Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin wegen der Folgen eines am 21.08.2006 erlittenen Arbeitsunfalls eine Verletztenrente
zu gewähren ist.
Die 1962 geborene Klägerin war bei der Firma T als Filialleiterin beschäftigt. Im Rahmen dieser Tätigkeit wurde sie am 21.08.2006
Opfer eines Raubüberfalls. Laut Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 30.08.2006 bedrohte ein unbekannter Täter die Klägerin
mit einer Pistole und forderte die Herausgabe des Tresorinhaltes. Danach schloß er sie in der Toilette ein und flüchtete.
Wegen der Vorabmeldung des Überfallgeschehens durch den Arbeitgeber veranlasste die Beklagte eine Akutintervention, aufgrund
derer die Klägerin an mindestens einem Therapiegespräch bei einer Psychologin teilnahm. Danach trat sie einen Urlaub an. Nach
Urlaubsrückkehr nahm sie ihre Tätigkeit bei T wieder auf. Es erfolgten zunächst keine weiteren psychotherapeutischen oder
psychiatrischen Therapien.
Mehr als vier Jahre später, im Dezember 2010, meldete die für die Klägerin zuständige BKK für Heilberufe bei der Beklagten
einen Erstattungsanspruch nach § 105 des 10. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) an, da Krankengeldleistungen seit 02.04.2010 und Psychotherapie seit 14.04.2010 übernommen worden seien. Im Rahmen eines
Telefonats vom 23.03.2011 teilte die Klägerin mit, sie sei nunmehr seit März 2010 in psychiatrischer bzw psychologischer Behandlung.
Mit Schreiben vom 09.09.2011 beantragte sie ausdrücklich die Übernahme der Heilkosten für Folgen ihres seinerzeitigen Arbeitsunfalls.
Der Dypl.-Psych. T bescheinigte der Klägerin unter dem 07.06.2011, dass sie seit dem 07.04.2010 bei ihm in ambulanter psychotherapeutischer
Behandlung gewesen sei und bis Juni 2011 insgesamt 30 verhaltenstherapeutische Sitzungen stattgefunden hätten. Diagnostisch
lägen Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) im Zusammenhang mit dem bewaffneten Überfall am Arbeitsplatz
als Verkäuferin vor. Zugleich übersandte die Klägerin einen Entlassungsbericht über eine stationäre Rehabilitations-Maßnahme
vom 02.02.2011 bis 16.03.2011 in der H-Klinik. Hier wurde ua die Diagnose PTBS (F 43.1 ICD-10) gestellt und berichtet, die
Ängste, die die Klägerin schildere, bestünden seit einem bewaffneten Überfall am Arbeitsplatz im August 2006. Die Klägerin
leide zudem seit 2007 an Kniebeschwerden. Nachdem das Ausmaß der Beeinträchtigungen durch das Knie bekannt geworden sei, habe
die Firma T der Klägerin aus ihrer Sicht aus vorgeschobenen Gründen im September 2007 gekündigt. Hiernach habe sie einen Zusammenbruch
erlitten. Eine zusätzliche Belastung hätte die Pflege der kranken Eltern 2007/2008 dargestellt.
Die Beklagte zog ein Vorerkrankungsverzeichnis, Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte und Psychotherapeuten und
die Akten der Staatsanwaltschaft E zum Raubüberfall vom 21.08.2006 bei. In der Anklageschrift der StA heißt es ua: "Am 21.08.2006
gegen 19:15 Uhr forderte der Angeschuldigte im Ladenlokal der Firma T auf der L Str. 00 in E die Zeugin S unter Vorhalt einer
Softairpistole auf, ihm Bargeld zu geben. Die weitere Verkäuferin N1 und die Zeugin S drängte er unter Vorhalt der Waffe in
die dortigen Büroräume. Die Zeugin N1 öffnete den Tresor und gab ihm Bargeld in Höhe von ca. 2.100 EUR, welches sie in die
von ihm mitgeführte Tasche steckte. Anschließend forderte er von den Zeuginnen deren Geldbörsen. Die Zeugin N1 wies ihn auf
ihre Geldbörse hin, die auf einem Tisch in den Verkaufsräumen lag. Er nahm diese mitsamt Bargeld in Höhe von ca. 170 EUR sowie
diversen persönlichen Papieren mit."
Desweiteren holte die Beklagte ein Gutachten von Prof. Dr. U, Direktor der Neurologischen Klinik und Poliklinik der C Kliniken
C vom 13.06.2012 ein, der zu dem Ergebnis kam, es hätten sich bei seiner Exploration der Klägerin keine Hinweise auf eine
unfallabhängige psychoreaktive Störung von Krankheitswert ergeben. Damit ergebe sich auf psychiatrischem Fachgebiet auch keine
unfallbedingte, messbare MdE. Unfallunabhängig biete die Klägerin eine leichtgradige depressive Episode vor dem Hintergrund
unklarer existenzieller Perspektiven, finanzieller Sorgen, der Trennung vom Partner und einer Selbstwertproblematik.
