Gericht
Sozialgerichtsbarkeit (38838)
Verfassungsgerichtsbarkeit (83)
Verwaltungsgerichtsbarkeit (1210)
Gerichte der EU (6)
Ordentliche Gerichtsbarkeit (1013)
Arbeitsgerichtsbarkeit (137)
Finanzgerichtsbarkeit (87)

Datum
2022 (1459)
2021 (2495)
2020 (2120)
2019 (2531)
2018 (2333)
2017 (2639)
2016 (2936)
2015 (4224)
2014 (2921)
2013 (1392)
mehr...
BAG, Urteil vom 28.03.2017 - 2 AZR 551/16
Entlassungsverlangen des Betriebsrats gem. § 104 BetrVG Ordentliche Kündigung als Folge des Entlassungsverlangens des Betriebrats Rechtskräftiger Beschluss über ein Entlassungsverlangen als dringender betrieblicher Grund für eine ordentliche Kündigung Voraussetzungen für ein Entlassungsverlangen des Betriebsrats Keine Anhörung des Betriebsrats vor der Kündigung bei gerichtlich bestätigtem Entlassungsverlangen
Wird einem Entlassungsverlangen des Betriebsrats im Verfahren nach § 104 Satz 2 BetrVG rechtskräftig stattgegeben, begründet dies ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG für eine ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung.
Orientierungssätze:
1. § 104 Satz 1 BetrVG normiert einen eigenen Anspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber auf Entlassung oder Versetzung eines Arbeitnehmers.
2. Das Verlangen nach "Entlassung" gem. § 104 Satz 1 BetrVG bzw. eine Verpflichtung des Arbeitgebers im Verfahren nach § 104 Satz 2 BetrVG, "die Entlassung" durchzuführen, ist auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses des betroffenen Arbeitnehmers, nicht nur auf eine Beendigung seiner Beschäftigung in dem bisherigen Betrieb gerichtet.
3. In einem Beschlussverfahren über ein Entlassungsverlangen nach § 104 Satz 2 BetrVG ist allein zu prüfen, ob die Voraussetzungen für ein berechtigtes Verlangen des Betriebsrats gem. § 104 Satz 1 BetrVG vorliegen. Auf das Maß des individuellen Kündigungsschutzes des Arbeitnehmers kommt es nicht an.
4. Der Arbeitgeber genügt einer Verpflichtung zur Entlassung des Arbeitnehmers gem. § 104 Satz 2 BetrVG, wenn er zeitnah nach Rechtskraft der im Beschlussverfahren ergangenen Entscheidung eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Beachtung der maßgeblichen Kündigungsfristen - im Falle der ordentlichen Unkündbarkeit des Arbeitnehmers ggf. durch eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist - bewirkt. Der Betriebsrat hat nicht das Recht, eine fristlose Entlassung des Arbeitnehmers zu verlangen.
5. Ist einem Entlassungsverlangen des Betriebsrats in einem Beschlussverfahren nach § 104 Satz 2 BetrVG, in welchem der betroffene Arbeitnehmer gem. § 83 Abs. 3 ArbGG angehört wurde, rechtskräftig entsprochen worden, begründet dies ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG für eine ordentliche Kündigung.
6. Eine gesonderte Beteiligung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist nach einer von ihm selbst verlangten Entlassung entbehrlich, solange sich die vom Arbeitgeber beabsichtigte Kündigung im Rahmen des Verlangens hält.
Fundstellen: AP BetrVG 1972 § 104 Nr. 2, ArbRB 2017, 98, BAGE 159, 25, BB 2017, 1917, BB 2017, 820, DB 2017, 15, DStR 2017, 1216, EzA BetrVG 2001 § 104 Nr. 1, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 188, EzA-SD 2017, 3, MDR 2017, 1006, MDR 2017, 7, NZA 2017, 6, NZA 2017, 985, NZG 2018, 193, Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 19 vom 28.03.2017, ZIP 2017, 1777, ZIP 2017, 28
Normenkette:
BetrVG § 102
,
BetrVG § 104 S. 1
,
BetrVG § 104 S. 2
,
BGB § 626
,
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1
,
ZPO § 322 Abs. 1
,
ZPO § 325 Abs. 1
Vorinstanzen: LAG Düsseldorf 13.06.2016 9 Sa 233/16 , ArbG Düsseldorf 01.02.2016 4 Ca 6451/15
1. Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. Juni 2016 - 9 Sa 233/16 - werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3 zu tragen.
Von Rechts wegen!

Entscheidungstext anzeigen: