Gründe:
Der klagende Sozialhilfeträger gewährte dem geschiedenen Ehemann der Bekl. seit dem 1. 12. 1982 Monat für Monat Sozialhilfe.
Durch Rechtswahrungsanzeige nach § 91 Abs. 2
BSHG vom 30. 1. 1986 teilte der Kl. der Bekl. mit, daß er ihrem Ehemann »Hilfe in besonderen Lebenslagen« gewähre, und leitete
per Übergangsanzeige nach § 90
BSHG v. 6. 3. 1986 Unterhaltsansprüche für die Zeit ab l. 2. 1986 dem Grunde nach auf sich über. Mit Schreiben v. 22. 4. 1986
bezifferte der Kl. den von der Bekl. zu tragenden Kostenbeitrag. Nach Ansicht der Bekl. sind die Voraussetzungen einer unverzüglichen
schriftlichen Mitteilung von der Sozialhilfegewährung nicht erfüllt.
»... Auch wenn der Kl. erstmals bereits zum 1. 12. 1982 über die Gewährung der Sozialhilfe an den geschiedenen Ehemann der
Bekl. entschieden hat, lagen hiernach seinen späteren laufenden Leistungen jeweils neue stillschweigend erlassene Bewilligungsbescheide
zugrunde, an die er mit einer »unverzüglich« mitzuteilenden Rechtswahrungsanzeige anknüpfen konnte. Diese eröffnete ihm die
Möglichkeit einer Ä beschränkten Ä rückwirkenden Inanspruchnahme der unterhaltsverpflichteten Bekl., [hier] jedenfalls für
den Zeitraum .., für den er Unterhalt verlangt.
Da der Sozialhilfeträger Unterhalt für die Vergangenheit nur verlangen kann, wenn er die Gewährung der Sozialhilfe dem Unterhaltspflichtigen
unverzüglich schriftlich mitgeteilt hat, muß er die erforderlichen Ermittlungen über die in Betracht kommenden möglichen Unterhaltspflichtigen
»ohne schuldhaftes Zögern« mit der gebotenen Beschleunigung durchführen (vgl. BVerwGE 29, 229, 232). Dabei werden die Anforderungen um so höher sein, je länger die Behörde seit der erstmaligen Bewilligung der Sozialhilfe
zugewartet hat. Denn sie kann sich bereits seit dem Erlaß des ersten Bewilligungsbescheides um die Ermittlung der Person des
Unterhaltspflichtigen bemühen. Gegen eine Erstreckung der Vorauswissen der Rechtswahrungsanzeige auf den Bewilligungsbescheid
für den letzten und ggf. den vorletzten Monat dürften indessen grundsätzlich keine durchgreifenden Bedenken bestehen.
Auch wenn bei länger andauernder Hilfe zum Lebensunterhalt für jeden Zeitabschnitt stillschweigend eine erneute Bewilligung
erfolgt, nötigt dies den Träger der Sozialhilfe doch nicht zur monatlichen Wiederholung einer einmal erlassenen Rechtswahrungsanzeige.
Diese »wahrt« seine Rechte vielmehr, wenn auch nicht für unbegrenzte Dauer, in der Regel bis zum Erlaß der Überleitungsanzeige
und der sodann mit dieser verbundenen Mahnung des Unterhaltspflichtigen, die ihrerseits nicht periodisch wiederholt zu werden
braucht, um ihn wegen der wiederkehrenden Unterhaltsleistungen in Verzug zu setzen (Senat, BGHZ 103, 62 [hier: I (125) 325 d-f]).
Bei dem dargelegten Verständnis des § 91Abs. 2 BSHG trägt die Vorschrift Ä für die Fälle, in denen einem Bedürftigen über längere Zeit hinweg Monat für Monat Hilfe zum Lebensunterhalt
gewährt wird Ä nicht nur dem Bedürfnis des Sozialhilfeträgers Rechnung, sich mit Hilfe eines praktisch handhabbaren Instruments
zu gegebener Zeit den zulässigen Rückgriff auf den Unterhaltsschuldner erhalten und den sozialrechtlichen Nachrang (§ 2
BSHG) wiederherstellen zu können, nachdem er Sozialhilfeleistungen an den Unterhaltsberechtigten erbracht hat und die Voraussetzungen
für eine Inanspruchnahme des Unterhaltsverpflichteten für gegeben erachtet. Die Vorschrift erfüllt in dieser Auslegung zugleich
in ausreichendem Maße den allgemeinen Zweck einer Rechtswahrungsanzeige, den Unterhaltsschuldner darauf vorzubereiten, daß
er eine Inanspruchnahme für Unterhaltsleistungen gewärtigen muß (Warnfunktion), und sein Vertrauen darauf zu zerstören, daß
die Dispositionen über seine Lebensführung durch Unterhaltspflichten nicht mehr berührt werden können (BGHZ 74, 121, 126; BVerwGE 50, 64, 66). Insoweit begrenzt das Erfordernis der unverzüglichen Mitteilung von der seit dem letzten (oder ggf. vorletzten) Monat
bis auf weiteres an den Unterhaltsberechtigten gewährten Sozialhilfe auch hier Ä vergleichbar dem Fall der Bewilligung der
Ausbildungsförderung gem. §
37 Abs.
4
BAföG a. F. (BGHZ 74, 121 ff.) Ä den Vorwirkungsrahmen auf einen überschaubaren, dem Unterhaltsverpflichteten zumutbaren Leistungszeitraum. Soweit
der Senat in FamRZ 1988, 610.. in einem nicht tragenden Hinweis für die dort erlassene Rechtswahrungsanzeige [nach dem JWG] eine andere Meinung zum Ausdruck
gebracht hat, hält er für die Leistung von Sozialhilfe an dieser Auffassung nicht fest. ...«
Vgl. auch OLG Frankfurt (Urteil Ä 4 WF 194/88 Ä v. 24. 1. 89, in AnwBl 1989 Heft 12 S. 677 = MDR 1989 Heft 6 S. 545): Verspätung der Mitteilung dann, wenn die Rechtswahrungsanzeige
dem Unterhaltspflichtigen erst nahezu acht Monate nach Leistungsbeginn und drei Monate nach Leistungsende zugeht.