LSG Hessen, Urteil vom 24.06.2009 - 4 KA 17/08
Vorinstanzen: SG Marburg 30.01.2008 S 12 KA 1082/06
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 30. Januar 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen,
soweit das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 24. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember
2006 aufgehoben hat.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Beklagte verurteilt, die Belegarztanerkennung der Klägerin für den angestellten
Arzt Dr. C. für die A. Diakonie-Kliniken, Abteilung Innere Medizin/Kardiologie, zu erteilen.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Belegarztanerkennung der Klägerin für ihren angestellten Arzt Dr. C ...
Die Klägerin ist ein in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betriebenes Medizinisches Versorgungsznetrum
(MVZ) mit Sitz in A-Stadt. Der 1965 geborene Dr. C., wohnhaft in D-Stadt, D-Straße, ist Facharzt für Innere Medizin mit dem
Teilgebiet Kardiologie und war bei der Klägerin zunächst als Arzt in Teilzeit angestellt. Seit 1. Juli 2005 ist er in Vollzeit
als Arzt bei der Klägerin angestellt (Beschlüsse des Zulassungsausschusses vom 26. April 2005 und vom 28. Juni 2005). Die
Mitglieder der Trägergesellschaft der Klägerin sind teilweise selbst als Belegärzte tätig.
Am 19. Juli 2006 beantragte Dr. C. bei der Beklagten die Anerkennung als Belegarzt für die A. Diakonie-Kliniken (ADK), Abteilung
Innere Medizin - Kardiologie mit den Betriebsstätten E-Krankenhaus (A-Stadt, A-Straße) und F-Krankenhaus (A-Stadt, G Straße).
Hierzu legte er einen Belegarztvertrag vom 17. Juli 2006 zwischen ihm und den ADK sowie eine Bescheinigung der ADK vom 28.
Juni 2006 vor, wonach 70 Belegbetten in der Abteilung Innere Medizin - Kardiologie (beide Betriebsstätten) der ADK für Dr.
C. und die namentlich genannten weiteren Belegärzte der Klägerin zur Verfügung stünden.
Mit Bescheid vom 24. Juli 2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Dr. C. ab, weil er als angestellter Arzt eines MVZ kein
Vertragsarzt im Sinne des § 121 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch ( SGB V) sei. In dem sich anschließenden Widerspruchsverfahren schlossen sich die hessischen Krankenkassenverbände der Auffassung
der Beklagten an, die den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2006 zurückwies.
Gegen den seiner Prozessbevollmächtigten am 13. Dezember 2006 zugestellten Widerspruchsbescheid hat Dr. C. am 28. Dezember
2006 beim Sozialgericht Marburg Klage mit dem Ziel seiner Anerkennung als Belegarzt durch die Beklagte erhoben. Auf Anregung
des Sozialgerichts ist anstelle von Dr. C. das MVZ im Wege der Klageänderung als Klägerin in den Prozess eingetreten mit dem
Ziel, ihr die Belegarztanerkennung für den angestellten Arzt Dr. C. zu erteilen. Die Beklagte hat der Klageänderung ausdrücklich
zugestimmt. Die neue Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht einen neuen Rahmen-Belegarztvertrag
zwischen den ADK und dem MVZ vom 28. Januar 2008 vorgelegt, der sich auf die angestellten Ärzte der Klägerin Dr. C ... und
Dr. H. und deren belegärztliche Tätigkeit für die Klägerin in der Abteilung Innere Medizin - Kardiologie bei den ADK an beiden
Betriebsstätten (E-Krankenhaus und F-Krankenhaus) bezieht. Die Klägerin hat ihren Klageantrag in der mündlichen Verhandlung
auf die Erteilung einer Belegarztanerkennung für den angestellten Arzt Dr. C. auf eine Tätigkeit am E-Krankenhaus begrenzt
und eine entsprechende Änderung des Belegarztvertrages in Aussicht gestellt. Mit Urteil vom 30. Januar 2008 hat das Sozialgericht
den Bescheid der Beklagten vom 24. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2006 aufgehoben und die
Beklagte verurteilt, der Klägerin die Belegarztanerkennung für den angestellten Arzt Dr. C. für das E-Krankenhaus in A-Stadt
zu erteilen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, sowohl die Klageänderung als auch die geänderte Klage seien
zulässig, weil die Beklagte in die Klageänderung eingewilligt und ein Vorverfahren stattgefunden habe. Die Klägerin habe auch
einen Anspruch auf die Belegarztanerkennung für die von seinem angestellten Arzt Dr. C. im E-Krankenhaus der ADK ausgeübte
belegärztliche Tätigkeit. Auch ein MVZ könne grundsätzlich belegärztliche Leistungen erbringen. Nach § 121 Abs. 2 SGB V komme zwar eine Belegarzttätigkeit nur für "Vertragsärzte" und personengebunden in Betracht, wobei § 39 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte
(BMV-Ä) bzw. § 31 Abs. 1 Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä) insoweit nur von "Ärzten" sprächen. § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V sehe aber eine entsprechende Anwendung des gesamten vierten Kapitels des SGB V auf MVZ vor, sofern nichts Abweichendes bestimmt sei. Ebenso bestimme § 1 Abs. 6 BMV-Ä bzw. § 1 Abs. 8 EKV-Ä, dass die Vorschriften der Bundesmantelverträge entsprechend für MVZ anzuwenden seien,
sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen sei oder Abweichendes aus der Besonderheit der MVZ folge. Mangels ausdrücklich
abweichender Regelungen in § 121 SGB V und in §§ 38 bis 41 BMV-Ä bzw. §§ 30 bis 33 EKV-Ä folge hieraus die grundsätzliche Befugnis der MVZ, als Partner eines Belegarztvertrages aufzutreten. Unter Bedarfsplanungsgesichtspunkten
gelte daher auch § 103 Abs. 7 SGB V für sie, wonach ein Belegarztvertrag in einem gesperrten Zulassungsbereich zuerst mit Vertragsärzten und entsprechend auch
mit MVZ abzuschließen sei. Ebenso wie ihre ambulanten Leistungen könnten MVZ auch die stationären belegärztlichen Leistungen
aber nur durch die bei ihnen tätigen Ärzte in Person erbringen. Die Genehmigung (§ 40 Abs. 2 S. 1 BMV-Ä/§ 32 Abs. 2 S. 1 EKV-Ä)
bleibe aber personengebunden, weil es insoweit auf die persönliche Eignung ankomme (§ 39 BMV-Ä/§ 31 EKV-Ä). Sie sei daher
dem MVZ für seinen angestellten Arzt zu erteilen; einem im MVZ tätigen Vertragsarzt könne sie hingegen unmittelbar erteilt
werden. Die persönlichen Voraussetzungen müssten aber jeweils in der Person des Arztes gegeben sein. In einem Krankenhaus
angestellte Ärzte, die zugleich in einem MVZ tätig seien, könnten aber weiterhin nicht belegärztlich tätig sein. Belegarzt
könne nur der nicht in einem Krankenhaus angestellte Arzt sein (§ 121 Abs. 2 SGB V und § 39 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 31 Abs. 1 EKV-Ä). Die durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG vom 22. Dezember 2006, BGBl. I S. 3439) erfolgte ausdrückliche Nennung von MVZ unter § 121a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V diene nach der Begründung im Gesetzentwurf nur der Klarstellung (BT-Drucks. 16/274, S. 25). Einer entsprechenden Änderung
des § 121 SGB V habe es aufgrund der dargestellten Systematik des SGB V nicht bedurft. Dr. C. sei auch für die Erbringung belegärztlicher Leistungen geeignet, insbesondere stehe sein Wohnsitz der
Eignung nicht entgegen. Von dort betrage die Wegstrecke bis zum Belegkrankenhaus 40,8 km, was einer Fahrzeit von etwa 35 Minuten
entspreche. Die Betriebsstätte der Klägerin liege unmittelbar beim E-Krankenhaus. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass bei
der Klägerin circa 12 Kardiologen tätig seien, von denen einige auch Belegärzte am selben Krankenhaus seien, das seinerseits
zwei weitere Kardiologen als nachgeordnete Ärzte beschäftige. Unter Berücksichtigung dieser Umstände und unter Zugrundelegung
der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG, Urteil vom 5. November 2003, B 6 KA 2/03 R) sei die unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der von Dr. C. ambulant und stationär zu betreuenden Versicherten auch
unter Beachtung der besonderen Notfallanfälligkeit des Gebiets der Kardiologie noch gewährleistet (§ 39 Abs. 4 Nr. 3 BMV-Ä/§
31 Abs. 4 Nr. 3 EKV-Ä). Auch die übrigen Voraussetzungen der Belegarztanerkennung seien in der Person des Dr. C. erfüllt.
Die Belegarzttätigkeit dürfe nicht das Schwergewicht der ärztlichen Tätigkeit des Dr. C. bilden. Insoweit komme es nicht auf
die Gesamttätigkeit des MVZ an, das nicht befugt sei, einzelne angestellte Ärzte für eine rein belegärztliche Tätigkeit abzustellen.
Für eine solche Absicht bestünden im Falle des Dr. C. aber auch keine Anhaltspunkte. Seien somit die Voraussetzungen für einen
Anspruch auf Belegarztanerkennung erfüllt, komme es auf ein Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen nicht mehr
an.
Gegen das ihr am 8. Februar 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21. Februar 2008 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht
in Darmstadt eingelegt. Dr. C. sei als angestellter Arzt bei der Klägerin kein Vertragsarzt im Sinne des § 121 Abs. 2 SGB V. Ein MVZ können daher trotz der aus § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V resultierenden entsprechenden Anwendung des gesamten Vierten Kapitels des SGB V keine Anerkennung als Belegarzt erhalten, weil § 121 Abs. 2 SGB V etwas Abweichendes bestimme. Außerdem beziehe sich § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V nur auf Vorschriften für "Ärzte", nicht aber für "Vertragsärzte", die mit § 121 Abs. 2 SGB V angesprochen seien. Die Rechtsauffassung des Sozialgerichts sei schon deshalb unzutreffend, weil danach auch die in § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V genannten Psychotherapeuten als Belegärzte im Sinne des § 121 Abs. 2 SGB V in Betracht kommen müssten. Auch § 40 Abs. 4 BMV-Ä, der die Anerkennung als Belegarzt an die vertragsärztliche Zulassung knüpfe, spreche gegen die Rechtsauffassung des
Sozialgerichts, denn der an einem MVZ angestellte Arzt besitze keine Zulassung. Die ausdrückliche Aufnahme von MVZ in § 121a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V durch das VÄndG vom 22. Dezember 2006 ohne entsprechende Änderung des § 121 SGB V bestätige den gesetzgeberischen Willen, jedenfalls bei der belegärztlichen Tätigkeit weiterhin zwischen MVZ und Vertragsärzten
zu unterscheiden. Außerdem fehle für die Anerkennung einer belegärztlichen Tätigkeit am E-Krankenhaus die notwendige Bescheinigung
des Krankenhauses über die Gestattung der belegärztlichen Tätigkeit und die Zahl der zur Verfügung gestellten Betten (§ 40
Abs. 3 BMV-Ä/§ 32 Abs. 3 EKV-Ä). Die Bescheinigung der ADK vom 28. Juni 2006 wie auch der Rahmen-Belegarztvertrag vom 28.
Januar 2008 bezögen sich aber auf zwei Krankenhäuser (E-Krankenhaus und F-Krankenhaus) und könnten daher die Voraussetzungen
für eine Belegarzttätigkeit nur an einem Krankenhaus nicht erfüllen. Eine Tätigkeit an zwei Krankenhäusern sei aber gemäß
§ 39 Abs. 3 BMV-Ä/§ 31 Abs. 3 EKV-Ä) ausgeschlossen. Außerdem liege die Wohnung des Dr. C. vom Krankenhaus so weit entfernt,
dass eine ordnungsgemäße Versorgung der von ihm zu betreuenden Versicherten nicht gewährleistet sei. Eine Fahrzeit von mindestens
35 Minuten sei nicht hinnehmbar. Der Hinweis auf 12 weitere am MVZ tätige Kardiologen führe zu keinem anderen Ergebnis, denn
es gelte der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung (§ 15 BMV-Ä).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 30. Januar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und darüber hinaus die Beklagte zu verurteilen, ihr die Belegarztanerkennung für den angestellten
Arzt Dr. C. für die A. Diakonie-Kliniken, Abteilung Innere Medizin/Kardiologie, zu erteilen.
