Beitragsbemessung für hauptberuflich selbständige Erwerbstätige in der freiwilligen Krankenversicherung; Berücksichtigung
von Rentenzahlungen einer privaten Kfz-Haftpflichtversicherung als beitragspflichtige Einnahmen
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Beitragspflicht von einkommensteuerrechtlich als "Leibrente aus privater Rentenversicherung"
ausgewiesenen, in Ansehung eines erlittenen Verkehrsunfalls bezogenen laufenden Einnahmen im Rahmen der freiwilligen Versicherung
in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Die 1954 geborene Klägerin ist als Logopädin hauptberuflich selbstständig erwerbstätig und bei der Beklagten in der GKV freiwillig
versichert. Sie ist nach einem 1981 erlittenen Kfz-Unfall querschnittsgelähmt und bezieht wegen der Unfallfolgen Leistungen
von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Im letztmaßgebenden Beitragsbescheid vom 7.3.2008 setzte die Beklagte
den Krankenversicherungsbeitrag ab 1.2.2008 auf monatlich 326,38 Euro fest. Zugrunde gelegt wurden hierbei monatliche beitragspflichtige
Einkünfte in Höhe von 2250,92 Euro gemäß einer Einkommenserklärung der Klägerin von Januar 2008 und dem Einkommensteuerbescheid
für 2005. Neben Einkünften aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 1608 Euro monatlich gab die Klägerin in der Einkommenserklärung
in der Rubrik "Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung" auch monatliche Zahlungen in Höhe von 642 Euro an. Auf eine
erneute Einkommensanfrage der Beklagten vom 26.3.2009 hin legte die Klägerin am 27.4.2009 die Einkommensteuerbescheide für
2006 (vom 2.5.2008) sowie für 2007 (vom 31.3.2009) vor. Hierin waren als Einnahmen neben den Einkünften aus selbstständiger
Arbeit und aus Kapitalvermögen unter der Rubrik "Sonstige Einkünfte" "Leibrenten aus privaten Rentenversicherungen" in Höhe
von 9000 Euro (2006) bzw 21 600 Euro (2007) ausgewiesen. Grundlage dieser Zahlungen ist ein zum 1.8.2006 von der Klägerin
mit der Kfz-Haftpflichtversicherung geschlossener Abfindungsvergleich, wonach der Klägerin zum Ausgleich aller Ansprüche aus
dem Verkehrsunfall eine lebenslange monatliche Rente in Höhe von 1800 Euro gezahlt wird. Dieser Betrag setzte sich nach den
im Berufungsverfahren getroffenen Feststellungen aus dem "unfallbedingten monatlichen Verdienstausfall der Klägerin in Höhe
eines Anteils von 834,05 Euro" sowie einem "monatlich pauschalierten Ausgleich für Pflege- und Haushaltsführungskosten, PKW-Mehrbedarf,
Kleider-, Kommunikations- und Wohnungsmehrbedarf" zusammen.
Die Beklagte legte mit mehreren Beitragsbescheiden vom 14.5.2009 neben den Einkünften der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit
sowie aus Kapitalvermögen auch die Leibrentenzahlung der Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von monatlich 1800 Euro ab 1.6.2008
der Beitragsbemessung zur GKV zugrunde. Sie ging von monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von 3051,42 Euro ab
1.6.2008 aus und in Höhe von 3451,83 Euro ab 1.4.2009. Den monatlichen Beitrag zur GKV setzte sie ab 1.6.2008 auf 442,46 Euro,
ab 1.1.2009 auf 454,66 Euro und ab 1.4.2009 auf 514,32 Euro fest. Dem hiergegen erhobenen Widerspruch half die Beklagte durch
Bescheid vom 8.9.2009 teilweise ab, indem sie die durch die Bescheide vom 14.5.2009 vorgenommene Beitragsneufestsetzung auf
die Zeit ab 1.6.2009 beschränkte; ein weitergehender Vertrauensschutz sei nicht ersichtlich; auch unter Ermessensgesichtspunkten
ergebe sich für die Zeit ab 1.6.2009 keine andere Entscheidung. Den weitergehenden Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid
vom 17.12.2009 zurück.