Mit Bescheid vom 26.06.2012 lehnte die Beklagte die Entschädigung der psychischen Beschwerden der Klägerin über den 02.09.2006
hinaus ab. Der Unfall vom 21.08.2006 habe keine bleibenden Folgeschäden verursacht. Die seit April 2010 durchgeführte Behandlung
stehe in keinem Zusammenhang mit dem Ereignis. Die kurzfristige psychoreaktive Störung infolge des Überfalls sei innerhalb
weniger Tage abgeklungen. Den hiergegen eingelegten, inhaltlich nicht begründeten, Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 13.09.2012 zurück.
Hiergegen richtete sich die am 08.10.2012 zum Sozialgericht Düsseldorf (SG) erhobene Klage, zu deren Begründung die Klägerin auf erhebliche Angstzustände hingewiesen hat, unter denen sie leide und
die auf den seinerzeit stattgehabten Überfall zurückzuführen seien.
Das SG hat ein nervenärztliches Gutachten von Dr. Q, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie vom 24.06.2013 eingeholt.
Die Sachverständige hat ausgeführt, die Klägerin leide unter einer Angststörung nach einem schädigenden Ereignis 2006 (F41.2
ICD-10) und einer Dysthymie (F34.1 ICD-10). Eine PTBS im eigentlichen Sinne liege nicht vor. Die Angststörung stehe wahrscheinlich
im ursächlichen Zusammenhang mit dem Ereignis vom 21.08.2006. Vorher sei die Klägerin psychisch gesund gewesen. Das Ereignis
stelle auch nicht lediglich eine Gelegenheitsursache, sondern ein traumatisierendes Ereignis dar, welches die A-Kriterien
der DSM IV-Definition erfülle. Die unfallbedingte MdE betrage 20 vH über die 26. Woche nach dem Ereignis hinaus.
Gestützt auf das Ergebnis dieses Gutachtens hat das SG mit Urteil vom 10.12.2013 die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der angegriffenen Bescheide verurteilt, bei der Klägerin
als Folge ihres Arbeitsunfalls vom 21.08.2006 eine "Angststörung" anzuerkennen und ihr wegen der Folgen ab dem 01.04.2010
Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH zu gewähren. Zur Begründung hat es ergänzend ausgeführt, die potenziell lebensbedrohliche
Situation, in welcher sich die Klägerin am 21.08.2006 durch die Drohung mit dem Vorhalten einer Waffe befunden habe, habe
bei ihr ein Trauma im Sinne einer psychischen Reaktion ausgelöst und damit einen Gesundheitsschaden verursacht. Die Folgen
des Traumas seien zunächst stumm verlaufen. Erst nach Abschluss der Bewältigung der Knieoperation, des Verlustes des Partners
und des Arbeitsplatzes sei die Angststörung in den Vordergrund getreten, dies jedenfalls seit Beginn der Behandlung durch
den Dipl.-Psych. T im April 2010.
Die Beklagte und Berufungsklägerin hat gegen das ihr am 27.12.2013 zugestellte Urteil am 14.01.2014 Berufung eingelegt, zu
deren Begründung sie insbesondere ausführt, das Gutachten der Sachverständigen Dr. Q stütze sich fast ausschließlich auf die
Angaben der Klägerin, ohne diese kritisch zu hinterfragen. Auch die erhebliche zeitliche Diskrepanz zwischen dem Unfallereignis
und den erst viel später auftauchenden psychischen Problemen sei durch die Sachverständige nicht ausreichend erklärt. Hierzu
legt die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Dipl.-Psych. G vom 20.01.2014
vor: Es sei nicht möglich, dass nach einer so langen Latenz von einer Anpassungsstörung unfallabhängiger Art auszugehen sei.
Da in der Initialphase nach dem Überfall eine rasche Stabilisierung der psychotraumatologischen Symptome eingetreten und die
Klägerin längerfristig bis zur Kündigung an ihrem Arbeitsplatz weiterhin tätig gewesen sei, sei davon auszugehen, dass die
jetzt postulierte Angstsymptomatik im Sinne einer Anpassungsstörung durch die später aufgetretenen Lebensumstände wie die
gesundheitliche Beeinträchtigung durch das Knie, den Partnerschaftsverlust, etc. verursacht sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.12.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise: weitere Ermittlungen gemäß ihren Schriftsätzen vom 14.03.2017 und 12.05.2017 durchzuführen
sowie Dr. P aufzufordern, sich fundiert mit der Beurteilung im psychologischem Zusatzgutachten von Frau N vom 11.08.2015,
insbesondere Seite 23 bis 26, auseinanderzusetzten.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bezieht sich im Übrigen auf das im Berufungsverfahren auf ihren Antrag
nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) eingeholte Sachverständigengutachten.
