Vergütung belegsärztlicher Leistungen eines Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen durch die Kassenzahnärztliche Vereinigung
Gründe:
I
In der klagenden Gemeinschaftspraxis sind zwei Fachzahnärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) tätig, von denen einer zugleich zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Dieser Arzt (Dr. F.) ist zugleich von
der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Hessen als Belegarzt am E. -Krankenhaus in F. anerkannt und versorgt dort Versicherte
der Krankenkassen in kieferchirurgischen Behandlungsfällen. Für mehrere stationär in dieser Klinik durchgeführte Dysgnathieoperationen
(Beseitigung von Fehlstellungen des Kiefers oder einzelner Zähne) rechnete die Klägerin auf der Grundlage der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) im Jahr 2011 Leistungen gegenüber der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) ab. Die Beklagte lehnte die Honorierung
der entsprechenden Leistungen ab und berichtigte die vertragszahnärztliche Abrechnung der Klägerin insoweit.
Sie ist der Auffassung, im Rahmen stationärer Behandlungen erbrachte Leistungen könnten nur gegenüber der KÄV und nicht gegenüber
ihr - der KZÄV - abgerechnet werden. Dr. F. als Mitglied der klagenden Gemeinschaftspraxis sei nur für die vertragsärztliche
Tätigkeit als Belegarzt anerkannt. Für eine belegzahnärztliche Tätigkeit bestehe keine Rechtsgrundlage. Mit Bescheiden vom
22.8.2011 und 3.11.2011 wies die Beklagte aus den dargestellten Gründen die Widersprüche der Klägerin gegen die Honorarberichtigungen
in den betroffenen Behandlungsfällen des Jahres 2011 zurück.
Das SG hat die gegen die Berichtigungsbescheide in der Fassung der beiden Widerspruchsbescheide erhobenen Klagen, die auf Vergütung
der abgerechneten stationär erbrachten Leistungen gerichtet sind, nach Verbindung abgewiesen. Es hat unter Bezugnahme auf
ein rechtskräftiges Urteil des Bayerischen LSG vom 5.3.2008 - L 12 KA 5008/06 - dargelegt, belegzahnärztliche Leistungen könne ein Vertragszahnarzt nicht erbringen und gegenüber der KZÄV nicht abrechnen.
Die Anerkennung als Belegarzt sei auf den vertragsärztlichen Versorgungsbereich beschränkt und zwinge den behandelnden Arzt
für MKG, alle chirurgischen Leistungen im Rahmen stationärer Behandlungen gegenüber der KÄV abzurechnen. Eine rechtliche Grundlage,
stationär erbrachte Leistungen gegenüber der KZÄV abzurechnen, bestehe nicht (Urteil vom 22.2.2012).
Mit ihrer Sprungrevision rügt die Klägerin in erster Linie eine Verletzung des §
121 SGB V iVm §
72 Abs
1 SGB V sowie des Art
12 Abs
1 GG. Zu Unrecht sei das SG davon ausgegangen, die zahnärztliche Abrechnung stationär erbrachter Leistungen scheitere im Fall der Klägerin daran, dass
diese bzw der ihr angehörende Arzt- und Zahnarzt Dr. F. nicht als Belegzahnarzt anerkannt sei. Offenbar hätten die Vertragspartner
des Bundesmantelvertrages im zahnärztlichen Bereich keine Notwendigkeit für die Normierung eines ausdrücklichen Anerkennungsverfahrens
- vergleichbar der Regelung der §§ 38 ff Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) für die vertragsärztliche Versorgung - gesehen. Daraus sei aber entgegen der Auffassung des SG nicht zu schließen, dass stationäre Leistungen im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht berechnungsfähig seien,
sondern umgekehrt, dass immer dann, wenn ein Arzt für MKG kieferchirurgische Leistungen auf der Grundlage seiner belegärztlichen Anerkennung und der entsprechenden Ausrichtung des
Krankenhauses erbringe, er ähnlich wie im ambulanten Bereich die spezifisch zahnärztlichen bzw kieferchirurgischen Leistungen
auch gegenüber der KZÄV abrechnen könne. Der der klagenden Gemeinschaftspraxis angehörende Arzt Dr. F. erfülle alle Voraussetzungen,
die nach §
121 Abs
2 SGB V an die Ausübung der beleg(zahn)ärztlichen Tätigkeit zu stellen seien. Er sei Vertragsarzt und Vertragszahnarzt, ohne am E.