Das SG hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 16.1.2012). Im Berufungsverfahren hat die Beklagte weitere Beitragsbescheide
vorgelegt (vom 15.7.2010: ab 1.5.2010 - ausgehend von beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze -
monatlicher Beitrag zur GKV 536,25 Euro; vom 8.5.2012: ab 1.5.2012 - ausgehend von beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von
3345,25 Euro - monatlicher Beitrag zur GKV 509,24 Euro).
Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen: Es könne offen bleiben, ob sich die angefochtenen Bescheide wegen ursprünglicher
Rechtswidrigkeit des letztmaßgeblichen Beitragsbescheides vom 7.3.2008 auf § 45 SGB X stützen könnten. Da erst mit Erlass des Einkommensteuerbescheides vom 2.5.2008 eine Änderung der Verhältnisse eingetreten
sei, seien die höheren beitragspflichtigen Einnahmen der Klägerin richtigerweise "wohl" auf Grund des § 48 Abs 1 S 1 SGB X zu berücksichtigen. Wegen einer Umdeutung des Beitragsbescheides in eine Aufhebung nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X berühre die Frage der Rechtsgrundlage für die Neufestsetzung der Beiträge der Klägerin die Rechtmäßigkeit der Entscheidung
der Beklagten aber nicht. Im Übrigen habe die Klägerin keinen Anspruch darauf, die Rentenzahlungen der Kfz-Haftpflichtversicherung
mit dem Anteil unberücksichtigt zu lassen, der als reine Kompensationszahlung zur Behebung unfallbedingter Schäden zu werten
sei. Vielmehr sei nach §
240 Abs
1 S 2
SGB V auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abzustellen und nicht auf die sich aus gesundheitlichen Einschränkungen
ergebende Bedarfssituation des freiwilligen Mitglieds (Urteil vom 31.10.2012).
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision, mit der sie eine Verletzung von §
240 SGB V und Art
3 GG rügt. Da im Jahr 2006 die baldige Erschöpfung der damals maximalen Versicherungssumme von 2 Mio DM gedroht habe, habe sie
statt einer von der Kfz-Haftpflichtversicherung angebotenen Kapitalabfindung das Angebot einer lebenslangen monatlichen Rente
in Höhe von 1800 Euro angenommen. Diese Rente betreffe zu ca 60 vH den Verdienstausfallschaden und zu ca 40 vH den unfallbedingten
Mehrbedarf. Das müsse auch im Rahmen des §
240 SGB V bei der Bemessung ihrer Beiträge Berücksichtigung finden, weil sich aus Wortlaut, systematischem Kontext und Gesetzgebungsgeschichte
der Regelung belegten, dass dafür nur Einkommen und Einkommensäquivalente (zB Erträge aus Vermögen) herangezogen werden dürften.
Die monatlichen unfallbedingten Schadensersatzzahlungen der Kfz-Haftpflichtversicherung dienten aber in Höhe von 720 Euro
allein der Kompensation des behinderungsbedingten Mehraufwandes. In diesem Umfang steigerten die Rentenleistungen nicht ihre
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, stünden ihr nicht für den Lebensunterhalt zur Verfügung und unterlägen daher nur bezüglich
des Restbetrages von 1080 Euro der Beitragspflicht. Abgrenzbare zweckbestimmte Zuwendungen, die den schädigungs- und behinderungsbedingten
Mehraufwand des Beitragspflichtigen abdecken sollten, seien nämlich nicht geeignet, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
des Beitragspflichtigen zu erhöhen (Hinweis auf BSGE 50, 243 = SozR 2200 § 180 Nr 5). Auch Art
3 Abs
1 und Abs
3 S 2
GG zwängen zu einer solchen Auslegung. Das berechtigte Interesse der Solidargemeinschaft an einer leistungsbezogenen Finanzierung
der sozialen Sicherungssysteme ende dort, wo dem Einzelnen finanzielle Mittel entzogen würden, die er für seine Heilung und
seine behinderungsbezogenen Auslagen benötige.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 31. Oktober 2012 und des Sozialgerichts Speyer vom 16. Januar 2012
sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2009, ferner
die Bescheide vom 15. Juli 2010 und 8. Mai 2012 aufzuheben, soweit darin bei der Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung
ab 1. Juni 2009 Einkünfte aus Leibrente mit einem Betrag von mehr als 1080 Euro berücksichtigt wurden.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Urteile.
II
Der Senat kann über die Revision der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten
mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§
124 Abs
2 SGG).
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht ihre Klage abgewiesen bzw ihre Berufung
zurückgewiesen. Die den Streitgegenstand des Verfahrens bildenden Beitragsbescheide der Beklagten sind nicht deshalb rechtswidrig,
weil darin die der Klägerin gewährte Leibrente ab 1.6.2009 in vollem Umfang der Bemessung ihrer Beiträge zur freiwilligen
Versicherung in der GKV zugrunde gelegt wurde.
1. Zu entscheiden ist im Revisionsverfahren (nur noch) über den Bescheid der Beklagten vom 8.9.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 17.12.2009 sowie über die nach §
96 Abs
1 SGG zum Gegenstand des Rechtsstreits gewordenen Bescheide vom 15.7.2010 und 8.5.2012, soweit sie die Beitragserhebung zur GKV
betreffen. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit hinsichtlich der Beitragserhebung zur Pflegeversicherung zuvor für erledigt
erklärt.
2. Als Rechtsgrundlage für die Aufhebung des letztmaßgeblichen Beitragsbescheides vom 7.3.2008 und die Beitragsneufestsetzung
ab 1.6.2009 kommt nur § 48 Abs 1 S 1 SGB X in Betracht. Dessen Voraussetzungen sind in Bezug auf eine Aufhebung des zuletzt maßgebend gewesenen Beitragsbescheides mit
Wirkung für die Zukunft erfüllt.
a) Nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - darum handelt es sich bei einem Bescheid, der (wie hier) die Höhe der laufend monatlich
zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge festsetzt - mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder
rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsakts vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt
soll nach § 48 Abs 1 S 2 SGB X (darüber hinausgehend) bereits mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn die in Nr
1 bis Nr 4 näher umschriebenen Voraussetzungen vorliegen.
Es kann offenbleiben, ob der zuletzt maßgebend gewesene Beitragsbescheid vom 7.3.2008 iS von § 45 SGB X von Anfang an rechtswidrig war, weil darin die der Klägerin gewährten Leistungen der Kfz-Haftpflichtversicherung (möglicherweise)
nur teilweise berücksichtigt wurden; denn jedenfalls trat durch die ab 1.6.2008 erfolgte Gewährung einer Leibrente der Kfz-Haftpflichtversicherung
im Vergleich zu den Einkommensverhältnissen der Klägerin, die dem letztmaßgebenden Bescheid der Beklagten vom 7.3.2008 zugrunde
lagen, eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse iS von § 48 Abs 1 S 1 SGB X ein, die - wie von der Beklagten angenommen - jedenfalls mit Wirkung für die Zukunft, dh jedenfalls ab dem Folgemonat des
Zugangs der Bescheide vom 14.5.2009, also ab 1.6.2009, zu Recht zu höheren von der Klägerin zu tragenden Beiträgen führte.
Entsprechende Einkünfte der Klägerin wurden hier erstmals im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom 2.5.2008 erfasst,
welcher der Beklagten erst am 27.4.2009 zuging.
b) Grundlage für die Bemessung der Beiträge der Klägerin für die Zeit ab 1.6.2009 ist § 3 Abs 1 der ab 1.1.2009 geltenden
"Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer
Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge" vom 27.10.2008 (idF
vom 17.12.2008 - Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler; zu deren Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht allgemein: vgl
BSG Urteil vom 19.12.2012 - B 12 KR 20/11 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 17, auch zur Veröffentlichung in BSGE 113, 1 vorgesehen).
Die Beitragsverfahrensgrundsätze hat der Spitzenverband Bund der Krankenkassen zur Erfüllung seines Regelungsauftrags aus
§
240 Abs
1 S 1 und 2
SGB V (in der hier maßgebenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007, BGBl I 378) erlassen. Danach wird die
Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der GKV ab 1.1.2009 nicht mehr durch die Satzung der jeweiligen Krankenkasse,
sondern einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt; dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung
die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtigt.
Durch die Bezugnahme auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in §
240 Abs
1 S 2
SGB V (zum 1.1.1989 eingeführt durch das Gesundheits-Reformgesetz [GRG] vom 20.12.1988, BGBl I 2477) sollte erreicht werden, dass
der Beitragspflicht "alle Einnahmen und Geldmittel" zugrunde gelegt werden, "die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht
oder verbrauchen könnte", dies "ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung", jedoch auch "nicht automatisch ..., ohne
daß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geprüft wird" (so Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum GRG, BT-Drucks 11/2237 S 225 Zu § 249 Zu Absatz 1). Diese nach der Entstehungsgeschichte authentische inhaltliche Ausfüllung des Begriffs der "gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit"
durch die Heranziehung aller "Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte"
(in diesem Sinne auch die stRspr des BSG, vgl zuletzt BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 §
240 Nr 16, RdNr 23; ferner zB Gerlach in Hauck/Noftz,
SGB V, K §
240 RdNr 45 [Stand Einzelkommentierung 12/2011]) hat der Bund der Krankenkassen durch eine inhaltsgleiche Formulierung in § 3
Abs 1 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler übernommen.
Für freiwillige Mitglieder, die - wie die Klägerin - hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, gilt nach §
240 Abs
4 S 2
SGB V als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§
223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste, für freiwillige Mitglieder, die einen monatlichen
Gründungszuschuss nach §
93 SGB III oder eine entsprechende Leistung nach § 16b SGB II erhalten, der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Nach §
240 Abs
4 S 3
SGB V bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, unter welchen Voraussetzungen darüber hinaus der Beitragsbemessung hauptberuflich
selbstständig Erwerbstätiger niedrigere Einnahmen, mindestens jedoch der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße, zugrunde
gelegt werden. Dabei sind insbesondere das Vermögen des Mitglieds sowie Einkommen und Vermögen von Personen, die mit dem Mitglied
in Bedarfsgemeinschaft leben, zu berücksichtigen (§
240 Abs
4 S 4
SGB V). Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach §
240 Abs
4 S 2
SGB V können nach §
240 Abs
4 S 6
SGB V nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden.
aa) Das Begehren der Klägerin ist vor dem aufgezeigten Hintergrund nicht etwa schon deshalb unbegründet, weil es zu einem
Unterschreiten der in §
240 Abs
4 S 2
SGB V vorgesehenen Mindesteinnahmen führen würde. Die von der Beklagten der Beitragserhebung ab 1.6.2009 zugrunde gelegten Einkünfte
der Klägerin übersteigen vielmehr die Mindestgrenze von 75 vH der monatlichen Bezugsgröße nach §
18 SGB IV (alte Bundesländer: 2009: 1890 Euro, 2010 und 2011: 1916 Euro, 2012: 1969 Euro, 2013: 2021 Euro) auch im Fall ihrer Reduzierung
um 720 Euro.
bb) Die Klägerin kann allerdings nicht beanspruchen, dass ein Teil der ihr gewährten Leibrente bei der Beitragserhebung unberücksichtigt
bleiben soll.
Weil §
240 Abs
1 SGB V an die "gesamte" wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds anknüpft, ist nach der Rechtsprechung des Senats die Beitragspflicht
nicht auf bestimmte, allein dem Arbeitsentgelt gleichstehende Einkunftsarten beschränkt, mögen die Einkünfte dem Versicherten
auch als Sozialleistungen als Ausgleich für ein finanzielles Defizit zufließen (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 240 Nr 9 RdNr 14). Die Grenzziehung zwischen beitragspflichtigen und von der Beitragspflicht ausgenommenen Leistungen erfordert
regelmäßig eine wertende Entscheidung dazu, ob die Leistungen der Bestreitung des Lebensunterhalts zugeordnet werden können
oder ob sie ausnahmsweise - etwa weil sie Leistungen vergleichbar sind, für die das BSG in seiner Rechtsprechung zu §
240 SGB V Derartiges bereits anerkannt hat - eine besondere, eigenständige Zweckbestimmung außerhalb des allgemeinen Lebensunterhalts
aufweisen (so bereits BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 § 240 Nr 16, RdNr 29 f). So differenziert der Senat zB auch weiterhin bei den Leistungen nach dem SGB XII zur Befriedigung eines einen Heimaufenthalt erfordernden Pflegebedarfs zwischen der beitragspflichtigen Hilfe zum Lebensunterhalt
(die ein außerhalb einer stationären Einrichtung lebender Hilfebedürftiger zur Befriedigung seines allgemeinen Lebensunterhalts
erhalten hätte) einerseits und nicht beitragspflichtigen pflegebezogenen Zuwendungen, deren besondere Zweckbestimmung (vergleichbar
der früheren Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem BSHG) ausschließlich in der Kompensation der konkreten Auswirkungen der Pflegebedürftigkeit liegt, andererseits (BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 § 240 Nr 16, RdNr 27 ff; BSG Urteil vom 19.12.2012 - B 12 KR 20/11 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 17 RdNr 47, auch zur Veröffentlichung in BSGE 113, 1 vorgesehen).
c) In Anwendung der vorstehend dargestellten Grundsätze kann die Klägerin nicht beanspruchen, einen Teil der ihr gewährten
Leibrente von der Festsetzung ihrer zu verbeitragenden Einnahmen abzusetzen.
aa) Insoweit kann offenbleiben, ob dies bereits daraus folgt, dass in den maßgeblichen Einkommensteuerbescheiden ohnehin nur
der Gesamtbetrag der als Leibrente qualifizierten Leistungen in Höhe von insgesamt umgerechnet monatlich 1800 Euro ausgewiesen
ist. So kann nach der Rechtsprechung des Senats der Nachweis von Einnahmen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit bei hauptberuflich
selbstständig Erwerbstätigen nur durch Einkommensteuerbescheide geführt werden, weil andere Unterlagen als der Einkommensteuerbescheid
nicht geeignet sind, eine für die konkrete Beitragsbemessung verlässliche und für die Vergangenheit abschließende Datenbasis
zu liefern (vgl BSGE 79, 133 = SozR 3-2500 § 240 Nr 27; BSGE 104, 153 = SozR 4-2500 § 240 Nr 12, RdNr 15 ff). Dies hat der Senat auch auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von freiwilligen
Mitgliedern ausgedehnt (BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 21/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Es könnte erwogen werden, ob eine entsprechende Nachweispflicht auch für sonstige
Einkünfte iS von §
22 Nr 1 S 3 Buchst a bb
EStG angezeigt ist; dies kann hier indessen offenbleiben.
bb) Jedenfalls sind die der Klägerin von der Kfz-Haftpflichtversicherung gewährten monatlichen Rentenleistungen nicht - auch
nicht teilweise - von der Beitragserhebung zur freiwilligen Versicherung in der GKV auszunehmen. Den Rentenleistungen kommt
trotz des ihnen innewohnenden Zwecks, mittels des Haftpflichtversicherungs- und des Versicherungsvertragsrechts anstelle eines
Schädigers (bzw neben diesem) Ersatz für die eingetretenen gesundheitlichen und finanziellen Folgen eines im Jahr 1981 erlittenen
Verkehrsunfalls zu gewähren, weder allgemein nach ihrer Rechtsnatur noch im konkreten Fall eine dafür nötige, in der Rechtsordnung
vorgesehene privilegierte Sonderstellung zu.
Leibrenten sind wiederkehrende, regelmäßig bis zum Tod des Berechtigten zu leistende Zahlungen (vgl §§
759 ff
BGB; BSG SozR 2200 § 180 Nr 12). Eine besondere (soziale) Zweckbestimmung, die wertungsmäßig den Stellenwert der og Leistungen der Beschädigtengrundrente
nach § 31 BVG, Leistungen in Form der (früheren) Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem BSHG, den (heutigen) Leistungen des SGB XII zur Befriedigung des einen stationären Heimaufenthalt erfordernden Pflegebedarfs oder der besonderen Zuwendung für Haftopfer
nach dem StrRehaG erreicht, wohnt derartigen Leistungen nicht inne. Insbesondere wird die Leistung nicht für ein der Allgemeinheit zuzurechnendes,
vom Betroffenen erlittenes Sonderopfer gewährt, sondern beruht auf zivilrechtlichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und
der Kfz-Haftpflichtversicherung im Rahmen des versicherungsmäßigen Ausgleichs der schadensersatzrechtlichen Ansprüche einer
Privatperson, die schicksalhaft einen Verkehrsunfall erlitten hat und so gestellt werden soll, wie wenn es zu dem Schadensereignis
nicht gekommen wäre.
Auch besteht im vorliegenden Fall kein Grund für eine gebotene beitragsrechtliche Privilegierung der Rentenleistungen unter
dem Blickwinkel, dass das BSG in seiner Rechtsprechung zu §
240 SGB V bereits vor Inkrafttreten der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler für die im Streit stehenden Einkünfte eine besondere,
eigenständige und im Beitragsrecht der GKV fortwirkende Zweckbestimmung anerkannt hätte (vgl zu diesem Gesichtspunkt erneut
BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 § 240 Nr 16, RdNr 29; BSG Urteil vom 3.7.2013 - B 12 KR 27/12 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 18 RdNr 18, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Der Senat hat vielmehr umgekehrt bereits
unter Geltung der auf §
240 SGB V fußenden Regelungsbefugnis der Krankenkassen durch Satzung entschieden, dass Unfallrenten aus einem privatrechtlichen Versicherungsvertrag
bei freiwillig versicherten Mitgliedern der GKV mit dem Zahlbetrag beitragspflichtig sind (BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 41, insbes S 208 ff). Als Gründe für diese Behandlung hat er die im Rahmen des §
240 SGB V entscheidende bloße Eignung der der Abdeckung eines bestimmten Lebensrisikos dienenden privatrechtlichen Unfallrentenleistungen
hervorgehoben, zum Lebensunterhalt des Leistungsempfängers verbraucht zu werden und damit die Eignung der Leistungen, die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betroffenen mitzuprägen. Der Senat hat in diesem Zusammenhang auch von einer zweckbezogenen
Differenzierung bzw Privilegierung hinsichtlich eines Teils der Leistungen abgesehen.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Geltung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler und trotz der von
der Klägerin für ihre gegenteilige Ansicht vorgetragenen Argumente fest. Der Klägerin kann nicht darin gefolgt werden, dass
diese Rechtsprechung nicht einschlägig sei, weil ihr von der Kfz-Haftpflichtversicherung keine private Unfallrente, sondern
"vollständig individualisierbarer Schadensersatz" geleistet werde. Dagegen spricht hier schon, dass es sich bei den der Beitragserhebung
zugrunde gelegten monatlichen Einnahmen um eine lebenslang gewährte monatliche Leibrente handelt, die nach den nicht von der
Revision angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl §
163 SGG) nur in Bezug auf die Berechnungselemente für ihre konkrete Höhe (auch) an die behinderungsbedingten Mehrbelastungen anknüpft,
insgesamt aber gleichwohl einen nur "pauschalierten Ausgleich" gewähren soll. Demzufolge handelt es sich bei der Leistung
gerade nicht um den reinen Ausgleich exakt bestimmbarer Schäden im Sinne eines der Höhe nach konkreten Aufwendungsersatzes.
Es bedarf bei alledem auch (weiterhin) keiner Beantwortung der vom Senat in der oa Entscheidung (BSG SozR 3-2500 §
240 Nr 41 S 209) offengelassenen Frage, ob unter Geltung des
SGB V zu den "Einnahmen zum Lebensunterhalt" in §
61 Abs
2 Nr
1 SGB V eine Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung gehören würde, jedoch nicht der Teil, der der Grundrente nach dem
BVG entspräche (BSGE 71, 299, 303, 304 = SozR 3-2500 § 61 Nr 2 S 11). Zudem ist - nach wie vor - eine Rechtsgrundlage für die von der Klägerin gewünschte Aufteilung der ihr in fixen
monatlichen Beträgen gewährten Leibrente in einen beitragspflichtigen "Verdienstausfall-Teil" und einen nicht beitragspflichtigen
"Mehrbedarfs-Teil" nicht ersichtlich.
3. Das gewonnene Ergebnis verletzt keine Grundrechte der Klägerin, insbesondere verstößt es nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
nach Art
3 GG.
Ein Verstoß gegen den speziellen, Benachteiligungen wegen einer Behinderung verbietenden Gleichheitssatz nach Art
3 Abs
3 S 2
GG ist zu verneinen. Eine für die Bejahung eines solchen Verstoßes erforderliche Beeinträchtigung läge nur vor, wenn eine bestimmte
nachteilige Rechtsfolge an die Behinderung direkt anknüpft (direkte Ungleichbehandlung, vgl Jarass in Jarass/Pieroth,
GG, 12. Aufl 2012, Art
3 RdNr 144 f mwN). Daran fehlt es, weil die von der Klägerin angegriffene Beitragserhebung zur freiwilligen Versicherung in
der GKV unmittelbar an ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Eignung der privaten Unfallrentenleistungen für den
Verbrauch zu ihrem Lebensunterhalt ansetzt. Zwar wird diese Leistungsfähigkeit auch durch die ihr von der Kfz-Haftpflichtversicherung
wegen der eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigung gewährte Leibrente mitgeprägt. Der Umstand der Behinderung der Klägerin
ist dabei jedoch - verfassungsrechtlich unbedenklich - beitragsrechtlich nur mittelbar und in pauschalierter Weise von Bedeutung,
wobei sich aus dem Unfall ergebende besondere Beitragslasten ohnehin von der Ersatzpflicht des Schädigers mitumfasst und insoweit
von diesem auszugleichen wären (vgl zB Grüneberg in Palandt,
BGB, 73. Aufl 2014, §
249 RdNr 55 mwN).
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Soweit die Klägerin rügt, dass sie im Falle der Vereinbarung einer einmaligen Kapitalabfindung
zum Ausgleich des Unfallschadens durch die Kfz-Haftpflichtversicherung anstelle der Gewährung monatlicher Rentenleistungen
in Form einer laufenden Leibrente im Ergebnis niedrigere Beiträge für ihre freiwillige Versicherung in der GKV zahlen müsste,
vergleicht sie schon unterschiedliche Lebenssachverhalte, die für das Beitragsrecht im Zusammenhang mit §
240 SGB V auch zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen würden. Dabei lässt sie insbesondere außer Ansatz, dass bei einer (höher ausgefallenen)
Kapitalabfindung Beiträge auf uU daraus resultierenden Zinseinkünften zu erheben wären. Dass angesichts der verschiedenen
Lebenssachverhalte in verfassungswidriger Weise für eine unterschiedliche beitragsrechtliche Behandlung keine Gründe von solcher
Art und solchem Gewicht mehr bestehen, dass sie hier ungleiche Rechtsfolgen rechtfertigen können (dazu allgemein zB BVerfGE
82, 126, 146; 88, 87, 97), ist nicht erkennbar.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.