Rente aus Beschäftigungen in einem Ghetto
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Mit Urteil vom 12.1.2018 hat das LSG Nordrhein-Westfalen einen Anspruch der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin auf Nachzahlung
einer Altersrente aus der Versicherung des am 8.10.2005 verstorbenen Ehemannes (im Folgenden: Versicherter) unter Berücksichtigung
von Beitragszeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) für die Zeit ab
1.7.1997 bis 7.10.2005 verneint.
Der Versicherte beantragte 1993 in Israel die Gewährung einer eigenen Versichertenrente aus der israelischen Rentenversicherung.
Mit Schreiben vom 4.11.2002 stellte der bevollmächtigte Rentenberater des Versicherten bei der Beklagten einen Antrag auf
Regelaltersrente ab Juli 1997 unter Berücksichtigung des ZRBG. Mit Schreiben vom November 2002 bat die Beklagte um Beantwortung
beigefügter Fragen, um die erforderliche Feststellung von Versicherungszeiten vornehmen zu können. Auf ein Erinnerungsschreiben
der Beklagten im Juni 2003 erklärte der Rentenberater mit Schreiben vom 8.8.2003: "Sehr geehrte Damen und Herren, meinen Antrag
vom 4.11.2002 ziehe ich zurück."
Nach dem Tod des Versicherten im Oktober 2005 beantragte die Klägerin durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt am 30.6.2010
die "Überprüfung des Ablehnungsbescheides nach § 44 SGB X und die Anerkennung einer Beitragszeit, Zahlung einer Altersrente bis zum Todestag und Zahlung einer Witwenrente ab dem Todestag".
Die Beklagte gewährte daraufhin im Mai 2011 eine große Witwenrente für die Zeit ab Oktober 2005 in laufender Höhe von knapp
200 Euro und leistete eine Nachzahlung in Höhe von 13 424 Euro.
Den Antrag auf Regelaltersrente aus der Versicherung des verstorbenen Versicherten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.3.2013
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.12.2014 ab. Der Anspruch des Versicherten sei mit seinem Tod erloschen. Zum
Zeitpunkt seines Todes seien weder ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung von Leistungen unter Berücksichtigung des ZRBG
anhängig noch ein derartiger Anspruch bereits festgestellt gewesen. Der zu Lebzeiten des Versicherten gestellte Antrag von
2002 sei zurückgenommen worden; dadurch sei auch der 1993 in Israel gestellte Altersrentenantrag in Bezug auf die Geltendmachung
von Ansprüchen aus der deutschen Rentenversicherung nicht mehr wirksam. Der Antrag von 2010 sei erst nach dem Tod des Versicherten
gestellt worden. Die Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch lägen nicht vor.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem SG Düsseldorf ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 8.11.2016). Das LSG hat den von der
Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin weiterverfolgten Anspruch verneint und die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat
es im Wesentlichen ausgeführt, dass es an einem zu berücksichtigenden Antrag zu Lebzeiten des Versicherten fehle. Der Antrag
von 2002 sei unmissverständlich zurückgenommen worden; von der Rücknahme werde auch der vom Versicherten 1993 in Israel gestellte
Antrag erfasst. Der Altersrentenanspruch sei deshalb im Zeitpunkt des Todes des Versicherten erloschen. Nach dem Tod lasse
sich ein Rentenverfahren nicht mehr wirksam in Gang setzen. Ein anderes Ergebnis lasse sich auch nicht über den sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch herleiten. Es könne offenbleiben, ob dieses Rechtsinstitut hier überhaupt Anwendung finde, jedenfalls
lägen aber dessen Voraussetzungen nicht vor.
Gegen die Nichtzulassung in diesem am 21.3.2018 zugestellten Urteil hat die Klägerin am 22.3.2018 Nichtzulassungsbeschwerde
eingelegt. Innerhalb der bis zum 21.6.2018 verlängerten Begründungsfrist sind von der 106 Seiten umfassenden Beschwerdebegründung
nur Seiten 1 bis 92 per Fax beim BSG eingegangen. Wegen der Verspätung - Seiten 93 bis 106 sind erst am nächsten Tag per Fax eingegangen - hat die Klägerin am
6.7.2018 Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und ausführlich dargelegt, dass Kommunikationsprobleme
bei der 6 Stunden vor Fristablauf begonnenen Faxtransaktion aufgetreten seien, die nicht auf einen Bedienfehler oder eine
falsche Eingabe der Faxnummer sondern nur auf einen Leitungsfehler zurückgeführt werden könnten.
Die Klägerin macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Divergenz geltend (§
160 Abs
2 Nr
1 und
2 SGG).
II
1. Der Klägerin ist nach §
67 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren, weil sie hinreichend
glaubhaft gemacht hat, dass sie ohne Verschulden verhindert war, die Begründungsfrist nach §
160a Abs
2 Satz 1
SGG einzuhalten. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist aber - ungeachtet der Gewährung von Wiedereinsetzung - unzulässig, weil sie
nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG formgerecht begründet ist.
2. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von §
160 Abs
2 Nr
1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des
Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren
Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch
nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts
erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher,
um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit
(Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog
Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG Beschluss vom 16.5.2019 - B 13 R 222/18 B - juris RdNr 5 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
a) Die Klägerin trägt zunächst als Rechtsfragen vor, denen sie grundsätzliche Bedeutung beimisst:
"Wirkt die Rücknahmeerklärung ausdrücklich bezogen auf den eigenen Antrage des Bevollmächtigten auf Gewährung einer Regelaltersrente
vom deutschen Versicherungsträger aufgrund einer Tätigkeit in einem Ghetto mit Entgeltleistungen unter besonderer Berücksichtigung
der Vorschriften des ZRBG in seiner konkreten Formulierung 'Sehr geehrte Damen und Herren, meinen Antrag vom (Datum des Antrages)
ziehe ich zurück' auch automatisch als Rücknahmeerklärung des Antrags des vom Bevollmächtigten in diesem Zeitpunkt des Versicherten
bezüglich seines davor persönlich in Israel gestellten Antrags auf Gewährung einer eigenen Versichertenrente aus der israelischen
Rentenversicherung?"
und
"Stellt die Rücknahmeerklärung des Bevollmächtigten, die sich ausdrücklich nur auf den eigenen, von ihm für den Mandanten
gestellten Antrag bezieht, gleichzeitig automatisch auch eine Rücknahmeerklärung bezogen auf den Antrag des vom Bevollmächtigten
vertretenen Mandanten dar, den dieser zuvor persönlich gestellt hatte?"
Es kann offenbleiben, ob die Klägerin damit aus sich heraus verständliche abstrakt-generelle Rechtsfragen zur Auslegung, zum
Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl §
162 SGG) mit höherrangigem Recht formuliert (vgl dazu allgemein BSG Beschluss vom 24.10.2018 - B 13 R 239/17 B - juris RdNr 8 mwN). Unklar bleibt insbesondere, auf welche bundesrechtliche Norm sich die aufgeworfenen Fragen konkret beziehen. Die Beschwerdebegründung
zitiert völlig unterschiedliche Rechtsvorschriften. Sie führt zunächst aus, der Zulassungsgrund befasse sich mit der Frage,
"welche rechtliche Bedeutung die Rücknahme eines konkreten Antrages eines Bevollmächtigten im Rahmen des §
59 Satz 2
SGB I unter besonderer Beachtung des Wiedergutmachungsregelungen des ZRBG zukommt" (Gliederungspunkt 2.1). An anderer Stelle wird vorgetragen, die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfragen ließen sich nicht aus dem Gesetz, "insbesondere
nicht aus § 13 Abs 1 Satz 2 SGB X sowie den Auslegungsregeln §§
133,
157 BGB beantworten" (Gliederungspunkt 2.2.3.3. S 23).
Jedenfalls hat die Klägerin die (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage nicht hinreichend dargelegt. Eine Rechtsfrage
ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt
oder bereits höchstrichterlich geklärt ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht diese zwar noch nicht
ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende
Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr, zB BSG Beschluss vom 24.3.2018 - B 12 R 44/17 B - juris RdNr 8). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Problemkreis
substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt hat oder durch die schon vorliegenden Entscheidungen die hier maßgebende
Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (stRspr, zB BSG Beschluss vom 22.3.2018 - B 5 RE 12/17 B - juris RdNr 15 mwN). Hieran fehlt es.
Die Klägerin zitiert wörtlich aus zwei Urteilen des BSG. Darin wird zum einen ausgeführt, dass ein Antrag beim israelischen Versicherungsträger auch mit Wirkung für die deutsche
gesetzliche Rentenversicherung als gestellt gilt (vgl BSG Urteil vom 19.4.2011 - B 13 R 20/10 R - BSG SozR 4-6480 Art 27 Nr 1 RdNr 35). Zum anderen ergibt sich daraus, dass sich ein solcher Antrag zugleich mit Abschluss des Verwaltungsverfahrens durch Erlass
des Bescheids des Rentenversicherungsträgers in Deutschland erledigt. Der Bescheid wird mit Eintritt seiner Bestandskraft
"in der Sache bindend" (vgl BSG Urteil vom 7.2.2012 - B 13 R 40/11 R - BSGE 110, 97 = SozR 4-5075 § 3 Nr 2, RdNr 34). Das LSG hat daraus den Schluss gezogen, dass die Rücknahmeerklärung des Versicherten wegen der Identität des Streitgegenstandes
sämtliche Rentenanträge erfasse. Mit diesem aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung hergeleiteten Rückschluss setzt sich
die Beschwerdebegründung nicht hinreichend auseinander.
Letztlich rügt die Klägerin mit den bezeichneten Fragen eine fehlerhafte Auslegung und Würdigung der Rücknahmeerklärung im
Einzelfall. Darauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde aber nicht gestützt werden (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG; vgl auch BSG Beschluss vom 15.3.2018 - B 3 KR 41/17 B - juris RdNr 12 mwN). Dass das LSG bei der Auslegung gegen die allgemeinen Auslegungsregeln der §§
133,
157 BGB verstoßen hätte, hat die Klägerin zwar unter Hinweis auf den Wortlaut der Erklärung behauptet, jedoch nicht substantiiert
unter Darlegung abstrakten Klärungsbedarfs dargetan.
b) Die Klägerin macht als weitere Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung geltend:
"Kann die fehlende Anhängigkeit eines Verwaltungsverfahrens bereits im Zeitpunkt des Todes des Versicherten (§
59 Satz 2
SGB I) durch einen der Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten zugestehenden sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ersetzt werden?"
"Kann sich die Verwaltung von einer sich als nachträglich rechtswidrig erweisenden, dem Versicherten über den Bevollmächtigten
erteilten Allgemeininformation hinsichtlich der Haftung exkulpieren, indem sie zur Feststellung des Ursachenzusammenhangs
zwischen der erteilten Allgemeininformation und dem eingetretenen Nachteil beim Versicherten einen Beleg über dessen Motivation
zur Vornahme der zum eingetretenen Nachteil führenden Handlung verlangt?"
Auch dazu trägt die Klägerin nicht den gesetzlichen Voraussetzungen des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG genügend vor. Es kann offenbleiben, ob die Ausführungen der Klägerin zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des Rechtsinstituts
des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nachvollziehbar und hinreichend sind. Jedenfalls fehlt es an ausreichenden Darlegungen,
dass die von der Klägerin aufgeworfene erste Frage klärungsfähig (entscheidungserheblich) ist. Eine Rechtsfrage ist nur dann
klärungsfähig, wenn das Revisionsgericht über die betreffende Frage konkretindividuell sachlich entscheiden kann. Das setzt
voraus, dass sie sich dem Revisionsgericht auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz überhaupt stellt (BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 8 mwN). Aufgrund der Bindung des Revisionsgerichts an die vom LSG festgestellten Tatsachen (§
163 SGG) sind Fragen, die sich entscheidungserheblich nur dann stellen, wenn die Vorinstanz andere tatsächliche Feststellungen getroffen
hätte, nicht klärungsfähig (BSG Beschluss vom 30.7.2019 - B 12 KR 35/19 B - RdNr 6 unter Hinweis auf BSG Beschluss vom 7.8.2013 - B 5 R 222/13 B - BeckRS 2013, 72460 RdNr 10).
Unterstellt, das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs käme hier entgegen aller Zweifel zur Anwendung
(vgl dazu zuletzt BSG Urteil vom 16.5.2019 - B 13 R 37/17 R - SozR 4-1200 § 59 Nr 2 RdNr 34), hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass die aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnte. Wie die
Klägerin selbst in ihrer Beschwerdebegründung darstellt, hat das LSG bereits die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
als nicht erfüllt angesehen. Das LSG hatte als Voraussetzungen zu prüfen: (1) Vorliegen einer Pflichtverletzung, die sich
der Sozialleistungsträger im Verhältnis zum Berechtigten zurechnen lassen muss, (2) Eintritt eines rechtlichen Schadens beim
Berechtigten, (3) Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt und (4) Möglichkeit der Herstellung
des Zustands, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre (stRspr, vgl BSG Urteil vom 22.3.2018 - B 5 RE 1/17 R - BSGE 125, 252 = SozR 4-2600 § 6 Nr 15 RdNr 36). Das LSG hat neben einer der Beklagten zurechenbaren Pflichtverletzung auch den notwendigen Kausalzusammenhang verneint.
Die Beurteilung, ob ein Fehlverhalten der Beklagten kausal für das Verhalten des Versicherten war, ist allein die Aufgabe
der Tatsacheninstanz (vgl BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 29/10 R - SozR 4-1200 § 14 Nr 15 RdNr 16 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 70/05 R - SozR 4-4100 § 106 Nr 1 RdNr 20). Die Klägerin trägt umfangreich zu der zweiten Frage vor, dass die Kausalität nach ihrer eigenen Rechtsansicht vorgelegen
habe; Grund für die Rücknahme des Antrags sei die auf die - rückblickend falsche - Rechtsauffassung der Beklagten gestützte
Aussichtslosigkeit des Rentenverfahrens gewesen. Sie hat die Feststellungen des LSG zur Kausalität jedoch nicht mit einer
substantiierten Verfahrensrüge nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG angegriffen. Mit ihrem Vorbringen, dass das LSG eine unverschuldete Beweisnot für sie als Sonderrechtsnachfolgerin nicht
beachtet habe und es sich verbiete, bei behördlichem Fehlverhalten schon "einfache Fahrlässigkeit" des Versicherten zu berücksichtigen,
rügt sie im Kern eine fehlerhafte Beweiswürdigung nach §
128 Abs
1 Satz 1
SGG, auf die eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden kann (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG).
Dieser Ausschluss kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass die Kritik an der tatrichterlichen Würdigung in eine Rechtsfrage
eingekleidet wird, die grundsätzliche Bedeutung haben soll.
Abgesehen davon formuliert die Klägerin zu dem "Stichwort: Kausalität" keine rechtlich eindeutig zuordenbare abstrakte Rechtsfrage.
Soweit sie die Möglichkeit der Beklagten anspricht, sich von ihrer Haftung zu "exkulpieren", bleibt der Zusammenhang mit dem
sozialrechtlichen Herstellungsanspruch unklar. Denn dieser setzt, weil es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt,
kein Verschulden der Behörde voraus (vgl BSG Urteil vom 25.8.1993 - 13 RJ 27/92 - BSGE 73, 56, 59 mwN). Im Übrigen fehlt es an Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit; die Klägerin setzt sich nicht damit auseinander, ob und ggf
welche Anhaltspunkte der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schadenseintritt
beim sozialrechtlichen Herstellungsanspruch (vgl zB BSG Urteil vom 25.10.1985 - 12 RK 42/85 - BSGE 59, 60 = SozR 5070 § 10 Nr 31, juris RdNr 27; BSG Urteil vom 15.12.1994 - 4 RA 64/93 - SozR 3-2600 § 58 Nr 2, juris RdNr 39, BSG Urteil vom 23.5.1996 - 13 RJ 17/95 - SozR 3-5750 Art 2 § 6 Nr 15, juris RdNr 54; BSG Urteil vom 26.7.2007 - B 13 R 4/06 R - SozR 4-2600 § 115 Nr 2 RdNr 25) bereits zu entnehmen sind. Angesichts der vielfältigen höchstrichterlichen Rechtsprechung dazu reicht der Hinweis nicht aus,
dass das BSG die gestellte Rechtsfrage bisher noch nicht entschieden habe.
3. Auf die weiteren Rügen der Klägerin, die die vom LSG verneinte Pflichtverletzung im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
betreffen, kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an, weil die Klägerin den vom LSG verneinten Kausalzusammenhang - wie
dargelegt - nicht mit einer zulässigen Rüge angegriffen hat. Ist ein LSG-Urteil - wie vorliegend - auf mehrere Erwägungen
gestützt, die es jeweils selbstständig tragen, so kann die Beschwerde nur dann zur Revisionszulassung führen, wenn Rügen bezüglich
aller dieser Erwägungen durchgreifen (stRspr, vgl zuletzt Senatsbeschluss vom 12.3.2019 - B 13 R 273/17 B - juris RdNr 29 mwN).
Dies betrifft zum einen die von der Klägerin geltend gemachte Divergenz des LSG-Urteils von höchstrichterlicher Rechtsprechung
im Hinblick auf den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung fehlerhaften Verwaltungshandelns. Während das LSG auf eine
ex ante-Betrachtung abstelle, stelle das BSG (Urteil vom 18.2.2004 - B 10 EG 10/03 R - BSGE 92, 182, 189) für die Beurteilung fehlerhaften Verwaltungshandelns auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen
Feststellung ("heutige Sicht", ex post-Betrachtung) ab. Die Entscheidungserheblichkeit dieser Divergenz ist jedoch nicht hinreichend
dargetan.
Zum anderen sind hier auch die weiteren von der Klägerin formulierten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu nennen:
"Ist beim sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bei der Prüfung einer Pflichtverletzung der Verwaltung für die Beurteilung
deren Rechtswidrigkeit auf die Sach- und Rechtslage aus damaliger Sicht oder aus heutiger Sicht abzustellen?" "Stellen streitfallbezogene
Rechtsauskünfte der Verwaltung an Bevollmächtigte und an eine ausländische Verbindungsstelle, die sich aus heutiger Sicht
als rechtswidrig erwiesen haben, eine dem deutschen Versicherungsträger zurechenbare Allgemeininformation dar, die zu einer
Verletzung des §
13 SGB I führen und der Sonderrechtsnachfolgerin einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gewähren?"
"Stellen eine Vielzahl in der Sache gleichgelagerte Ablehnungsbescheide der Verwaltung eine Allgemeininformation im Sinne
von §
13 SGB I dar, oder entfalten diese nur Wirkung inter partes?"
Auch diese Rügen betreffen alle die Frage der Pflichtverletzung und sind angesichts der nicht mit zulässigen Rügen angegriffenen
Beweiswürdigung des LSG zum Kausalzusammenhang nicht klärungsfähig.
4. Soweit die Klägerin sinngemäß die Fehlerhaftigkeit der Entscheidung rügt, kann eine Nichtzulassungsbeschwerde hierauf nicht
gestützt werden (stRspr, vgl bereits BSG Beschluss vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7, juris RdNr 2).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Verwerfung der nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.