LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10.03.2020 - 4 KA 53/18
Vergütung vertragszahnärztlicher Leistungen
Rechtmäßigkeit der Wirtschaftlichkeitsprüfung konservierend-chirurgischer Abrechnungen nach den Grundsätzen der statistischen
Vergleichsprüfung – hier der Nummern 105 und 106 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen
Normenkette: ,
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EBM-Z Nr. 105 ,
EBM-Z Nr. 106
Vorinstanzen: SG Kiel 23.05.2018 S 13 KA 381/15
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 23. Mai 2018 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die
Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 3.155,92 EUR festgesetzt.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Honorarkürzungen für das Quartal IV/2010 im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Der Kläger
ist seit März 1976 zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Vertragsarztsitz in L zugelassen. Die Gemeinsame Prüfungsstelle
für den Bereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung S informierte den Kläger mit Schreiben vom 19. April 2012 über die Wirtschaftlichkeitsprüfung
seiner konservierend-chirurgischen Abrechnungen des Quartals IV/2010. Mit Prüfbescheid vom 8. August 2013 wurde dem Kläger
nach Beschluss der 1. Beratungskommission der Gemeinsamen Prüfungsstelle vom 22. Mai 2013 seine Honorarforderung für das Quartal
IV/2010 um 3.386 Punkte gekürzt. Das Kürzungsvolumen folgte aus der Kürzung der abgerechneten BEMA-Z-Positionen 105 (Mu) und
106 (sK) auf 180% des Durchschnitts der Zahnärzte in S Gegen diesen ihm am 9. August 2013 zugestellten Bescheid erhob der
Kläger am selben Tag Widerspruch, zu dessen Begründung er schriftlich und in der mündlichen Verhandlung vor dem Beklagten
im Wesentlichen Einwände gegen die statistische Vergleichsprüfung geltend machte: die von ihm vor dem BSG erstrittenen Entscheidungen zur Nichtberücksichtigung von Nullabrechnungen seien nicht beachtet worden. Etliche Zahlen der
Vergleichsstatistik wiesen Werte unter 0 auf. Fehlerhaft seien auch die in der Statistik für den Landesdurchschnitt auftauchenden
Werte unter 1%. Die Statistik stimme eher, wenn alle Zahnärzte einer Berechnung von 100 Patienten gleich 1 Leistung entsprächen.
Praxen mit unterschiedlicher Größe würden in einen Topf geworfen. Die Zahlen seien intransparent, insbesondere bezüglich der
Berücksichtigung von Leistungen, die nicht so häufig erbracht würden unter Berücksichtigung von sehr kleinen, scheinschwachen
Praxen. Im Übrigen sei die Abrechnungsprüfung verfristet, insbesondere verjährt und jedenfalls verwirkt. Ausführungen zu den
einzelnen gekürzten Positionen erfolgten nicht. Dem Kläger wurden von dem Beklagten die ursprünglichen und korrigierten von
der Beigeladenen zu 6) erstellten Statistiken zu den Landesdurchschnittswerten für das streitige Quartal übersandt. Nach Rücksprache
mit der Beigeladenen zu 6) erläuterte der Beklagte, dass die zahnarztbezogenen Einzelleistungsstatistiken nullstellenbereinigt
seien, wie sich aus dem Kopf der Statistik ergebe. Nur die Abrechnungen der Praxen, die die jeweilige BEMA-Z-Position mindestens
einmal abgerechnet hätten, seien einbezogen worden. Dies folge auch aus der Gesamtdarstellung der Statistik. Der Landesdurchschnitt
könne bei Positionen mit geringer Leistungsanzahl auch unter 1% liegen. Der Beklagte entschied in seiner Sitzung am 10. Dezember
2014 über den Widerspruch des Klägers und verringerte das Kürzungsvolumen im Hinblick auf die Korrektur der Statistik vom
18. Februar 2014 auf 3.302 Punkte. Diesen Beschluss fertigte er mit Prüfbescheid vom 4. Mai 2015 aus. Die Prüfung sei auf
der Grundlage einer statistischen Vergleichsprüfung durchgeführt und durch eine intellektuelle Betrachtung, die medizinisch-ärztliche
Gesichtspunkte berücksichtige, ergänzt worden. Die der Entscheidung zugrunde liegende Statistik sei fehlerfrei und nullstellenbereinigt.
