Abgeleitetes Aufenthaltsrecht der Eltern; Anderes eigenständiges Aufenthaltsrecht der Kinder eines (ehemaligen) Arbeitnehmers
wegen Ausbildung; Anordnungsgrund; Kein Leistungsausschluss für EU-Ausländer
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab 02.09.2016.
Die am 1967 und 1966 geborenen Antragsteller zu 1 und 2 stammen aus Kroatien und sind wie ihre am 2000 (Antragstellerin zu
3), am 2005 (Antragstellerin zu 4) und am 2006 (Antragstellerin zu 5) geborenen Töchter niederländische Staatsangehörige.
Der Antragsteller zu 1 ist am 2016 zum Betreuer für seine Ehefrau, die Antragstellerin zu 2, bestellt worden. Am 25.04.2014
reisten sie nach Deutschland ein und bewohnten ein vom Antragsteller zu 1 erworbenes Wohnhaus in der ...straße in Z..... Die
Antragstellerinnen zu 4 und 5 besuchten in Z.... die X....-Grundschule, die Antragstellerin zu 3 besuchte die Oberschule ...-Schule
in Y.....
Die Antragsteller bezogen mit der weiteren, 1997 geborenen Tochter A.... in der Zeit vom 07.10.2014 bis zum 30.06.2015 Leistungen
nach dem SGB II. Der Antragsteller zu 1 war seit der Einreise nach Deutschland mehrfach kurzfristig in Beschäftigungsverhältnissen angestellt.
Zuletzt war er als Reinigungskraft bei der Firma W.... Dienstleistungsservice GmbH Y.... vom 04.11.2015 bis zum 06.02.2016
tätig. Auf für Folgezeiträume gestellte Weiterbewilligungsanträge wurden der Bedarfsgemeinschaft wegen des Erlasses von Versagungsbescheiden
keine Leistungen nach dem SGB II bewilligt.
Am 23.08.2016 stellten die Antragsteller einen neuerlichen Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Sie bewohnen mittlerweile kostenfrei ein Haus in der A-Straße in A...., welches einem Sohn der Antragsteller zu 1 und 2
(A....) gehört. Der Umzug nach A.... wurde durch eine gewalttätige Auseinandersetzung am Himmelfahrtstag des Jahres 2016 (05.05.2016)
vor dem Haus der Familie in Z.... ausgelöst und erforderlich, weil sich die Antragsteller nach diesen Ereignissen nicht mehr
sicher in Z.... und dem dortigen Wohnhaus des Antragstellers zu 1 aufhalten können. Sowohl die Kriminalpolizeiinspektion V....
als auch der Bürgermeister der Stadt Z.... haben in diesem Zusammenhang bestätigt, dass die Familie der Antragsteller nach
den Vorfällen aus Sicherheitsgründen nicht nach Z.... zurückkehren sollte. Es kam zu Demonstrationen gegen die Familie mit
Rufen "Ausländer raus". Unmittelbar nach diesem Ereignis am Wohnhaus verließen die Antragsteller den Ort. Aufgrund der Traumatisierung
und weiterhin bestehender Gefahren für Leib und Leben der Antragsteller besuchten die Antragstellerinnen zu 3 bis 5 bis zum
Beginn der Ferien nicht mehr die Schule und waren entsprechend freigestellt. Während der Freistellung von der Schulpflicht
lebten die Antragstellerinnen zu 3 bis 5 bei Verwandten in Kroatien, während die Antragsteller zu 1 und 2 durchgängig in Deutschland
waren und nach einer Lösung für die Familie suchten.
Mit Bescheid vom 24.08.2016 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 06.08.2016 bis zum 31.07.2017 unter Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ab, weil ein Aufenthaltsrecht des Antragstellers zu 1 in der Bundesrepublik Deutschland allein zum Zweck der Arbeitssuche
bestehe und die Bedarfsgemeinschaft daher von Leistungen ausgeschlossen sei. Gegen den Bescheid legten die Antragsteller durch
ihren Prozessbevollmächtigten am 30.08.2016 Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 02.09.2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller beim Sozialgericht Chemnitz (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, wonach der Antragsgegner verpflichtet werden sollte, den Antragstellern
ab dem 02.09.2016 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren und unverzüglich auszuzahlen. Hilfsweise beantragten die Antragsteller die Verpflichtung
des vorsorglich beizuladenden örtlich zuständigen Trägers der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zur vorläufigen Zahlung von Leistungen nach dem SGB XII ab dem 02.09.2016. Ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II greife nicht ein, da den Antragstellern ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 10 der Verordnung
(EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb
der Union (VO (EU) Nr. 492/2011) zustehe. Hilfsweise für den Fall, dass den Antragstellern kein solches Aufenthaltsrecht zustehen
sollte, ergebe sich die Leistungspflicht des Antragsgegners aus §
43 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) als erstangegangener Träger. Die Antragsteller verfügten über keine finanziellen Reserven, sodass auch ein Anordnungsgrund
gegeben sei.
