Abzug eines von dem Unterhaltspflichtigen zusätzlich geschuldeten Betreuungsunterhalts von dem Einkommen bei der Ermittlung
der Leistungsfähigkeit für die Zahlung von Elternunterhalt; Vorliegen eines elternbezogenen Grundes zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts
Gründe
A.
Der Antragsteller begehrt als Sozialhilfeträger vom Antragsgegner Elternunterhalt aus übergegangenem Recht für den Zeitraum
ab Januar 2012.
Der Antragsgegner ist der Sohn des im Jahre 1941 geborenen S., der seit Anfang 2010 von einem Pflegedienst in der eigenen
Wohnung betreut und versorgt wird. S. bezieht von dem Antragsteller laufende Sozialhilfe nach §§ 61 ff. SGB Xll (Hilfe zur
Pflege). Der Antragsgegner, der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, Gewerbe, Vermietung und Verpachtung sowie aus
Kapital erzielt, lebt seit 2007 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, aus der eine im Dezember 2008 geborene Tochter
hervorgegangen ist. Die Lebensgefährtin des Antragsgegners ist geschieden. Zwei aus ihrer Ehe stammende minderjährige Kinder
leben ebenfalls im gemeinsamen Haushalt.
Das Amtsgericht hat dem Antragsgegner einen monatlichen Betrag von 1.500 € (für 2012) und 1.600 € (ab 2013) zuzüglich der
Hälfte seines darüber hinausgehenden Einkommens als Selbstbehalt zugebilligt. Auf der Grundlage eines unterhaltsrechtlich
bereinigten Einkommens von 2.147,88 € (2012) bzw. 2.234,88 € (ab 2013) hat es den Antragsgegner verpflichtet, ab dem 1. Juli
2014 einen laufenden Unterhalt in Höhe von 318 € und für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis 30. Juni 2014 einen Unterhaltsrückstand
in Höhe von 9.060 € nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht die Unterhaltspflicht
auf den beantragten Unterhalt begrenzt und ihn verpflichtet, an den Antragsteller ab dem 1. Dezember 2014 einen laufenden
Unterhalt von 271 € monatlich und einen rückständigen Unterhalt von 9.569 € nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen wendet sich
der Antragsgegner mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
B.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache
an das Oberlandesgericht.
I.
Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Die Beschwerde habe nur Erfolg, soweit das Amtsgericht dem Antragsteller mehr zugesprochen habe, als von diesem beantragt
worden sei. Die Unterhaltsansprüche des S. seien gemäß § 94 Abs. 1 SGB XII auf den Antragsteller übergegangen. Er habe für S. seit Anfang 2012 monatlich zwischen 976,94 € und 958,61 € an Sozialhilfeleistungen
erbracht. Die vom Amtsgericht durchgeführte Unterhaltsberechnung enthalte jedenfalls keine Fehler, die sich zum Nachteil des
Antragsgegners auswirkten.
Das Amtsgericht habe es zu Recht abgelehnt, auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsgegner und seiner
Lebensgefährtin die vom Bundesgerichtshof für die Berechnung von Elternunterhalt entwickelten Grundsätze zur Einbeziehung
von Ehegatten des in Anspruch genommenen Kindes, die mit diesem in häuslicher Gemeinschaft leben, entsprechend anzuwenden.
Sei aus einer nichtehelichen Beziehung des Unterhaltspflichtigen ein Kind hervorgegangen, könne er finanzielle Verpflichtungen
gegenüber dem anderen Elternteil seines Kindes nur dann als Abzugsposten geltend machen, wenn und soweit eine Unterhaltsverpflichtung
gemäß §
1615 l Abs.
1 und
2 BGB bestehe, und zwar auch dann, wenn er Naturalunterhalt leiste. Da das gemeinsame Kind bereits im Dezember 2011 das dritte
Lebensjahr vollendet habe, bestünde für die nachfolgende Zeit ein Unterhaltsanspruch gemäß §
1615 l Abs.
2 Sätze 4 und 5
BGB jedoch nur, wenn unter Berücksichtigung der Belange des Kindes und bestehender Kinderbetreuungsmöglichkeiten aus Billigkeitsgründen
weiter Unterhalt zu zahlen wäre. Kindbezogene oder elternbezogene Umstände, die danach eine Verlängerung der Unterhaltspflicht
des Antragsgegners gegenüber seiner Lebensgefährtin rechtfertigen könnten, seien jedoch nicht vorgetragen worden.
Eine Gleichstellung mit der Ehe für den Bereich des Elternunterhalts scheide aus. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ihre Grundlage in der rechtlichen Verpflichtung der Ehegatten habe, gemäß §
1360 BGB zum Familienunterhalt beizutragen. Eine entsprechende rechtliche Verpflichtung treffe dagegen Partner, die in nichtehelicher
Lebensgemeinschaft lebten, nicht. Solche Partner würden entsprechende rechtliche Verpflichtungen gerade nicht begründen wollen.
Daher sei es nicht gerechtfertigt, sie in einem Teilbereich, in dem es für die nichteheliche Lebensgemeinschaft wirtschaftlich
günstiger wäre - letztlich gegen ihre eigene grundsätzliche Entscheidung - mit einer Ehe und den daraus resultierenden Rechten
und Pflichten gleichzusetzen. Den Partnern in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft stehe daher, anders als zusammenlebenden
Ehegatten, ein Familienselbstbehalt nicht zu.
Die vom Antragsgegner geltend gemachten Aufwendungen für seine Lebensgefährtin und ihre Kinder aus geschiedener Ehe könnten
auch nicht unter dem Aspekt der Wahrung seines tatsächlichen Lebensstandards berücksichtigt werden. Der angemessene Bedarf
des in Anspruch genommenen Kindes sei allerdings grundsätzlich nach den konkreten Umständen und unter Berücksichtigung seiner
besonderen Lebensverhältnisse zu ermitteln, weil es sich bei dem Anspruch auf Elternunterhalt um einen rechtlich vergleichsweise
schwach ausgestalten Anspruch handele. Deshalb stehe dem Unterhaltspflichtigen im Verhältnis zu seinen Eltern ein höherer
Selbstbehalt zu. Zum anderen sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das nach Abzug des höheren Selbstbehalts verbleibende
einzusetzende Einkommen im Regelfall nur etwa zur Hälfte für den Elternunterhalt heranzuziehen. Maßgebend sei die Lebensstellung,
die dem Einkommen, Vermögen und sozialen Rang des Verpflichteten entspreche. Der Aufwand, der darin liege, dass dritten Personen
Unterhalt - egal ob in Form von Zahlungen oder in Form von Naturalleistung - gewährt werde, sei nur zu berücksichtigen, wenn
eine rechtliche Verpflichtung zur Unterhaltsleistung bestehe und der Begünstigte den unterhaltsbedürftigen Eltern nach §
1609 BGB im Rang vorgehe. Andernfalls käme es zu einem nicht zu rechtfertigenden Wertungswiderspruch zur gesetzlichen Rangfolgenregelung.
Aus den dargelegten Gründen verbiete es sich auch, bei dem Antragsgegner einen erhöhten Wohnbedarf zu berücksichtigen. In
den von dem Amtsgericht zutreffend herangezogenen Selbstbehaltssätzen sei jeweils bereits ein Betrag von 450 € für Unterkunft
und Heizung enthalten. Weiter beinhalte der für das gemeinsame Kind als Abzugsposten berücksichtigte Unterhalt einen Anteil
von zwanzig Prozent, bemessen nach dem Unterhaltsbedarf in Höhe von 381 € also in Höhe von 76,20 €, als Wohnbedarf. Es würde
somit insgesamt ein Betrag von 526,20 € berücksichtigt. Der Antragsgegner mache tatsächlich Wohnaufwendungen in Höhe von 840
€ pro Monat geltend. Der Differenzbetrag von 313,80 € sei nach dem Vorbringen des Antragsgegners dadurch verursacht, dass
er auch den Wohnbedarf seiner Lebensgefährtin und ihrer Kinder aus geschiedener Ehe befriedige. Danach stellten die entsprechenden
Aufwendungen Unterhaltsleistungen in Form von Naturalunterhalt dar, die dritten Personen zu Gute kämen. Aufwendungen dieser
Art könnten auch einem Anspruch auf Elternunterhalt nur entgegengehalten werden, wenn sie auf der Grundlage einer - hier nicht
gegebenen - rechtlichen Verpflichtung erfolgten.
II.
Das hält rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nichtstand.
1. Im Ausgangspunkt hat das Oberlandesgericht für eine Inanspruchnahme des Antragsgegners aus übergegangenem Recht allerdings
zu Recht § 94 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 2 SGB XII herangezogen.
2. Die vom Oberlandesgericht bestätigte Unterhaltsberechnung des Amtsgerichts enthält jedoch insoweit einen Rechtsfehler zum
Nachteil des Antragsgegners, als sie - im Rahmen seiner allein noch im Streit stehenden Leistungsfähigkeit - einen möglichen
Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach §
1615 l
BGB unberücksichtigt lässt.
a) Die Verpflichtung zur Zahlung von Verwandtenunterhalt findet nach §
1603 Abs.
1 BGB dort ihre Grenze, wo der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen - insbesondere weiterer
Unterhaltspflichten - außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt des Berechtigten zu gewähren.
§
1603 Abs.
1 BGB gesteht damit jedem Unterhaltspflichtigen vorrangig die Sicherung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu; ihm sollen grundsätzlich
die Mittel verbleiben, die er zur angemessenen Deckung des seiner Lebensstellung entsprechenden allgemeinen Bedarfs benötigt.
Maßgebend ist beim Elternunterhalt die Lebensstellung, die dem Einkommen, Vermögen und sozialen Rang des Verpflichteten entspricht,
mithin der gesamte individuelle Lebensbedarf einschließlich einer angemessenen Altersversorgung (Senatsurteil BGHZ 169, 59 = FamRZ 2006, 1511, 1512 mwN).
Daraus folgt aber auch, dass der angemessene Eigenbedarf beim Elternunterhalt nicht losgelöst von dem vorhandenen Einkommen
bestimmt werden kann. Er richtet sich also nicht an einer festen Größe aus, sondern ist entsprechend den Umständen des Einzelfalls
zu bemessen. Eine spürbare und dauerhafte Senkung seines berufs- und einkommenstypischen Lebensstandards braucht der Unterhaltspflichtige
jedenfalls insoweit nicht hinzunehmen, als er nicht einen nach den Verhältnissen unangemessenen Aufwand betreibt oder ein
Leben im Luxus führt. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Inanspruchnahme für den Unterhalt von Eltern in
der Regel erst stattfindet, wenn der Unterhaltspflichtige sich selbst bereits in einem höheren Lebensalter befindet, seine
Lebensverhältnisse demzufolge bereits längerfristig seinem Einkommensniveau angepasst hat, Vorsorge für sein eigenes Alter
treffen möchte und dann unerwartet der Forderung ausgesetzt wird, sich an den für seine Eltern aufgrund deren Hilfs- und Pflegebedürftigkeit
anfallenden Kosten zu beteiligen (Senatsurteil BGHZ 169, 59 = FamRZ 2006, 1511, 1512 mwN).
Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Unterhaltsanspruch der Eltern rechtlich vergleichsweise schwach ausgestaltet
ist. Weil der gegenüber dem Elternunterhalt angemessene Eigenbedarf aber nicht durchgängig mit einem bestimmten festen Betrag
angesetzt werden kann, sondern anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse,
die bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt vorliegen, zu ermitteln ist, besteht Einigkeit darüber, den Kindern gegenüber
ihren Eltern von dem den Freibetrag übersteigenden Einkommen einen weiteren Anteil zusätzlich zu belassen. Der Senat hat es
grundsätzlich gebilligt, wenn bei der Ermittlung des für den Elternunterhalt einzusetzenden bereinigten Einkommens allein
auf einen hälftigen Anteil des Betrags abgestellt wird, der den an sich vorgesehenen Mindestselbstbehalt übersteigt (Senatsurteil
BGHZ 169, 59 = FamRZ 2006, 1511, 1513 mwN).
b) Diesen Anforderungen ist das Oberlandesgericht nicht vollständig gerecht geworden.
aa) Die Feststellungen zum Nettoeinkommen des Antragsgegners sowie zu den Abzügen wegen berufsbedingter Aufwendungen, Kinderbetreuungskosten
und hinsichtlich des Kindesunterhalts (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 7. Mai 2014 - XII ZB 258/13 - FamRZ 2014, 1183 Rn. 34 ff. und vom 24. Juni 2009 - XII ZR 161/08 - FamRZ 2009, 1477 Rn. 21 ff.) sind allerdings weder von der Rechtsbeschwerde angegriffen noch sonst von Rechts wegen zu beanstanden.
Ebenso wenig ist etwas dagegen zu erinnern, dass das Oberlandesgericht den Selbstbehalt des Antragsgegners nicht deshalb erhöht
hat, weil seine Wohnkosten den hierfür vorgesehenen Betrag übersteigen. Zwar kann im Einzelfall eine Erhöhung des Selbstbehalts
in Frage kommen, wenn der darin enthaltene Wohnkostenanteil - nach den Umständen nicht vermeidbar - überschritten wird (Wendl/Gerhardt
Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 1 Rn. 469 und Wendl/Gutdeutsch aaO § 5 Rn. 23). Eine Erhöhung
scheidet hier jedoch schon deshalb aus, weil der Wohnkostenanteil nicht überschritten ist. Nach den von der Rechtsbeschwerde
nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts stand dem Antragsgegner nach den Unterhaltsrechtlichen Leitlinien
im Rahmen seines Selbstbehalts für Unterkunft und Heizung ein Betrag von 450 € zu. Hinzu kommt hinsichtlich des im Kindesunterhalt
enthaltenen Wohnkostenanteils von 20 % ein Betrag von 76,20 €, so dass von den gesamten Wohnkosten in Höhe von 840 € ein Betrag
von 526,20 € abgedeckt ist. Die verbleibende Differenz von 313,80 € entfällt auf seine Lebensgefährtin, die ebenfalls Mieterin
ist, und ihre Kinder, zu deren Unterhaltsansprüchen nichts festgestellt ist.
bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht dem Antragsgegner
keinen Familienselbstbehalt zugebilligt hat. Ein möglicher Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach §
1615 l
BGB führt nicht dazu, dass sich der Antragsgegner auf einen Familienselbstbehalt berufen könnte. Vielmehr wäre der entsprechende,
gemäß §
1609 Nr.
2 BGB vorrangige, Unterhaltsbetrag als sonstige Verpflichtung i.S.d. §
1603 Abs.
1 BGB von dessen Einkommen abzuziehen.
(1) Der Familienselbstbehalt bemisst sich grundsätzlich nach dem doppelten angemessenen Selbstbehalt beim Elternunterhalt
abzüglich 10 % als Vorteil des Zusammenlebens. Wenn das Oberlandesgericht diesen für das Jahr 2012 mit (1.500 € + 1.200 €
=) 2.700 € und für die Jahre 2013 und 2014 mit (1.600 € + 1.280 € =) 2.880 € bemessen hat, ist dagegen aus Rechtsgründen nichts
zu erinnern (vgl. auch Düsseldorfer Tabelle Anm. D. I. [Stand 1. Januar 2011 bzw. 1. Januar 2013]). Ausgehend von diesem Familienselbstbehalt
und den Gesamteinkünften der Ehegatten ist der individuelle Familienbedarf zu ermitteln, zu dem der Unterhaltspflichtige entsprechend
dem Verhältnis der Einkünfte beider Ehegatten beizutragen hat. Für den Elternunterhalt kann der verheiratete Unterhaltspflichtige
die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem Anteil am individuellen Familienbedarf einsetzen (grundlegend Senatsurteil
BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 40 ff.).
Die Zubilligung des Familienselbstbehalts basiert auf der Prämisse, dass der Unterhaltspflichtige verheiratet ist und sich
die Ehegatten Unterhalt schulden. Zwar ist der Ehegattenunterhalt gemäß §
1609 Nr. 2 und 3
BGB gegenüber dem Elternunterhalt (§
1609 Nr. 6
BGB) vorrangig. Weil sich die Höhe des - beim Zusammenleben der Ehegatten bestehenden - Anspruchs auf Familienunterhalt allerdings
auch nach dem die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden (§
1578 Abs.
1 BGB) Elternunterhalt richtet, sich beide Ansprüche mithin wechselseitig beeinflussen, hat es der Senat gebilligt, dem verheirateten
Unterhaltspflichtigen einen Familienselbstbehalt zu belassen, der sich - bei darüber hinausgehendem Einkommen der Eheleute
- auf einen individuellen Familienbedarf erhöhen kann (BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 40 ff.).
(2) Anders verhält es sich bei dem Anspruch aus §
1615 l
BGB. Der danach geschuldete Bedarf des Unterhaltsberechtigten richtet sich allein nach seiner eigenen Lebensstellung gemäß §
1610 BGB (Senatsurteil BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 20 ff.; s. auch Senatsbeschluss BGHZ 205, 342 = FamRZ 2015, 1369 Rn. 34 mwN). Demgemäß bleibt die Höhe des Betreuungsunterhalts von einem daneben geltend gemachten Elternunterhaltsanspruch
unberührt; der Betreuungsunterhalt kann somit ohne weiteres als sonstige Verpflichtung i.S.d. §
1603 Abs.
1 BGB vorab vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abgezogen werden. Eines Familienselbstbehalts bedarf es insoweit nicht (vgl.
insoweit zur Haushaltsersparnis Senatsurteil vom 17. Oktober 2012 - XII ZR 17/11 - FamRZ 2013, 868 Rn. 25).
cc) Jedoch rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass das Oberlandesgericht auf der Grundlage des vom Antragsgegner gehaltenen
Vortrags einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach §
1615 l Abs.
2 BGB aus elternbezogenen Gründen hätte in Erwägung ziehen müssen.
(1) Für die - hier allein relevante - Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der
gesetzlichen Regelung zwar nur dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht
(§
1615 l Abs.
2 Satz 4
BGB). Insbesondere nach Maßgabe der im Gesetz ausdrücklich genannten kindbezogenen Gründe ist unter Berücksichtigung der bestehenden
Möglichkeiten der Kinderbetreuung ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich. Weil §
1615 l Abs.
