BVerwG, Urteil vom 17.01.1985 - 5 C 133.81
a-b. Fehlende Mitwirkung des Leistungsberechtigten als eigenständiger, von der Nichterfüllung der Anspruchsvoraussetzungen
der geltendgemachten Sozialleistung nicht abhängender Versagungsgrund
(b) mit entsprechender Beschränkung der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung.
Fundstellen: BVerwGE 71, 8
, DRsp V(545)91a-b, DVBl 1985, 1068
, NVwZ 1985, 490
Normenkette: BSHG § 115 Nr.3
,
(a) »... §
66
SGB I gewährt dem Leistungsträger nicht nur ein zeitlich begrenztes Leistungsverweigerungsrecht mit der Folge, daß ein auf diese
Vorschrift gestützter Versagungsbescheid als bloßer Zwischenbescheid automatisch gegenstandslos ist, wenn der Versagungsbescheid
angefochten und die Mitwirkung während des anhängigen Rechtsmittelverfahrens nachgeholt wird. ... In §
66
SGB I ist [vielmehr] ein eigenständiger Versagungsgrund normiert. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt nicht voraus, daß die Anspruchsvoraussetzungen
der geltend gemachten Sozialleistung nicht erfüllt sind. Darauf kommt es im Gegensatz zu der bis zum Inkrafttreten des
SGB I nach den von der Rechtspr. zu § 115
BSHG entwickelten Grundsätzen zur Möglichkeit einer Versagung von Leistungen bei einem Verstoß gegen Mitwirkungspflichten (vgl.
BVerwGE 21, 208 und Urteil Buchholz 436.0 § 115
BSHG Nr. 3) nicht mehr an.
(b) Die Rechtmäßigkeit eines auf §
66
SGB I gestützten Versagungsbescheides ist allein danach zu beurteilen, ob die in dieser Vorschrift geregelten Voraussetzungen bei
seinem Erlaß erfüllt waren; ein erst durch eine während des Rechtsmittelverfahrens nachgeholte Mitwirkung erbrachter Nachweis
der Anspruchsvoraussetzungen des geltend gemachten Sozialleistungsanspruchs ist für die Entscheidung über ein Rechtsmittel
gegen einen Versagungsbescheid nach §
66
SGB I unerheblich. Die nachgeholte Mitwirkung gewinnt erst für die Entscheidung über die künftige Gewährung der beantragten Sozialleistung
vom Zeitpunkt der Nachholung der Mitwirkung an insoweit Bedeutung, als sie dem Nachweis der Voraussetzungen des geltend gemachten
Sozialleistungsanspruchs zu dienen geeignet ist. ...
Im Wege der Klage gegen einen auf §
66
SGB I gestützten Versagungsbescheid kann grundsätzlich auch nicht die Verpflichtung der Behörde zur Gewährung der beantragten Sozialleistung
erstritten werden. Anderes gilt nur, wenn die Leistungsvoraussetzungen bereits anderweitig nachgewiesen sind, der Versagungsbescheid
mithin schon deswegen rechtswidrig ist. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung eines auf §
66
SGB I gestützten Verwaltungsakts ist beschränkt auf die in dieser Vorschrift bestimmten Voraussetzungen für die Versagung der Leistung.
Bei Rechtswidrigkeit des Versagungsbescheides genügt dessen Aufhebung. Die Behörde hat dann über den geltend gemachten Sozialleistungsanspruch
zu entscheiden. ...«