Das SG hat mit Beschluss vom 14.09.2016 den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurückgewiesen. Zwar neige das Gericht
der Auffassung zu, dass den Antragstellern ein Aufenthaltsrecht nach Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 zustehe, weshalb kein
Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gegeben sei. Damit seien sie dem Grunde nach allein nach dem SGB II leistungsberechtigt und deshalb nach § 21 Satz 1 SGB XII von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei aber deshalb nicht erfolgreich, weil nicht glaubhaft gemacht
worden sei, dass sich die Antragstellerinnen zu 3 bis 5 in Deutschland aufhielten. Aus den vorgelegten Schulbescheinigungen
aus August 2016 ergebe sich, dass die Antragstellerinnen zu 4 und 5 momentan vom Schulbesuch entschuldigt seien. Es sei aufgrund
der Aussagen des Jugendamtes und des Antragstellers zu 1 davon auszugehen, dass sich die Kinder derzeit in Kroatien aufhalten.
Damit sei unklar, ob sie die in Deutschland begonnene Schulausbildung tatsächlich fortsetzen. Auf ein Aufenthaltsrecht nach
Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 könnten sie sich dann nicht berufen.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller am 16.09.2016 zugegangenen Beschluss haben diese mit Schreiben vom
20.09.2016 Beschwerde zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Darin teilt der Prozessbevollmächtigte mit, dass die
Antragstellerinnen zu 3 bis 5 seit dem 10.09.2016 wieder in Deutschland bei den Antragstellern zu 1 und 2 in dem Haus in A....
leben würden. Am 19.09.2016 hätte sich die Bedarfsgemeinschaft rückwirkend zum 05.05.2016 an diese Adresse umgemeldet. Seit
dem 20.09.2016 besuchten die Antragstellerinnen zu 4 und 5 nunmehr die Grundschule A.... in den Klassen 3c und 4b. Die Antragstellerin
zu 3 besuche seit 21.09.2016 die Oberschule A.... in der Klasse DaZ. Entsprechende Schulbestätigungen vom 20.09.2016 wurden
vorgelegt.
Die Antragsteller könnten sich trotz des vorübergehenden, tatsächlichen, entschuldigten Nichtbesuchs der Schule auf das Freizügigkeitsrecht
gem. Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 berufen. Die Kinder unterliegen grundsätzlich der Schulpflicht. Sie seien lediglich
nach § 4 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über den Besuch öffentlicher Schulen im Freistaat Sachsen
(Schulbesuchsordnung - SBO) vom 12. August 1994 beurlaubt worden. Auch deutsche Kinder würden bei einer vergleichbaren Bedrohungslage
vorübergehend beurlaubt. Bei einer solchen unverschuldeten, zeitlich begrenzten Beurlaubung aus wichtigen Gründen bestehe
das Recht aus Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 fort. Hilfsweise ergebe sich ein Aufenthaltsrecht jedenfalls aus dem Zweck
der Arbeitssuche gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1a des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern - Freizügigkeitsgesetz/EU
vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950, 1986), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2557) geändert worden ist (FreizügG/EU). Dann wäre nach §
43 SGB I der Träger der Leistungen nach dem SGB XII leistungspflichtig.
Der Antragsgegner verweist auf einen Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 11.08.2016 - L 3 AS 376/16 B ER, wonach das aus Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 abgeleitete Aufenthaltsrecht des Kindes kein weiteres Aufenthaltsrecht
nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sei und daher dem Leistungsausschluss nicht entgegenstehe. Es handele sich um ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht als Familienangehöriger,
das nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ebenfalls zum Leistungsausschluss führe.
Die Antragsteller beantragen,
unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Chemnitz vom 14.09.2016 den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragstellern
vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren und unverzüglich auszuzahlen,
hilfsweise,
den örtlich zuständigen Träger der Leistungen nach dem SGB XII zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB XII in gesetzlicher Höhe zu gewähren und unverzüglich auszuzahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Einzelrichterin lagen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten des Antragsgegners (Band I bis V)
vor.
II.
Der Senat kann gemäß §
155 Abs.
3 und Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) durch die Berichterstatterin als Einzelrichter entscheiden, weil die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist teilweise begründet. Daher ist der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz aufzuheben.
Der Antragsgegner ist im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 21.10.2016 bis zur bestandskräftigen Abweisung des Widerspruchs gegen den Ablehnungsbescheid
vom 24.08.2016, längstens bis 31.01.2017, in Höhe von monatlich 998,00 € zu bewilligen.
1.
Die Beschwerde ist zulässig. Nach §
172 Abs.
1, Abs.
3 Nr.
1 SGG ist die gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte grundsätzlich zulässige Beschwerde nur dann ausgeschlossen, wenn in Verfahren
des einstweiligen Rechtsschutzes die Hauptsache der Zulassung der Berufung nach §
144 Abs.
1 SGG bedürfte. Danach bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-,
Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 € nicht übersteigt. Die Antragsteller
begehren die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für jedenfalls fünf Monate ab dem 02.09.2016 (entsprechend dem ab Antragstellung am 23.08.2016 auf sechs Monate verkürzten
Bewilligungszeitraum gemäß § 41 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes ab 01.08.2016) hinsichtlich des Regelbedarfs. Bereits der Regelbedarf der Bedarfsgemeinschaft
für nur einen Monat in Höhe von 1.574,00 € (jeweils 364,00 € für die Antragsteller zu 1 und 2, 306,00 € für die Antragstellerin
zu 3 und jeweils 270,00 € für die Antragstellerinnen zu 4 und 5) überschreitet den Wert des Beschwerdegegenstandes in Höhe
von 750,00 €. Die Berufung bedürfte daher keiner Zulassung nach §
144 Abs.
1 SGG, weshalb die Beschwerde nach §
172 Abs.
1,
3 SGG statthaft ist.
2.
Die Beschwerde der Antragsteller ist auch begründet. Die Antragsteller haben einen Anspruch auf vorläufige Bewilligung von
Leistungen nach dem SGB II ab dem 21.10.2016. Der Antragsgegner ist insoweit verpflichtet, den Antragstellern den Regelbedarf abzüglich des Einkommens
der Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum vom 21.10.2016 bis längstens zum 31.01.2017 vorläufig zu zahlen.
Nach §
86b Abs.
2 S. 1
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die
Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt
oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug
auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint
(§
86b Abs.
2 S. 2
SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt grundsätzlich voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden
Rechts (den so genannten Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund)
glaubhaft macht, §
86 b Abs.
2 S. 4
SGG, §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO).
a)
Die Antragsteller zu 1 und 2 sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II leistungsberechtigt. Sie haben das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), sie sind erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II), sie haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) und sie sind auch hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II), weil sie über kein zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen verfügen. Die minderjährigen Antragstellerinnen zu 3 bis
5 haben nach § 19 Abs. 1 SGB II einen Anspruch auf Sozialgeld.
b)
Die Antragsteller sind nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Danach sind (von Leistungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II) ausgeschlossen:
1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige
noch aufgrund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für
die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen,
Nach der Rechtsprechung des BSG sind - über den Wortlaut der genannten Regelung hinaus - auch diejenigen Unionsbürger "erst-recht" von den Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgenommen, die über keine materielle Freizügigkeitsberechtigung oder ein anderes materielles Aufenthaltsrecht verfügen.
Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist insoweit planwidrig lückenhaft, als sie nicht ausdrücklich den Ausschluss auch derjenigen normiert, die über keine materielle
Freizügigkeitsberechtigung oder ein anderes materielles Aufenthaltsrecht verfügen, weil sie einen Leistungsausschluss schon
für solche Ausländer anordnet, die sich auf eine solche materielle Freizügigkeitsberechtigung im Sinne des Freizügigkeitsgesetzes/EU
berufen können (vgl. ausführlich Urteil des BSG vom 03.12.2015 - B 4 AS 44/15, Rn. 19 ff.; BSG, Urteil vom 16.12.2015 - B 14 AS 15/14 R, Rn. 20; BSG, Urteil vom 20.01.2016 - B 14 AS 35/15 R, Rn. 24; BSG, Urteil vom 17.03.2016 - B 4 AS 32/15 R, Rn. 15).
Weiter ist als geklärt anzusehen, dass der nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II normierte, ausnahmslose Ausschluss der Arbeitsuchenden von SGB II-Leistungen auch bereits im Bundesgebiet beschäftigt gewesene Unionsbürgerinnen und Unionsbürger erfasst, die weniger als
ein Jahr gearbeitet haben. Haben diese nach Ablauf der Aufrechterhaltung ihrer Erwerbstätigeneigenschaft für den Zeitraum
von sechs Monaten erneut ein Aufenthaltsrecht nur (noch) zur Arbeitsuche, steht der nachfolgende ausnahmslose Ausschluss von
SGB II-Leistungen unabhängig von der Dauer des rein tatsächlichen gewöhnlichen Aufenthalts der (wieder) Arbeitsuchenden im Bundesgebiet
sowie deren familiärer Umstände nach dieser Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Einklang mit den europarechtlichen
Vorgaben des Art 4 der VO (EG) Nr. 883/2004 und Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.2016 - B 4 AS 32/15 R, Rn. 16).
Die Antragsteller leben als sog. EU-Ausländer bereits seit April 2014 in Deutschland, weshalb § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II nicht einschlägig ist. Sie sind auch nicht leistungsberechtigt nach §
1 des
Asylbewerberleistungsgesetzes, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II. Sie sind aber auch nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen, denn ihr Aufenthaltsrecht ergibt sich nicht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche. Ihnen steht
vielmehr ein anderes Aufenthaltsrecht zur Seite, das den Leistungsausschluss von vornherein entfallen lässt. Dieses Aufenthaltsrecht
ist nicht nachträglich durch Veränderung der persönlichen Lebensbedingungen verloren gegangen.
Die Antragstellerin zu 2 ist nicht erwerbstätig. Der Antragsteller zu 1 hält sich nach Kündigung seines letzten Arbeitsverhältnisses
zum 06.02.2016 zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland auf. Ob der Antragsteller die bei T.... bestehende, unbefristete,
geringfügige Beschäftigung (drei Stunden/Woche) weiterhin ausübt, kann dabei offen bleiben, denn der Leistungsausschluss nach
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II greift nicht ein, weil den Antragstellern ein anderes Aufenthaltsrecht als nur das zur Arbeitssuche zusteht.
Aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ergibt sich, dass der Leistungsausschluss von vornherein nicht eingreift, wenn
sich ein Ausländer auf ein anderes Aufenthaltsrecht als das zum Zweck der Arbeitsuche berufen kann. Aus dem Aufbau der Norm
ist abzuleiten, dass positiv festgestellt werden muss, dass ein Ausländer sich allein zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik
Deutschland aufhält, denn nur dann kann auch der Leistungsausschluss festgestellt werden (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2012 - B 14 AS 138/11 R, Rn. 21). Vorliegend haben die Antragsteller zu 3 bis 5 ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach Art. 10 der VO (EU) Nr.
492/2011 und die Antragsteller zu 1 und 2 ein davon abgeleitetes Aufenthaltsrecht als Eltern.
Nach Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 können Kinder eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen
Mitgliedstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnen, unter
den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings-
und Berufsausbildung teilnehmen. Dieses - historisch an die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Schaffung bestmöglicher Bedingungen
für die Integration der Familie des Wanderarbeitnehmers im Aufnahmemitgliedstaat anknüpfende - Ausbildungsrecht des Kindes
setzt voraus, dass dieses Kind "in Ausbildung" mit seinen Eltern oder einem Elternteil in einem Mitgliedstaat in der Zeit
lebte, in der dort zumindest ein Elternteil als Arbeitnehmer wohnte. Der Erwerb des Ausbildungsrechts ist an den Status als
Kind eines Arbeitnehmers gebunden (vgl. BSG, Urteil vom 03.12.2015 - B 4 AS 43/15 R, Rn. 29, 30 m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH impliziert das Ausbildungsrecht aus Art. 10 VO (EU) Nr.
492/2011 gleichzeitig ein eigenständiges Aufenthaltsrecht der sich weiterhin in Ausbildung befindlichen Kinder, das grundsätzlich
bis zum Abschluss der Ausbildung und insbesondere besteht, solange sie tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat in das Schulsystem
eingegliedert sind. Soweit und solange die regelmäßig minderjährigen Kinder eines Arbeitnehmers oder ehemaligen Arbeitnehmers
für die Wahrnehmung ihrer Ausbildungsrechte aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 weiterhin der Anwesenheit und der Fürsorge des
Elternteils bedürfen, um ihre Ausbildung fortsetzen und abschließen zu können, besteht darüber hinaus in gleicher Weise für
den Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, ein abgeleitetes Recht auf Aufenthalt aus Art.
10 VO (EG) Nr. 492/2011. Dies hat der EuGH damit begründet, dass die Versagung der Möglichkeit für die Eltern, während der
Ausbildung ihrer Kinder im Aufnahmemitgliedstaat zu bleiben, geeignet sein könnte, den Kindern ein - ihnen vom Unionsgesetzgeber
zuerkanntes - Recht zu nehmen. Ohne Belang ist, ob die Eltern der betreffenden Kinder inzwischen geschieden sind oder der
die elterliche Sorge tatsächlich wahrnehmende Elternteil nicht mehr Wanderarbeitnehmer im Aufnahmemitgliedstaat ist. Die einmal
erworbenen Ausbildungs- und Aufenthaltsrechte der Kinder bzw. der (sorgeberechtigten bzw. die tatsächliche Sorge ausübenden)
Elternteile bestehen nach der Rechtsprechung des EuGH unabhängig von den in der RL 2004/38/EG festgelegten Voraussetzungen ausreichender Existenzmittel sowie eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes (§ 4 FreizügG/EU) fort und sind autonom gegenüber den unionsrechtlichen Bestimmungen anzuwenden, die die Voraussetzungen für die Ausübung
des Rechts auf Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat regeln (BSG, Urteil vom 03.12.2015 - B 4 AS 43/15 R, Rn. 31, 32).
Der Antragsteller zu 1 ist mit seiner Familie im April 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hatte danach
Arbeitsgelegenheiten jeweils als Angestellter vom 19.06.2014 bis 10.07.2014 (Zeitarbeitsfirma O....), vom 07.10.2014 bis 24.10.2014
(P.... Zeitarbeit), vom 17.02.2015 bis 24.02.2015 (N....), vom 25.02.2015 bis 15.03.2015 (W.... Dienstleistungsservice), vom
16.03.2015 bis 30.09.2015 (N.... KG) und vom 04.11.2015 bis 06.02.2016 (W.... Dienstleistungsservice). Dabei handelte es sich
um Beschäftigungen im Sinne von Art. 10 der VO (EG) Nr. 492/2011, während derer die Kinder des Antragstellers zu 1, nämlich
die Antragstellerinnen zu 3 bis 5 am allgemeinen Unterricht in der Schule teilnahmen. Aufgrund dieser Beschäftigungen erzielte
er auch nicht als "völlig untergeordnet und unwesentlich" anzusehende Einkünfte. Die Antragstellerinnen zu 4 und 5 besuchten
die X....-Grundschule in Z.... und die Antragstellerin zu 3 die ...-Schule in Y..... Durch diesen Schulbesuch der Kinder,
welcher mangels anderweitiger Anhaltspunkte regelmäßig gewesen sein dürfte, und das damit verbundene Ausbildungsrecht der
Antragstellerinnen zu 3 bis 5 erlangten diese das eigenständige (autonome) Aufenthaltsrecht nach Art. 10 der VO (EG) Nr. 492/2011.
Dieses bestand auch während der Zeiten fort, in denen der Antragsteller zu 1 keiner Erwerbstätigkeit nachging, also auch nach
dem 06.02.2016. Nach der Rechtsprechung des EuGH besteht dieses eigenständige Aufenthaltsrecht - unabhängig vom Status der
Eltern - bis zum Abschluss der Ausbildung und insbesondere solange fort, wie die Kinder tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat
in das Schulsystem eingegliedert sind.
Den Antragstellerinnen zu 3 bis 5 steht das aus Art. 10 der VO (EG) Nr. 492/2011 folgende Aufenthaltsrecht auch noch im streitgegenständlichen
Zeitraum, zumindest aber ab 21.10.2016 zu. Zwar hielten sich die Antragstellerinnen zu 3 bis 5 nach den eigenen Angaben der
Antragsteller im Zeitraum von Mitte Mai 2016 bis zum 10.09.2016 bei Verwandten in Kroatien und damit nicht im Hoheitsgebiet
der Bundesrepublik Deutschland auf. Jedoch waren sie - was zumindest nach der Rückkehr nach Deutschland am 10.09.2016 beurteilt
werden kann - weiterhin in das hiesige Schulsystem eingegliedert. Aus den Schulbescheinigungen der Antragstellerinnen zu 4
und 5 vom 26.08.2016 lässt sich entnehmen, dass die Kinder "aufgrund der familiären Situation momentan vom Schulbesuch entschuldigt
sind". Auch die Antragstellerin zu 3 hatte am 26.08.2016 die Schule (Schuljahresbeginn am 08.08.2016) noch nicht wieder besucht.
Aus den im Beschwerdeverfahren vor dem Sächsischen LSG vorgelegten Schulbescheinigungen ergibt sich weiterhin, dass die Antragstellerinnen
zu 4 und 5 seit 20.09.2016 und die Antragstellerin zu 3 seit 21.09.2016 nunmehr die Schulen am jetzigen Wohnort (A-Stadt)
tatsächlich besuchen. Sie sind daher weiterhin zu Ausbildungszwecken in das Schulsystem eingegliedert und eingeschrieben.
Sie nehmen nun auch wieder am Unterricht teil. Anhaltspunkte dafür, dass sie derzeit ihrer Schulpflicht nicht nachkommen,
hat die Einzelrichterin nicht. Die viermonatige Unterbrechung (wobei davon sechs Wochen Schulferien waren) hat dabei nicht
zu einem Erlöschen des Aufenthaltsrechtes nach Art. 10 der VO (EG) Nr. 492/2011 geführt, denn die Antragstellerinnen waren
gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 der Sächsischen Schulbesuchsordnung (SächsSBO) in einem besonderen Ausnahmefall - wegen wichtiger persönlicher
oder familiärer Gründe - lediglich vom Schulbesuch beurlaubt. Ein viermonatiger Auslandsaufenthalt nach einer gewalttätigen
Auseinandersetzung, die die Kinder miterlebt haben, kann jedenfalls nicht ohne weiteres zu der Annahme führen, die Kinder
würden gar nicht wieder nach Deutschland zurückkehren und hier ihre Ausbildung fortsetzen und beenden. Im Zeitpunkt der gerichtlichen
Entscheidung in der Beschwerdeinstanz wäre eine solche Annahme jedenfalls durch das jetzige Fortsetzen der schulischen Ausbildung
widerlegt. Das entstandene eigenständige Aufenthaltsrecht aus Art. 10 der VO (EG) Nr. 492/2011 besteht mithin fort.
Dementsprechend können sich die Antragsteller zu 1 und 2 auch auf das aus Art. 10 der VO (EG) Nr. 492/2011 abgeleitete Aufenthaltsrecht
wegen der Anwesenheit und der Fürsorge als die sorgeberechtigten und -ausübenden Eltern berufen. Ein aus Art. 10 VO 492/11/EU
abgeleitetes Aufenthaltsrecht eines sorgeberechtigten Elternteils endet mithin erst, wenn das aus Art. 10 der VO 492/11/EU
aufenthaltsberechtigte Kind seine Ausbildung beendet, volljährig wird, soweit es nicht weiterhin der Anwesenheit und der Fürsorge
dieses Elternteils bedarf, oder der Verlust seines Aufenthaltsrechts nach den Vorschriften des FreizügG/EU festgestellt wird. Für die Verlustfeststellung von Aufenthaltsrechten von Unionsbürgern sind ausschließlich die Ausländerbehörden
zuständig (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.01.2016 - L 19 AS 29/16 B ER, Rn. 33).
Damit besteht aber bei den Antragstellern ein anderes Aufenthaltsrecht als das zum Zweck der Arbeitsuche im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, weshalb der Leistungsausschluss nicht eingreift und folglich der Antragsgegner (und nicht der örtlich zuständige Träger
der Leistungen nach dem SGB XII) zur Leistung nach dem SGB II verpflichtet ist. Daher bedurfte es auch keiner Beiladung des Trägers der Leistungen nach dem SGB XII.