Auch sei die Grenze der statistischen Vergleichsprüfung bei besonders kleinen Praxen mit einer Fallzahl von weniger als 20%
der landesweiten durchschnittlichen Fallzahl bei dem Kläger nicht erreicht. Die Prüfung des Gesamtfallwerts des Klägers in
Punkten pro Versichertem (insgesamt 386) führe zu dem Ergebnis, dass er den landesweiten durchschnittlichen Fallwert von 72,05
Punkten mit 72,83 Punkten um deutlich weniger als 30% überschritten habe. Es seien jedoch bei der Einzelleistungsprüfung für
die BEMA-Z-Positionen 105 und 106 signifikante Auffälligkeiten erkennbar: Position Anzahl der Leistungen Praxisabrechnungswert
Landesdurchschnittswert Abweichung 105 254 65,80% 15,78% 316,98% 106 313 81,09% 14,07% 476,33%
Bei einer Bewertung der Überschreitung der Abrechnungswerte bei den einzelnen BEMA-Z-Positionen müsse der Grenzwert für die
Annahme eines offensichtlichen Missverhältnisses in der Regel höher angesetzt werden als beim Grenzwert für den Gesamtfallwert.
Bei einzelnen BEMA-Z-Positionen komme der Therapiefreiheit des Zahnarztes ein größeres Gewicht zu als bei dem Gesamtfallwert,
bei dem durch die Gesamtbetrachtung bereits ein gewisser Ausgleich im Rahmen der Therapiefreiheit erfolge. Unterschiedliche
Diagnosen und Behandlungsmethoden der Zahnärzte wirkten sich naturgemäß bei Einzelleistungsvergleichen stärker aus, sodass
unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG bei den Einzelpositionen 105 und 106 ein Grenzwert vom Durchschnitt plus 50% angenommen werde, da der Leistungsbereich beschränkt
sei und die Leistungen im Durchschnitt regelmäßig erbracht würden. Der bereits von der Prüfungsstelle angenommene Maßstab
vom Durchschnitt plus 80 % bleibe zugunsten des Klägers bestehen. Im Übrigen habe er keine Praxisbesonderheiten vorgetragen,
die sein abweichendes Leistungsverhalten rechtfertigen könnten. Auch von Amts wegen zu berücksichtigende Umstände seien aus
den Unterlagen nicht erkennbar. Der Bescheid vom 8. August 2013 sei innerhalb der geltenden 4-jährigen Frist ergangen, da
der Honorarbescheid für das Quartal IV/2010 im März 2011 zugestellt worden sei. Die Geltendmachung der Kürzung sei auch nicht
verwirkt, weil kein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei, auf dessen Grundlage der Kläger darauf habe vertrauen dürfen
nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Der reale Kürzungsbetrag belief sich für das Quartal IV/2010 auf 3.155,92 EUR.
Mit seiner am 5. Juni 2015 beim Sozialgericht Kiel erhobenen Klage hat der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines
bisherigen Vorbringens ausgeführt, dass eine Statistik herangezogen werde, welche nur Überschreitungen aufweise, nicht jedoch
eine solche, die auch Unterschreitungen zeige. Damit seien die Gesamtumstände, insbesondere die nur unwesentliche Überschreitung
seines Gesamtfallwert sowie seine erheblich unter dem Durchschnitt liegende Fallzahl, nicht gewürdigt worden. Das statistische
Material werde fehlerhaft angewendet, was sich daran zeige, dass etwa die Hälfte der angegebenen Abrechnungspositionen eine
Gesamtfallzahl pro Praxis von unter 0 aufweise, sodass es zwingend eines individuellen Statistikkorrekturfaktors bedürfe.
Medizinische Leistungen könnten nicht quotiert werden. Es gehe um andere Fragen als die, ob 20% der durchschnittlichen Fallzahl
erreicht würden und dabei gleichzeitig mindestens 100 Behandlungsfälle vorlägen. Für den Nachweis der statistischen Fehler,
die der Wirtschaftlichkeitsprüfung zugrunde lägen, hat der Kläger beantragt, ein mathematisches Sachverständigengutachten
einzuholen. Der Kläger hat beantragt, den Beschluss des Beklagten vom 10. Dezember 2014, ausgefertigt am 4. Mai 2015, aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Unter Wiederholung seiner Begründung im angefochtenen Bescheid hat er seine
Argumentation vertieft, die Einwände des Klägers gegen die für die Prüfung herangezogene Statistik seien nicht gerechtfertigt.
Im Übrigen seien die Leistungen 105 und 106 BEMA-Z mit einer landesweiten Abrechnungsfrequenz von 15,78% und 14,07% übliche
Behandlungsmaßnahmen. Das Problem der Nullabrechner stelle sich daher gar nicht. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Der Beigeladene zu 6) hat darauf hingewiesen, dass die Grundlagen der statistischen Vergleichsprüfung - auch in Bezug auf
die Grenzwerte und die Prüfung unterdurchschnittlicher Praxen - bereits mehrfach durch das BSG bestätigt worden seien. Die Statistik enthalte entgegen der Aussage des Klägers keine Abrechnungswerte unter 0%; dies sei
nach statistischen Grundsätzen tatsächlich nicht möglich. Statistische Werte von unter 1% ergäben sich dann, wenn eine Leistung
bei einer Fallzahl von über 100 weniger als einmal in 100 Fällen abgerechnet worden sei. Nach ständiger Rechtsprechung seien
auch solche Leistungen in den Vergleich einzubeziehen, deren Abrechnungsfrequenz unter 5% liege, wenn die Vergleichsgruppe
nullstellenbereinigt sei und eine hinreichende Größe aufweise. Die Leistungen nach 105 und 106 BEMA-Z seien im Landesdurchschnitt
häufiger als in 5% der Fälle abgerechnet. Das Sozialgericht hat die Klage aufgrund mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 23.
Mai 2018 abgewiesen. Diese Entscheidung hat es unter Darlegung der vom BSG entwickelten Grundsätze für die Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragszahnärztlichen Versorgung nach Durchschnittswerten
im Wesentlichen wie folgend begründet: Der angefochtene Beschluss sei formell rechtmäßig, da die Beklagte die Anforderungen
an die Begründung der Entscheidung beachtet habe. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt sei zutreffend ermittelt und der
Entscheidung zugrunde gelegt worden. Die nach § 296 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB V) erstellte Statistik sei ausgewertet und um Nullabrechner bereinigt worden, d.h. der Kläger werde nicht mit Praxen verglichen,
die die streitigen BEMA-Z-Positionen nicht abrechneten. Das statistische Datenmaterial habe nicht um einen "sog. individuellen
statistischen Korrekturfaktor" - wie der Kläger ihn begehre - bereinigt werden müssen, weil eine solche Vorgehensweise weder
mathematisch oder denklogisch notwendig noch für die Zwecke der Wirtschaftlichkeitsprüfung geboten sei. Eine mathematische
oder statistische Notwendigkeit bestehe nicht derart, dass eine nach statistischen Grundsätzen erhobene und ausgewertete Statistik
per se individuell angepasst werden müsse, um aus für das Vergleichs-kollektiv repräsentativem Datenmaterial ein individuelles
Datenmaterial zu erhalten, welches dann die Grundlage für die aus- und bewertende Verarbeitung im Einzelfall bilde; anderenfalls
handele es sich dann nicht mehr um eine Darstellung der tatsächlich erhobenen, analysierten und ausgewerteten Daten, sondern
um deren Bewertung. Dem vom Kläger angeführten "mathematischen Äquivalenzprinzip" sei zudem Rechnung getragen worden, weil
sowohl der individuelle Durchschnittswert des Arztes als auch der landesweite Gruppendurchschnittswert berechne, wie oft die
einzelnen BEMA-Z-Positionen bezogen auf 100 Patienten erbracht worden seien. Durch diesen Bezug auf 100 Patienten ohne Nullabrechner
werde die denklogische Vergleichbarkeit des individuellen Leistungsverhaltens und des Leistungsverhaltens der Gruppe hergestellt.
Durch die begehrte arztindividuelle Anpassung würde der landesweite Gruppendurchschnitt verfälscht werden. Es sei nicht geboten,
zur Prüfung der mathematischen Richtigkeit der Statistik oder zu dem Gebot eines individuellen Korrekturfaktors dem Beweisantrag
des Klägers zu folgen. Denn nach § 296 Abs. 1 Nr. 6 SGB V seien die Ist-Zahlen zu übermitteln. Zudem ziele sein Beweisantrag nicht auf das Feststellen von Tatsachen oder mathematischen
Grundsätzen, sondern auf eine bestimmte und rechtlich relevante Bewertung der erhobenen Daten. Schließlich sei es eine rechtliche
Frage, ob seine unterdurchschnittliche Fallzahl zu berücksichtigen sei, und keine Frage der Richtigkeit der verwendeten statistischen
Grundlagendaten und deren mathematischer Auswertung. Die erhobene Statistik spiegele die durchschnittliche Verbreitung einer
Einzelleistung auf alle Praxen wider, die diese Leistung tatsächlich erbrächten, ohne dass ein Zusammenhang zwischen einer
unterdurchschnittlichen Fallzahl und der Abrechnungshäufigkeit einer Einzelleistung - wie auch die Statistik des Klägers zeige
- hergestellt werden könne. Denn der Effekt, dass in einer durchschnittlichen oder gar überdurchschnittlichen Praxis die Anzahl
der "verdünnenden Patienten" sich auf den durchschnittlichen individuellen Fallwert senkend auswirken könne, sei für den Vergleich
der individuellen Häufigkeit der Einzelleistungen in einer Praxis mit der durchschnittlichen Häufigkeit der Einzelleistungen
in der Gruppe nicht unbedingt feststellbar, zumal die Statistik um die Nullabrechner bereinigt sei. Der Kläger sei unter Anwendung
der Kriterien des BSG, die auch für die wirtschaftliche Abrechnung von Einzelleistungen gelte, trotz unterdurchschnittlicher Fallzahl einer statistischen
Vergleichsprüfung zu unterziehen, da seine Fallzahl deutlich über 20% der durchschnittlichen Fallzahl liege und deutlich mehr
als 100 Fälle umfasse. Da Einzelpraxen und Gemeinschaftspraxen gemeinsam für den Landesdurchschnitt ausgewertet worden seien
und beide Praxisformen gegenüber dem Patienten als Einheit aufträten, führe auch dies nicht zu einer fehlerhaften Statistik.
Die Vergleichsgruppe der Vertragszahnärzte sei homogen und ausreichend groß. Der Beklagte habe eine Vergleichsgruppe - ohne
Nullabrechner - gebildet, die die streitigen Ziffern 105 und 106 abgerechnet habe. Diese Leistungen seien von 100% der Vergleichsgruppe
- damit deutlich mehr als 50% der Fachgruppenmitglieder - abgerechnet worden. Im Übrigen weise die Verbreitung der streitigen
Ziffern mit 15,78% für die BEMA-Z-Position 105 und 14,07% für die BEMA-Z-Position 106 die nach dem BSG erforderliche Verbreitung von mindestens 5% bis 6% auf. Praxisbesonderheiten, die von Amts wegen hätten berücksichtigt werden
können, seien nicht ersichtlich. Unter Darlegung der Rechtsprechung des BSG hat das Sozialgericht weiter ausgeführt, dass auch die Annahme der Schwelle zur offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit bei
80% über den entsprechenden Durchschnittswerten der Fachgruppe keinen rechtlichen Bedenken begegne. Die von der Beigeladenen
zu 6) herangezogene Statistik, welche die Vergleichsgrundlage für die individuelle Häufigkeit der Einzelleistungen bilde,
müsse nicht um einen wertenden "individuellen statistischen Korrekturfaktor" korrigiert werden, weil der Einzelfall des Klägers
keine Anhaltspunkte biete, von der Rechtsprechung des BSG abzuweichen. Vielmehr würde die Berücksichtigung eines solchen statistischen Korrekturfaktors die Unterschiede zwischen der
Praxis des Klägers gegenüber dem Durchschnitt nivellieren und - wie die Beispielsrechnung des Klägers zeige - zu einer Anhebung
des für ihn maßgeblichen (individuellen) Landesdurchschnitts führen. Dann bedürfe es jedoch nicht mehr eines großzügigen Aufschlages
auf den Durchschnitt. Ein solcher individueller Landesdurchschnitt würde die Festsetzung des Grenzwertes zur Festlegung des
offensichtlichen Missverhältnisses deutlich senken, so dass möglicherweise bereits eine Kürzung auf 150% oder sogar weniger
des Landesdurchschnitts beurteilungsfehlerfrei wäre. Der Kläger könne sich schließlich weder auf Verjährung noch auf Verwirkung
berufen, weil die maßgebliche vierjährige Ausschlussfrist gewahrt worden sei. Gegen das ihm am 12. Juni 2018 zugestellte Urteil
hat der Kläger am 6. Juli 2018 Berufung beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegt, zu deren Begründung er
im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen betreffend des aus seiner Sicht erforderlichen individuellen Statistikkorrekturfaktors
wiederholt. Vertiefend führt er hierzu aus, dass die der Entscheidung des Beklagten zugrunde liegende Statistik die Realitäten
des Abrechnungsverhaltens der Zahnärzte nicht widerspiegele, sondern ein verzerrtes Bild des wirtschaftlichen Verhaltens der
Zahnarztpraxen, insbesondere zu Lasten der Praxen mit unterdurchschnittlichen Fallzahlen und zu Gunsten solcher mit überdurchschnittlichen
Fallzahlen, zeige. Eine Vergleichbarkeit von Zahnarztpraxen hinsichtlich ihres Abrechnungsverhaltens erfordere gerade die
Berücksichtigung der Fallzahlen der Praxis. Es gehe ihm insgesamt darum, in welcher Weise die Zahlen unabhängig von den Fallzahlen
einer Zahnarztpraxis zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise herangezogen werden
dürften, ohne dass das mathematische Äquivalenzprinzip beachtet worden sei. Dies hätte das Sozialgericht durch die Einholung
eines Sachverständigengutachtens aufklären müssen. Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 23. Mai 2018 sowie den Beschluss des Beklagten vom 10. Dezember 2014, ausgefertigt
mit Bescheid vom 4. Mai 2015, aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist im Wesentlichen auf die im angefochtenen Urteil aus seiner Sicht zutreffenden Entscheidungsgründe des Sozialgerichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Kiel hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der
Beschluss des Beklagten vom 10. Dezember 2014, ausgefertigt am 4. Mai 2015, für das Quartal IV/2010 ist rechtmäßig und verletzt
den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Begründung des Sozialgerichts macht sich der Senat nach eigener Prüfung zu Eigen und
verweist auf diese, § 153 Abs. 2 SGG. Das Sozialgericht hat die rechtlichen Grundlagen der Wirtschaftlichkeitsprüfung zutreffend dargestellt. Aus dem Vorbringen
des Klägers im Berufungsverfahren folgt keine abweichende Beurteilung.