-Krankenhaus angestellt zu sein, er sei zur vollstationären Behandlung seiner Patienten am Krankenhaus berechtigt, dürfe die
vom Krankenhaus bereitgestellten Dienste und Einrichtungen in Anspruch nehmen und erhalte für seine operative Tätigkeit vom
Krankenhaus keine Vergütung.
Entscheidend sei der Abschluss eines Belegarztvertrages zwischen dem nach §
108 SGB V zugelassenen E. -Krankenhaus und der klagenden Gemeinschaftspraxis bzw mit Dr. F. aus dieser Praxis; auf die vom SG für unerlässlich gehaltene "sozialrechtliche Anerkennung" der belegzahnärztlichen Tätigkeit könne es nicht ankommen. Die
Existenz einer solchen Tätigkeit ergebe sich auch aus § 2 Abs 2 Buchst b Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z), der auf der
Grundlage der Rechtsauffassung des SG leerlaufe. Ergänzend verweist die Klägerin auf Regelungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen
(Bema-Z), der über eine Verweisung auf die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bestimmte Leistungspositionen normiere - wie die hier betroffene operative Verlagerung des Ober- bzw Unterkiefers bei Dysgnathie
nach den Nr 2640 bzw 2642 GOÄ -, die nur vollstationär erbracht werden könnten. Soweit das SG den Hinweis auf diese Positionen der Gebührenordnungen damit beantwortet habe, dass dem Bewertungsausschuss die Kompetenz
fehle, über die Schaffung von Leistungspositionen einen belegzahnärztlichen Versorgungsbereich zu kreieren, könne dem nicht
gefolgt werden. Der Vertragszahnarzt sei berechtigt, die in den Leistungspositionen des Bema-Z enthaltenen Leistungen im Bedarfsfall
nach Maßgabe der zahnmedizinischen Notwendigkeit zu erbringen. Die hier betroffenen Leistungen bei der Behandlung von Dysgnathie
könnten nach dem Stand der medizinischen bzw zahnmedizinischen Wissenschaft nur unter stationären Bedingungen erbracht werden
und seien deshalb notwendig belegzahnärztliche Leistungen, soweit sie nicht in einer hauptamtlich geführten kieferchirurgischen
Krankenhausabteilung ausgeführt würden.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 23.3.2011, 15.4.2011, 21.4.2011 und 3.5.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
22.8.2011, den Bescheid der Beklagten vom 5.9.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3.11.2011 und den Bescheid
der Beklagten vom 6.10.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3.11.2011 sowie das Urteil des SG Marburg vom 22.2.2012
aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die abgerechneten Leistungen in gesetzlicher Höhe zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verweist auf das rechtskräftige Urteil des Bayerischen LSG vom 5.3.2008, auf das angefochtene Urteil sowie auf die vom
SG zum Gegenstand seiner Entscheidung gemachte Stellungnahme der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZÄBV) vom 8.12.2011,
wonach es gegenwärtig an der rechtlichen Grundlage für die Erbringung und Abrechnung belegzahnärztlicher Leistungen fehle.
II
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Nach §
106a Abs
2 Satz 1
SGB V stellt die Kassenzahnärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnung der Vertragszahnärzte
fest. In diesem Rahmen hat sie zu prüfen, ob Leistungen erbracht und abgerechnet worden sind, die Gegenstand der vertragszahnärztlichen
Versorgung sind bzw von dem Vertragszahnarzt, der die Abrechnung einreicht, in der von ihm durchgeführten Form erbracht und
abgerechnet werden dürfen (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 8 zur Abrechnung versorgungsbereichsfremder Leistungen im ärztlichen Bereich). Hinsichtlich der hier betroffenen Leistungen
zur operativen Behandlung von Dysgnathien in mehreren stationären Behandlungsfällen des Jahres 2011 war das nicht der Fall.