Die der Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 03.12.2015 - B 4 AS 43/15 R) entgegenstehende, vom Antragsgegner zitierte Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.08.2016
- L 3 AS 376/16 B ER, kann nicht überzeugen. Dort geht das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz davon aus, dass das aus Art. 10 der VO (EG)
Nr. 492/2011 folgende Aufenthaltsrecht der Kinder ein abgeleitetes aus Familienangehörigkeit sei. Ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht
könne aber kein anderes Aufenthaltsrecht als das zur Arbeitssuche nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sein. Dieser restriktiven Auffassung steht indes die VO (EU) Nr. 492/2011 sowie die Rechtsprechung des EuGH entgegen (vgl.
dazu BSG, Urteil vom 03.12.2015 - B 4 AS 43/15 R, Rn. 30). Auch weitere Landessozialgerichte (u.a. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.07.2016 - L
26 AS 1421/16 B ER; Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 27.05.2016 - L 4 AS 160/16 B ER; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.04.2016 - L 4 AS 182/16 B ER) sehen in Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 ein autonomes Aufenthaltsrecht, weshalb der Entscheidung des Landessozialgerichts
Rheinland-Pfalz nicht zu folgen ist.
c)
Bei der Berechnung des Leistungsanspruchs der Bedarfsgemeinschaft sind die Regelbedarfe der in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden
Antragsteller zu 1 und 2 in Höhe von derzeit jeweils 364,00 € monatlich, die Regelbedarfe der Sozialgeld erhaltenden Antragstellerin
zu 3 in Höhe von 306,00 € monatlich und der Antragstellerinnen zu 4 und 5 in Höhe von jeweils 270,00 € monatlich zu berücksichtigen.
Damit ergibt sich ein Bedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.574,00 € monatlich. Kosten der Unterkunft und Heizung sind
für die Bedarfsgemeinschaft nicht zu berücksichtigen, da sie nach den eigenen Angaben kostenfrei im Haus A-Straße in A....
leben.
Vom Bedarf sind die monatlich zufließenden Kindergeldbeträge in Höhe von jeweils 190,00 € für die Antragstellerinnen zu 3
und 4 sowie in Höhe von 196,00 € für die Antragstellerin zu 5, in der Summe 576,00 € abzuziehen. Nicht als Einkommen berücksichtigt
werden kann der dem Antragsteller zu 1 als Pflegegeld zufließende Betrag in Höhe von 318,00 €, § 11 SGB II, § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung - Alg II-V) in der ab 01.08.2016 geltenden Fassung. Weiteres Einkommen der Bedarfsgemeinschaft ist nicht bekannt.
Es ergibt sich ein Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 998,00 € monatlich.
d)
Hinsichtlich des "Wie" der einstweiligen Anordnung und damit auch deren zeitlichen Begrenzung ist dem entscheidenden Gericht
ein Ermessen eingeräumt, §
86 b Abs.
2 Satz 4
SGG in Verbindung mit §
938 Abs.
1 ZPO. Die Verpflichtung durch einstweilige Anordnung darf aber nicht über die mögliche Verurteilung in einem Hauptsacheverfahren
hinausgehen. Die Einzelrichterin hat sich insoweit davon leiten lassen, dass nach § 41 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II in der ab 01.08.2016 geltenden Fassung der Bewilligungszeitraum insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt
werden soll, wenn über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird. Zwar handelt es sich hier nicht um eine vorläufige
Entscheidung nach § 41a SGB II n.F., jedoch ist in den Fällen des einstweiligen Rechtsschutzes mit seinen aus der Sache heraus ergehenden vorläufigen Entscheidungen
von der regelmäßigen Verkürzung des Bewilligungszeitraumes ebenso auszugehen, wie in den Fällen, in denen die Höhe des Leistungsanspruches
noch nicht feststeht. Die Antragsteller haben am 23.08.2016 Leistungen nach dem SGB II beantragt, weshalb der sechsmonatige Bewilligungszeitraum am 31.01.2017 enden würde, § 37 Abs. 2 Satz 2, § 41 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II. Da die Antragsteller gegen den Ablehnungsbescheid vom 24.08.2016 Widerspruch eingelegt haben, dieser bislang aber nicht
beschieden wurde, ist die für die Antragstellerin bestehende gegenwärtige Notlage bis zur bestandskräftigen Entscheidung über
den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid, längstens bis zum 31.01.2017 zu beseitigen.
2.