Eine Verjährung oder Verwirkung der Prüfmaßnahme ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht eingetreten. Nach ständiger Rechtsprechung
(vgl. BSG, Urteil vom 25. März 2015 - B 6 KA 22/14 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 82) ist die Überprüfung einer Honorarabrechnung innerhalb einer Frist von 4 Jahren nach Erlass des
Honorarbescheides zulässig. Die hierzu entwickelten Fallalternativen, die innerhalb dieser Frist einen Vertrauensschutz begründen
und eine Honorarrückrechnung verbieten (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2005 - B 6 KA 17/05 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 22; Urteil vom 8. Februar 2006 - B 6 KA 12/05 R - juris), liegen nicht vor. Insbesondere führt alleine ein Schweigen oder ein Nicht-Handeln der Behörde innerhalb der Frist
von 4 Jahren nicht zur Verwirkung der Prüfmaßnahme. Vielmehr erfordert ein Verwirken eine aktive Handlung, aus der der Vertragsarzt
den berechtigten Schluss ziehen kann, die Honorarforderung werde nicht mehr überprüft oder seine Abrechnung werde gebilligt
(Urteil des Senats vom 12. Dezember 2017 - L 4 KA 37/15; Urteil vom 18. Juli 2017 - L 4 KA 17/15 - juris).
Eine Beratung hatte vor der Honorarrückforderung nicht zwingend vorauszugehen. Zwar sieht § 8 Abs. 1 der zwischen den Vertragspartnern
auf Landesebene abgeschlossenen Prüfvereinbarung vom 9. März 2009 vor, dass vorrangig geprüft werden soll, ob eine gezielte
Beratung des Vertragszahnarztes ausreicht, um in Zukunft die Wirtschaftlichkeit der vertragszahnärztlichen Versorgung der
Versicherten durch diesen zu sichern. Die Vorschrift beinhaltet aber keine zwingende Vorgabe, sondern sie regelt als sogenannte
"Soll-Vorschrift" ein Verfahren, das regelmäßig durchgeführt werden soll. In begründeten Ausnahmefällen kann von einer Beratung
vor einer Honorarrückforderung auch abgewichen werden. Eine solche Ausnahme liegt im Fall des Klägers vor. Dieser trägt selbst
vor, dass er seit vielen Jahren durch den Beklagten auf seine wirtschaftliche Behandlungsweise überprüft wird und dass er
in den Verfahren vornehmlich Argumente gegen die Durchführung des statistischen Vergleichs vorbringt. Daher sind ihm die Belange
und die Notwendigkeit einer wirtschaftlichen Behandlungsweise bekannt und es bedurfte keiner vorangehenden Beratung (vgl.
BSG, Urteil vom 28. April 2004 B 6 KA 24/03 R - juris; zu § 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V: BSG, Urteil vom 28. Oktober 2015 - B 6 KA 45/14 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 53; Urteil vom 6. Mai 2009 B 6 KA 3/08 R - juris).
Der Beklagte hat die Wirtschaftlichkeitsprüfung materiell richtig durchgeführt. Er hat sich dabei zutreffend an den Grundsätzen
einer statistischen Wirtschaftlichkeitsprüfung orientiert. § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I, 2266; die Änderung der Vorschrift durch das Gesetz vom 19. Dezember 2001 - BGBl. I, 3773
- hat insofern keine Änderung erbracht) eröffnet den Vertragspartnern auf Landesebene die Möglichkeit, über die in Satz 1
geregelten Prüfungen hinaus weitere Prüfungen zu vereinbaren. Die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der zahnärztlichen Leistungen
nach Durchschnittswerten ist in § 9 Abs. 1 der Prüfvereinbarung vom 9. März 2009, die ihre Rechtsgrundlage in § 106 Abs. 3 Satz 1 SGB V hat, vorgesehen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 9. April 2008 - B 6 KA 34/07 - SozR 4-2500 § 106 Nr. 18). Eine Überprüfung im Wege des arithmetischen Vergleichs
ist als Prüfmethode anerkannt, da die Vertragszahnärzte im Hinblick auf die konservierend-chirurgischen Leistungen eine homogene
statistische Gruppe bilden (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2005 - B 6 KA 4/05 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 12; BSG, Urteil vom 2. Juni 1987 - 6 RKa 23/86 - SozR 2200 § 368n Nr. 48). Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung
hierfür die Regelprüfmethode. Dabei werden die Abrechnungswerte des Zahnarztes mit denjenigen seiner Fachgruppe bzw. mit denen
einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe im selben Quartal verglichen. Dies wird durch die so
genannte intellektuelle Betrachtung ergänzt, bei der medizinisch-zahnärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Dadurch
werden typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse über die Wirtschaftlichkeit des Behandlungsverhaltens erlangt. Ergibt
die Prüfung, dass der Behandlungsaufwand des Zahnarztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten- oder Einzelleistungswerten
in einem offensichtlichen Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, hat dies die Wirkung eines
Anscheinsbeweises für die Unwirtschaftlichkeit. Ein offensichtliches Missverhältnis ist anzunehmen, wenn sich im Regelfall
die Abrechnungswerte nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur oder in den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lassen
(BSG vom 15. November 1995 - 6 RKa 4/95, SozR 3-2500 § 106 Nr. 31; 21. Mai 2003 - B 6 KA 32/02 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 1). Die Überprüfung der Unwirtschaftlichkeit ist nicht notwendigerweise allein am Gesamtfallwert des
Arztes auszurichten. Da die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V als hohes und wichtiges Rechtsgut im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu beachten ist und die Prüfgremien in § 106 SGB V einen zwingenden Prüfauftrag haben, ist eine Wirtschaftlichkeitsüberprüfung dann, wenn dies notwendig ist, auch an einzelnen
Leistungssparten oder einzelnen Leistungsziffern auszurichten. Denn ein Vertragsarzt ist verpflichtet, nicht nur insgesamt,
sondern auch in allen Teilbereichen seines Behandlungsverhaltens wirtschaftlich zu arbeiten (BSG vom 27. Juni 2007 - B 6 KA 44/06 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 17). Die Prüfung von Einzelleistungsziffern setzt jedoch voraus, dass diese für die Fachgruppe typisch
sind, d. h. dass die Anzahl der diese Leistung ausführenden Ärzte im Vergleich zur Fachgruppe insgesamt sowie die Anwendungshäufigkeit
beim geprüften Arzt und bei den übrigen ausführenden Ärzten einen statistischen Vergleich zulassen und im konkreten Fall verlässliche
Aussagen zur Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung möglich sind (BSG vom 16. Juli 2003 - B 6 KA 45/02 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 3). Bei der Überprüfung der wirtschaftlichen Behandlungsweise nach Einzelleistungsziffern darf jedoch
der Gesamtfallwert nicht in der Weise außer Acht gelassen werden, dass das Gesamtbehandlungsverhalten des Zahnarztes unberücksichtigt
bleibt. Denn es besteht die Möglichkeit, dass eine Mehrabrechnung einzelner Leistungsziffern gegenüber dem Fachgruppendurchschnitt
gleichwohl mit einer Wirtschaftlichkeit des Gesamtbehandlungsverhaltens einhergeht, weil beispielsweise Praxisbesonderheiten
den Mehraufwand erfordern oder kompensierende Einsparungen dadurch bewirkt werden (BSG vom 2. Juni 1987 - 6 RKa 23/86, SozR 2200 § 368n Nr. 48; Urteil vom 21. März 2012 - B 6 KA 18/11 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 34). Dabei obliegt die Darlegungs- und Feststellungslast für derartige besondere, einen höheren Behandlungsaufwand
rechtfertigende atypische Umstände grundsätzlich dem Zahnarzt, wenn seine Abrechnungszahlen im Bereich der offensichtlichen
Unwirtschaftlichkeit liegen. Die Prüfgremien sind allerdings zu Ermittlungen von Amts wegen hinsichtlich solcher Umstände
verpflichtet, die typischerweise innerhalb der Fachgruppe unterschiedlich und daher augenfällig sind (vgl. BSG vom 8. Mai 1985 6 RKa 24/83, USK 85190). Bei der Wahl der Prüfmethode und bei der Annahme der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit haben die Prüfgremien
einen Beurteilungsspielraum, der nur in eingeschränkter Weise durch die Gerichte überprüft werden kann. Die Kontrolle der
Gerichte beschränkt sich darauf, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsmäßig durchgeführt worden ist, der Verwaltungsentscheidung
ein richtiger und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, die Verwaltung die Grenzen eingehalten hat, die sich
bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Wirtschaftlichkeit" ergeben und ob die Prüfgremien ihre Subsumtionserwägungen
so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar
und nachvollziehbar ist (BSG vom 19. Oktober 2011 - B 6 KA 38/10 R, SozR 4 2500 § 106 Nr. 33).
Diese Vorgaben hat der Beklagte zutreffend angewendet. Die Leistungen nach Ziffer 105 und Ziffer 106 BEMA-Z sind für eine
Einzelleistungsprüfung geeignet (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juli 2003 - B 6 KA 44/02 R - juris). Sie sind für die Fachgruppe repräsentativ, die sie durchschnittlich in 15,78% (105) und 14,07% (106) der Fälle
und vom Kläger in 65,80% (254 mal) und 81,09% (313 mal) abgerechnet wurden. Sie sind daher für einen statistischen Vergleich
geeignet. Die Abrechnung der Gebührenpositionen durch den Kläger ist auch offensichtlich unwirtschaftlich. Die Abrechnung
des Klägers liegt bei 316,98% des Fachgruppendurchschnitts (105) beziehungsweise 476,33% (106). Eine Überschreitung um 100%
ist als Anhalt für eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit jedenfalls anerkannt. Das BSG hat bei Einzelleistungen zum Teil bereits bei einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 50% oder 40% als offensichtlich
unwirtschaftlich angesehen (BSG vom 16. Juli 2003, aaO). Ein Anhalt dafür, dass die Leistungen Ausdruck einer besonderen Behandlungsweise oder eine Praxisbesonderheit
des Klägers wäre, ist von ihm nicht dargetan und aus den Unterlagen einschließlich der Abrechnungsstatistik nicht ersichtlich.
Vielmehr beschränkt sich der Vortrag des Klägers auf die Methodik der statistischen Überprüfung und erstreckt sich nicht auf
den Inhalt der Gebührenziffern und das ihnen zugrundeliegende Behandlungsverhalten.
Der Senat folgt nicht dem Ansatz des Klägers, als Maßstab für die Wirtschaftlichkeitsprüfung im Wege der statistischen Vergleichsprüfung
genüge der arithmetische Durchschnitt der Fachgruppe grundsätzlich nicht, sondern es müsse eine Statistik generiert werden,
in welcher der jeweils ausgewiesene Landesdurchschnittswert jeder Einzelleistung mit dem Faktor "durchschnittliche Fallzahl
der Gruppe durch Fallzahl des jeweiligen Vertragsarztes" multipliziert werden, um hieraus für jede Einzelposition einen arztpraxisbezogenen
individuellen Landesdurchschnittswert zu erhalten, der im Rahmen der Prüfung der Wirtschaftlichkeit bzw. Unwirtschaftlichkeit
heranzuziehen wäre. Denn dieses von dem Kläger geforderte Vorgehen widerspricht § 296 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V. Darin ist bestimmt, dass die Beigeladene zu 6) dem Beklagten die Häufigkeit der abgerechneten Gebührenposition unter Angabe
des entsprechenden Fachgruppendurchschnitts mitzuteilen habe. Dementsprechend und sinngebend sind auch diese Daten bei der
Vergleichsprüfung heranzuziehen.
Wie das BSG in seiner Rechtsprechung, welcher der Senat folgt, bereits geklärt hat, besteht die Wirtschaftlichkeitsprüfung nur zu einem
Teil (erster Prüfungsabschnitt) in einer Prüfung der Grundlagen der Vergleichbarkeit (vgl. zu den verschiedenen Stufen der
Wirtschaftlichkeitsprüfung BSG, Urteil vom 21. März 2012 - B 6 KA 17/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 35; BSG, Urteil vom 2. Juni 1987 6 RKa 23/86 - juris), d.h. die tatsächlichen "Ist"-Verhältnisse einer Arztgruppe haben keinen absoluten Aussagewert für das rechtliche
"Soll"-Gebot der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (BSG a.a.O.). Die Prüfgremien können sich vielmehr mit einem "gröberen" Raster beim statistischen Vergleich zufriedengeben, weil
den Besonderheiten einer Arztpraxis in einem sich anschließenden weiteren Prüfungsabschnitt nachgegangen werden muss. Es mag
zwar zutreffen, dass ein individueller Korrekturfaktor oder auch andere mathematisch-statistische Korrektive das wirtschaftliche
Verhalten der Arztgruppe besser darstellen können; hierauf kommt es jedoch bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht an. Untersucht
werden soll nicht das wirtschaftliche Verhalten der Vergleichsgruppe als solches, sondern bei einem offensichtlichen Missverhältnis
des durchschnittlichen Praxiswertes im Verhältnis zum durchschnittlichen Landeswert für eine Einzelposition folgt vielmehr
die Vermutung der Unwirtschaftlichkeit, welche sich in einem weiteren Prüfschritt widerlegen lässt. Der Senat hält es hierbei
für maßgeblich, dass die von dem Kläger geforderte Methode nicht der Datenerhebung, sondern der Interpretation der Abrechnungswerte
dient. Diese Bewertung ist aber nicht Gegenstand des Vergleichs der Abrechnungshäufigkeit des Klägers mit der der Vergleichsgruppe,
der in dem ersten Prüfungsschritt stattfindet.
Die von dem Kläger geforderte Korrektur mittels eines "individuellen statistischen Korrekturfaktors" erweist sich demnach
für die Zwecke der Wirtschaftlichkeitsprüfung als nicht angezeigt. Allerdings stellt sich die Anwendung eines solchen individuellen
Korrekturfaktors für Arztpraxen mit unterdurchschnittlichen Fallzahlen als abmilderndes Korrektiv dar und wirkt sich demnach
hier zu Gunsten des Klägers aus. Ein statistisches Korrektiv hat das BSG in seiner zitierten Rechtsprechung im Hinblick auf Praxen mit unterdurchschnittlicher Fallzahl jedoch nicht für erforderlich
gehalten. Dies ist nach Auffassung des Senats auch nicht notwendig, da sich der statistische Einzelleistungsvergleich auf
die Abrechnungshäufigkeit der Vergleichsgruppe je 100 Behandlungsfälle bezieht. Lediglich für Praxen, deren Fallzahl weniger
als 20% der durchschnittlichen Fallzahl beträgt oder deren Fallzahl kleiner als 100 ist, hat das BSG die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten ausgeschlossen. Letzteres trifft auf die Praxis des Klägers jedoch
nicht zu.
Der Heranziehung der erstellten Statistik zum Zwecke der statistischen Vergleichsprüfung steht ebenfalls nicht entgegen, dass
diese Statistik bei einer Vielzahl von Einzelpositionen einen Landesdurchschnitt aller Praxen, die diese Einzelposition im
streitigen Quartal abgerechnet haben, unter 1% (und nicht wie der Kläger ausführt von unter 0) ausweist. Die von dem Kläger
vorgebrachte Begründung, dass sich ein Vertragszahnarzt hinsichtlich der Abrechnung einer solchen Position "sofort" dem Verdacht
der unwirtschaftlichen Behandlungsweise aussetzt, da die Abrechnung eines Leistungsfalles bzw. weniger Leistungsfälle zu einem
Überschreiten im 4-stelligen Prozentbereich führt, trifft nicht zu. Denn in einem solchen Fall sind verlässliche Aussagen
zur Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung auf dem statistischen Wege schlicht nicht mehr möglich, so dass eine Wirtschaftlichkeitsprüfung
nach Durchschnittswerten in der Regel ausscheidet. Es dürfte sich dann schon nicht mehr um für die gebildete Vergleichsgruppe
typische und von einem größeren Teil der Fachgruppenmitglieder regelmäßig in nennenswerter Zahl erbrachte Leistungen handeln.
Auch wäre die verlangte Abrechnungshäufigkeit von 5% bis 6%, welche zwar keine absolute Untergrenze bildet, deutlich unterschritten.
Dies hat das BSG in ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juli 2003 - B 6 KA 45/02 R - juris Rn. 21) wiederholt dargelegt und bestätigt.
Letztlich ist die Frage der Unwirtschaftlichkeit keine Frage der statistischen Methode - wobei es sich bei der sog. statistischen
Vergleichsprüfung anhand von Durchschnittswerten streng genommen nicht um eine statistische Methodik handelt, sondern der
rechnerisch ermittelte Durchschnitt (arithmetisches Mittel bzw. einfacher Häufigkeitsdurchschnitt, vgl. Clemens in: Engelmann/Schlegel,
jurisPK- SGB V, 3. Aufl. 2016, § 106 Rn. 48) wird als Maßstab der Wirtschaftlichkeitsprüfung herangezogen -, sondern eine (rechtliche) Wertungsfrage. Insofern
hat das Sozialgericht auch nicht gegen § 103 SGG verstoßen, indem es die beantragte Einholung eines mathematisch-statistischen Sachverständigengutachtens abgelehnt hat. Die
Frage, welche statistische Grundlage für die Vergleichsprüfung heranzuziehen ist, ist eine rechtliche. Die Frage, welche statische
Methode ein wirtschaftliches Verhalten der Facharztgruppe realitätsnäher abbilden würde, ist für die hier zu treffende Entscheidung
damit nicht erforderlich. Dem Kläger kann zwar darin zugestimmt werden, dass er seine Patientinnen und Patienten nicht nach
statistischen Vorgaben behandeln soll. Die statistischen Parameter sind jedoch nicht bei der Behandlung, sondern als Mittel
zur Überprüfung von deren Wirtschaftlichkeit heranzuziehen.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Der Senat hat der Entscheidung die Rechtsprechung des BSG zur Wirtschaftlichkeitsprüfung zugrunde gelegt.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
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