Versagung einer Erwerbsminderungsrente wegen fehlender Mitwirkung
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung der beantragten Erwerbsminderungsrente wegen fehlender Mitwirkung.
Das SG hat ihre Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 17.7.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.12.2017 abgewiesen
(Urteil vom 19.12.2019). Das LSG hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin mit Urteil vom 23.8.2021 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es
ausgeführt, die Klägerin sei ihren Mitwirkungspflichten iS von §
66 Abs
1 Satz 1
SGB I jedenfalls dadurch nicht nachgekommen, dass sie die von der Beklagten während des Widerspruchsverfahrens veranlasste Begutachtung
durch den Internisten M. durch zweimaliges Nichterscheinen vereitelt habe, nachdem sie bereits im Verwaltungsverfahren die
Termine bei zwei anderen Internisten nicht wahrgenommen habe. Die Klägerin sei auch spätestens mit dem Schreiben der Beklagten
vom 17.10.2017 auf die Folgen einer fehlenden Mitwirkung hingewiesen worden.
Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung Beschwerde zum BSG eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 22.10.2021 begründet hat.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Form begründet wird. Sie ist daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG zu verwerfen.
a) Die Klägerin legt die geltend gemachte Divergenz nicht anforderungsgerecht dar. Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen.
Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten
Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Bezogen auf die Darlegungspflicht muss die Beschwerdebegründung erkennen lassen,
welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher in der Entscheidung des LSG
enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht (vgl BSG Beschluss vom 14.4.2020 - B 5 RS 13/19 B - juris RdNr 4 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin bringt vor, das LSG sei vom Urteil des BSG vom 12.10.2018 (B 9 SB 1/17 R - SozR 4-1200 § 66 Nr 8) abgewichen. Sie entnimmt der angegriffenen Entscheidung aber schon keinen tragenden abstrakten Rechtssatz, der im Widerspruch
zu einem vom BSG aufgestellten tragenden abstrakten Rechtssatz stehen könne. Mit ihrer umfangreichen wörtlichen Wiedergabe der BSG-Entscheidung vom 12.10.2018 macht die Klägerin im Kern geltend, gemessen an den darin aufgestellten Anforderungen an einen
Hinweis nach §
66 Abs
3 SGB I sei sie von der Beklagten nicht ordnungsgemäß auf die Folgen fehlender Mitwirkung hingewiesen worden. Auf den darin liegenden
Vorwurf, das Berufungsgericht habe inhaltlich falsch entschieden, lässt sich eine Revisionszulassung wegen Divergenz aber
von vorneherein nicht stützen (stRspr, vgl zB BSG Beschluss vom 8.8.2019 - B 5 R 282/18 B - juris RdNr 16 mwN). Das Gleiche gilt für das Vorbringen der Klägerin, der Versagungsbescheid sei bereits deswegen rechtswidrig, weil die von
der Beklagten vorgesehenen Begutachtungen nicht erforderlich gewesen seien; nach ihrem Dafürhalten musste ihr die beantragte
Rente bereits aufgrund der Angaben in den eingeholten Befundberichten bewilligt werden.
b) Auch einen Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG bezeichnet die Klägerin nicht anforderungsgerecht. Ausdrücklich benennt sie keine prozessrechtliche Vorschrift, gegen die
das LSG verstoßen haben soll. Sofern die Klägerin mit ihrem Vorbringen, beide Tatsacheninstanzen hätten ihr Begehren "von
Beginn an vollständig verkannt", sinngemäß eine Verkennung des Streitgegenstands (§
123 SGG) durch das LSG geltend macht, ist ein solcher Verfahrensmangel nicht hinreichend dargetan (vgl zu den diesbezüglichen Darlegungsanforderungen zB BSG Beschluss vom 6.8.2021 - B 5 R 150/21 B - juris RdNr 7 mwN). Die Klägerin zeigt schon mangels Darstellung des Verfahrensgangs und der von ihr angekündigten Anträge nicht auf, dass das
LSG ihr Klagebegehren verkannt haben könnte. Ihre Ausführungen auf Seite 2 der Beschwerdebegründung zum "tatsächliche(n) Klagegegenstand,
so wie oben unter den Punkten 1 und 2 erneut zusammengefasst dargelegt," sind selbst unter Würdigung ihres weiteren Vorbringens
in der Beschwerdebegründung nicht nachvollziehbar. Die Beschwerdebegründung enthält auch keine Gliederungspunkte "1 und 2".
Ebenso wenig wird ein Verfahrensmangel hinreichend bezeichnet, soweit die Klägerin die Ausführungen in der BSG-Entscheidung vom 12.10.2018 herausstellt, wonach der Hinweis nach §
66 Abs
3 SGB I auch zur Wahrung des rechtlichen Gehörs des zur Mitwirkung Verpflichteten und eines fairen Verfahrens notwendig ist. Sollte
die Klägerin damit sinngemäß eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs
1 GG; §
62 Halbsatz 1
SGG) sowie ihres aus Art
2 Abs
1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Prozessgrundrechts auf ein faires Verfahren rügen wollen, würde sich dies auf das
Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren beziehen. Die Revisionszulassung wegen eines Verfahrensmangels iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG kann aber grundsätzlich nur auf eine fehlerhafte Durchführung des Gerichtsverfahrens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug
gestützt werden (vgl hierzu zB BSG Beschluss vom 19.1.2011 - B 13 R 211/10 B - juris RdNr 15; aus jüngerer Zeit zB BSG Beschluss vom 14.7.2021 - B 5 R 159/21 B - juris RdNr 10, jeweils mwN).
Zur geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache fehlt es an jeder Begründung (vgl zu den diesbezüglichen Darlegungsanforderungen zB BSG Beschluss vom 18.11.2021 - B 9 V 17/21 B - juris RdNr 4 mwN).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs
1 und 4
SGG.