Gründe
I
Die Klägerin begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens Witwenrente aus der Versicherung ihres 1952 geborenen und am 11.1.2016
verstorbenen Ehemannes, mit dem sie vier Tage zuvor im Krankenhaus die am 5.1.2016 beim Standesamt angemeldete Ehe geschlossen
hatte. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag ab (Bescheid vom 13.6.2016, Widerspruchsbescheid vom 13.9.2016). Ihre hiergegen erhobene Klage nahm die damals bereits anwaltlich vertretene Klägerin nach einem sozialgerichtlichen Erörterungstermin
mit Schreiben vom 9.3.2017 zurück. Die Beklagte lehnte auch den Überprüfungsantrag vom 21.8.2017 ab (Bescheid vom 15.5.2018, Widerspruchsbescheid vom 6.11.2018). Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 17.6.2020, Urteil des LSG vom 23.9.2021). Das LSG hat ausgeführt, die Entscheidungen der Beklagten seien rechtmäßig, da die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe
nicht durch besondere Umstände widerlegt sei. Von besonderer Bedeutung sei, dass das innerhalb kürzester Zeit bevorstehende
erkrankungsbedingte Versterben des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung objektiv absehbar gewesen sei. Sein Zustand
habe sich bei fortschreitender Krebserkrankung im letzten Quartal des Jahres 2015 derart zugespitzt, dass schließlich nur
noch eine palliative Behandlung erfolgt sei. Auch die übrigen Gegebenheiten des Sachverhalts legten in einer Gesamtschau eher
das Bewusstsein des Paares über einen voraussichtlich nur noch kurzen gemeinsamen Zeitrahmen nahe und seien nicht geeignet,
die gesetzliche Vermutung zu entkräften.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie macht in der Beschwerdebegründung vom 19.11.2021 eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie eine
in der Sache fehlerhafte Entscheidung des Berufungsgerichts geltend. Nach Ablauf der Begründungsfrist hat sie mit Schriftsatz
vom 10.12.2021 eine weitere ärztliche Stellungnahme vom 6.12.2021 vorgelegt und näher ausgeführt, weshalb sie die Beweiswürdigung
des Berufungsgerichts für "bösartig" und "fehlgeleitet" hält.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. In ihrer Beschwerdebegründung
wird weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch ein sonstiger Revisionszulassungsgrund in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Weise bezeichnet. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
1. Die Klägerin hat eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht ausreichend dargelegt.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des
Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Eine Beschwerdeführerin muss daher, um ihrer Darlegungspflicht
zu genügen, anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine konkrete
Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie
die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) aufzeigen
(stRspr; zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht gerecht. Sie benennt bereits keine Rechtsfrage zur Auslegung,
zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkret bezeichneten revisiblen Vorschrift (vgl §
162 SGG) mit höherrangigem Recht. Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar,
damit das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (vgl zu diesem Erfordernis BSG Beschluss vom 13.1.2020 - B 5 R 256/19 B - juris RdNr 8 mwN; BSG Beschluss vom 8.3.2021 - B 9 BL 3/20 B - juris RdNr 17).
Die Klägerin trägt ohne erkennbare Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen für eine Revisionszulassung im sozialgerichtlichen
Verfahren (vgl §§
160,
160a SGG) vor, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, weil sich das LSG nicht an die gesetzlich vorgegebene Prüfungsmethodik gehalten
habe und deshalb zu einem unhaltbaren Urteil gelangt sei. Damit macht sie eine Fehlerhaftigkeit des Berufungsurteils in ihrem
Einzelfall geltend. Dies allein kann jedoch nicht zur Revisionszulassung führen (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 19.10.2021 - B 5 R 191/21 B - juris RdNr 10 mwN). Auch ihr Vortrag, der Fall zeige, "dass von Seiten des Bundessozialgerichts klarere Maßstäbe vorgegeben werden müssen, damit
alle beteiligten Instanzen die komplexe Abwägung, die die ungewöhnliche und Bewertungsspielräume eröffnende Vorschrift des
§
46 Abs.
2a SGB VI eröffnet, interessengerecht und in möglichst übereinstimmender Weise durchführen können", bezeichnet nicht in der erforderlichen
Weise, in welcher Hinsicht der Sache eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung zukommt. Mit den Aussagen des sowohl vom LSG als
auch von ihr selbst herangezogenen BSG-Urteils vom 5.5.2009 (B 13 R 55/08 R - BSGE 103, 99 = SozR 4-2600 § 46 Nr 6, RdNr 18 ff) setzt sich die Klägerin ebenso wenig auseinander wie mit dem Urteil vom 6.5.2010 (B 13 R 134/08 R - juris RdNr 17 f). Das BSG hat dort näher ausgeführt, warum eine abschließende Typisierung und Bewertung einzelner Ehemotive durch das Revisionsgericht
nicht möglich ist (s dazu zuletzt auch BSG Beschluss vom 29.9.2021 - B 5 R 186/21 B - juris RdNr 6 mwN). Welche zusätzlichen Maßstäbe über die bisherigen Leitlinien hinaus das BSG den Tatsachengerichten für die Anwendung des §
46 Abs
2a SGB VI vorgeben könnte, erörtert die Klägerin nicht. Entsprechendes gilt für ihr Vorbringen, es müsse über das besondere Merkmal
des Falles eine Grundsatzentscheidung gefällt werden, dass gerade bei christlich geprägten Persönlichkeiten finanzielle Erwägungen
keine Rolle zu spielen pflegten, wenn durch das standesamtliche Bekenntnis der Zusammengehörigkeit ein hilfsbedürftiger Partner
gestärkt werden solle.
2. Soweit die Klägerin pauschal vorträgt, das Urteil des LSG vom 23.9.2021 stehe im Widerspruch zu Gerichtsentscheidungen,
die der Klägerin zu ihrem Recht auf Rente verholfen hätten, sind die Darlegungsanforderungen für den Revisionszulassungsgrund
der Rechtsprechungsabweichung (vgl §
160 Abs
2 Nr
2 iVm §
160a Abs
2 Satz 3
SGG) nicht ansatzweise erfüllt (zu den Darlegungsanforderungen im Einzelnen vgl zB BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 21; BSG Beschluss vom 19.10.2021 - B 5 R 191/21 B - juris RdNr 11). Ungeachtet dessen könnte die Abweichung von einer Entscheidung des BVerwG nach der Regelung in §
160 Abs
2 Nr
2 SGG von vornherein nicht zu einer Revisionszulassung wegen Divergenz führen.
3. Das Vorbringen der Klägerin, einzelne tatsächliche Feststellungen im LSG-Urteil seien unzutreffend, ist für die Frage der
Revisionszulassung ohne Bedeutung. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des §
128 Abs
1 Satz 1
SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 31.8.2021 - B 11 AL 31/21 B - juris RdNr 4, 7; BSG Beschluss vom 9.9.2021 - B 5 R 149/21 B - juris RdNr 17).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG. Gebühren nach dem Gegenstandswert fallen in diesem Verfahren nicht an, da die Klägerin nach §
183 Satz 3
SGG kostenprivilegiert ist (s auch § 3 Abs 1 Satz 1 RVG).