Der zunächst zuständige 15. Senat hat eine ergänzende Stellungnahme nach Aktenlage von Dr. Q vom 22.07.2014 eingeholt, in
der die Sachverständige bei ihrer im Gutachten vertretenen Auffassung verblieben ist. Sodann hat er ein Sachverständigengutachten
des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P vom 06.11.2015 nebst psychologischem Zusatzgutachten der Dipl.-Psych.
und psychologischen Psychotherapeutin N vom 11.08.2015 eingeholt. Dr. P hat eine Agoraphobie ohne Panikstörung (F40.00 ICD-10)
und eine Dysthymie (F34.1 ICD-10) diagnostiziert. Die Kriterien für das Vorliegen einer PTBS seien nicht erfüllt. Für den
Zusammenhang der Agoraphobie mit dem Überfall sprächen: Die grundsätzliche Symptomatik, das Alleinsein vermeiden zu müssen,
aus einem allgemeinen Gefühl der inneren Unsicherheit heraus; die zeitnah zum Überfallgeschehen dokumentierte, wenn auch gering
ausgeprägte psychische Belastung (Befundbericht der Hausärztin vom 26.09.2006); die verstärkte Belastung, die in psychologischer
Intervention durch Dipl.-Psych. I am 29.08.2006 dokumentiert wurde. Gegen einen Unfallzusammenhang sprächen: Die Eigenangaben
der Versicherten gegenüber der BG vom 20.10.2006, es gehe ihr wieder gut; die direkte Arbeitsaufnahme nach kurzer Krankschreibung
und Urlaub; die lange zeitliche Latenz bis zu dem Zeitpunkt, in dem im April 2010 erstmals wieder psychische Beeinträchtigungen
beschrieben worden sind; die zwischenzeitlich erfolgte, durch die Klägerin als ungerecht erlebte Kündigung mit entsprechender
Kränkungsreaktion; eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit durch mehrere Knieoperationen; die zwischenzeitlich
eingetretene Arbeitslosigkeit; die längere Arbeitsunfähigkeit aufgrund offenkundig unfallfremder gesundheitlicher Faktoren;
psychosoziale Umfeldbelastungen wie eine schwierig verlaufende Partnerschaft, die Krankheit des Vaters und der Suizid eines
Bekannten; die Tatsache, dass der behandelnde Psychotherapeut die Psychotherapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
durchgeführt habe, weil nach dessen Auffassung unfallfremde Belastungsfaktoren überwogen hätten; die Überlegung der N Klinik
G hinsichtlich der Psychodynamik der Entstehung der psychischen Störung: Demnach haben sich Symptome der Dysthymie und der
Agoraphobie deutlich sekundär als Folge psychosozialer Belastungsfaktoren entwickelt, der Unfall hat insoweit der eigenständig
entstandenen Angststörung teilweise noch ein inhaltliches Gepräge gegeben, ohne selbst als Auslöser in Betracht zu kommen.
Es fehlten überzeugende medizinische Befunde, die Brückensymptome nach sehr leichtgradig ausgeprägten und nicht fachpsychiatrisch
oder fachpsychologisch festgestellten Angstsymptomen zeitnah zum Überfallgeschehen zu belegen vermöchten. Die Beschwerdezunahme
im Sinne einer Crescendo-Symptomatik spreche ebenfalls gegen den Unfallzusammenhang. Zusätzlich sei nach dem testpsychologischen
Zusatzgutachten auf nicht ausschließbare Aggravationstendenzen zu verweisen. Außerdem stehe die seit Entlassung aus der Median
Klinik am 26.02.2013 völlig fehlende Inanspruchnahme einer fachpsychotherapeutischen oder antidepressiv-medikamentösen Behandlung
in Diskrepanz zu dem von der Klägerin geschilderten Leidensdruck. Schließlich könne ein sekundärer Krankheitsgewinn in Verbindung
mit dem bestehenden Ruhestandsbegehren nicht außer Acht gelassen werden. In der Summe überwögen deutlich unfallfremde Faktoren.
Dies gelte auch für die Dysthymie. Auch eine wesentliche Teilursächlichkeit des Unfallgeschehens für die psychischen Beeinträchtigungen
sei nicht überwiegend wahrscheinlich. Schließlich habe eine weitere Behandlungsbedürftigkeit seit 2010 in Folge des Ereignisses
vom 21.08.2006 nicht bestanden. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 20.05.2016 hat sich der Sachverständige mit dem Gutachten
von Dr. Q auseinander gesetzt und dargelegt, warum dieser im Ergebnis nicht gefolgt werden könne.
Auf Antrag der Klägerin ist nach §
109 SGG sodann ein Gutachten von dem Neurologen und Psychiater Dr. L vom 12.10.2016 eingeholt worden. Dieser hat ausgeführt, aufgrund
der von ihm erhobenen Befunde und der vorliegenden Unterlagen ließen sich vom nervenärztlichen Fachgebiet aus folgende Diagnosen
erheben: Angststörung nach einem Überfall 2006 (F41.2 ICD-10) und mittelgradige depressive Episode, chronifiziert (F32.1 ICD-10).
In der Antwort zur Beweisfrage 1) gibt der Sachverständige zudem eine PTBS an. Nach Auffassung von Dr. L sind die psychischen
Gesundheitsstörungen ursächlich auf den Raubüberfall zurückzuführen. Die hierdurch bedingte MdE betrage auf Dauer 20 vH. In
den Gutachten von Prof. Dr. U, Dr. Q und Dr. P sei eine nicht zulässige Aufsplitterung der Unfallfolgen und der sich später
entwickelnden psychopathologischen Symptomatik erfolgt; die Sachverständigen seien zu nicht nachvollziehbaren Schlüssen gekommen.
Der Senat hat schließlich noch eine ergänzende Stellungnahme nach Aktenlage von Dr. P vom 24.02.2017 eingeholt, der ausgeführt
hat, die Kausalitätsbeurteilung des Sachverständigen Dr. L sei nicht nachvollziehbar. Zudem erschienen manche Ausführungen
nicht verständlich. Zusammenfassend setze sich Dr. L mit den Argumenten im Gutachten von Dr. P vom 06.11.2015 in keiner Weise
auseinander und berücksichtige insbesondere mögliche Aggravationstendenzen nicht.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen,
der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung einer Verletztenrente verurteilt. Der von der Klägerin
angefochtene Bescheid vom 26.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.09.2012 ist rechtmäßig, denn sie hat weder
Anspruch auf Anerkennung einer Angststörung als Folge des Arbeitsunfalls vom 21.08.2006 noch auf Zahlung einer Verletztenrente.
Nach §
55 Abs
1 Nr
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann mit der Klage die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls ist. Anspruch
auf Verletztenrente haben nach §
56 Abs
1 S 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus
um wenigstens 20 vH gemindert ist.
Ein hier allein als Versicherungsfall (§
7 Abs
1 SGB VII) in Betracht kommender Arbeitsunfall (§
8 Abs.
1 SGB VII) liegt vor, wenn es bei einer der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Verrichtung des Versicherten zu einem von außen auf
den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - gekommen ist, das einen Gesundheits(erst)schaden (Gesundheitsbeeinträchtigung,
Krankheit oder Tod des Versicherten verursacht hat (sog. haftungsbegründende Kausalität). Der Gesundheitserstschaden ist eine
den Versicherungsfall selbst begründende Tatbestandsvoraussetzung, während das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen
aufgrund des Gesundheitserstschadens (sog. haftungsausfüllende Kausalität) Voraussetzung für weitergehende Leistungsansprüche
wie zB die Gewährung einer Verletztenrente ist (vgl BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 30 Rn 10 mwN).
Die Klägerin hat zwar am 21.08.2006 einen Unfall bei Verrichtung von nach §
2 Abs
2 Nr
1 SGB VII versicherten Tätigkeiten (als Filialleiterin bei der Fa. T) erlitten, indem der Raubüberfall, insbesondere die Bedrohung
mit einer Pistole, die Wegnahme der Geldbörse und das Einsperren in der Toilette zu einem von außen auf ihren Körper einwirkenden
Ereignis, dem Unfallereignis, geführt haben. Es kann letztlich dahinstehen, ob zudem, wie das SG annimmt, dieses Unfallereignis bei der Klägerin ein Trauma im Sinne einer psychischen Reaktion und damit einen Gesundheitserstschaden
ausgelöst hat. Als Folge des Unfalls sind jedenfalls weder eine Angststörung, noch andere Erkrankungen anzuerkennen. Der Unfall
mag zwar zu einer vorübergehenden Gesundheitsstörung auf psychischem Gebiet geführt haben, die Anlass zur psychologischen
Akutintervention war. Ein solcher Gesundheitsschaden, so er vorlag, war aber jedenfalls vor 2010 folgenlos ausgeheilt.
Das Vorliegen eines Gesundheitserstschadens bzw. eines Gesundheitsfolgeschaden (Unfallfolgen) muss im Wege des Vollbeweises,
also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen. Dagegen genügt für den Nachweis der (wesentlichen)
Ursachenzusammenhänge zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitserst- bzw -folgeschaden die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit,
nicht allerdings nur die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R - Juris Rn 16). Für die erforderliche Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheits(erst)schaden sowie für die Kausalität
zwischen Gesundheits(erst)schaden und weiteren Gesundheitsschäden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Als rechtserheblich
werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt
haben. Welche Ursache wesentlich ist, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache
zum Eintritt des Erfolgs abgeleitet werden sowie auf Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit
von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten. Gesichtspunkte für die
Beurteilung sind neben der versicherten Ursache als solcher, einschließlich Art und Ausmaß der Einwirkung, u a die konkurrierende
Ursache (nach Art und Ausmaß), der zeitliche Ablauf des Geschehens, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, Befunde
und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte.
