 , Abs.
3 Satz 2, 2. Halbsatz Siebtes Buch - Sozialgesetzbuch - (
SGB VII) der Teil der Vollrente zu gewähren, der dem Grad der durch den Unfall verursachten MdE entspricht, solange die Erwerbsfähigkeit
des Verletzten in Folge des Arbeitsunfalls um wenigstens 1/5 (=20 vH.) über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus
gemindert ist. Ist bei Versicherten die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze
zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht gemäß §
56 Abs.
1 S. 2
SGB VII für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (Stützrententatbestand). Die Folgen eines Versicherungsfalls
sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern ( §
56 Abs.
1 S. 3
SGB VII ).
Die MdE richtet sich gemäß §
56 Abs.
2 S. 1
SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten
Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Es ist auf den Maßstab der individuellen Erwerbsfähigkeit
des Verletzten vor Eintritt des Versicherungsfalls abzustellen (BSG, Urteil v. 26.11.1987 - 2 RU/87, juris). Maßgeblich ist aber - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht die konkrete Beeinträchtigung
im Beruf des Versicherten, sondern eine abstrakte Berechnung (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung,
Stand 3/2017, § 56 Rz. 10.1).
1. Für die Feststellung einer rentenberechtigenden MdE sind zunächst nur solche Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen, die
entweder als Gesundheitserstschäden kausal (haftungsbegründende Kausalität) auf das Unfallereignis selbst oder als Gesundheitsfolgeschäden
kausal (haftungsausfüllende Kausalität) auf den Gesundheitserstschaden bzw. die Gesundheitserstschäden zurückzuführen sind.
a) Als für die MdE relevante Gesundheitsstörung ist hier allein eine Nasenscheidewandverbiegung nach links mit hochgradiger
einseitiger Nasenatmungsbehinderung mit Nasenmuschelhyperplasie zu berücksichtigen.
Auch wenn die Gesundheitsbeeinträchtigung grundsätzlich in einem notwendigen ursächlichen Zusammenhang mit der schädigenden
Einwirkung stehen muss und nach dem Gutachten von Dr. C keine unfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen sowie Funktionseinschränkungen
gegeben sind, hat die Beklagte mit Bescheid vom 02.09.2015 eine Nasenscheidewandverbiegung nach links mit einseitiger Nasenatmungsbehinderung
und Nasenmuschelhyperplasie nach konservativ versorgter Nasenbeinfraktur bindend als Folgen des Arbeitsunfall vom 14.02.2007
anerkannt. Wegen der rechtlichen Voraussetzungen der verbindlichen Feststellung von Unfallfolgen wird gemäß §
153 Abs.
2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Danach hat das Sozialgericht die Voraussetzungen
einer Bindungswirkung nach §
77 SGG hier zu Recht und mit zutreffenden Gründen, denen der Senat sich nach eigener Prüfung anschließt, bejaht. Die im streitgegenständlichen
Bescheid über die Ablehnung einer Rente getroffenen Feststellungen zu den Folgen des Arbeitsunfalles sind mit Bindungswillen
getroffen worden. Diese Bindungswirkung bleibt grundsätzlich bestehen, auch wenn die ursprünglich dem Anerkenntnis zugrundeliegende
ärztliche Beurteilung sich später als unrichtig erweisen sollte (so bereits BSG, Urteil vom 29.01.1971- 2 RU 161/68 -, Juris).
b) Über diese im Bescheid vom 02.09.2015 anerkannten Unfallfolgen hinaus sind jedoch keine weiteren unfallbedingten Gesundheitsstörungen
ersichtlich und werden auch klägerseits nicht mehr vorgetragen.
Soweit der Klägerbevollmächtigte in seinem Schriftsatz vom 09.11.2020 unter Verweis auf einen Luftflusswert von 17 ml/s vorbringt,
es handele sich beim Kläger nicht nur um eine hochgradige, sondern de facto sogar um eine vollständig aufgehobene Nasenatmung,
folgt dem der Senat nicht. Dr. C hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 12.10.2020 nachvollziehbar ausgeführt, dass die
Untersuchungsergebnisse der Rhinomanometrie größeren Schwankungen aufgrund äußerer und innerer Faktoren unterliegen und die
Messung der Luftpassage am 13.06.2016 von 17 ml/ s linksseitig auf eine paradoxe Reaktion nach Gabe von abschwellenden Nasentropfen
zurückzuführen war. Betrachtet man die Luftpassage linksseitig bei 150 PA bei allen Messungen, schwanken die Werte von 17
ml/s, über 98 ml/s, über 136 ml/s bis zu 241 ml /s bei Normwerten von 300 bis 500 ml/s (je Seite).
2. Die im Bescheid vom 02.09.2015 anerkannten Gesundheitsstörungen in Form einer Nasenscheidewandverbiegung nach links mit
einseitiger Nasenatmungsbehinderung und Nasenmuschelhyperplasie nach konservativ versorgter Nasenbeinfraktur und die dadurch
eingetretene Funktionsbeeinträchtigung rechtfertigen keine MdE von wenigstens 10 v.H. Dies ergibt sich auch bei Zugrundelegung
sämtlicher in der medizinischen Fachliteratur leicht abweichenden MdE-Bewertungen unter Berücksichtigung der konkret festgestellten
Beeinträchtigungen des Leistungsvermögens des Klägers.
Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht nach §
128 Abs.
1 Satz 1
SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Neben der Feststellung der Beeinträchtigung
des Leistungsvermögen des Versicherten ist dabei die Anwendung medizinischer sowie sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen
bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem
gesamten Gebiet des Erwerbslebens erforderlich. Als Ergebnis dieser Wertung ergibt sich die Erkenntnis über den Umfang der
dem Versicherten versperrten Arbeitsmöglichkeiten. Hierbei kommt es stets auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an (vgl.
BSG, Urteil vom 02.05.2001 - B 2 U 24/00 R , zitiert nach Juris). Bei der Bewertung der MdE ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher maßgebend, sondern vielmehr
der damit verbundene Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten (vgl.
BSG, Urteile vom 20.12.2016 - B 2 U 11/15 R und vom 22.06.2004 - B 2 U 14/03 R , beide zitiert nach Juris). Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten durch Unfallfolgen
beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit
derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit des Verletzten auswirken, sind zwar nicht verbindlich, bilden aber
eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf
beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind
(vgl. BSG, Urteil vom 23.04.1987 - 2 RU 42/86 , zitiert nach Juris). Darüber hinaus sind bei der Beurteilung der MdE auch die von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen
und medizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht im Einzelfall bindend
sind, aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Beurteilung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis
bilden (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2016 - B 2 U 11/15 R , zitiert nach Juris).
Nach diesen Grundsätzen bedingen die nach den vorstehenden Ausführungen als unfallbedingt zu berücksichtigenden Unfallfolgen
keine MdE von mindestens 10 v.H. Die im versicherungsrechtlichen und medizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze
vermögen eine MdE von 10 v.H. nicht zu begründen.
Wie vom Sozialgericht zutreffend ausgeführt, führen Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit in der
9. Auflage keinerlei Angaben zu einer Nasenatmungsbehinderung auf und die Angaben in Bereiter-Hahn/ Mehrtens, Gesetzliche
Unfallversicherung, Anhang 12, erg. Lfg.4/18, die eine Verengung der Nasengänge mit Atembehinderung mit einer MdE von 10-20
v.H. einschätzen, beziehen sich nur auf eine beidseitige Atembehinderung.
Zieht man die MdE -Tabelle im "Kursbuch der ärztlichen Begutachtung von Ludolph/Schürmann/Gaidzig heran, ist der vom Kläger
erlittene Funktionsverlust mit einer MdE unter 10 v.H. zu bewerten. Dort wird unter Ziffer 5 a Nasenatmung - einseitig verlegt,
also nicht möglich - eine MdE von unter 10 v.H. und unter Ziffer 5 b Nasenatmung - beidseitig eingeschränkt - eine MdE von
10 - 20 v.H. angegeben.
Sofern der Kläger sich stattdessen auf das Kompendium der Medizinischen Begutachtung von Peters/Ekkernkamp/Wich (Stand November
2003) beruft, wird dort lediglich ausgeführt, dass eine einseitige Verengung der Nasengänge mit Belüftungsstörung der Nebenhöhlen
und Atembehinderung eine MdE von bis zu 10 v.H. bedingen kann. Eine Belüftungsstörung der Nebenhöhlen ist vorliegend aber
weder verbindlich im Bescheid anerkannt, noch als mittelbare Unfallfolge ersichtlich oder vorgetragen. Im Gutachten von Dr.
T wird ausdrücklich nur eine Einschränkung der Nasenatmung festgestellt. Auch im Gutachten von Dr. C sowie auch vom Kläger
selber werden keine weiteren Folgen wie Nebenhöhlenaffektionen, höhere Infektanfälligkeit, Geruchs- oder Geschmacksstörungen
beschrieben.
Auch der vom Klägerbevollmächtigte erfolgte Verweis auf die in "Unfallbegutachtung" (Mehrhoff/Ekkernkamp/Wich), 14. Auflage
zur Nasenatmungsbehinderung enthaltene MdE- Tabelle führt nicht zu anderen Erkenntnissen über den Umfang der letztlich dem
Kläger versperrten Arbeitsmöglichkeiten. Die dort wörtlich nach den "Richtwerte(n) von Feldmann" aufgeführte MdE-Bewertung
übernehmen lediglich die identische von Feldmann und Brusis im Werk "Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohren Arztes" ausdrücklich
zur Einschätzung der GdB und GdS vorgenommenen Beurteilung der einseitigen Nasenatmungsbehinderung (S. 381) ohne Berücksichtigung
der unterschiedlichen Bewertungssysteme. Wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, berücksichtigen GdB und
GdS nicht nur Funktionsausfälle, die sich auf das gesamte Erwerbsleben beziehen, sondern darüber hinaus auch die Auswirkungen
der Gesundheitsstörungen in allen Lebensbereichen. Damit liegt der Bemessung eines GdB und/oder GdS ein anderer Maßstab zu
Grunde.
Selbst wenn man diese Erfahrungswerte für eine Einschätzung der MdE zugrunde legen würde, ergäbe sich zur Überzeugung des
Senats keine MdE von mindestens 10 v.H. Dabei stützt sich der Senat zunächst auf die plausible Einschätzung des Sachverständigen
Dr. C in seiner Stellungnahme vom 12.10.2020, der nunmehr nach näherer Erläuterung der verschiedenen Rhinomanometrien unter
Anwendung dieser Erfahrungssätze in Übereinstimmung mit dem Beratungsarzt Dr. O1 die MdE mit unter 10 v.H. einschätzt. Dem
widerspricht auch nicht der Wortlaut der von Mehrhoff/Ekkernkamp/Wich angegebenen Erfahrungssätze. Dort wird in Übereinstimmung
mit den GdS bzw. GdB-Richtwerten von Feldmann/Brusis für eine behinderte Nasenatmung durch Verengung der Nasengänge - einseitig
je nach Atembehinderung eine MdE von 0 -10 v.H. angegeben. Zu Recht deutet das Sozialgericht diese Staffelung dahingehend,
dass erst bei einer komplett einseitig aufgehobenen Nasenatmungsbehinderung eine MdE von 10 v.H. anzusetzen ist. Der klägerische
Einwand, dies widerspräche dem Wortlaut, da von "Verengung der Nasengänge" und "Atembehinderung" und nicht von einem komplett
unmöglichen oder aufgehobenen Nasenatmung die Rede sei, überzeugt nicht. Denn in diesem Erfahrungssatz wird ein Einschätzungsspielraum
von 0-10 v.H. "je nach Atembehinderung" angegeben und nicht auf ein konkretes Ausmaß der Funktionsstörung Bezug genommen.
Auch wird von dem Wortlaut "Behinderung" durchaus auch eine völlige Aufhebung der eigentlichen Funktion erfasst. Dies ergibt
sich bereits aus einem Vergleich mit dem Schwerbehindertenrecht, in welchem ein doppelseitig Oberschenkelamputierter als außergewöhnlich
gehbehindert eingestuft wird, trotz völliger Aufhebung des Gehvermögens.
Darüber hinaus ist für den Senat auch nicht ersichtlich, welche Arbeitsmöglichkeiten dem Kläger durch die hochgradige, aber
einseitige Nasenatmungsbehinderung ohne zusätzliche Geschmacks- oder Geruchsstörung oder besondere Infektanfälligkeit versperrt
sein sollen.
Ebenso berücksichtigt der Senat bei der MdE-Einschätzung, dass der Kläger im Vergleich zu einer unfallbedingten beidseitigen
Nasenatmungsbehinderung, die bei Mehrhoff/Ekkernkamp//Wich mit einer MdE von 10-20 v. H. bewertet wird, funktionell deutlich
bessergestellt ist. Auch steht diese Einschätzung im Einklang damit, dass nach Angaben des Klägers wegen der Nasenatmungsbehinderung
keine HNO-ärztliche Behandlung erfolgte und die operative Möglichkeit der Abhilfe nicht in Anspruch genommen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG .
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG nicht vorliegen.