Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts
Berlin-Brandenburg vom 8. Juli 2015 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt Lerche, Berlin, beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg
vom 8. Juli 2015 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
In der Hauptsache begehrt der Kläger neben einer Beschädigtenrente nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz iVm dem
Bundesversorgungsgesetz unter Berücksichtigung eines besonderen beruflichen Betroffenseins zusätzlich Berufsschadensausgleich.
Der 1954 in der ehemaligen DDR geborene Kläger befand sich nach Schulverweis von 1975 bis 1977 wegen staatsfeindlicher Hetze
in Haft, wurde aber später durch Beschluss des Landgerichts Chemnitz vom 18.2.1993 wegen der Inhaftierung rehabilitiert. Nach
Übersiedlung in die Bundesrepublik erwarb er den Hochschulabschluss, studierte Philosophie, Germanistik und Theaterwissenschaften
und erwarb anschließend den Doktortitel, wegen einer Änderung der Studienordnung und aufgetretener psychischer Probleme jedoch
erst 1995. Die geplante Habilitation mit anschließender Universitätsprofessur scheiterte an seinem inzwischen fortgeschrittenen
Lebensalter und versagtem Stipendium.
Der Beklagte bewilligte wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung im Zuge der zu Unrecht erlittenen Haft Beschädigtenversorgung
nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 (Bescheid vom 24.3.2004, Widerspruchsbescheid vom 29.6.2004). Das SG verurteilte den Beklagten nach psychiatrischer Begutachtung des Klägers zur Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach einem
Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 50 ab 1.8.2002 (Gerichtsbescheid vom 19.9.2011). Das LSG hat den Beklagten nach weiterer
psychiatrischer Begutachtung des Klägers weitergehend zur Gewährung von Beschädigtenversorgung nach einem GdS von 60 unter
Berücksichtigung eines besonderen beruflichen Betroffenseins verurteilt, die Voraussetzungen für einen darüber hinausgehenden
Berufsschadensausgleich unter Bezugnahme auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung aber nicht als gegeben erachtet.
Hiernach wäre ohne die gesundheitlichen Folgen der Haft das Erreichen des Berufsziels "Universitätsprofessor" nicht wahrscheinlicher
gewesen. Wegen des erstmals in der mündlichen Verhandlung formulierten Berufsziels "Hochschulabsolvent im Bereich der Philosophie"
sei der Senat angesichts der unternommenen Anstrengungen zur Erreichung der Dissertation nicht davon überzeugt, dass der Kläger
eine andere als die akademische Laufbahn habe einschlagen wollen (Urteil vom 8.7.2015).
Mit seiner Beschwerde, für die er Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt, wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der
Revision im Urteil des LSG und rügt eine Verletzung rechtlichen Gehörs.
II
1. Der Antrag auf PKH für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG ist unbegründet. PKH ist
nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
114 ZPO). Dies ist hier zu verneinen.
Hinreichende Erfolgsaussicht hat eine Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach zugelassen
werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Die Sache bietet keine Hinweise für die hier allein geltend gemachte Gehörsverletzung (s unter 2.).
2. Der behauptete Verfahrensmangel in Gestalt einer Gehörsverletzung (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG; Art 47 Abs 2 S 1 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) ist danach nicht hinreichend dargelegt. Zur Begründung eines entsprechenden Revisionszulassungsgrundes ist nicht nur der
Verstoß gegen diesen Grundsatz selbst zu bezeichnen, sondern auch darzutun, welches Vorbringen ggf dadurch verhindert worden
ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36). Ferner ist Voraussetzung für den Erfolg einer Gehörsrüge, dass der Beschwerdeführer darlegt, seinerseits alles getan
zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22 S 35; vgl auch BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1 S 6). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger führt an, er habe mit Schriftsatz vom 10.6.2015 unter Bezugnahme auf das vorangegangene medizinische Sachverständigengutachten
zusätzlich als Vergleichsberuf "wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kulturwesen" angeführt. Während seiner befristeten ABM-Maßnahmen
sei er einmal als wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Heimatmuseums und ein weiteres Mal als Theaterpädagoge in einem Jugendtheater
tätig gewesen. Hiermit habe er zu erkennen gegeben, sich zu diesen neuen Gesichtspunkten weiter äußern zu wollen, sei hiervon
aber durch das Schweigen des Gerichts bzw dessen fehlende Hinweise abgehalten worden. Hiermit zeigt die Beschwerdebegründung
eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht auf. Denn sie beschäftigt sich schon nicht mit dem naheliegenden Umstand, wieso die
jetzt noch für erforderlich gehaltenen Äußerungen zu weiteren Vergleichsberufen nicht bereits im Anschluss an das Gutachten
des medizinischen Sachverständigen vom 28.3.2015 im Schriftsatz vom 10.6.2015 hätten gemacht werden können bzw in der mündlichen
Verhandlung nicht die für nötig befundenen Hilfsanträge und der entsprechende Hauptantrag unter konkretem Einschluss des "wissenschaftlichen
Mitarbeiters im Kulturwesen" zur Sicherstellung des rechtlichen Gehörs (zB Vertagung, Beweisantrag zum Hätte-Beruf, Vorlage
der eidesstattlichen Versicherung des Klägers über seine beruflichen Pläne) hätten gestellt bzw aufrechterhalten werden können.
Die Beschwerdebegründung setzt sich auch nicht damit auseinander, welche gerichtlichen Hinweise der - anwaltlich vertretene
- Kläger zu weiteren Vergleichsberufen erwarten und wieso die Entscheidung zum Berufsschadensausgleich unter Berücksichtigung
eines "Hochschulabsolventen im Bereich der Philosophie" angesichts des bisherigen Prozessverlaufs überraschend sein konnte.
Der beigefügte Schriftsatz vom 10.6.2015 gibt insoweit allein Auskunft zur Frage der - nicht problematisierten - Streitgegenständlichkeit
des Berufsschadensausgleichs.
3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2, §
169 SGG).
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.