Kindespflege durch Großmutter bei Amtsvormundschaft des Jugendamte
Gründe:
I. Mit Beschluß vom 27.6.1995 hat das Vormundschaftsgericht den Beteiligten zu 1 und 2, den Eltern des am 23.3.1993 geborenen
Mädchens, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind einstweilen entzogen und das Stadtjugendamt (Beteiligter zu 4) zum
Pfleger bestellt. Das Kind wurde in einer Pflegefamilie untergebracht. Die Beteiligte zu 3, die Großmutter des Kindes, beantragte,
sie zum Vormund zu bestellen und das Kind in ihre Pflege zu geben. Mit Beschluß vom 4.8.1995 entzog das Vormundschaftsgericht
den Beteiligten zu 1 und 2 die elterliche Sorge endgültig (Nr. 1 des Beschlusses), ordnete Vormundschaft an und bestellte
das Stadtjugendamt zum Vormund (Nr. 2). Den Antrag der Beteiligten zu 3, das Kind zu ihr in Familienpflege zu geben, wies
es zurück (Nr. 3). Diesen Teil der Entscheidung begründete das Vormundschaftsgericht damit, daß die Großmutter bislang nahezu
keinerlei Kontakt zu dem Kind gehabt habe. Beide Elternteile lehnten sie als Pflegeperson ab. Das Verhältnis zwischen den
Eltern und der Großmutter sei denkbar schlecht und gespannt.
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3, mit der sie beantragt hatte, sie als Pflegerin zu bestellen, hörte das Landgericht
die Beteiligten zu 1 bis 3 sowie Vertreterinnen des Jugendamts persönlich an. Mit Beschluß vom 25.7.1996 wies es die Beschwerde
zurück. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, daß das Vormundschaftsgericht zu Recht das Stadtjugendamt zum Vormund
bestellt habe. Bei einer Bestellung der Großmutter wäre das Wohl des Kindes gefährdet. Es komme daher auch nicht in Frage,
das Kind zu ihr in Pflege zu geben.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3. Sie beantragt, den Beschluß des Landgerichts sowie die
Nr. 3 der vormundschaftsgerichtlichen Entscheidung aufzuheben und das Kind in ihre Familienpflege zu geben.
II.
Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
1. Gegenstand der Entscheidung des Landgerichts war zum einen das Begehren der Beteiligten zu 3, die Vormundschaft für das
Kind auf sie zu übertragen, was eine Entlassung des - gemäß §
1791b Abs.
1 Satz 1
BGB zum Vormund bestellten - Stadtjugendamts (§
1887 Abs.
1
BGB) und deren Bestellung (§
1773 Abs.
1, §
1779 Abs.
1 und
2 Satz 3
BGB) erfordert hätte (vgl. BayObLGZ 1991, 17/18 f.). Insoweit ist die Beschwerdeentscheidung - wie sich aus den Anträgen in der
Rechtsbeschwerdeschrift eindeutig ergibt - nicht angefochten worden (vgl. zur Zulässigkeit der Beschränkung eines Rechtsmittels
auf einen der Verfahrensgegenstände Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. Rn. 7 und Bassenge/Herbst FGG/
RPflG 7. Aufl. Rn. 9, jeweils zu § 21
FGG).
Zum anderen hat das Landgericht über den weiteren Antrag der Beteiligten zu 3 befunden, das Kind in ihre Pflege zu geben.
Insoweit ist die Beschwerdeentscheidung angefochten und hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1
FGG, §
550
ZPO) stand.
a) Die dem Stadtjugendamt als Vormund zustehende Personensorge (§
1793 Satz 1
BGB) umfaßt auch das Recht, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen (§§
1800,
1631 Abs.
1
BGB; vgl. Palandt/Diederichsen
BGB 56. Aufl. §
1800 Rn. 2). Von diesem Recht hat das Stadtjugendamt in der Weise Gebrauch gemacht, daß es das Kind bei Pflegeeltern untergebracht
hat. Diese Maßnahme haben die Vorinstanzen gebilligt, indem das Vormundschaftsgericht den Antrag der Beteiligten zu 3, das
Kind in ihre Pflege zu geben, zurückgewiesen und das Landgericht die hiergegen eingelegte Beschwerde zurückgewiesen hat. Dies
ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
b) Der Vormund ist in der Führung der Vormundschaft grundsätzlich selbständig und kann vom Vormundschaftsgericht nicht mit
bindenden Anweisungen versehen werden (allgemeine Meinung; vgl. BayObLG FamRZ 1985, 101/102 m.w.N. sowie Palandt/Diederichsen
Einf v § 1793 Rn. 1). Dessen Aufsicht beschränkt sich darauf, gegen Pflichtwidrigkeiten durch geeignete Gebote und Verbote
einzuschreiten (vgl. § 56 Abs. 1
SGB VIII, §
1837 Abs.
2 Satz 1
BGB). Ein Einschreiten des Vormundschaftsgerichts gegen das Stadtjugendamt mit dem Ziel, der Beteiligten zu 3 das Kind zu überlassen,
würde sonach eine Pflichtwidrigkeit des Vormunds voraussetzen, worüber das Vormundschaftsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen
entscheidet (vgl. BayObLG aaO S. 102 f.). Insoweit läßt die Beschwerdeentscheidung einen im Rechtsbeschwerdeverfahren allein
nachzuprüfenden Ermessensfehlgebrauch (vgl. Keidel/Kuntze § 27 Rn. 27) nicht erkennen. Dies ergibt sich schon daraus, daß
das Verhältnis der Beteiligten zu 3 zu ihrem Sohn, dem Beteiligten zu 1 und Vater des Kindes, äußerst gespannt ist. Das Kind
würde in diesen Konflikt hineingezogen.
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt. Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gemäß § 131 Abs. 3
KostO gerichtsgebührenfrei, denn es kann angenommen werden, daß das Rechtsmittel jedenfalls auch im Interesse des Kindes eingelegt
worden ist. Einer Anordnung über eine Kostenerstattung (§ 13a Abs. 1 Satz 2 FGG) bedarf es nicht. Somit besteht auch kein Bedürfnis für eine Festsetzung des Geschäftswerts (§ 31 .Abs. 1 Satz 1 KostO).