Nach diesen Grundsätzen lässt sich kein dauerhafter Gesundheitsfolgeschaden feststellen, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
auf den Arbeitsunfall vom 21.08.2006 zurückzuführen ist. Soweit das SG mit dem angefochtenen Urteil die Beklagte zur Anerkennung einer Angststörung als Unfallfolgeschaden verurteilt hat, lässt
sich bereits nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen, dass die Klägerin an einer solchen Erkrankung überhaupt leidet.
Der im Berufungsverfahren gehörte Sachverständige Dr. P hat jedenfalls keine Angststörung iSd ICD-10-Systematik diagnostiziert.
Er geht vielmehr davon aus, dass bei der Klägerin neben einer Dysthymie eine Agoraphobie ohne Panikstörung (ICD-10 F40.00),
nicht eine andere Angststörung nach den Nrn F41.0 ff ICD-10, vorliegt.
Die bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen sind sämtlich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit kausal auf den Arbeitsunfall
vom 21.08.2006 zurückzuführen. Insoweit geht der Senat von den Feststellungen von Dr. P sowohl bezüglich der bestehenden Gesundheitsstörungen
als auch der möglichen Kausalzusammenhänge aus und nimmt auf dessen überzeugendes Gutachten Bezug. Die dortigen Ausführungen
werden, jedenfalls im Ergebnis, auch durch die Feststellungen des im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Gutachtens von
Prof. Dr. U aus dem Verwaltungsverfahren sowie die gutachterliche Stellungnahme von Dr. Dipl.-Psych. G gestützt.
Dr. P hat sich eingehend und fundiert mit sämtlichen Aspekten befasst, die für oder gegen einen hinreichenden Kausalzusammenhang
mit dem Raubüberfall sprechen. Seine zusammenfassende Schlussfolgerung, in der Summe überwögen deutlich unfallfremde Faktoren,
ist nachvollziehbar. Der Senat nimmt auf die entsprechende Abwägung sowie deren Ergebnis Bezug. Insbesondere können die lange
zeitliche Latenz vom 21.08.2006 bis zum April 2010, als erstmals wieder psychische Beeinträchtigungen belegt sind, sowie die
Vielzahl unfallfremder psychosozialer und gesundheitlicher Belastungsfaktoren, unter welchen die Klägerin seinerzeit zu leiden
hatte, nicht unberücksichtigt bleiben und stellen gewichtige Argumente gegen einen Kausalzusammenhang dar.
Soweit die vom SG gehörte Sachverständige Dr. Q zu einem anderen Ergebnis gekommen ist, kann dieser aus den bereits von Dr. P in seiner ergänzenden
Stellungnahme vom 20.05.2016 genannten Gründen, auf die Bezug genommen wird, nicht gefolgt werden. Bereits die Beklagte hatte
in ihrer Berufungsbegründung zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die Sachverständige fast ausschließlich auf eigenanamnestische
Angaben der Klägerin gestützt hat, ohne diese kritisch zu hinterfragen. Auch hat Dr. Q, im Gegensatz zu Dr. P, keine testpsychologischen
Untersuchungen durchgeführt bzw veranlasst. Soweit Dr. Q den hinreichenden Ursachenzusammenhang im Wesentlichen damit begründet,
es fehlten psychische Vorerkrankungen, weist Dr. P in seiner ergänzenden Stellungnahme zu Recht darauf hin, dass es keine
Beweisregel dahingehend gibt, wonach ein Kausalzusammenhang dann zu bejahen ist, wenn eine Störung nach einem bestimmten Ereignis
aufgetreten ist und zuvor keine bestanden hat. Schließlich ließe sich selbst dann, wenn man eine ausreichende Teilursächlichkeit
des Überfalls vom 21.08.2006 für die Angstsymptomatik der Klägerin annähme, eine MdE in rentenberechtigender Höhe nicht sicher
bestimmen, was Dr. P in seiner ergänzenden Stellungnahme weiter ausführt. Die Stellungnahme von Dr. Q im Berufungsverfahren
vom 22.07.2014 konnte die Bedenken gegen die Mängel ihres Gutachtens vom 24.06.2013 nicht ausräumen. Dies führte letztlich
zur weiteren Beweiserhebung durch Einholung des Gutachtens von Dr. P.
Soweit auch der nach §
109 SGG gehörte Sachverständige Dr. L die von ihm ebenfalls diagnostizierte Angststörung (F41.2 ICD-10) auf das Unfallereignis zurückführt,
so ist dieses Gutachten noch weniger nachvollziehbar als dasjenige von Dr. Q und im Wesentlichen zur Beweisführung unbrauchbar.