Auch ein Anordnungsgrund ist ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts gegeben. Die Antragsteller haben ihre
finanzielle Notlage durch Vorlage von Kontoauszügen nachgewiesen.
Die Antragsteller haben aber nur einen ab 21.10.2016 bestehenden Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, weshalb der Antrag im
Übrigen abzulehnen war. Ein Anordnungsgrund besteht, wenn der Betroffene bei Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache
Gefahr laufen würde, seine Rechte nicht mehr realisieren zu können oder gegenwärtige schwere, unzumutbare, irreparable rechtliche
oder wirtschaftliche Nachteile erlitte. Die individuelle Interessenlage des Betroffenen, unter Umständen auch unter Berücksichtigung
der Interessen des Antragsgegners, der Allgemeinheit oder unmittelbar betroffener Dritter muss es unzumutbar erscheinen lassen,
den bzw. die Betroffenen zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (SächsLSG, Beschluss vom
08.11.2012 - L 7 AS 705/12 B ER).
In einem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes
grundsätzlich nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Antrag entscheidet. Im Beschwerdeverfahren ist dies grundsätzlich
der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (SächsLSG, Beschluss vom 23.09.2014 - L 7 AS 986/14 B ER; SächsLSG, Beschluss vom 08.11.2012 - L 7 AS 705/12 B ER). Soweit Leistungen für einen zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufenen Zeitraum beansprucht werden, ist ein Anordnungsgrund
regelmäßig gegeben (SächsLSG, Beschluss vom 08.11.2012 - L 7 AS 705/12 B ER).
Den Antragstellern steht ein Anordnungsgrund damit erst ab 21.10.2016 zu. Für einen früheren Zeitpunkt ist ein Anordnungsgrund
nicht glaubhaft gemacht worden. Sofern Leistungen für einen zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung in der Vergangenheit
liegenden Zeitraum geltend gemacht werden (hier: 02.09.2016 bis 20.10.2016), ist ein Anordnungsgrund nur dann zu bejahen,
wenn noch ein gegenwärtiger schwerer unzumutbarer Nachteil besteht, der glaubhaft gemacht wird (SächsLSG, Beschluss vom 08.11.2012
- L 7 AS 705/12 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.04.2006 - L 10 B 136/06 AS-ER). Grundsätzlich besteht ein Anordnungsgrund nicht für Leistungszeiträume vor Stellung des Antrags auf einstweilige
Anordnung beim SG (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.05.2007 - L 13 AS 32/06 ER).
Einen fortbestehenden schweren unzumutbaren Nachteil aus der Nichtgewährung der Leistungen für den zum Zeitpunkt der Entscheidung
in der Vergangenheit liegenden Zeitraum haben die Antragsteller vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Ein solcher ist gegeben,
wenn ein besonderer Nachholbedarf besteht, d.h. wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistungen in der Vergangenheit auch
in Zukunft fortwirkt und weiterhin eine gegenwärtige, die einstweilige Anordnung rechtfertigende Notlage begründet (Phillip,
NVWZ 1984, S.489; Knorr, DÖV 1981, Seite 79; Sächsisches OVG [SächsOVG], Beschluss vom 19.08.1993 - 2 S 183/93, SächsVBl. 1994, Seiten 114, 115; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.05.1980 - 8 B 1376/79, DÖV 1981, Seite 302). Dies kann gegeben sein, wenn die Antragsteller zur Bestreitung ihres notwendigen Lebensunterhalts Verbindlichkeiten eingegangen
sind, deren Tilgung unmittelbar bevorsteht (SächsLSG, Beschluss vom 21.01.2008 - L 2 B 621/07 AS-ER; SächsOVG, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; Phillip, a.a.O.; Knorr, a.a.O.). Es ist ferner denkbar, dass vorangegangene
Einsparungen nachwirken (OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; SächsOVG, a.a.O.). Die Antragsteller haben schon nicht behauptet
Schulden zu haben. Ein Nachholbedarf ist damit nicht ersichtlich.
3.
Einer Entscheidung über den hilfsweise gestellten Antrag gegenüber dem örtlich zuständigen Träger für Leistungen nach dem
SGB XII bedarf es nicht, da der Hauptantrag Erfolg hat. Deshalb bedurfte es auch keiner Beiladung des Leistungsträgers nach dem SGB XII, §
75 Abs.
2 SGG.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
5.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§
177 SGG).