Nachweis einer Vollmacht im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren; Anforderungen an den Umfang der Bevollmächtigung; Klarstellung
innerhalb einer Nachfrist
Gründe
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die von den Klägern beantragte und vom Sozialgericht Kiel mit Beschluss vom 22. Oktober
2013 abgelehnte Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren S 38 AS 168/13, mit dem die Kläger im Überprüfungsverfahren die Aufhebung eines Festsetzungsbescheids über insgesamt 1.945,20 EUR (nach
endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruchs gemäß § 40 Sozialgesetzbuch Zweites Buch [SGB II] i.V.m. § 328 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]) durch den Beklagten begehren.
Das Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und sich zur Begründung den Widerspruchsbescheid des
Beklagten zu Eigen gemacht. Dieser hatte den Widerspruch als unzulässig verworfen, weil der als Vertreter der Kläger handelnde
Rechtsanwalt seine Bevollmächtigung nicht ordnungsgemäß nachgewiesen habe. Der Rechtsanwalt habe zwar Kopien einer Vollmacht
vorab per Fax sowie per Briefpost übersandt. Diese Vollmachten ließen aber weder den Ausstellungsort noch das Ausstellungsdatum
erkennen. Auch erlaube die Angabe "Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II" als Grund der Bevollmächtigung keine Zuordnung der Vollmachtsurkunde zu diesem Verfahren. Eine Generalvollmacht genüge den
Anforderungen an eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung nicht. Dem legitimen Verlangen des Beklagten, seine Bevollmächtigung
für das konkrete Widerspruchsverfahren gesondert nachzuweisen, sei der Rechtsanwalt innerhalb der ihm dafür gesetzten Frist
nicht nachgekommen. Vielmehr habe dieser sich vor deren Ablauf darauf berufen, dass der vorgelegte Nachweis ausreichend sei.
Deshalb habe er den Widerspruch letztlich verwerfen dürfen.
Mit der Beschwerde machen die Kläger (bzw. macht der sie vertretende Rechtsanwalt) geltend, dass der vorgelegte Nachweis ausreichend
sei. Nicht das Sozialverfahrensrecht, sondern die Vollmachtgeber bestimmten Inhalt und Umfang der Vollmacht. Für die Vollmacht
selbst sei eine besondere Form nicht vorgeschrieben, so dass es nicht darauf ankomme, ob die Vollmachturkunde eine Datumsangabe
oder eine Bezeichnung des jeweiligen Verfahrens nicht enthalte. Er habe auf Verlangen seine Vollmacht lediglich schriftlich
nachzuweisen. Dies sei mit der Einreichung per Telefax geschehen. Eine Rechtspflicht zur Vorlage einer Originalvollmacht bestehe
dagegen nicht.
II.
Die statthafte, fristgerecht erhobene (vgl. §
173 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Nach §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 Satz 1
Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf seinen Antrag hin Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Das Sozialgericht hat den Antrag der Kläger, ihnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M zu gewähren, zu
Recht mit der Begründung abgelehnt, dass die erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg der Klage nicht gegeben ist. Nach
eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen im Wesentlichen auf die Begründung
des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug (§
142 Abs.
2 Satz 3
SGG).
Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen weist der Senat klarstellend auf Folgendes hin: Richtig ist, dass das Verfahrensrecht
keine besonderen Anforderungen an die Form der Vollmacht stellt. Sie kann mündlich, telefonisch oder per E-Mail erteilt werden
(Roller, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 13 Rn. 6); der Schriftform bedarf es nicht. Richtig ist auch, dass sich der Umfang der Vertretungsmacht aus dem Inhalt der Erklärung
ergibt (Roller, a.a.O., Rn. 7); dementsprechend kann die Vollmacht nach Lage des Einzelfalls auch mehrere Verfahren umfassen
(vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - L 7 AS 906/11 B - NZS 2012, 320 [LS]). Die Rechtsauffassung des Beklagten, dass eine Generalvollmacht generell nicht ausreiche, um den Bevollmächtigten für
das konkrete Verwaltungsverfahren zu legitimieren, tritt deshalb in dieser Pauschalität nicht zu.
Allerdings ist die Bevollmächtigung nach § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB X auf Verlangen der Behörde schriftlich nachzuweisen. Die Behörde hat darüber nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (BSG, Urteil vom 15. Oktober 1981 - 5b/5 RJ 90/80 - BSGE 52, 245 = SozR 2200 § 1303 Nr. 22). Der Nachweis wird erbracht durch eine vom Vollmachtgeber oder dessen Vertreter eigenhändig unterschriebene
Urkunde, welche die Bevollmächtigung enthält; insoweit reicht, worauf die Kläger zutreffend unter Bezugnahme auf Rechtsprechung
mehrerer Landessozialgerichte hinweisen, ein Telefax aus. Eine Datumsangabe in Schriftform gehört nicht zu den zwingenden
Bestandteilen, kann aber für die Auslegung von Bedeutung sein, wenn Zweifel hinsichtlich Inhalt und Umfang der Vollmacht bestehen
(vgl. Hüßtege, in: Thomas/Putzo,
ZPO, 34. Aufl. 2013, §
80 Rn. 9).
Daran gemessen ist die Bevollmächtigung des Rechtsanwalts allein durch die übersandte Kopie der augenscheinlich vom Kläger
zu 1. unterzeichneten Vollmachtsurkunde für das konkrete Verwaltungsverfahren nicht ausreichend nachgewiesen. Sie bezeichnet
weder das konkrete Widerspruchsverfahren, noch lässt sie zweifelsfrei erkennen, dass dieses von einer weitergehenden (General-)Vollmacht
erfasst sein soll. Gegen den Nachweis einer auch das vorliegende Widerspruchsverfahren umfassenden General- bzw. Gattungsvollmacht
spricht hier in der konkreten Situation schon, dass die Vollmachtsurkunde kein Datum ausweist. Damit kann aus der Urkunde
heraus nicht bestimmt werden, von welchem Zeitpunkt an sie gelten soll. Darüber hinaus ist es bei sachgerechter Auslegung
fernliegend, dass der Rechtsanwalt für alle "Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II" betreffenden Angelegenheiten bevollmächtigt werden sollte, müsste sich der Beklagte dann doch in allen das Verfahren betreffenden
Angelegenheiten (z.B. Folgeanträge, Mitwirkungsaufforderungen, Meldeaufforderungen, Abschluss von Eingliederungsvereinbarungen,
Angebote von Maßnahmen oder Arbeitsgelegenheiten) ausschließlich (§ 13 Abs. 3 Satz 1 SGB X) oder vorrangig (§ 13 Abs. 3 Satz 2 SGB X) an den Bevollmächtigten wenden. Dies dürfte weder den Interessen der Vollmachtgeber noch denen des Bevollmächtigten entsprechen.
In dieser Situation entspricht es pflichtgemäßer Ermessensausübung, wenn der Beklagte den Vertreter wie geschehen unter Setzung
einer angemessenen Nachfrist dazu auffordert, bestehende Unklarheiten im Bezug auf den Nachweis der Bevollmächtigung für das
konkrete Verfahren zu beseitigen. Kommt der Vertreter dieser Aufforderung - wie im vorliegenden Falle - nicht nach, ist die
Behörde befugt, den Widerspruch als unzulässig zu verwerfen (zu dieser Rechtsfolge bei fruchtloser Fristsetzung LSG Schleswig-Holstein,
Urteil vom 4. November 2008 - L 4 KA 3/07 - zit. n. [...]).
Außergerichtliche Kosten sind im Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).