2 Satz 5
BGB eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs "insbesondere" aus kindbezogenen Gründen zulässt, kommen im Einzelfall aber auch
elternbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts in Betracht. Das kann etwa dann gelten, wenn die Eltern
mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und außerdem ein besonderer Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Familie
entstanden ist. Dabei ist allerdings stets zu beachten, dass die gesetzliche Regel, wonach der Betreuungsunterhalt zunächst
nur für drei Jahre geschuldet ist und eine Verlängerung über diesen Zeitraum hinaus ausdrücklich begründet werden muss, nicht
in ihr Gegenteil verkehrt werden darf (Senatsbeschluss BGHZ 205, 342 = FamRZ 2015, 1369 Rn. 12 ff. und Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010, 444 Rn. 26 mwN). Ein elternbezogener Grund zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts kann allerdings auch darin liegen, dass
ein Elternteil das gemeinsame Kind im weiterhin fortdauernden Einvernehmen mit dem anderen persönlich betreut und deshalb
ganz oder teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Die Mitwirkung an einer solchen Gestaltung der nichtehelichen
Lebensgemeinschaft ist dem Pflichtigen im Verhältnis zu seinen unterhaltsberechtigten Eltern nach Treu und Glauben nur dann
verwehrt, wenn sie rechtsmissbräuchlich erscheint. Das ist indessen so lange zu verneinen, wie es den berechtigten Interessen
innerhalb der neuen Familie entspricht, dass ein Partner zugunsten der Haushaltsführung und Kinderbetreuung auf eine Erwerbstätigkeit
verzichtet (vgl. Senatsurteil vom 25. April 2007 - XII ZR 189/04 - FamRZ 2007, 1081 Rn. 18).
Für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus trägt der Unterhaltsberechtigte
die Darlegungs- und Beweislast. Er hat also zunächst darzulegen und zu beweisen, dass keine kindgerechte Einrichtung für die
Betreuung des gemeinsamen Kindes zur Verfügung steht oder dass aus besonderen Gründen eine persönliche Betreuung erforderlich
ist. Auch Umstände, die aus elternbezogenen Gründen zu einer eingeschränkten Erwerbspflicht und damit zur Verlängerung des
Betreuungsunterhalts führen können, hat der Unterhaltsberechtigte darzulegen und zu beweisen (Senatsbeschluss BGHZ 205, 342 = FamRZ 2015, 1369 Rn. 15 mwN und Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010, 444 Rn. 27). An die Darlegung von elternbezogenen Gründen im Rahmen des §
1615 l
BGB sind zudem höhere Anforderungen zu stellen als nach §
1570 Abs.
2 BGB, da sich bei nicht verheirateten Eltern - anders als bei Eheleuten - mangels entsprechenden Rechtsaktes nicht ohne weiteres
auf einen gegenseitigen Einstandswillen schließen lässt (NK-BGB/Schilling 3. Aufl. § 1615 l Rn. 13). Der Umstand, dass ein
Elternteil im Rahmen einer intakten nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Betreuung des gemeinsamen Kindes übernommen hat
und diese Rollenverteilung von den Partnern gelebt wird, indiziert jedoch ein entsprechendes Einvernehmen. Anders als bei
Partnern, die nach der Trennung nicht mehr einvernehmlich an dieser ursprünglich gelebten Rollenverteilung festhalten, bedarf
es deshalb nicht der gesonderten Darlegung eines besonderen Vertrauenstatbestands.
Beruft sich ein zum Elternunterhalt Verpflichteter auf seine Unterhaltspflicht nach §
1615 l
BGB und damit auf eine sonstige Verpflichtung im Sinne des §
1603 Abs.
1 BGB, hat er im Verhältnis zu dem Elternunterhaltsberechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen des Anspruchs aus §
1615 l
BGB darzulegen und zu beweisen, weil er damit seine Leistungsunfähigkeit einwendet (vgl. Palandt/Brudermüller
BGB 75. Aufl. §
1603 Rn. 47 mwN).
(2) Gemessen hieran hätte das Oberlandesgericht einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus §
1615 l Abs.
2 BGB aus elternbezogenen Gründen in Betracht ziehen müssen.
(a) Zu Recht ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Antragsgegner kindbezogene Gründe für eine Verlängerung
des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus nicht hinreichend substantiiert vorgetragen
hat.
(b) Zutreffend hat das Oberlandesgericht auch davon abgesehen, die Tatsache, dass die Lebensgefährtin des Antragsgegners neben
dem gemeinsamen Kind noch zwei Kinder aus ihrer geschiedenen Ehe betreut, bei der Prüfung elternbezogener Gründe zu berücksichtigen.
Zwar kann der Umstand, dass die Mutter mehrere Kinder zu betreuen hat, einen verlängerten Betreuungsunterhalt rechtfertigen.
Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Kinder vom selben Vater, also dem Unterhaltspflichtigen, stammen (NK-BGB/Schilling
3. Aufl. § 1615 l Rn. 14). Für einen etwaigen Betreuungsbedarf der Kinder aus der geschiedenen Ehe seiner Lebensgefährtin
ist nicht der Antragsgegner, sondern der geschiedene Ehemann verantwortlich.
(3) Jedoch wendet die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung zu Recht ein, dass das Oberlandesgericht den Vortrag
des Antragsgegners nicht zutreffend gewürdigt hat.
Danach hat seine Lebensgefährtin im Rahmen der intakten nichtehelichen Lebensgemeinschaft die (teilweise) Betreuung des gemeinsamen
Kindes übernommen. Dies genügt, um einen elternbezogenen Grund darzulegen. Weil das Kind zu Beginn des hier maßgeblichen Unterhaltszeitraums
erst sein drittes Lebensjahr vollendet hatte, ist ein möglicher Missbrauch zu Lasten des Vaters des Antragsgegners bzw. des
Sozialhilfeträgers nicht ersichtlich. Zwar ist es richtig, dass der Antragsgegner seinen Vortrag nicht weiter konkretisiert
hat. Da sein Vortrag aber - anders als vom Amtsgericht angenommen - einen verlängerten Anspruch auf Betreuungsunterhalt dem
Grunde nach eröffnet, hätte das Oberlandesgericht darauf hinwiesen müssen, dass noch weiterer Vortrag namentlich zum Umfang
der Betreuung, zum Einkommen und zum Bedarf erforderlich ist.
3. Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil weitere tatrichterliche
Feststellungen erforderlich sind, § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
a) Das Oberlandesgericht wird dem Antragsgegner Gelegenheit zu geben haben, zu den weiteren Voraussetzungen des Anspruchs
auf Betreuungsunterhalt gemäß §
1615 l Abs.
2 BGB wie namentlich zum Umfang der Betreuung, zum Einkommen bzw. zu etwaigen Kapitaleinkünften und zum Bedarf vorzutragen. Dabei
ist der vom Antragsgegner seiner Lebensgefährtin gewährte Naturalunterhalt für die Bestimmung der Leistungsfähigkeit gemäß
§
1603 Abs.
1 BGB anhand der Vorgaben des §
1615 l
BGB zu monetarisieren (vgl. zum Kindesunterhalt Senatsbeschluss vom 7. Mai 2014 - XII ZB 258/13 FamRZ 2014, 1183 Rn. 35).
b) Bei der Prüfung, in welchem Umfang die Lebensgefährtin des Antragsgegners aufgrund der von ihr vorgenommenen Betreuung
unterhaltsberechtigt ist, wird das Oberlandesgericht zu bedenken haben, dass der Anteil, der einer möglichen Betreuung ihrer
beiden ehelichen Kinder geschuldet ist, unberücksichtigt zu bleiben hat.
c) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass zusätzliche Aufwendungen für die Altersvorsorge in Höhe von
5 % des Bruttoeinkommens des Unterhaltspflichtigen nur dann zu berücksichtigen sind, wenn diese auch tatsächlich in der genannten
Höhe betrieben wird (vgl. Senatsurteile BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793 Rn. 27; vom 14. Januar 2004 - XII ZR 149/01 - FamRZ 2004, 792, 793 und vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 863).
d) Sollte das - nach einer möglichen Berücksichtigung des Anspruchs aus §
1615 l
BGB verbleibende - Einkommen des Antragsgegners unter Wahrung des ihm zustehenden Selbstbehalts nicht genügen, um den geltend
gemachten Anspruch des Antragstellers zu befriedigen, wäre zu prüfen, ob der Antragsgegner in den Grenzen des ihm gegebenenfalls
zu belassenden Altersvorsorgevermögens (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 205, 165 = FamRZ 2015, 1172 Rn. 23 ff.) aus seinem Vermögen leistungsfähig ist.
e) Der Senat weist schließlich darauf hin, dass eine über die Verpflichtung zur Zahlung von Betreuungsunterhalt hinausgehende,
aus dem Zusammenleben mit seiner Lebensgefährtin in nichtehelicher Lebensgemeinschaft folgende wirtschaftliche Belastung des
Antragsgegners auch im Lichte des Art.
6 Abs.
1 GG unterhaltsrechtlich unbeachtlich ist. Eine Gleichstellung mit Eheleuten, die sich untereinander Familienunterhalt schulden
und deshalb auf den Familienselbstbehalt berufen können, scheidet aus.
aa) Allerdings ist der Rechtsbeschwerde zuzugeben, dass der Schutzbereich des Art.
6 Abs.
1 GG auch für eine nichteheliche Lebensgemeinschaft mit Kindern eröffnet ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
ist die tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft von Eltern mit Kindern als Familie durch Art.
6 Abs.
1 GG geschützt. Für den Schutz durch das Familiengrundrecht kommt es nicht darauf an, ob die Eltern miteinander verheiratet sind
oder nicht; der Familienschutz schließt auch die nichteheliche Familie ein. Das Familiengrundrecht garantiert als Abwehrrecht
insbesondere das Zusammenleben der Familienmitglieder und die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des familiären
Zusammenlebens selbst zu entscheiden (BVerfG FamRZ 2013, 521, 525 mwN).
bb) Jedoch wäre Art.
6 Abs.
1 GG nicht verletzt. Wegen des verfassungsrechtlichen Schutz- und Förderauftrages ist der Gesetzgeber grundsätzlich berechtigt,
die Ehe als rechtlich verbindliche und in besonderer Weise mit gegenseitigen Einstandspflichten (etwa bei Krankheit oder Mittellosigkeit)
ausgestattete dauerhafte Paarbeziehung gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen. Die Wertentscheidung des Art.
6 Abs.
1 GG bildet einen sachlichen Differenzierungsgrund, der in erster Linie zur Rechtfertigung einer Besserstellung der Ehe gegenüber
anderen, durch ein geringeres Maß an wechselseitiger Pflichtbindung geprägten Lebensgemeinschaften geeignet ist. Art.
6 Abs.
1 GG gestattet dem Gesetzgeber, die besonderen, auch gesamtgesellschaftlich dienlichen Lasten, die jeder Ehegatte mit dem Eingehen
der Ehe übernimmt, durch die Gewährung einfachgesetzlicher Privilegierungen etwa bei Unterhalt, Versorgung, im Pflichtteils-
oder im Steuerrecht zumindest teilweise auszugleichen und damit die Ehe besser zu stellen als weniger verbindliche Paarbeziehungen
(BVerfG FamRZ 2013, 1103 Rn. 83; vgl. auch Maunz/Dürig/Badura
GG [Stand: September 2015] Art.
6 Rn. 55 mwN).
In Fallgestaltungen der vorliegenden Art bleibt es den Partnern, die sich bewusst gegen eine rechtliche Ausgestaltung ihrer
Beziehung entschieden haben, unbenommen, die Ehe zu schließen und damit ihre Beziehung auf eine rechtliche Grundlage zu stellen
sowie ihren gegenseitigen Einstandswillen durch entsprechende Unterhaltspflichten zu dokumentieren (vgl. BVerfG FamRZ 2002,
1169, 1174). Nehmen die Partner - aus welchen Gründen auch immer - Abstand hiervon, können sie sich auch im Verhältnis zu Dritten
(hier dem unterhaltsberechtigten Vater des Antragsgegners) nicht auf eine solche Bindung berufen.