Bereits die von Dr. L gestellten Diagnosen - auf psychiatrischem Gebiet neben der zunächst von ihm ausschließlich festgestellten
Angststörung (F41.2 ICD-10) und mittelgradigen depressiven Episode (F32.1 ICD-10) noch eine Agoraphobie ohne Panikstörung,
eine somatoforme Schmerzstörung, eine Anpassungsstörung und eine PTBS - sind, zumindest zu einem großen Teil, anhand der von
ihm selber erhobenen Befunde und hieraus gezogenen Schlussfolgerungen nicht beweiskräftig belegt. Insbesondere wurde eine
Befunderhebung im Hinblick auf das Vorliegen einer PTBS nicht durchgeführt.
Die Diagnose einer PTBS ist nach den hierzu heranzuziehenden Diagnosesystemen der ICD-10 (Zehnte Revision der internationalen
statischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO aus dem Jahre 1989, vom Deutschen Institut
für medizinische Dokumentation und Information ins Deutsche übertragen, herausgegeben und weiterentwickelt) oder DSM-IV (Diagnostisches
und statistisches Manual psychischer Störungen der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung aus dem Jahr 1994) oder der
jetzigen revidierten Fassung DSM-5 (zu dem Erfordernis einer Diagnosestellung nach einem anerkannten Diagnosesystem, vgl.
BSGE 96, 196 Juris Rn 22 f) nicht im Vollbeweis gesichert.
Nach ICD-10 (F 43.1) wird für die Diagnose einer PTBS eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis
oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die fast
bei jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, gefordert. Nach DSM-IV und DSM-5 müssen neben dem Traumakriterium (dem
sog A-Kriterium) auf den nächsten Stufen (dem B- und C-Kriterium) bestimmte Symptome vorliegen, so beim B-Kriterium das Vorhandensein
eines oder mehrerer der folgenden Symptome des Wiedererlebens (Intrusionen), die auf das oder die traumatische Ereignisse
bezogen sind und die nach dem oder den traumatischen Ereignissen aufgetreten sind; ua wiederkehrende, unwillkürlich sich aufdrängende
belastende Erinnerungen, wiederkehrende, belastende Träume, dissoziative Reaktionen wie Flashbacks, usw. Hinzu kommt für das
C-Kriterium zB eine anhaltende Vermeidung von Reizen, die mit dem oder den traumatischen Ereignissen verbunden sind und die
nach dem oder den traumatischen Ereignissen begannen.
Entsprechende Feststellungen im Rahmen der Diagnosesysteme ergeben sich aus den von Dr. L in seinem Gutachten erhobenen Befunden
an keiner Stelle. Er trifft weder Feststellungen zu dem A-Kriterium (welches allerdings durch die lebensbedrohliche Situation,
in der die Klägerin sich befunden hat, vorgelegen haben dürfte) noch zum Vorliegen des B- oder C-Kriteriums, obgleich Dr.
P in seinem Gutachten, mit welchem Dr. L sich auseinanderzusetzen hatte (Beweisfrage 5 der Beweisanordnung des Senats), in
seiner entsprechenden Prüfung der Kriterien von der Nichterfüllung des B- und C-Kriteriums ausgeht. So hat Dr. P insoweit
ausgeführt, es fehle an dezidierten Angaben sich aufdrängender Wiedererinnerungen in Form von Intrusionen oder traumaspezifischen
Albträumen.
Ist bereits die Diagnostik von Dr. L mängelbehaftet und anhand der von ihm erhobenen medizinischen Befunde nicht nachvollziehbar,
so weist dessen Gutachten weitere schwere Mängel auf und lässt an der Sachkunde des Sachverständigen zweifeln. So führt Dr.
L auf: "In den übrigen Gutachten wird die Trennung von Folgen des Unfallereignisses und später hinzutretenden Symptomen voneinander
getrennt und dies entspricht nicht dem Sachverhalt, wie ich es in der jetzigen Anamnese geschildert habe." Dies ist unlogisch
und entspricht nicht den Standards eines unfallmedizinischen Sachverständigengutachtens. Im Gutachten von Dr. L lassen sich
auch, worauf bereits der Sachverständige Dr. P hingewiesen hat, nirgendwo nachvollziehbare Gründe dafür finden, warum Dr.
L der Auffassung ist, dass die bei der Klägerin vorliegenden psychischen Gesundheitsstörungen auf den Raubüberfall zurückzuführen
sind, außer dem Argument, dass die Klägerin vor dem Arbeitsunfall psychisch gesund war. Wie bereits ausgeführt, gibt es eine
Beweisregel dahingehend, wonach ein Kausalzusammenhang dann zu bejahen ist, wenn eine Störung nach einem Ereignis aufgetreten
ist und vorher keine bestanden hat, in der medizinischen Wissenschaft aber nicht. Eine Abwägung möglicher konkurrierender
Kausalitätsfaktoren fehlt im Gutachten von Dr. L ebenso wie bereits im Gutachten der Sachverständigen Dr. Q.