Sie ist der Auffassung, es komme auf die fehlende vertragsärztliche Zulassung des Dr. C. nicht an, weil die Belegarztanerkennung
nicht diesen persönlich sondern vielmehr der Klägerin (für Dr. C.) zu erteilen sei. Die Klägerin aber sei gemäß § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V einem Vertragsarzt gleichzustellen. § 121 Abs. 2 SGB V enthalte insoweit keine abweichende Regelung. Auch Vertragsärzte seien Ärzte im Sinne des § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V. Psychotherapeuten seien nicht wegen einer abweichenden Regelung in § 121 Abs. 2 SGB V (im Verhältnis zu § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V) als Belegärzte ausgeschlossen, sondern vielmehr deshalb, weil sie im Rahmen ihres Leistungsspektrums nicht stationär behandelnd
tätig würden. Auch der Hinweis auf § 40 Abs. 4 BMV-Ä stütze die Auffassung der Beklagten nicht, denn die Belegarztanerkennung
sei an die Zulassung der Klägerin und nicht an den angestellten Arzt Dr. C. zu knüpfen. Auch liege die erforderliche Bescheinigung
des Krankenhauses nach § 40 Abs. 3 BMV-Ä vor, denn mit Bescheid vom 6. März 2008 habe das Hessische Sozialministerium festgestellt,
dass die A. Diakonie-Kliniken als ein Krankenhaus mit drei Betriebsstätten in den Krankenhausplan des Landes Hessen aufgenommen
seien. Somit handle es sich um ein einheitliches Krankenhaus, wobei kardiologische Leistungen an zwei Betriebsstätten (E-Krankenhaus
und F-Krankenhaus) erbracht würden. Die Bescheinigung der ADK über die Anzahl der zur Verfügung gestellten Belegbetten liege
aber vor und sei nicht auf die jeweilige Betriebsstätte zu konkretisieren. Die Wohnung des Dr. C. liege auch noch in einer
ausreichenden Entfernung zum Krankenhaus und Dr. C. habe ebenso wie die Klägerin in § 1 Abs. 4 des Rahmen-Belegarztvertrages
erklärt, dass das Schwergewicht der Berufstätigkeit des Belegarztes die ambulante ärztliche Praxis bilde.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten,
der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist im Wesentlichen unbegründet.
Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend die mit dem Wechsel der Aktivpartei verbundene Klageänderung (§ 99 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und die geänderte Klage selbst als zulässig angesehen. Entgegen seiner Ansicht haben zwar das notwendige Vorverfahren und
auch ein Verwaltungsverfahren nicht stattgefunden, weil die Klägerin als solche nicht Antragstellerin und auch nicht Adressatin
der angegriffenen Bescheide der Beklagten war. Jedoch kann hier auf ein sonst notwendiges Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren
aus Gründen der Prozessökonomie verzichtet werden, weil auch in diesen Verfahren keine andere Entscheidung der Beklagten zu
erwarten und insoweit auch keine anderen Gremien zur Entscheidung berufen wären als diejenigen, durch die die Beklagte im
Prozess vertreten ist. Zusätzliche Sachermittlungen waren insoweit ebenfalls nicht erforderlich und die Landesverbände der
Krankenkassen sind jedenfalls durch die Beiladung im Berufungsverfahren beteiligt worden (§ 40 Abs. 2 BMV-Ä/§ 32 Abs. 2 EKV-Ä).
Unter diesen Voraussetzungen wäre die nochmalige Durchführung eines Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens ein inhaltsloser
Formalismus, der auch aus Gründen der Gewaltenteilung nicht geboten sein kann, denn die "Exekutive" hat ihre Entscheidung
getroffen und dies durch ihren Vortrag im Prozess auch zum Ausdruck gebracht. Die geänderte Klage war daher auch ohne sonst
notwendiges Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren zulässig (siehe hierzu zutreffend: BSG, Urteil vom 15. August 1996, 9 RVs 10/94; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. September 2006, L 11 SB 24/05-26).
Zutreffend hat das Sozialgericht einen Anspruch der Klägerin auf Belegarztanerkennung für den angestellten Arzt Dr. C. an
den ADK bejaht. Der Senat ist ebenfalls der Auffassung, dass MVZ grundsätzlich auch belegärztliche Leistungen erbringen können
und zwar insbesondere durch angestellte Ärzte, die insoweit für das MVZ ebenso wie im Bereich der ambulanten Behandlung tätig
werden. Inhaber der Belegarztanerkennung ist in diesem Falle das MVZ selbst, wobei aber zur Beurteilung der persönlichen Geeignetheit
die Anerkennung auf einen oder mehrere angestellte Ärzte zu beziehen ist, die für das MVZ belegärztlich tätig werden sollen.
In diesem Sinne sind auch die von der Klägerseite im ersten Rechtszug zitierten Ausführungen im Kooperationskompass der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung (KBV) zu der Frage: "Kann auch ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) belegärztliche Leistungen erbringen?"
zu verstehen, wonach sich ein entsprechender Vertrag zwischen Krankenhaus und MVZ konkret auf einen oder auf die im MVZ tätigen
Ärzte beziehen müsse, die ihrerseits die persönliche Eignung als Belegarzt besitzen müssten. Soweit die selbst zur vertragsärztlichen
Versorgung zugelassenen Mitglieder der Trägergesellschaft eines MVZ als Belegärzte anerkannt sind, wie dies auch bei einem
Teil der Mitglieder der Klägerin der Fall ist, handelt es sich gerade um keine Belegarztanerkennung für das MVZ sondern vielmehr
für den einzelnen zugelassenen Arzt, womit eine solche Anerkennung auch nicht vom Zulassungsstatus des MVZ sondern des Arztes
abhängig ist. Der Ausschluss von solchen MVZ, die überwiegend oder ausschließlich mit angestellten Ärzten arbeiten, von der
belegärztlichen Versorgung wäre mit dem gesetzlich verankerten Ziel, auf eine leistungsfähige und wirtschaftliche belegärztliche
Behandlung der Versicherten hinzuwirken und ein kooperatives Belegarztwesen zu fördern (§ 121 Abs. 1 SGB V) nicht zu vereinbaren. Die Einführung von MVZ in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) stellt eine Abkehr von dem bisher
im Vertragsarztrecht geltenden Grundsatz dar, dass die ambulante Versorgung der Versicherten durch freiberuflich tätige Ärzte,
Zahnärzte und Psychotherapeuten sichergestellt wird. Die Ausübung ambulanter Heilbehandlung in der Rechtsform einer juristischen
Person des Privatrechts mit ausschließlich angestellten Ärzten war nach früherem Rechtszustand grundsätzlich rechtlich nicht
zulässig. Durch das GKV-Modernisierungsgesetz (vom 14. November 2003, BGBl. I, S. 2190) ist seit dem 1. Januar 2004 der in einem MVZ angestellte Arzt als tragendes Versorgungselement eingeführt und die ärztliche
Berufsausübung in der Rechtsform von Kapital- und Handelsgesellschaften zugelassen (so zutreffend: Wigge in Schnapp/Wigge,
Vertragsarztrecht, 2. Auflage 2006, § 6 Rdnr. 62). Seine Absicht, die Verzahnung der MVZ mit Krankenhäusern zu fördern, hat
der Gesetzgeber mit der Änderung des § 20 Abs. 2 Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) zum Ausdruck gebracht. Eine dem
entgegenstehende gesetzgeberische Intension lässt sich insbesondere nicht der Einfügung der MVZ unter § 121a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG vom 22. Dezember 2006, BGBl. I S. 3439) mit Wirkung zum 1. Januar 2007 entnehmen. MVZ sind rechtlich zwar ebenfalls als ärztlich geleitete Einrichtungen anzusehen
gewesen, die an der vertragsärztlichen Versorgung jedoch nicht als eine ermächtigte Institution sondern vielmehr aufgrund
einer Zulassung teilnehmen. Die Einfügung der neuen Nr. 2 hat gleichwohl keine rechtsbegründende, sondern nur klarstellende
Bedeutung, weil nach § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V ohnehin alle auf Vertragsärzte bezogenen Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V auch für die MVZ gelten, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist (so zutreffend: Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung,
§ 121a SGB V, Rdnr. 1a). Insbesondere enthält auch § 121 Abs. 2 SGB V insoweit keine abweichende Bestimmung gegenüber § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V, denn auch Vertragsärzte sind Ärzte im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift. Diese Auffassung wird durch § 39 Abs. 1 BMV-Ä
bestätigt, der anstelle des Begriffs des "Vertragsarztes" den des "Arztes" benutzt im Gegensatz zu § 31 Abs. 1 EKV-Ä, der
den Begriff des "Vertragsarztes" gebraucht. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber oder die Vertragspartner der Bundesmantelverträge
mit ihrer Begriffswahl MVZ als solche von der stationären belegärztlichen Versorgung der Versicherten durch angestellte Ärzte
ausschließen wollten, was im Übrigen dem von den Vertragspartnern in § 1 Abs. 6 BMV-Ä/§ 1 Abs. 8 EKV-Ä erklärten Ziel widerspräche,
die für "Vertragsärzte" geltenden Vorschriften entsprechend für MVZ gelten zu lassen, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes
vorgesehen ist oder Abweichendes aus der Besonderheit der MVZ folgt. Auch insoweit kann aus der unterschiedlichen Begriffswahl
einerseits des Gesetzgebers in § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V ("Ärzte") und andererseits der Vertragspartner der Bundesmantelverträge in § 1 Abs. 6 BMV-Ä/§ 1 Abs. 8 EKV-Ä ("Vertragsärzte") nicht auf einen unterschiedlichen Regelungswillen geschlossen werden. Dem
u. a. in § 121 Abs. 1 SGB V zum Ausdruck kommenden Ziel des Gesetzgebers, die ambulante Behandlung der Versicherten durch die Förderung des Belegarztwesens
mit der stationären Behandlung zu verzahnen, würde es auch widersprechen, ausgerechnet die Gruppe der MVZ mit angestellten
Ärzten hiervon auszuschließen. Im Übrigen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in den Entscheidungsgründen
des angegriffenen Urteils Bezug genommen und in diesem Umfang von einer erneuten Darstellung derselben abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Erwähnung der Psychotherapeuten in § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V dem eben dargestellten Ergebnis nicht widerspricht, denn diese erbringen in der Tat keine stationären Leistungen und sind
aus diesem Grund vom Belegarztwesen nicht betroffen. Soweit bei der Klägerin, der die Belegarztanerkennung unmittelbar zusteht,
die stationäre Tätigkeit nicht das Schwergewicht der Gesamttätigkeit bildet, wofür es keinerlei Anhaltspunkte gibt, vermag
der Senat im Gegensatz zum Sozialgericht auch dann keinen Verstoß gegen § 39 Abs. 2 BMVÄ/§ 31 Abs. 2 EKV-Ä zu erkennen, wenn
einzelne angestellte Ärzte des MVZ, auf die sich die Belegarztanerkennung bezieht, möglicherweise im Rahmen der internen Arbeitsteilung
im MVZ überwiegend stationäre Behandlungen ausüben, denn hierdurch ändert sich nicht der Charakter des MVZ als eigentlicher
Inhaber der Belegarztanerkennung, der weiterhin überwiegend an der Sicherstellung der ambulanten Versorgung der Versicherten
teilnimmt. Zutreffend hat das Sozialgericht auch die persönliche Eignung des Dr. C. im Hinblick auf die Lage seiner Wohnung
zum Belegkrankenhaus bejaht. Das BSG hat in seiner Rechtsprechung anerkannt, dass regelmäßige Fahrwege "von ca. 30 Minuten"
zwischen Wohnung und Praxis jedenfalls unschädlich sind. Ferner hat es ausgeführt, es entziehe sich einer generellen Beurteilung,
ob im Einzelfall auch längere Zeiträume unschädlich sein können (so: Urteil vom 5. November 2003, B 6 KA 2/03 R, Juris Rdnr. 33 m.w.N.). Die Beteiligten gehen übereinstimmend von einer Fahrzeit von 35 Minuten für die einfache Strecke
von der Wohnung des Dr. C. zu E-Krankenhaus, der Betriebsstätte an der die belegärztliche Tätigkeit zumindest überwiegend
ausgeübt werden soll, aus. Insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass noch etliche weitere Kardiologen am MVZ
auch belegärztlich an den ADK tätig sind, die im Notfall bei Verhinderung des Dr. C. stationäre Leistungen erbringen können,
erscheint dies auch dem erkennenden Senat als ausreichend, um die unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der vom Kläger
ambulant und stationär zu betreuenden Versicherten zu gewährleisten. Die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung
nach § 15 BMV-Ä/§ 14 EKV-Ä steht der Berücksichtigung dieses Umstandes schon deshalb nicht entgegen, weil nach diesen Vorschriften
persönliche Leistungen auch ärztliche Leistungen durch angestellte Ärzte sind. Die Verpflichtung zur unverzüglichen und ordnungsgemäßen
Versorgung der Versicherten trifft im Übrigen unmittelbar das MVZ selbst, das durch jeden seiner angestellten Ärzte tätig
werden kann, auf den sich die Belegarztanerkennung an dem Krankenhaus in der betreffenden medizinischen Fachrichtung bezieht.
Die Klägerin hat auch die notwendige Erklärung des Krankenhauses über die Gestattung belegärztlicher Tätigkeit und die Zahl
der zur Verfügung gestellten Betten (§ 40 Abs. 3 BMV-Ä/§ 32 Abs. 3 EKV-Ä) vorgelegt. Die Bescheinigung der ADK vom 28. Juni
2006 ist ausreichend, auch soweit sie sich nicht auf eine bestimmte Betriebsstätte der ADK bezieht, denn die ADK sind "Krankenhaus"
im Sinne des § 108 SGB V, auf den § 31 Abs. 3 EKV-Ä ausdrücklich Bezug nimmt. Weder für die Beschränkung der Belegarzttätigkeit auf ein Krankenhaus (§ 39 Abs. 3 BMV-Ä/§
31 Abs. 3 EKV-Ä) noch für die vorzulegende Bescheinigung des Krankenhauses oder den Belegarztvertrag kommt es auf die jeweilige
Betriebsstätte an, sofern ein Krankenhaus wie die ADK über mehrere Betriebsstätten am selben Ort verfügt.
Die Beklagte war daher aufgrund der zulässigen Klageerweiterung im Berufungsverfahren (§§ 153 Abs. 1, 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG) über das erstinstanzliche Urteil hinaus zu verurteilen, die Belegarztanerkennung der Klägerin für den angestellten Arzt
Dr. C. für die gesamte ADK, Abteilung Innere Medizin/Kardiologie, zu erteilen. Auf das Einvernehmen der Landesverbände der
Krankenkassen kam es insoweit nicht mehr an, denn bei Erfüllung der gesetzlichen und bundesmantelvertraglichen Voraussetzungen
besteht ein Anspruch auf Anerkennung als Belegarzt, ohne Raum für Ermessenserwägungen der Beklagten oder der Kassenverbände
(so zutreffend: Becker in Becker/Kingreen, SGB V Kommentar, 2008, § 121 Rdnr. 10 m.w.N.).
Die Berufung der Beklagten ist jedoch sachlich begründet und das angegriffene Urteil des Sozialgerichts aufzuheben sowie die
Klage wegen fehlender Klagebefugnis als unzulässig abzuweisen, soweit das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 24.
Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2006 aufgehoben hat. Die ursprünglich angefochtenen Bescheide
der Beklagten konnten nicht mehr zulässigerweise Gegenstand der geänderten Klage sein, denn sie richteten sich nicht an die
Klägerin sondern vielmehr unmittelbar an deren angestellten Arzt Dr. C., der auch den Antrag auf Belegarztanerkennung selbst
gestellt hatte. Aus diesem Grund fehlt der Klägerin insoweit die notwendige Klagebefugnis, weil sie durch diese Bescheide
nicht unmittelbar beschwert ist. Im Übrigen sind die Bescheide des Beklagten aber auch rechtmäßig, weil Dr. C. als angestellter
Arzt ohne vertragsärztliche Zulassung keinen eigenen Anspruch auf Belegarztanerkennung haben kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung ( VwGO). Danach waren der Beklagten die Kosten des Verfahrens auch im zweiten Rechtszug ganz aufzuerlegen, weil die Klägerin nur
zu einem geringen Teil im Berufungsverfahren unterlegen ist.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Der Streitwert war mangels hinreichender Anhaltspunkte für eine konkrete Bestimmung desselben mit dem Auffangstreitwert in
Höhe von 5.000,00 EUR festzusetzen (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 S. 1, 47, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz).
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