Anspruch auf Erstattung zusätzlicher Kosten für häusliche Krankenpflege im Rahmen einer ganztägigen Pflege
Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Das LSG hat mit Urteil vom 29.10.2019 die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung zusätzlicher Kosten für häusliche Krankenpflege im Rahmen
einer 24-Stundenpflege habe. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers gegen die beklagte
Krankenkasse (KK) scheitere bereits daran, dass dem Kläger keine Kosten, die von einer Krankenversicherung im Rahmen der häuslichen
Krankenpflege zu tragen wären, entstanden seien. Nach der Rechtsprechung des BSG biete §
13 Abs
3 Satz 1 Alt 2
SGB V keine Grundlage für eine abstrakte Klärung der Leistungspflicht losgelöst von der tatsächlichen Kostenbelastung. Vielmehr
müssten die Kostenträger eine Leistungspflicht unmittelbar gegenüber der KK (unter Verweis auf BSG Urteil vom 16.2.2005 - B 1 KR 18/03 R - BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4) geltend machen. Der den Kläger versorgende Pflegedienst habe die bewilligten 22 Stunden und 15 Minuten häusliche Krankenpflege
bereits gegenüber der Beklagten abgerechnet und dem Kläger ausschließlich und zusätzlich Kosten für Pflege-Sachleistung nach
dem
SGB XI in Rechnung gestellt. Rechne man den geforderten Wert der Sachleistungen nach dem
SGB XI mit den von der Beklagten bereits gezahlten Forderungen zusammen, ergebe sich eine Forderung, die über dem Vergütungssatz
für 24 Stunden an 30 Tagen im Monat liege.
Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG im vorgenannten Urteil hat der Kläger Beschwerde eingelegt und beruft
sich auf die Zulassungsgründe der Abweichung des LSG vom BSG und macht Verfahrensmängel geltend (§
160 Abs
2 Nr
2 und Nr
3 SGG); ferner beantragt er Prozesskostenhilfe (PKH).
II
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 29.10.2019 ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2
SGG) und der Antrag auf Bewilligung von PKH abzulehnen.
Nach §
160 Abs
2 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2). Eine allgemeine Überprüfung der Richtigkeit der Entscheidung des LSG erfolgt im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde
nicht (stRspr, vgl bereits BSG Beschluss vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7). Beide geltend gemachten Zulassungsgründe hat der Kläger in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt oder bezeichnet
(§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
1. Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welchem genau bezeichneten entscheidungserheblichen
abstrakten Rechtssatz die angefochtene Entscheidung des LSG von welchem ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen
abstrakten Rechtssatz des BSG im Grundsätzlichen abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien
entsprechen sollte, die das BSG aufgestellt hat, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung
rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende
andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern
die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen vermag die Zulassung der Revision wegen Abweichung zu begründen. Die Beschwerdebegründung
muss deshalb erkennen lassen, dass das LSG dem BSG im Grundsätzlichen widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des BSG abweichende, dh mit diesen unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl zB BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 196
mwN).
Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht, weil abstrakte Rechtssätze des LSG nicht bezeichnet werden.
Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich nicht, dass das LSG dem BSG widersprochen und von der bezeichneten Entscheidung des BSG (Urteil vom 16.2.2005 - B 1 KR 18/03 R - aaO) abweichende, dh mit dieser unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Vielmehr beschränkt sich die Beschwerdebegründung
insoweit darauf, dass der Rechtssatz "nur unvollständig vorgetragen sei" und auf eine Darstellung der vom LSG abweichenden
Rechtsauffassung des Klägers bezüglich einer Verklammerung von Primär- und Folgeansprüchen. Im Ergebnis rügt der Kläger damit
lediglich eine fehlerhafte Subsumtion des LSG. Dies kann eine Zulassung der Revision wegen Divergenz jedoch nicht begründen.
2. Der Kläger hat auch keinen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnet. Nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von §
109 SGG und §
128 Abs
1 Satz 1
SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende
Begründung nicht gefolgt ist.
Soweit der Kläger sich dazu auf einen übergangenen Beweisantrag beruft, hat er nicht dargelegt, inwieweit die angefochtene
Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Dazu hätte aber Anlass bestanden, weil das LSG sein ablehnendes Urteil zum einen
darauf stützt, dass der Kläger mit den geltend gemachten Kosten nicht belastet wird, und zum anderen darauf, dass der geltend
gemachte Kostenerstattungsanspruch - wäre dem Kläger zu folgen - einen möglichen Sachleistungsanspruch übersteigen würde.
Insoweit kann dem klägerischen Vorbringen nicht entnommen werden, inwiefern nach der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung
des LSG (zu ihrer Maßgeblichkeit vgl nur BSG Urteil vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - SozR Nr 79 zu §
162 SGG; BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - SozR 1500 § 160 Nr 33; BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33 S 59 f - juris RdNr 23) eine Sachaufklärung bezüglich der Möglichkeit, während der Behandlungspflege zugleich Tätigkeiten der Grundpflege ausführen
zu können, entscheidungserhebliche Bedeutung zukommen könnte. Das gilt entsprechend, soweit der Kläger in Zusammenhang mit
dem Beweisantrag sein diesbezügliches Vorbringen als nicht gewürdigt ansieht und darin einen Verstoß gegen seinen Anspruch
auf rechtliches Gehör (§
62 SGG) erblickt. Auch dazu hätte dargetan werden müssen, dass das LSG ausgehend von seiner Rechtsauffassung (vgl nur BSG Beschluss vom 24.8.2018 - B 13 R 174/18 B - juris RdNr 9) zu einem für ihn günstigeren Ergebnis hätte gelangen können.
3. Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des §
169 Satz 3
SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
5. Der Antrag auf Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten ist abzulehnen.
Das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde bietet - wie bereits ausgeführt - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Abs
1 Satz 1, §
121 Abs
1 ZPO).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 SGG.