Ergänzend ist zudem darauf hinzuweisen, dass die von Dr. L als Gesundheitsstörung aufgelistete PTBS, die allerdings von diesem
diagnostisch nicht gesichert wurde, weder von dem Sachverständigen Dr. P noch von der Sachverständigen Dr. Q festgestellt
wurden. Dr. P hat ausdrücklich ausgeführt, die Prüfung innerhalb der heranzuziehenden Diagnosesysteme ergebe, dass weder das
B- noch das C-Kriterium vorlägen.
Schließlich liegt die von Dr. L diagnostizierte mittelgradige depressive Episode (F32.1 ICD-10) nicht vor. Dies haben sowohl
Dr. Q als auch Dr. P angenommen, die beide lediglich eine Dysthymie (F34.1 ICD.10) festgestellt haben. Der Diagnose von Dr.
L kann iü bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil die nach dem Diagnosesystem ICD-10 hierfür erforderlichen Symptome, wie
zB ausgeprägte Müdigkeit nach jeder kleinsten Anstrengung, gestörter Schlaf, verminderter Appetit, etc nicht vorliegen; jedenfalls
trifft Dr. L keine entsprechenden Feststellungen.
Die sowohl von Dr. Q als auch von Dr. P diagnostizierte Dysthymie ist nach deren übereinstimmender Auffassung nicht auf das
Unfallereignis zurückzuführen.
Die Beklagte hat somit zu Recht mangels unfallbedingter Verletzungsfolgen die Feststellung unfallbedingter Gesundheitsfolgeschäden
sowie die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt. Weiterer Ermittlungsbedarf von Amts wegen bestand aufgrund des überzeugenden
Gutachtens sowie der gutachterlichen Stellungnahmen des Sachverständigen Dr. P nicht.
Soweit die Klägerin hilfsweise weitere Ermittlungen gemäß den Schriftsätzen vom 14.03.2017 und 12.05.2017 beantragt, war dem
nicht nachzukommen. Mit den genannten Schriftsätzen hat die Klägerin um Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen
Dr. L nach §
109 SGG gebeten, weil Dr. P Dr. L Vorhaltungen gemacht habe, auf die dieser nicht medizinisch habe erwidern können. Diese Möglichkeit
müsse ihm aber eingeräumt werden.
Eine Rechtsgrundlage für diese Beweisanregung der Klägerin ist nicht ersichtlich. §
109 SGG rechtfertigt die wiederholte Anhörung eines Sachverständigen, der bereits nach §
109 SGG gehört wurde, nur unter besonderen Umständen. Solche liegen nicht vor. Dr. L hat sich bereits zum Beweisthema vollständig
geäußert, wenn seine Äußerungen auch mit starken Mängeln behaftet sind. Sie sind jedoch nicht unklar oder unvollständig sondern
lediglich unlogisch und entsprechen nicht unfallmedizinischen Standards. Auch hat sich Dr. L bereits in seinem Gutachten zu
der entgegenstehenden Auffassung von Dr. P zur Kausalitätsfrage geäußert und sich mit ihr auseinandergesetzt. Es haben sich
insoweit auch keine neuen streiterheblichen Fragen ergeben. Vielmehr geht es der Klägerin mit ihrem Antrag erkennbar darum,
dass Dr. L sich nochmals mit der gutachterlichen Auffassung von Dr. P auseinandersetzen soll, obwohl er dies bereits getan
hat. Allein die Tatsache, dass ihm die ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Dr. P vom 24.02.2017 bei Erstellung seines
Gutachtens noch nicht vorlag, ändert hieran nichts, da Dr. P in dieser keine neuen Gesichtspunkte oder Tatsachen zur beweiserheblichen
Kausalitätsfrage aufgeworfen hat. Anders wäre allenfalls dann zu entscheiden, wenn von ihm neue medizinischen Tatsachen dargelegt
worden wären oder wenn nach Einholung des Gutachtens nach §
109 SGG ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten von Amts wegen auf dem gleichen Fachgebiet eingeholt worden wäre, welches
der nach §
109 SGG benannte Sachverständige in seinem Gutachten noch nicht verwerten konnte. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Soweit es sich bei dem Vorbringen der Klägerin in den genannten Schriftsätzen um die Anregung handeln sollte, von Amts wegen
weiteren Beweis zu erheben, so bestand hierzu, wie bereits ausgeführt, keine Veranlassung.