Der Senat folgt im Ergebnis der vom Bayerischen LSG (Urteil vom 5.3.2008 - L 12 KA 5008/06 -) und vom SG Marburg im hier angefochtenen Urteil dargelegten Rechtsauffassung, dass nach der derzeitigen Rechtslage Vertragszahnärzte
keine belegärztliche Tätigkeit in der Weise ausüben können, dass sie bestimmte im Rahmen der stationären vertragsärztlichen
Versorgung von Versicherten anfallende chirurgische Leistungen gegenüber der KZÄV abrechnen. Der Senat lässt offen, ob sich
die Begrenzung der belegärztlichen Tätigkeit auf den vertragsärztlichen Versorgungssektor - unter Ausschluss des vertragszahnärztlichen
Sektors - bereits aus der Wendung des §
121 Abs
2 SGB V ergibt, wonach Belegärzte im Sinne dieses Gesetzbuchs nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte sind, die berechtigt
sind, ihre Patienten im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel vollstationär
oder teilstationär zu behandeln. Aus dem Merkmal "berechtigt" hat das SG abgeleitet, es bedürfe eines eigenen Anerkennungsverfahrens für die Ausübung der belegzahnärztlichen Tätigkeit, damit davon
ausgegangen werden könne, dass ein Vertragszahnarzt entsprechend "berechtigt" ist. Diese wortlautbezogene Auslegung erscheint
in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Klägerin nicht zwingend, weil einiges darauf hindeutet, dass sich die in §
121 Abs
2 SGB V angesprochene "Berechtigung" vorrangig auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Arzt und dem Krankenhaus bezieht, an dem dieser
kraft eines abgeschlossen Belegarztvertrages tätig sein darf.
Gleichwohl können die Regelungen des §
121 SGB V (ähnlich auch § 18 Abs 1 Krankenhausentgeltgesetz) über die belegärztliche Tätigkeit insgesamt nicht auf den vertragszahnärztlichen Bereich übertragen werden, weil es insoweit
an den gesetzlichen Grundlagen fehlt. Soweit die Klägerin das gegenteilige Ergebnis aus der generellen Verweisung des §
72 Abs
1 Satz 2
SGB V ableitet, wonach die in den Vorschriften des Ersten Kapitels für Ärzte geltenden Regelungen entsprechend auch für Zahnärzte
gelten, kann ihr nicht gefolgt werden.
Der Senat hat bereits mit seinem Urteil vom 9.4.2008 (- B 6 KA 29/07 - BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 15 ff) ausgeführt, dass die Übertragung der für Ärzte geltenden Vorschriften auf Zahnärzte
nicht nur dann ausgeschlossen ist, wenn das Gesetz ausdrücklich von vertragsärztlichen bzw vertragszahnärztlichen Regelungen
spricht, sondern immer schon dann, wenn sich aus dem Zusammenhang der maßgeblichen Vorschriften bzw dem Sinngehalt der jeweils
zu regelnden Materie ergibt, dass eine Anwendung auf den zahnärztlichen Bereich nicht in Betracht kommt. Die Regelungen des
§
121 in den Abs
1,
3 und
4 sowie des §
115 SGB V und des §
115b SGB V beziehen sich ihrem Sinngehalt nach auf die vertragsärztliche Tätigkeit und gelten für den zahnärztlichen Versorgungsbereich
nicht entsprechend. Schon die in der Grundvorschrift des §
121 Abs
1 angesprochenen Vertragsparteien nach §
115 Abs
1 SGB V, die aufgefordert sind, auf eine leistungsfähige und wirtschaftliche belegärztliche Behandlung der Versicherten hinzuwirken,
sind nach dem Wortlaut der Norm auf der Seite der Leistungserbringer nur die Krankenhäuser und die KÄV, nicht aber auch die
KZÄV. Allerdings wäre es theoretisch möglich, jeweils über die Generalverweisung des §
72 Abs
1 Satz 2
SGB V immer dort, wo in §
115 SGB V von KÄV und Vertragsärzten die Rede ist, auch die KZÄV die Vertragszahnärzte einzubeziehen, doch zeigt sich spätestens bei
der Regelung des §
115 Abs
3 SGB V über die erweiterte Schiedsstelle zur Festsetzung des Inhalts der sogenannten dreiseitigen Verträge zwischen Krankenkassen,
Krankenhäusern und Vertragsärzten, dass eine Beteiligung der KZÄV bzw von Vertragszahnärzten nicht vorgesehen ist. Der Norm
liegt ersichtlich die Vorstellung zugrunde, dass diese Schiedsstelle mit Vertretern der Vertragsärzte und der Verbände der
Krankenkassen und der zuständigen Krankenhausgesellschaften besetzt ist. Hätte der Gesetzgeber je nach Bedarfslage auch die
KZÄV einbeziehen wollen, hätten zwingend Regelungen darüber getroffen werden müssen, wie sich zahlenmäßig die Vertreter der
Zahnärzte zu denen der Ärzte verhalten. Vergleichbare Regelungen mit entsprechender Zielsetzung enthält etwa §
91 Abs
2a SGB V hinsichtlich der Übertragung von Stimmen der Leistungserbringerseite, soweit Beschlüsse des gemeinsamen Bundesausschusses
(G-BA) nur einen Leistungssektor (zB die zahnärztliche Versorgung) betreffen. Zudem fehlt für die Annahme, es gebe dreiseitige
Verträge insbesondere zur Förderung der Nahtlosigkeit zwischen der ambulanten und der stationären Versorgung iS des §
115 Abs
1 SGB V auch für den zahnärztlichen Bereich mit der Folge, dass in formeller wie in materieller Hinsicht jeweils anstelle oder neben
der ausdrücklich genannten KÄV die KZÄV zur Mitwirkung berufen werden, jeder Anhaltspunkt. Auch der in §
115 Abs
5 SGB V normierte Auftrag zur Abgabe von Rahmenempfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Abs 1 richtet sich nur an die Kassenärztliche
Bundesvereinigung (KÄBV) und nicht an die KZÄBV. Der im Bundesgesetzblatt I 1988, Nr 62 S 2477, 2513 veröffentlichte Wortlaut,
der "die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen" (Plural) anspricht, weicht vom Wortlaut des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 11/2237
S 44 [§ 123 Abs 5]), der Beschlussempfehlung des zuständigen Bundestagsausschusses vom 15.11.1988 (BT-Drucks 11/3320 S 79)
und dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 25.11.1988 ab, wie er dem Bundesrat zugeleitet worden ist. Dort ist jeweils
nur "die Kassenärztliche Bundesvereinigung" (Singular) angesprochen (BR-Drucks 555/88 S 36 [§ 115 Abs 5]). Wie die fehlerhafte
Wendung im Plural in das Gesetzblatt gelangt ist, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Dass nur die KÄBV gemeint ist,
ergibt sich aus der Begründung der Regierungsfraktionen CDU/CSU und FDP zu § 123 Abs 5 idF des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 11/2237
S 201), in der auch der Singular verwandt wird und jeder Hinweis auf die zahnärztliche Versorgung fehlt.
Vor diesem normativen Hintergrund erweist sich das Fehlen eines speziellen Anerkennungsverfahrens im BMV-Z, das etwa der Regelung
der §§ 38 ff BMV-Ä entspricht, als Indiz dafür, dass für eine belegzahnärztliche Tätigkeit ein Regelungsbereich tatsächlich nicht gesehen wird.
Die Erwähnung der stationären vertragszahnärztlichen Behandlung in § 2 Abs 2 Buchst b BMV-Z hat demgegenüber keine eigenständige
Bedeutung.
Auch die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass die Grundlage der belegärztlichen Tätigkeit des ihr angehörenden Dr. F. die
Belegarztanerkennung durch die KÄV Hessen ist, und dass von vornherein für eine ausschließlich belegzahnärztliche Tätigkeit
keine Notwendigkeit bzw kein ausreichender Tätigkeitsumfang besteht. Nur die zahnärztlichen Leistungen, die im Zusammenhang
mit der MKG-Chirurgie stehen, kommen überhaupt für eine vollstationäre Leistungserbringung in Betracht, mit der sich allein die Regelungen
über die belegärztliche Tätigkeit befassen. Ein Zahnarzt, der nicht Facharzt für MKG-Chirurgie ist und entsprechend die hier betroffenen großen kieferchirurgischen Eingriffe schon berufsrechtlich nicht durchführen
darf, wird von vornherein keine stationäre zahnärztliche Tätigkeit ausüben können. Betroffen ist also ausschließlich die Gruppe
der doppelt approbierten Ärzte für MKG sowie Zahnärzte. Dabei verkennt der Senat nicht, dass genuin zahnärztliche, nicht einmal notwendig oralchirurgische Leistungen
in besonderen Konstellationen, zB bei schwer behinderten und/oder an Demenz leidenden Patienten nur unter Narkosebedingungen
erbracht werden können, die in zahlreichen Praxen nicht zur Verfügung stehen. Die betroffenen Patienten werden in diesen Fällen
aber nicht vollstationär mit Zahnfüllungen oder Zahnersatz versorgt, sondern in Praxen oder ambulanten Operationszentren,
in denen Vollnarkosen verabreicht und überwacht werden können.
Auch aus den Vorschriften der vertragszahnärztlichen Gebührenordnungen lässt sich nicht ableiten, dass der Gesetzgeber zumindest
inzident von der Möglichkeit einer belegzahnärztlichen Tätigkeit ausgeht. Unabhängig von der Erwägung, ob der Bewertungsausschuss
berechtigt wäre, nur stationär erbringbare vertragszahnärztliche Leistungen zu bewerten, ist das auch tatsächlich nicht geschehen.
Zu der von der Klägerin aufgeführten Normkollision könnte es nämlich nur kommen, wenn der Bewertungsausschuss Leistungen bewertet
hätte, die einerseits nur stationär erbringbar sind und zugleich nur von Vertragszahnärzten, also nicht von MKG-Chirurgen ohne vertragszahnärztliche Zulassung abgerechnet werden können. Solche Leistungspositionen sind nicht ersichtlich
und zumindest von der Klägerin in den hier betroffenen Behandlungsfällen nicht erbracht und berechnet worden. Dabei ist entgegen
der Auffassung der Klägerin nicht maßgeblich, ob es sich um (auch) zahnärztliche Leistungen handelt, die also außer einem
Arzt auch ein Vertragszahnarzt erbringen darf. Diese Leistungen, die sowohl von Ärzten als auch Zahnärzten erbracht werden
dürfen, werfen keine Probleme auf, weil der zur belegärztlichen Versorgung zugelassene Arzt sie als vertragsärztliche Leistungen
erbringt und abrechnet. Das gilt etwa für die hier betroffenen Dysgnathieoperationen, die Dr. F. auf der Grundlage des EBM-Ä
gegenüber der KÄV abrechnen kann. Zu (auch) zahnärztlichen Leistungen werden diese erst über die Verweisung des Bema-Z auf
die GOÄ in Ziff 3 der Allgemeinen Bestimmungen. Danach werden zahnärztliche Leistungen, die nicht im Bema-Z enthalten sind, nach
der GOÄ berechnet. Das gilt nach Buchst b der Allgemeinen Bestimmungen ua für die Leistungen der MKG-Chirurgie nach Abschnitt L IX GOÄ. Dort sind die von Dr. F. erbrachten Leistungen (ua Ziff 2640, 2642) aufgeführt. Es handelt sich danach primär um ärztliche
Leistungen, die zusätzlich auch zur Zahnheilkunde gehören (vgl dazu allgemein Liebold/Raff/Wissing, BEMA-Z Kommentar, zu Ziff
3 Allgemeine Bestimmungen). Die fehlende Abrechnungsmöglichkeit über die KZÄV hat also nicht zur Folge, dass die Klägerin
belegärztlich keine Dysgnathieoperationen durchführen könnte, sondern nur, dass ihr im Rahmen der vollstationären Versorgung
der Versicherten keine Option eröffnet ist, die Leistungen je nach dem Kriterium der höheren Vergütung bei der KÄV oder der
KZÄV abzurechnen. Dieses - eingeschränkte - (vgl Ziff 4 der Allgemeinen Bestimmungen des Bema-Z) Wahlrecht hinsichtlich des
Abrechnungsweges ist dem Gesetzgeber nicht in der Weise vorgegeben, dass er allein zu dessen Realisierung ein für die Versorgung
der Versicherten selbst nicht erforderliches zahnärztliches Belegarztsystem schaffen müsste.
Aus dem sog Abrechnungswahlrecht der zur vertragsärztlichen wie zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen MKG-Chirurgen lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nichts für die vermeintliche Notwendigkeit einer belegzahnärztlichen
Tätigkeit herleiten. Nach der Rechtsprechung des Senats muss den MKG-Chirurgen aus verfassungsrechtlichen oder gesetzlichen Gründen nicht zwingend ermöglicht werden, alle chirurgischen Leistungen,
die von Ärzten und Zahnärzten erbracht werden dürfen, nach eigener Wahl bei der KÄV bzw der KZÄV abzurechnen. In seinem Urteil
vom 8.5.1996 (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 36) hat der Senat im Zusammenhang mit der vertragszahnärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung und speziell der Einbeziehung
der MKG-Chirurgen in die Gruppe der Zahnärzte ausgeführt, dass die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden MKG-Chirurgen infolge ihrer Doppelzulassung oralchirurgische Leistungen als ärztliche oder als zahnärztliche Leistungen erbringen
können (aaO, S 204). Dass diese Aussage beschreibenden Charakter hat, lassen die diesem Satz folgenden Ausführungen erkennen.
Der Senat nimmt dort nämlich kritisch zur Aufspaltung von Behandlungsfällen in der Form Stellung, dass etwa Wurzelspitzenresektionen
über die KÄV und die damit verbundenen Zystektomien über die KZÄV abgerechnet werden. Der Senat hat lediglich klargestellt,
dass auch seine deutlich formulierten rechtlichen Bedenken gegen eine solche Aufspaltung nichts daran ändern, dass der Vergleichsgruppendurchschnitt
als Maßstab für die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung ungeeignet ist, wenn tatsächlich mit Duldung von KÄV und KZÄV
in dieser Weise abgerechnet wird. Als Beleg für ein der Gestaltung durch die Bewertungsausschüsse (§
87 Abs
2 SGB V) von vornherein entzogenes Abrechnungswahlrecht der MKG-Chirurgen je nach wirtschaftlich interessanteren Vergütungsbedingungen kann dieses Urteil deshalb nicht herangezogen werden.
Es ist weder kraft Gesetzes noch im Kontext der grundrechtlich geschützten Berufsausübungsfreiheit des Art
12 Abs
1 GG geboten, dass jeder Arzt für MKG die Freiheit haben muss, jede ärztliche bzw auch zahnärztliche Leistung im Rahmen der stationären Versorgung der Versicherten
nach eigener Einschätzung bzw erwarteter Honorierung als ärztliche bzw zahnärztliche Leistung abzurechnen. Solange gewährleistet
ist, dass den stationär auf einer Belegabteilung versorgten Patienten alle Leistungen angeboten werden können, auf die sie
- hier etwa für die Behandlung von Dysgnathien - angewiesen sind, ist die vertragsärztliche bzw vertragszahnärztliche Versorgung
der Versicherten ausreichend gesichert.
Zutreffend hat das Bayerische LSG in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass in der vertragsärztlichen Gesamtvergütung
rechnerisch bzw kalkulatorisch Anteile für nur stationär erbringbare Leistungen enthalten sind, weil eben Leistungen im Rahmen
der belegärztlichen Tätigkeit aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung honoriert werden (§
121 Abs
3 Satz 1
SGB V). Unter anderem aus dem Fehlen von näheren Regelungen über die belegzahnärztliche Tätigkeit in den Bundesmantelverträgen
sowie der nicht vorgesehenen Einbeziehung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit in die Vorgaben für die dreiseitigen Verträge
der nach §§
115,
115b SGB V ist zu schließen, dass in der vertragszahnärztlichen Gesamtvergütung keine Vergütungsanteile für nur stationär erbringbare
vertragszahnärztliche Leistungen enthalten sind. Das wäre - wie oben aufgezeigt - nur der Fall, wenn es in den spezifisch
vertragszahnärztlichen Regelwerken Leistungen gebe, die ihrem Inhalt nach nicht von Ärzten für MKG-Chirurgie im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden dürfen. Solange das nicht der Fall ist, sind stationäre
Leistungen im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht berechnungsfähig.
Nach der Rechtsprechung des Senats zur Kalkulation der vertragsärztlichen Gesamtvergütungen muss bei Aushandlung der Vergütung
mindestens prinzipiell feststehen, welche von Ärzten bzw Zahnärzten generell erbringbaren Leistungen mit der Gesamtvergütung
abgegolten werden sollen. Daraus hat der Senat abgeleitet, dass auch Leistungen, die auf der Grundlage des §
135 Abs
1 SGB V vom G-BA mit einer positiven Richtlinienempfehlung versehen sind, erst dann Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung
werden können, wenn entsprechende Leistungspositionen dafür geschaffen worden sind (BSGE 79, 239 = SozR 3-2500 § 87 Nr 14). Entsprechendes gilt für den Bereich der stationären vertragszahnärztlichen Behandlung. Soweit
die Vertragspartner entsprechende Regelungen nicht geschaffen haben, ist davon auszugehen, dass stationäre zahnärztliche Leistungen
nicht Gegenstand der vertragszahnärztlichen Gesamtvergütung sind und deshalb für die Honorierung entsprechender Leistungen
nach §
121 Abs
3 SGB V die Gesamtvergütung auch nicht zur Verfügung steht.
Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner näheren Darlegung, dass die Anerkennung als Belegarzt, die die KÄV Hessen Dr. F. erteilt
hat, die Klägerin nicht zur Abrechnung zahnärztlicher Leistungen berechtigt. Der KÄV fehlt von vornherein jede Kompetenz,
auf den Status des Dr. F. in seiner Eigenschaft als Vertragszahnarzt einzuwirken. Gerade deshalb bedürfen MKG-Chirurgen, die für eine angemessene Versorgung der Patienten auch spezifisch zahnärztliche Kenntnisse und Erfahrungen benötigen
(vgl BSGE 85, 145, 147 = SozR 3-5525 § 20 Nr 1), der Zulassung auch zur vertragszahnärztlichen Versorgung. Diese wäre nicht erforderlich, wenn
schon die vertragsärztliche Zulassung in Verbindung mit einer zahnärztlichen Approbation den MKG-Chirurgen berechtigen würde, zahnärztliche Leistungen bei der KZÄV abzurechnen, ohne dieser anzugehören. Das ist aber gerade
nicht der Fall. Erst die Zulassung und - als deren Rechtsfolge (§
95 Abs
3 SGB V) - die Mitgliedschaft in der KZÄV ermöglichen eine vertragszahnärztliche Leistungsabrechnung. Deshalb könnte - vorbehaltlich
ausdrücklicher abweichender Regelungen - auch nur die KÄV bzw KZÄV, der der MKG-Chirurg angehört, seine Leistungsberechtigung auch auf stationäre Behandlungen im ärztlichen wie im zahnärztlichen Bereich
ausdehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO.