Voraussetzungen einer Pflichtversicherung oder einer freiwilligen Versicherung bei einer Krankenkasse
Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
In dem der angestrebten Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um das Vorliegen
der Voraussetzungen einer Pflichtversicherung, hilfsweise einer freiwilligen Versicherung des Klägers bei der beklagten Krankenkasse
und der beigeladenen Pflegekasse.
Der im Jahr 1950 geborene Kläger war ab 1983 als selbständiger Rechtsanwalt tätig und vom 1.9.1994 bis zum 16.10.2001 privat
krankenversichert. Seitdem ist er nicht krankenversichert. Vom 1.1.2015 bis zum 31.10.2015 bezog der Kläger Leistungen nach
dem SGB II. Seit November 2015 bezieht er Leistungen nach dem SGB XII.
Seinen Antrag auf Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 11.2.2015, Widerspruchsbescheid vom 28.1.2016). Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des SG Koblenz vom 5.12.2017, Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 19.12.2019). Der Kläger sei gemäß §
5 Abs
5a SGB V von der Versicherungspflicht nach §
5 Abs
1 Nr
2a SGB V ausgeschlossen, weil er zuletzt nicht in der GKV versichert gewesen sei. Deshalb bestehe auch keine Auffangpflichtversicherung
nach §
5 Abs
1 Nr
13 SGB V. Für eine freiwillige Versicherung fehle es an der Vorversicherung.
Zur Durchführung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG hat der Kläger die Bewilligung
von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.
II
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen.
1. Der Bewilligung von PKH steht nicht entgegen, dass der Kläger den Antrag nur hilfsweise für den Fall gestellt hat, dass
er sich nicht selbst vertreten kann. Rechtsanwälte sind nach §
73 Abs
4 Satz 5
SGG nur zur Selbstvertretung vor dem BSG berechtigt, soweit sie von §
73 Abs
2 Satz 1 und Abs
4 Satz 2
SGG erfasst werden, also als Prozessbevollmächtigte andere Beteiligte vor dem BSG vertreten können. Dazu zählen nur Rechtsanwälte, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sind (BSG Beschluss vom 9.2.2010 - B 3 P 1/10 C - SozR 4-1500 § 73 Nr 6 RdNr 6, 8 mwN). Das ist beim Kläger nicht der Fall.
2. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH liegen jedoch nicht vor. Nach §
73a SGG iVm §
114 ZPO kann einem Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Hieran fehlt es. Es ist nicht zu erkennen, dass ein nach §
73 Abs
4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.
a) Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen
(stRspr; vgl bereits BSG Beschluss vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10; BSG Beschluss vom 13.11.2019 - B 13 R 125/18 B - juris RdNr 13). Das Vorbringen des Klägers und die Durchsicht der Akten haben bei der gebotenen summarischen Prüfung keinen Hinweis auf
das Vorliegen eines der vorgenannten Gründe ergeben.
b) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt generelle Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung
über den zu entscheidenden Fall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit und Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich
(Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Eine solche Rechtsfrage ist vorliegend nicht ersichtlich. Der vom Kläger in den Vorinstanzen aufgeworfenen Frage nach der
zutreffenden, verfassungskonformen Auslegung des Tatbestandsmerkmals "zuletzt" in §
5 Abs
5a und §
5 Abs
1 Nr
13 SGB V fehlt es im Hinblick auf den Wortlaut des §
5 Abs
5a SGB V (idF des Gesetzes vom 21.7.2014, BGBl I 1133), der damit verbundenen Absicht des Gesetzgebers, durch die Einfügung des Wortes "zuletzt" anstelle des zuvor verwendeten
"unmittelbar" (dazu BSG Urteil vom 3.7.2013 - B 12 KR 11/11 R - SozR 4-2500 §
5 Nr
19) die Konformität zu §
5 Abs
1 Nr
13 SGB V herzustellen (BT-Drucks 18/1657 S 62), und vor dem Hintergrund der zu §
5 Abs
1 Nr
13 SGB V ergangenen Rechtsprechung des BSG (vgl BSG Urteil vom 21.12.2011 - B 12 KR 13/10 R - SozR 4-2500 § 5 Nr 15; BSG Urteil vom 12.1.2011 - B 12 KR 11/09 R - BSGE 107, 177 = SozR 4-2500 § 5 Nr 13) und des BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 30.8.2017 - 1 BvR 1120/17 - juris) an der Klärungsbedürftigkeit.
Sofern der Kläger meint, ab Beginn des Bezugs von Leistungen der Grundsicherung im Alter in der Auffangpflichtversicherung
versichert zu sein, fehlt es angesichts des eindeutigen Wortlauts der §
5 Abs
8a Satz 2
SGB V und § 32 Abs 4 Satz 1 SGB XII ebenfalls an der Klärungsbedürftigkeit. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die zu §
5 Abs
8a SGB V ergangene Rechtsprechung des BSG (BSG Urteil vom 12.1.2011 - B 12 KR 11/09 R - BSGE 107, 177 = SozR 4-2500 § 5 Nr 13, RdNr 17; BSG Urteil vom 6.10.2010 - B 12 KR 25/09 R - BSGE 107, 26 = SozR 4-2500 § 5 Nr 12; vgl auch BSG Urteil vom 13.6.2007 - B 12 KR 29/06 R - SozR 4-2500 § 9 Nr 1; zur Abgrenzung von PKV und GKV bei Sozialhilfeempfängern auch BGH Urteil vom 16.7.2014 - IV ZR 55/14 - NZS 2014, 868).
Auch im Hinblick auf die beim LSG hilfsweise geltend gemachte Versicherungsberechtigung nach §
9 SGB V ist eine klärungsbedürftige Rechtsfrage angesichts der nach dem eindeutigenWortlaut des §
9 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V geforderten Vorversicherungszeit in der GKV von mindestens 24 Monaten in den letzten fünf Jahren ebenfalls nicht erkennbar.
c) Eine Divergenz kann nur dann zur Revisionszulassung führen, wenn die mit der Beschwerde angegriffene Entscheidung auf einem
abstrakten Rechtssatz beruht, der von einem abstrakten Rechtssatz in einer (anderen) Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht (vgl BSG Beschluss vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und BSG Beschluss vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN). Auch hierfür ist nichts ersichtlich.
d) Schließlich fehlen Anhaltspunkte dafür, dass gegen die Entscheidung des LSG durchgreifende Verfahrensrügen erhoben werden
könnten.
3. Da dem Kläger keine PKH zusteht, kann er auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (vgl §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 ZPO).
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat entsprechend §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG ab.