Die Klägerin kann ihren Hilfsantrag schließlich auch nicht auf §
118 Abs
1 SGG i.V.m. §§
402,
397 Zivilprozessordnung (
ZPO) stützen. Nach der Rechtsprechung sowohl des Bundessozialgerichts (BSG) als auch des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), wie sie insbesondere in den Entscheidungen vom 24.07.2012 (B 2 U 100/12 B in juris) und vom 17.02.2012 (1 BvR 2728/10 und 1 BvR 909/94 in juris) zum Ausdruck kommt, umfasst der Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör grundsätzlich auch die Anhörung
gerichtlicher Sachverständiger. Nach §
402 ZPO i.V.m. §
397 ZPO sind die Beteiligten berechtigt, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache
für dienlich erachten. Ein Antrag auf Anhörung des Sachverständigen kann allerdings dann abgelehnt werden, wenn er verspätet
oder rechtsmissbräuchlich gestellt wurde oder die für erläuterungsbedürftig gehaltenen Punkte nicht benennt. Die Klägerin
hat mit den genannten Schriftsätzen keinen Punkt benannt, der im Hinblick auf die zur Entscheidung stehenden Sach- und Rechtsfragen
erläuterungsbedürftig ist. Entscheidungserheblich ist insoweit alleine, ob bei der Klägerin auf psychischem Gebiet vorliegende
Gesundheitsstörungen kausal auf den anerkannten Arbeitsunfall zurückzuführen sind. Darauf, ob der Sachverständige Dr. P zu
Recht Zweifel an der fachlichen Qualifikation von Dr. L geäußert bzw diesem Vorhaltungen gemacht hat, kommt es nicht an. Mit
der abweichenden gutachterlichen Bewertung der Kausalitätsfrage durch Dr. P hatte Dr. L sich bereits auseinandergesetzt. Um
Erläuterungen hierzu hat die Klägerin allerdings nicht nachgesucht und zwar weder nach Erhalt des Gutachtens von Dr. L noch
bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
Dass die Klägerin sich nicht dazu in der Lage sieht, auf vermeintliche Vorhaltungen von Dr. P gegen Dr. L zu erwidern, ist
unerheblich und im Übrigen nicht nachvollziehbar. Sachverständige Äußerungen von Gutachtern dienen gerade dazu, dem Gericht
und den Beteiligten die nicht vorhandene medizinische Sachkunde zu verschaffen. Es ist nicht erkennbar, in welchen Punkten
die ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Dr. P vom 24.02.2017 erläuterungsbedürftig oder für einen medizinischen Laien
nicht nachvollziehbar sein sollte. Das Recht der Beteiligten, einem Sachverständigen Fragen vorzulegen zu lassen, dient auch
nicht dazu, Verständnisfragen zu klären, die nicht aus Unklarheiten in der gutachterlichen Würdigung des Sachverständigen
resultieren, sondern lediglich in der mangelnden medizinischen Vorbildung der betroffenen Beteiligten begründet sind. Im Übrigen
ist es dem Senat, der ebenfalls nicht medizinisch vorgebildet ist, durchaus möglich gewesen, die gutachterlichen Äußerungen
von Dr. P vom 24.02.2017 zu verstehen und nachzuvollziehen.
Schließlich war dem Hilfsantrag der Klägerin auch insoweit nicht zu folgen, als diese angeregt hat, Dr. P aufzufordern, sich
fundiert mit der Beurteilung im psychologischen Zusatzgutachten von Frau N vom 11.08.2015, insbesondere Seite 23 bis 26, auseinanderzusetzen.
Eine fundierte Beurteilung von Dr. P liegt bereits mit dessen Gutachten vom 06.11.2015 vor, so dass insoweit kein Ermittlungsbedarf
besteht. Dr. P hat sich mit der in Teilen entgegenstehenden Auffassung der Dipl.-Psych. N auseinandergesetzt, diese in seine
Beurteilung einbezogen und schlüssig dargelegt, warum er ihr bezüglich der Kausalitätsbeurteilung, dem Vorliegen von Unfallfolgeschäden
und der Höhe einer etwaigen MdE nicht folgen konnte. Insoweit wird insbesondere auf Seite 47 des Gutachtens von Dr. P hingewiesen,
wo dieser im zweiten Absatz ausführt: "Ungeachtet der Frage der Alltagswirksamkeit der geklagten Beschwerden kann anhand der
vorliegenden Befunddokumentationen und angesichts der medizinischen Situation nach Aktenlage ein Unfallzusammenhang der nun
noch feststellbaren psychischen Beeinträchtigungen aus gutachterlicher Sicht nicht mit Wahrscheinlichkeit festgestellt werden,
dies in Abweichung von der Einschätzung der psychologischen Psychotherapeutin Dipl.-Psych. N. Denn diese nimmt in erster Linie
auf die Beschwerdeschilderung der Klägerin und Berufungsbeklagten Bezug, wie sich die vier Jahre bis zum ersten aussagekräftigen
psychologischen Befund entwickelt haben. Objektivierbare, aus medizinischer Sicht verwertbare Befunde über Brückensymptome
finden sich aber im aktenkundigen Sachverhalt nicht, und die Darstellung von Frau N1 muss unter Berücksichtigung der ebenfalls
psychologischerseits nicht ausschließbaren Aggravationstendenzen unter Vorbehalt erfolgen. Dies senkt die Wahrscheinlichkeit
eines Unfallzusammenhangs der vorliegenden psychischen Beeinträchtigungen weiter ab."
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht.