Gründe:
I.
Unter dem 12. November 2013 übersandte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) dem Erinnerungsführer einen "Auszug aus
dem Verzeichnis der Rechtsstreite (§
189 SGG)" und forderte ihn auf, für folgende 8 Verfahren insgesamt 1.125,00 Euro Gerichtsgebühren zu zahlen: L 5 SB 1266/10 112,50 Euro L 5 SB 444/05 112,50 Euro L 5 SB 134/08 112,50 Euro L 5 SB 249/09 225,00 Euro L 5 SB 1207/10 112,50 Euro L 5 SB 165/10 112,50 Euro L 5 SB 883/11 225,00 Euro L 5 SB 834/12 112,50 Euro.
Das Berufungsverfahren L 5 SB 1266/10 erledigte sich am 14. August 2013 durch Annahme eines Anerkenntnisses. Die Kläger nahmen ihre Berufungen in den Verfahren
L 5 SB 444/05 am 6. November 2008 bzw. L 5 SB 834/12 am 22. November 2012 zurück. Durch übereinstimmende Erledigungserklärungen wurden die Verfahren L 5 SB 134/08 am 11. März 2011 und L 5 SB 165/10 am 5. Mai 2011 erledigt. Abgeschlossen wurden die Verfahren L 5 SB 249/09 und L 5 SB 883/11 durch Urteile vom 5. April bzw. 20. Dezember 2012. Das Verfahren L 5 SB 1207/10 erledigte sich am 14. Januar 2012 (Austragung nach dem Tod des Klägers).
Gegen die Feststellungen im Auszug vom 12. November 2013 hat der Erinnerungsführer am 5. Dezember 2013 Erinnerung eingelegt
und vorgetragen, die Gebührenforderung für das Verfahren L 5 SB 444/05 sei verjährt. Im Übrigen sei die Geltendmachung der Pauschgebühren verwirkt. Die Justizverwaltung habe seit der Kommunalisierung
der Schwerbehindertenverfahren zum 1. Mai 2008 davon abgesehen, Pauschgebühren geltend zu machen. Er habe nach Ablauf dieses
Zeitraums nicht mehr damit rechnen müssen, ex tunc zu den Pauschgebühren herangezogen zu werde. Die Heranziehung verstoße
gegen Treu und Glauben und sei allenfalls für die Zukunft gerechtfertigt. Da ihm die angeforderten Pauschgebühren nicht bekannt
gewesen seien, habe er sie bei der Berechnung der Mehrbelastungspauschale vom Freistaat Thüringen nicht in Ansatz bringen
können.
Die UdG hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 5. Dezember 2013) und dem Senat zu Entscheidung vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach § 66 Abs. 6 S 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Verbindung mit der Geschäftsverteilung des Thüringer LSG und der senatsinternen Geschäftsverteilung (zuletzt Beschluss
vom 19. Dezember 2013) der Senatsvorsitzende.
Zur Vollständigkeit wird darauf hingewiesen, dass der Auszug aus dem Verzeichnis der Rechtsstreite angesichts der Monatsfrist
des §
189 Abs.
2 S. 2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) nach §
63 Abs.
1 SGG hätte zugestellt werden müssen. Konsequenzen hat diese Unterlassung hier nicht.
Die Erinnerung ist zulässig und nur hinsichtlich der Pauschgebühren für das Verfahren L 5 SB 444/05 begründet. Zum Zeitpunkt der Kostenerhebung war bei ihm der Kostenanspruch verjährt. Nach § 5 Abs. 1 GKG verjähren Ansprüche auf Zahlung von Kosten in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Verfahren durch rechtskräftige
Entscheidung über die Kosten, durch Vergleich oder in sonstiger Weise beendet ist. Hier wurde es am 6. November 2008 durch
Rücknahme beendet und die Verjährungsfrist lief am 31. Dezember 2012 ab. Der Erinnerungsführer hat rechtzeitig die Einrede
der Verjährung erhoben.
Im Übrigen ist die Erinnerung nicht begründet. Zu Recht hat die UdG die Pauschgebühren nach §
189 Abs.
1 SGG festgestellt. Danach werden die Gebühren für die Streitsachen in einem Verzeichnis zusammengestellt (Satz 1); die Mitteilung
eines Auszugs aus diesem Verzeichnis an die nach § 184 Abs. 1 Gebührenpflichtigen gilt als Feststellung der Gebührenschuld
und als Aufforderung, den Gebührenbetrag binnen eines Monats an die in der Mitteilung angegebenen Stelle zu zahlen (Satz 2).
Nach §
184 Abs.
1 S. 1
SGG haben Kläger und Beklagte, die nicht zu den in §
183 SGG genannten Personen gehören, für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten. Nach §
183 S. 1
SGG sind Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger,
behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger kostenfrei, sofern sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagte
beteiligt sind. Die o.g. Berufungsverfahren waren selbständige gebührenpflichtige Streitsachen und der am Verfahren beteiligte
Erinnerungsführer gehört nicht zum Personenkreis des §
183 S. 1
SGG.
Die Gebührenpflicht entfällt nicht nach §
184 Abs.
3 SGG, wonach § 2 GKG entsprechend anwendbar ist. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 GKG sind in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des
Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen von der Zahlung der Kosten befreit. Kommunale Gebietskörperschaften
unterfallen - auch im übertragenen Wirkungskreis - diesem Befreiungstatbestand nicht (vgl. BSG, Beschluss vom 29. Mai 2013 - B 13 SF 1/13 S m.w.N., Senatsbeschluss vom 24. Februar 2014 - L 6 SF 1393/13 E; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Juni 2008 - L 7 SB 129/06, nach juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Auflage 2012, §
184 Rdnr. 4).
Nicht einschlägig ist § 2 Abs. 5 S. 2 GKG, nach dem Kosten nicht zu erheben sind, soweit eine von der Zahlung der Kosten befreite Partei Kosten des Verfahrens übernimmt.
Hierfür ist nichts vorgetragen oder ersichtlich.
Eine Gebührenbefreiung erfolgt nicht nach § 3 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem bis 7. November 2013 geltenden Thüringer Justizkostengesetz (ThürJKostG). Nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 ThürJKostG
beinhaltet die dortige Gebührenbefreiung nur Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und Justizverwaltungsbehörden; Sozialgerichte
werden nicht erwähnt. Sonstige landesrechtliche Gebührenbefreiungsvorschriften sind nicht ersichtlich.
Dieses Ergebnis ist im Ergebnis nicht unbillig. Die Befreiung von der Pauschgebühr über § 2 GKG wurde nach der Gesetzesbegründung eingeführt, um dem allgemeinen Grundsatz Rechnung zu tragen, dass der Träger der Gerichtshoheit,
der für die Gerichte finanziell aufzukommen hat, also der Bund oder die Länder, nicht in die eigene Kasse Gebühren zu zahlen
hat (vgl. BT-Drucks. 14/5943 S. 35 zu Art. 1 Nr. 62 unter Hinweis auf BSG, Beschluss vom 10. Dezember 1956 - 8 RV 391/54, nach juris). Die Befreiung kommt entsprechend in Thüringen nur bei Klagen gegen den Freistaat oder gegen unselbständige
Behörden des Freistaats in Betracht. Der Gebührenerhebung steht nicht der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes entgegen (vgl.
Senatsbeschlüsse vom 24. Februar 2014 - L 6 SF 1945/13 E und L 6 SF 1393/13 E), denn er setzt voraus, dass vom Empfängerhorizont gesehen ein besonderer Vertrauenstatbestand gesetzt wurde, der andere
darauf tatsächlich vertraute und sich darauf einrichtete. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Freistaat
einen Vertrauenstatbestand geschaffen und der Erinnerungsführer darauf vertraut hat. Die Unkenntnis der Gebührenpflicht bzw.
der Rechtsansicht im Beschluss des BSG vom 29. Mai 2013 - B 13 SF 1/13 S kann weder den Vertrauenstatbestand noch das Vertrauen des Erinnerungsführers begründen.
Die vorgetragene Verwirkung kommt insofern ebenfalls nicht in Betracht. Sie ist eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und
Glauben (§
242 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs) und setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während
eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls
und des in Betracht kommenden Rechtsgebiets das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten
gegenüber als illoyal erscheinen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R, nach juris; Senatsbeschluss vom 27. November 2012 - L 6 R 1045/12 B ER). Solche die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten
Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen
werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraute, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand)
und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die
verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Es werden strenge Anforderungen an das Verwirkungsverhalten
gestellt. Hier trägt der Erinnerungsführer im Ergebnis nur vor, er habe nach seit der Kommunalisierung zum 1. Mai 2008 von
der Justizverwaltung keine Anforderung von Pauschgebühren erhalten. Das damit vorgetragene "bloße Nichtstun" reicht als Verwirkungsverhalten
aber nicht aus. Zusätzlich erforderlich wäre ein konkretes Verhalten des Gläubigers, das bei dem Schuldner die berechtigte
Erwartung erweckt hat, dass eine Forderung nicht besteht oder nicht geltend gemacht wird (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 - B 12 R 16/09 R m.w.N., nach juris). Hierfür ist nichts ersichtlich. Wenn der Erinnerungsführer im Übrigen vorträgt, die Verpflichtung
zur Tragung von Pauschgebühren sei ihm nicht bekannt gewesen, verneint er selbst den Vertrauenstatbestand und das Vertrauensverhalten.
Es ist nicht ersichtlich oder konkret vorgetragen, dass der Erinnerungsführer durch die Leistungspflicht übermäßig belastet
oder in seinem Vermögen grundlegend beeinträchtigt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 1987 - 1 BvL 21/82, nach juris).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 66 Abs. 3 S. 3 GKG)