Hauptfürsorgestelle, Prüfungsmaßstab im Zustimmungsverfahren zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses
eines Schwerbehinderten bei fehlendem Zusammenhang zwischen Kündigung und Behinderung; Auslegung einer gesetzlichen Sollvorschrift;
atypischer Fall als Rechtsvoraussetzung für Ermessensausübung; Schwerbehinderter, Bedeutung der Wirksamkeit der außerordentlichen
Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber im Zustimmungsverfahren
Gründe:
I. Die 1939 geborene Beigeladene ist seit 1969 als Verkäuferin in einem Kaufhaus der Klägerin angestellt. Zuletzt arbeitete
sie in Teilzeit drei Tage in der Woche. Wegen Bewegungseinschränkungen und wegen einer Verkürzung des linken Beines ist sie
zu 60 v.H. in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert.
Am 21. Dezember 1987 beantragte die Klägerin die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle des Beklagten zur außerordentlichen Kündigung
des Arbeitsverhältnisses der Beigeladenen. Zur Begründung führte sie aus: Nach den Feststellungen einer Testkäuferin habe
die Beigeladene, die an der Kasse der Haushaltswarenabteilung eingesetzt war, am 10. Dezember 1987 gegen 12. 45 Uhr bei geschlossener
Kassenschublade und in Abwesenheit von Kunden Silbergeld aus der geschlossenen rechten Hand in ihre linke Kitteltasche gleiten
lassen. Gegen 12. 55 Uhr desselben Tages habe die Testkäuferin folgendes beobachtet: Die Beigeladene habe in Abwesenheit von
Kunden bei offener Kassenschublade vor der Kasse gesessen, einen Taschenrechner in der Hand gehabt und gerechnet oder gezählt.
Nach der Bedienung eines Kunden habe sie die Kassenschublade erneut offengelassen, mit der rechten Hand Münzgeld aus der Kasse
genommen und abgezählt, dann die Schublade geschlossen und das Geld wieder in ihre linke Kitteltasche gleiten lassen. Sodann
habe sie aus der rechten Kitteltasche ihre private Geldbörse gezogen, das Geld aus der linken Tasche genommen, in die Geldbörse
gesteckt und diese wieder in der rechten Tasche verstaut. Ein daraufhin sofort veranlaßter Kassensturz habe ein Kassenplus
von 0, 14 DM ergeben. Die Klägerin habe den dringenden Verdacht, daß die Beigeladene, die den Vorgang bei ihrer Anhörung bestritten
habe, Geld aus der Kasse gestohlen und den Kassenbestand vorher manipuliert habe. Die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit
sei deshalb nicht mehr gegeben.
Der Betriebsrat, die Schwerbehindertenvertretung sowie das Arbeitsamt stimmten der vorgesehenen fristlosen Kündigung nicht
zu. Der Betriebsrat verwies darauf, daß er die Gründe, die zur fristlosen Kündigung führen sollten, nicht nachvollziehen könne,
daß die Beigeladene sich in der langen Zeit ihrer Betriebszugehörigkeit nichts habe zuschulden kommen lassen und für ihren
Ehemann sorgen müsse, der Frührentner sei, sie sei durch eine fristlose Kündigung in ihrer sozialen Lage besonders hart getroffen.
Die Schwerbehindertenvertretung und das Arbeitsamt machten zusätzlich geltend, die Beigeladene werde wegen ihres Alters und
ihrer Behinderung in absehbarer Zeit keinen anderen Arbeitsplatz mehr finden.
Die Hauptfürsorgestelle lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 28. Dezember 1987 ab. Zwar sei kein ursächlicher Zusammenhang
zwischen der Behinderung der Beigeladenen und dem von der Klägerin gerügten Verhalten gegeben. Es lägen jedoch außergewöhnliche
Umstände vor, die die Hauptfürsorgestelle gleichwohl zur Verweigerung ihrer Zustimmung berechtigten. Es fehle nämlich offensichtlich
ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung. Der Verdacht strafbarer Handlungen sei in keiner Weise nachvollziehbar
und werde von der Beigeladenen auch ganz entschieden bestritten. Es sei nicht offensichtlich zu erkennen, daß ein wichtiger
Grund vorliege, der eine so gravierende arbeitsrechtliche Maßnahme rechtfertige. Deshalb würde die Beendigung des Arbeitsverhältnisses
für die Beigeladene eine nicht zu vertretende besondere soziale Härte bedeuten, da sie als Schwerbehinderte im fortgeschrittenen
Lebensalter nach Lage des Arbeitsmarktes damit rechnen müßte, längerfristig arbeitslos zu bleiben. Außerdem müsse die Beigeladene
aus familiären Gründen zum Lebensunterhalt für sich und ihre Familie mit beitragen.
Den Widerspruch der Klägerin wies der Widerspruchsausschuß mit Bescheid vom 22. April 1988 zurück. Auf die daraufhin erhobene
Klage hat das Verwaltungsgericht die Bescheide vom 28. Dezember 1987 und 22. April 1988 aufgehoben und die Hauptfürsorgestelle
verpflichtet, der außerordentlichen Kündigung der Beigeladenen zuzustimmen. Auf die hiergegen gerichteten Berufungen des Beklagten
und der Beigeladenen hat der Verwaltungsgerichtshof die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er folgendes ausgeführt:
Zwar sei die Hauptfürsorgestelle im Regelfall verpflichtet, die Zustimmung zu erteilen, wenn die außerordentliche Kündigung
aus einem Grund erfolge, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung stehe. Liege jedoch eine atypische Fallgestaltung vor,
so habe die Hauptfürsorgestelle bei ihrer Ermessensentscheidung wie im Falle eines Zusammenhangs zwischen Kündigungsgrund
und Behinderung zwischen den Interessen des Arbeitgebers an einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses und
dem Interesse des Schwerbehinderten an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes abzuwägen.
Eine solche atpyische Fallgestaltung liege hier vor, weil es sich um eine durch besondere Umstände gekennzeichnete außerordentliche
Verdachtskündigung einer langjährigen Mitarbeiterin handele.
Mit der Revision gegen dieses Urteil macht die Klägerin geltend, weder die Hauptfürsorgestelle noch das Verwaltungsgericht
habe prüfen dürfen, ob ein wichtiger Grund für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung vorliege. Diese Prüfung müsse
den Arbeitsgerichten vorbehalten bleiben und dürfe nicht präjudiziert werden. Das gelte jedenfalls dann, wenn kein offensichtlicher
Mißbrauch stattfinde, sondern das Vorliegen eines wichtigen Grundes ernsthaft in Betracht komme. Das sei hier der Fall.
Der Beklagte meint, ein Entscheidungsmonopol der Arbeitsgerichte zur Frage des wichtigen Grundes für eine fristlose Kündigung
würde dem Schutzzweck des Schwerbehindertengesetzes nicht gerecht. Würde es genügen, wenn der Arbeitgeber mehr oder weniger
formelhaft, aber schlüssig einen solchen wichtigen Grund behaupte, wäre die Regelung des § 21 Abs. 4 SchwbG völlig entwertet. Nur wenn vom Arbeitgeber alle Umstände des Einzelfalls vorgetragen und gewichtet würden, sei die Hauptfürsorgestelle
in der Lage, eine sachgerechte Entscheidung zu treffen. Das müsse jedenfalls dann gelten, wenn eine atypische Fallgestaltung
vorliege. Dies habe das Berufungsgericht hier zutreffend angenommen.
Die Beigeladene vertritt die Ansicht, die Hauptfürsorgestellen seien verpflichtet zu prüfen, ob ein wichtiger Grund zumindest
offensichtlich nicht gegeben bzw. vom Arbeitgeber nicht hinreichend wahrscheinlich dargetan sei. Anders könnten sie ihr -
wenn auch eingeschränktes - Ermessen nicht sachgerecht ausüben. Gelange eine Hauptfürsorgestelle - wie hier - zu der Überzeugung,
daß die vom Arbeitgeber angeführten Tatsachen den Anforderungen an den wichtigen Grund mit großer Wahrscheinlichkeit nicht
genügten, müsse sie die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung versagen. Auf die Prüfung offensichtlichen Mißbrauchs des
Kündigungsrechts dürfe sich die Hauptfürsorgestelle nicht beschränken.
Der Oberbundesanwalt tritt im wesentlichen der Auffassung der Beigeladenen bei.
II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hätte die Berufungen zurückweisen müssen. Denn das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht
stattgegeben. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Zustimmung zur außerordentlichen
Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Beigeladenen. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 21 Abs. 4 SchwbG in der hier anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1986 (BGBl. I S. 1421). Danach soll die Hauptfürsorgestelle die nach den §§ 15, 21 Abs. 1 SchwbG erforderliche Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten durch den Arbeitgeber
erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grunde erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Diese Voraussetzung
war im vorliegenden Falle erfüllt. Das ergibt sich mittelbar aus den Feststellungen in dem angefochtenen Urteil und ist im
übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig.
§ 21 Abs. 4 SchwbG ist als »Soll«-Vorschrift im verwaltungsrechtlichen Sinne ausgestaltet. Derartige Normen sind im Regelfall für die mit ihrer
Durchführung betraute Behörde rechtlich zwingend und verpflichten sie, grundsätzlich so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt
ist. Im Regelfall bedeutet das »Soll« ein »Muß«. Nur bei Vorliegen von Umständen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen,
darf die Behörde anders verfahren als im Gesetz vorgesehen und den atypischen Fall nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden
(BVerwGE 12, 284 [285]; 20, 117 [118], 56, 220 [223]; 64, 318 [323]; 78, 101 [105]; BSGE 59, 111 [114 f.] sowie BAG, Urteil vom 16. August 1991 - 2 AZR 241/90 - [NZA 1992, 23/24]). Dabei ist die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, nicht Teil der Ermessensentscheidung, sondern
als Rechtsvoraussetzung im Rechtsstreit von den Gerichten zu überprüfen und zu entscheiden (vgl. BVerwGE 78, 101 [105, 113]; BSGE 59, 111 [115] sowie BSG, Urteile vom 11. Februar 1988 - 7 RAr 55/86 - [SozR 1300 § 48 SGB 10 Nr. 44 S. 125] und vom 3. Juli 1991 - 9b RAr 2/90 - [SozR 3-1300 § 48 SGB Nr. 10 S. 10]).
Im hier zu entscheidenden Fall liegen keine atypischen Besonderheiten vor, die ein Abweichen von der grundsätzlichen Zustimmungspflicht
der Hauptfürsorgestelle rechtfertigen könnten. Der Regelfall, in dem die Hauptfürsorgestelle nach dem Willen des Gesetzgebers
die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zu erteilen hat, ist dadurch gekennzeichnet, daß die Kündigung einen Schwerbehinderten
trifft, aber aus einem Grund erfolgt, der nicht in Zusammenhang mit der Behinderung steht. Dem ist die gesetzliche Wertung
zu entnehmen, die Gruppe der schwerbehinderten Arbeitnehmer bei derartigen Fallgestaltungen nicht stärker gegen außerordentliche
Kündigungen zu schützen als Nichtbehinderte. Die Nachteile und Gefahren, die der Gruppe der Schwerbehinderten durch eine außerordentliche
Kündigung allgemein für ihre Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft entstehen, können demnach die Annahme eines atypischen
Falles nicht begründen. Die außerordentliche Kündigung muß vielmehr den Schwerbehinderten in einer die Schutzzwecke des Schwerbehindertengesetzes
berührenden Weise besonders hart treffen, ihm im Vergleich zu den der Gruppe der Schwerbehinderten im Falle außerordentlicher
Kündigung allgemein zugemuteten Belastungen ein Sonderopfer abverlangen (vgl. auch BAG, Urteil vom 26. November 1981 - 2 AZR 664/79 - [Urteilsabdruck S. 19]: ganz besondere, die Ausnahme rechtfertigende Gründe).
Diese drastische Einschränkung des Abwägungsermessens der Hauptfürsorgestelle zu Lasten des Schwerbehinderten (vgl. BVerwGE
48, 264 [267]) entspricht auch dem Zweck des Schwerbehindertengesetzes. Zwar ist das Schwerbehindertengesetz in erster Linie ein
»Fürsorgegesetz«, das mit seinen Vorschriften über den Sonderkündigungsschutz vor allem die Nachteile des Schwerbehinderten
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgleichen will und dessen praktische Durchführung nur auf dem Boden fürsorgerischen Denkens
und Fühlens fruchtbar sein kann (vgl. BVerwG, Beschluß vom 12. Juni 1978 - BVerwG 5 B 79. 77 - [Buchholz 436. 6 § 14 SchwbG Nr. 9] sowie BVerwGE 29, 140 [141]; 81, 84 [89]). Das Schwerbehindertengesetz ist aber auch ein »Gesetz des guten Willens«. Es verzichtet auf das Mittel der Zwangseinstellung
und ist deshalb für das Erreichen seiner arbeitsmarkt- und rehabilitationspolitischen Zwecksetzungen, nämlich Schwerbehinderte
in möglichst großem Umfang in Arbeit, Beruf und Gesellschaft einzugliedern und in dieser Eingliederung zu sichern (vgl. BVerwGE
87, 205 [207]), entscheidend auch auf den guten Willen der Arbeitgeber angewiesen. Das Schwerbehindertengesetz legt Wert darauf,
diesen guten Willen zu erhalten und zu pflegen, indem es sich bemüht, möglichst viel von der Gestaltungsfreiheit des Betriebsinhabers
zu erhalten (vgl. BVerwGE 29, 140 [142]). Vor diesem Hintergrund ist auch § 21 Abs. 4 SchwbG zu sehen. Er beruht auf der gesetzlichen Wertung, dem Kündigungsinteresse des Arbeitgebers grundsätzlich den Vorrang vor
dem Interesse des Schwerbehinderten an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes einzuräumen, wenn der behinderte Arbeitnehmer einen
Grund für eine außerordentliche Kündigung gegeben hat, der nicht im Zusammenhang mit seiner Behinderung steht.
Das bestätigt auch die Entstehungsgeschichte. Fallgestaltungen der in § 21 Abs. 4 SchwbG umschriebenen Art unterfielen bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechts vom 24.
April 1974 (BGBl. I S. 981) nicht dem gesetzlichen Zustimmungsvorbehalt. Nach § 19 Abs. 3 Satz 2 des Schwerbeschädigtengesetzes in der Fassung vom 14.
August 1961 (BGBl. I S. 1234) war vielmehr die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle für eine fristlose Kündigung nur dann erforderlich, wenn die Kündigung
aus einem Grunde erfolgte, der im unmittelbaren Zusammenhang mit der gesundheitlichen Schädigung stand, derentwegen der Schutz
des Gesetzes gewährt wurde. Die Erweiterung des Zustimmungsvorbehalts auf alle außerordentlichen Kündigungen erfolgte deshalb,
weil der Arbeitgeber in aller Regel überfordert sei, wenn er entscheiden solle, ob er ohne Zustimmung kündigen dürfe, weil
Kündigungsgrund und gesundheitliche Beschädigung in keinem Zusammenhang stünden (vgl. die Begründung der Bundesregierung zum
Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechts, BT-Drucks. 7/656 S. 30 zu Nr. 22 Buchst. b). Grund
der gesetzlichen Neuregelung war demnach vornehmlich die Erwägung, den Arbeitgeber bei außerordentlichen Kündigungen vom öffentlich-rechtlichen
Wirksamkeitsrisiko dadurch zu entlasten, daß die Entscheidung, ob der Kündigungsgrund mit der Behinderung im Zusammenhang
steht, der Hauptfürsorgestelle überantwortet wurde. Dementsprechend wurde als regelmäßige Rechtsfolge für den Fall, daß die
Hauptfürsorgestelle aufgrund ihrer Ermittlungen zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kündigungsgrund mit der Behinderung nicht
im Zusammenhang steht (vgl. BT-Drucks. 7/656 S. 30 zu Nr. 22 Buchst. b), eine Zustimmungspflicht der Hauptfürsorgestelle angeordnet.
Zweifel an der arbeitsrechtlichen Wirksamkeit der Kündigung rechtfertigen keine Abweichung von der Rechtsfolge des § 21 Abs. 4 SchwbG. Denn die Hauptfürsorgestelle hat über die Wirksamkeit der (beabsichtigten) Kündigung, also das Vorliegen eines wichtigen
Grundes im Sinne des §
626 Abs.
1 BGB, nicht zu urteilen. § 21 Abs. 4 SchwbG verlangt von der Hauptfürsorgestelle nicht die Prüfung, ob die Kündigung aus wichtigem Grund erfolgt, sondern ob der Grund,
aus dem die Kündigung erfolgt, mit der Behinderung in Zusammenhang steht oder nicht. Der Grund, aus dem die Kündigung erfolgt,
ist aber immer der vom Arbeitgeber genannte Kündigungsgrund, unabhängig davon, ob er die Kündigung arbeitsrechtlich rechtfertigt.
Die Kündigung »erfolgt« aus dem Grund, den der Arbeitgeber zu ihrer Rechtfertigung angibt. § 21 Abs. 4 SchwbG verweist deshalb auf die Begründung der Kündigung, nicht aber auf ihre Begründetheit.
Etwas anderes folgt auch nicht aus § 21 Abs. 1 SchwbG, der in Verbindung mit § 15 SchwbG die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung
der Hauptfürsorgestelle unterwirft und damit das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des §
626 Abs.
1 BGB ersichtlich voraussetzt. Diese Regelung wendet sich nämlich gar nicht an die Hauptfürsorgestelle, sondern an den, der die
Kündigung ausspricht, also an den Arbeitgeber. Sie stellt ein gesetzliches Wirksamkeitserfordernis für ein Handeln des Arbeitgebers
auf und gebietet diesem, vor der Kündigung die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle einzuholen. Mittelbare Adressaten der §§
15, 21 Abs. 1 SchwbG sind diejenigen staatlichen Institutionen, die die Wirksamkeit der Kündigung zu beurteilen haben, mithin die Arbeitsgerichte.
Die Regelung in den §§ 15, 21 Abs. 1 SchwbG enthält demnach ausschließlich Handlungsnormen für den Arbeitgeber und Beurteilungsnormen für die Arbeitsgerichte, nicht
aber für die Hauptfürsorgestelle (vgl. BVerwGE 81, 84 [92 f.] für die wortgleichen §§ 12, 18 Abs. 1 SchwbG F. 1979). Denn diese hat nicht über die Wirksamkeit der Kündigung zu urteilen (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1958 -
BVerwG 5 C 31. 56 - [Urteilsabdruck S. 6] sowie BVerwGE 81, 84 [93]), sondern (Sonder-)Kündigungsschutz zu gewähren (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 SchwbG), d.h. die vom Arbeitgeber geltend gemachten Kündigungsgründe - im Rahmen der durch § 21 Abs. 4 SchwbG gezogenen Grenzen - mit den Schutzinteressen des behinderten Arbeitnehmers abzuwägen (vgl. BVerwGE 81, 84 [92] sowie Beschluß vom 7. März 1991 - BVerwG 5 B 114.89 - [Buchholz 436. 61 § 12 SchwbG Nr. 3 = ZA 1991, 511]).
Der Zweck des Sonderkündigungsschutzes für Schwerbehinderte erfordert ebenfalls nicht, der Hauptfürsorgestelle die Prüfung
eines wichtigen Grundes im Sinne von §
626 Abs.
1 BGB abzuverlangen, bevor sie der außerordentlichen Kündigung ihre Zustimmung erteilt. Der öffentlich-rechtliche Sonderkündigungsschutz
des Schwerbehindertengesetzes ist präventiver Art. Er unterwirft die Ausübung des arbeitgeberseitigen Kündigungsrechts einer
vorherigen Kontrolle der Hauptfürsorgestelle, indem er die Kündigung einem Verbot mit Erlaubnis(Zustimmungs-)vorbehalt unterstellt
(vgl. BAG, Urteil vom 26. November 1981 [aaO. S. 14]), um bereits im Vorfeld der Kündigung die spezifischen Schutzinteressen
schwerbehinderter Arbeitnehmer zur Geltung zu bringen und eine mit den Schutzzwecken des Gesetzes unvereinbare Kündigung zu
verhindern. Es ist dagegen nicht Aufgabe des Sonderkündigungsschutzes, den von den Arbeitsgerichten nach erfolgter Kündigung
zu gewährenden arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz zu ersetzen oder gar überflüssig zu machen. Der Hauptfürsorgestelle ist
nicht die umfassende Abwägung aller den Kündigungsstreit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestimmenden widerstreitenden
Interessen aufgetragen, sondern nur die Einbringung bestimmter, vom Schutzzweck des Schwerbehindertengesetzes erfaßter Interessen.
Der Hauptfürsorgestelle obliegt im Rahmen des Sonderkündigungsschutzes die fürsorgerische Inschutznahme des Schwerbehinderten
mit dem Ziel, die aus seiner Behinderung resultierenden Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt auszugleichen und dadurch seine
Wettbewerbsfähigkeit mit Nichtbehinderten herzustellen.
Es ist auch nicht Sinn des Sonderkündigungsschutzes, dem Schwerbehinderten die Unannehmlichkeiten und Belastungen eines Kündigungsrechtsstreites
mit dem Arbeitgeber abzunehmen. Derartige Lasten können alle Arbeitnehmer treffen; der Schwerbehinderte hat insoweit grundsätzlich
keinen besonderen Schutzanspruch. Denn das Schwerbehindertengesetz will ihn nicht gegenüber Nichtbehinderten bevorzugen, sondern
lediglich seine behinderungsbedingten Nachteile ausgleichen. Der Schwerbehinderte muß sich deshalb, was die privatrechtliche
Wirksamkeit der Kündigung anbelangt, auf die Überprüfung durch die Arbeitsgerichte verweisen lassen und kann von der Hauptfürsorgestelle
nur verlangen, daß diese - im Rahmen der durch § 21 Abs. 4 SchwbG gezogenen Grenzen - seine spezifischen, in der Behinderung wurzelnden Schutzinteressen gegenüber den vom Arbeitgeber geltend
gemachten Kündigungsgründen in die Abwägung einbringt und prüft, ob diesen Schutzinteressen der Vorrang vor den vom Arbeitgeber
geltend gemachten Auflösungsgründen zukommt.
Nicht zu folgen vermag der Senat dem Einwand des Oberbundesanwalts beim Bundesverwaltungsgericht, die Verweisung der Prüfung
des wichtigen Grundes in das arbeitsgerichtliche Kündigungsschutzverfahren würde das Zustimmungsverfahren zu einer leeren
Förmlichkeit aushöhlen, dem Arbeitgeber ermöglichen, auch in Fällen mit vorgetäuschten Kündigungsgründen die Zustimmung zu
erhalten, und damit im Ergebnis dem Schwerbehinderten den Rechtsschutz entgegen seinem anerkannten Rechtsschutzbedürfnis verweigern.
Da dem Zustimmungsverfahren die Prüfung vorbehalten bleibt, ob die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der mit der Behinderung
im Zusammenhang steht, und gegebenenfalls ein atypischer Fall vorliegt, der trotz fehlenden Zusammenhangs die Versagung der
Zustimmung rechtfertigt, kann von einem auf leere Förmelei reduzierten Verfahren selbst dann nicht die Rede sein, wenn ein
Zusammenhang zwischen Behinderung und Kündigungsgrund von der Hauptfürsorgestelle verneint wird. Den Schwerbehinderten vor
vorgetäuschten Kündigungsgründen zu schützen, ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Hauptfürsorgestelle, sondern der Arbeitsgerichte.
Denn der Gefahr, mit vorgetäuschten Kündigungsgründen überzogen zu werden, ist der nichtbehinderte Arbeitnehmer gleichermaßen
ausgesetzt; sie trifft den Schwerbehinderten - von Ausnahmefällen abgesehen - nicht in besonderer Weise und berührt deshalb
den spezifischen Schutzzweck des Schwerbehindertengesetzes regelmäßig nicht. Es ist deshalb auch insoweit gerechtfertigt,
den Schwerbehinderten wie jeden anderen Arbeitnehmer auf den repressiven Rechtsschutz durch die Arbeitsgerichte zu verweisen.
Daß die Hauptfürsorgestelle die arbeitsrechtliche Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung nicht zu prüfen hat, ergibt
sich auch aus § 21 Abs. 3 SchwbG. Nach dieser Vorschrift hat die Hauptfürsorgestelle ihre Entscheidung innerhalb von zwei Wochen vom Tage des Eingangs des
Antrages an zu treffen. Wird innerhalb dieser Frist eine Entscheidung nicht getroffen, gilt die Zustimmung als erteilt. Tragfähige
und abschließende Entscheidungen über das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des §
626 Abs.
1 BGB zu treffen, wäre der Hauptfürsorgestelle innerhalb der vom Gesetz eingeräumten Frist in aller Regel nicht möglich. Wenn §
21 Abs. 3 SchwbG gleichwohl die Hauptfürsorgestelle unter kurzfristigen Entscheidungszwang stellt, kann hieraus nur geschlossen werden, daß
das Vorliegen eines wichtigen Grundes keine Tatbestandsvoraussetzung der Entscheidung der Hauptfürsorgestelle über die Zustimmung
zur außerordentlichen Kündigung ist (vgl. auch BVerwGE 81, 84 [92] zur Prüfung der Schwerbehinderteneigenschaft).
Eine Pflicht zur Prüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes im Sinne des §
626 Abs.
1 BGB folgt entgegen der Ansicht des Oberbundesanwalts auch nicht aus § 20 SGB. Die dort geregelte Amtsermittlungspflicht der Behörde gewinnt ihre Konturen und Reichweite aus dem materiellen Recht.
Ihr läßt sich deshalb von vornherein nichts dafür entnehmen, auf welche Umstände es nach materiellem Recht für die Entscheidung
ankommen soll.
Unbegründet ist ferner die Befürchtung des Oberbundesanwalts, der Schwerbehinderte könnte - hätte die Hauptfürsorgestelle
das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht zu prüfen - entgegen dem Schutzzweck des Schwerbehindertengesetzes seinen Arbeitsplatz
auch dann verlieren, wenn das Arbeitsgericht den wichtigen Grund im Kündigungsschutzprozeß verneint, weil für diesen Fall
das Arbeitsgericht auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis aufzulösen hätte, wenn Gründe vorlägen, die eine den
Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten ließen. Dem Risiko eines
derartigen Arbeitsplatzverlustes ist der Arbeitnehmer jedoch bei Kündigungen aus wichtigem Grund nicht ausgesetzt. Anders
als bei ordentlichen Kündigungen (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG) steht die Befugnis, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu beantragen, wenn sich die Kündigung als unbegründet erweist,
bei außerordentlichen Kündigungen nur dem Arbeitnehmer zu (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 3 KSchG sowie BAG, Urteil vom 26. Oktober 1979 - 7 AZR 752/77 - [AP § 9 KSchG 1969 Nr. 5 Bl. 738]).
Schließlich könnte der Arbeitgeber - so meint der Oberbundesanwalt - die der Hauptfürsorgestelle gegenüber angegebenen Gründe
im Kündigungsschutzprozeß gegen andere Gründe austauschen, die zwar arbeitsrechtlich die Kündigung eines Arbeitnehmers, nach
ihrem Gewicht aber nicht die Zustimmung zur Kündigung eines Schwerbehinderten rechtfertigen könnten. Auch diese Gefahr einer
Umgehung des besonderen Kündigungsschutzes Schwerbehinderter besteht nicht. Zwar können im Kündigungsschutzprozeß Umstände,
die bei Ausspruch der außerordentlichen Kündigung bereits bestanden haben, auch nach Ablauf der 2-Wochen-Frist des §
626 Abs.
2 BGB arbeitsvertragsrechtlich nachgeschoben werden (vgl. BAG, Urteile vom 18. Januar 1980 - 7 AZR 260/78 - [AP §
626 BGB - Nachschieben von Kündigungsgründen - Nr. 1 = NJW 1980, 2486] sowie vom 11. April 1985 - 2 AZR 239/84 - [NZA 1986, 674]). Ein derartiges Nachschieben von Kündigungsgründen ist aber dann unzulässig, wenn die Ausübung des Kündigungsrechts
der präventiven Kontrolle durch die Hauptfürsorgestelle unterliegt, weil die nachgeschobenen Gründe nicht Gegenstand des Zustimmungsverfahrens
waren und die Hauptfürsorgestelle keine Gelegenheit hatte zu prüfen, ob sie die spezifischen Belange des Schwerbehinderten
überwiegen und deshalb die Aufhebung der öffentlich-rechtlichen Kündigungsschranke rechtfertigen (offengelassen im Beschluß
des erkennenden Senats vom 19. Dezember 1989 - BVerwG 5 B 28.89 - [Beschlußabdruck S. 2 ff.]; ebenso in BAGE 35, 190 [197] für die ordentliche Kündigung, verneinend: Gröninger/Thomas, SchwbG 1991 § 21, Rdnr. 13, im Ergebnis wie hier für den präventiven Kündigungsschutz nach § 102 BetrVG BAGE 35, 190 ff. sowie BAG, Urteile vom 11. April 1985 [aaO.] und vom 3. April 1986 - 2 AZR 324/85 - [NZA 1986, 677 f.]). Das folgt unmittelbar aus dem Schutzzweck des Schwerbehindertengesetzes und der rechtlichen Konstruktion
des Sonderkündigungsschutzes, nach der die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle als öffentlichrechtliches Wirksamkeitserfordernis
nur erteilt wird für eine Kündigung aus den vom Arbeitgeber gegenüber der Hauptfürsorgestelle angegebenen (vgl. § 21 Abs. 4 SchwbG) und der präventiven Kontrolle unterzogenen Gründen (vgl. OVG Bremen, Urteile vom 7. Mai 1980 - 2 BA 4/80 - [FEVS 29, 285/289 f.] und vom 6. März 1984 - 2 BA 35/83 - [ZfSH/SGB 1985, 229]). Ob ausnahmsweise etwas anderes gilt, wenn der nachgeschobene Kündigungsgrund offensichtlich nicht
in Zusammenhang mit der Behinderung steht und die Hauptfürsorgestelle ihre Zustimmung wegen dieses Kündigungsgrundes, wäre
er im Zustimmungsantrag bereits enthalten gewesen, nicht hätte verweigern dürfen (so BAG, Urteil vom 20. Januar 1984 - 7 AZR 143/82 - [Urteilsabdruck S. 16]), bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung. Denn selbst wenn einer solchen Ausnahme
trotz der mit ihr verbundenen Rechtsunsicherheiten für den Arbeitgeber (vgl. zu ähnlichen Problemlagen bei § 102 BetrVG BAG, Urteil vom 11. April 1985 [aaO. S. 675]) zuzustimmen sein sollte, könnte eine Umgehung des Sonderkündigungsschutzes
Schwerbehinderter hierin nicht gesehen werden.
Das gilt auch für die Frage der Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers während der Dauer des Kündigungsrechtsstreites.
Der durch die präventive Ausgestaltung des Sonderkündigungsschutzes nach dem Schwerbehindertengesetz bewirkte Arbeitsplatzschutz
für den Schwerbehinderten (vgl. BVerwGE 81, 84 [90] sowie BAG, Urteil vom 20. Dezember 1976 [aaO. Bl. 600 f.]) ist Folge einer zugunsten des Schwerbehinderten ausgegangenen
Interessenabwägung und der darauf gestützten Zustimmungsverweigerung, nicht aber Zweck des Sonderkündigungsschutzes in dem
Sinne, daß die Hauptfürsorgestelle das Bestandsschutzinteresse des Schwerbehinderten gegen die arbeitsvertragsrechtlichen
Erfolgsaussichten der beabsichtigten Kündigung abzuwägen hätte. Einen über den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch (vgl.
BAGE 48, 122 [134 ff.]) hinausgehenden Schutz billigt das Gesetz dem Schwerbehinderten insoweit nicht zu. Denn § 21 Abs. 4 SchwbG verpflichtet die Hauptfürsorgestelle im Regelfall, die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung trotz der Behinderung des
Arbeitsnehmers zu erteilen, und § 18 Abs. 4 (in Verbindung mit § 21 Abs. 1) SchwbG versagt Anfechtungsrechtsbehelfen des Schwerbehinderten gegen die Kündigungszustimmung ganz allgemein die aufschiebende Wirkung,
ohne Bestandsschutzinteressen der Behinderten durch eine besondere Weiterbeschäftigungsregelung nach dem Vorbild des § 102 Abs. 5 BetrVG Rechnung zu tragen. Schließlich besteht auch kein Anlaß, den Schwerbehinderten unter dem Gesichtspunkt der Weiterbeschäftigung
bei offensichtlich unwirksamen Kündigungen besonders in Schutz zu nehmen. Denn gerade in solchen Fällen besteht nach allgemeinem
Arbeitsvertragsrecht auch schon vor Ergehen eines erstinstanzlichen, die Unwirksamkeit der Kündigung feststellenden Urteils
ein Weiterbeschäftigungsanspruch (vgl. BAGE 48, 122 [152 f.]), der durch einstweilige Verfügung gesichert werden kann (vgl. LAG Berlin, Urteil vom 22. Februar 1991 - 2 Sa 35/90 - [NZA 1991, 472]).
Nach alledem bleibt es dabei, daß die Hauptfürsorgestelle die Wirksamheit der außerordentlichen Kündigung nicht zu prüfen
hat. Offenbleiben kann im vorliegenden Fall, ob etwas anderes dann gilt, wenn durch die im Zustimmungsverfahren vorzunehmenden
Anhörungen und Ermittlungen offenbar wird, daß die vom Arbeitgeber geltend gemachten Gründe eine außerordentliche Kündigung
offensichtlich nicht zu rechtfertigen vermögen (vgl. OVG Münster, Urteile vom 25. April 1989 - 13 A 2399/87 - [NVwZ-RR 1990, 573/575] und vom 5. September 1989 - 13 A 2300/88 - [BB 1990, 1909/1910], OVG Hamburg, Urteil vom 14. November 1986 - OVG BF I 1/86 - [NZA 1987, 566/568]). Ein derartiger Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Denn der objektiv durch bestimmte Tatsachen begründete
dringende Verdacht gegen einen mit Kassengeschäften betrauten Arbeitnehmer, die Kasse manipuliert und vereinnahmtes Geld entwendet
zu haben, ist ein Sachverhalt, der, wenn man von den Besonderheiten des Einzelfalles absieht, durchaus einen wichtigen Grund
für die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses gemäß §
626 Abs.
1 BGB abgeben kann (vgl. BAGE 2, 1 ff.; 16, 72 [79 ff.]; BAG, Urteil vom 24. März 1958 - 2 A ZR 587/55 - [AP Nr. 5 zu §
626 BGB - Verdacht strafbarer Handlungen]). Ob die im vorliegenden Falle von der Klägerin angeführten Indizien eine hinreichend große
Wahrscheinlichkeit für die Begehung der der Beigeladenen zur Last gelegten Straftat begründen, kann ohne nähere Prüfung der
Glaubwürdigkeit der Testkäuferin, der Umstände ihrer Beobachtungen und der Einlassung der Beigeladenen hierzu nicht beurteilt
werden. Der vom Berufungsgericht angeführte Umstand, daß die Kassenprüfung keinen Fehlbestand ergeben hat, reicht angesichts
der Manipulationsmöglichkeiten, die bei dem behaupteten Verhalten der Beigeladenen bestanden, zur Ausräumung des Verdachts
nicht aus. Die Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden zur Durchführung weiterer Ermittlungen ist entgegen der Auffassung
im angefochtenen Urteil nicht Wirksamkeitsvoraussetzung einer Verdachtskündigung (vgl. BAG, Urteil vom 15. November 1990 -
2 AZR 255/90 - [NZA 1991, 553/555]).
Nach alledem weist der vorliegende Sachverhalt keine Besonderheiten auf, derentwegen die Zustimmung verweigert werden dürfte.
Die im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwände, daß die Beigeladene sich in der langen Zeit ihrer Betriebszugehörigkeit nichts
habe zuschulden kommen lassen, in vorgerücktem Alter stehe und für ihren Mann sorgen müsse, der Frührentner sei, können keine
atypische Fallgestaltung begründen. Denn es ist - wie dargelegt - grundsätzlich nicht Aufgabe der Hauptfürsorgestelle, bei
ihrer Entschließung die allgemeinen sozialen Interessen des einzelnen Schwerbehinderten als Arbeitnehmer zu wahren. Auch die
bei einer Kündigung typischerweise betroffenen besonderen sozialen Belange des Schwerbehinderten, etwa ungünstige Vermittlungsaussichten
auf dem Arbeitsmarkt, rechtfertigen grundsätzlich nicht die Annahme einer atypischen Fallgestaltung. Denn sonst wäre die Sollvorschrift
des § 21 Abs. 4 SchwbG entgegen der ihr zugrundeliegenden gesetzgeberischen Wertung im Regelfall gerade nicht anwendbar. Schlechte Vermittlungsaussichten
auf dem Arbeitsmarkt können deshalb nur dann eine atypische Fallgestaltung begründen, wenn sie aufgrund einer nach Art oder
Schwere besonders gelagerten Behinderung über die typische Benachteiligung von Schwerbehinderten hinausgehen. Dafür besteht
hier indes kein Anhaltspunkt.
Der Revision ist deshalb unter Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils stattzugeben. Die Kosten des Berufungs- und
des Revisionsverfahrens sind gemäß §§
154 Abs.
1 bis
3,
159 Satz 1
VwGO in Verbindung mit §
100 Abs.
1 ZPO dem Beklagten und der Beigeladenen je zur Hälfte aufzuerlegen. Gerichtskosten werden gemäß §
188 Satz 2
VwGO nicht erhoben.