Gründe:
I. Der am 31. Oktober 1989 verstorbene Bruder des Klägers hatte die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Leistungen der
Kriegsopferfürsorge zur Durchführung von Renovierungs- und Instandsetzungsarbeiten an dem vom ihm und dem Kläger bewohnten
Anwesen in Anspruch genommen. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidungen
zur Neubescheidung verpflichtet.
Nach dem Tod seines Bruders hat der Kläger als dessen Alleinerbe den Rechtsstreit fortgesetzt. Daraufhin hat das Oberverwaltungsgericht
der Berufung der Beklagten stattgegeben, weil etwaige Ansprüche des Bruders des Klägers auf Leistungen der Kriegsopferfürsorge
weder im Wege der Sonderrechtsnachfolge gemäß §
56 Abs.
1 Nr.
4
SGB I noch im Wege der Erbfolge gemäß §
58
SGB I auf den Kläger übergegangen seien. Die §§ 25 bis 27 h
BVG enthielten gegenüber §
58
SGB I abweichende Regelungen darüber, inwieweit Ansprüche auf Leistungen der Kriegsopferfürsorge auf einen Erben übergehen. Der
Vorbehalt des §
37
SGB I erfasse auch die nach den geltenden Strukturprinzipien eines Sozialleistungsbereichs zwingenden Abweichungen. Den Strukturprinzipien
des Rechts der Kriegsopferfürsorge widerspräche es, wenn der geltend gemachte Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt
vererblich wäre. Etwas anderes gelte auch nicht unter dem Aspekt der Effektivität des Rechtsschutzes. Wenn der Hilfesuchende
während des Rechtsstreits versterbe, gehe es nicht mehr um die Frage des rechtzeitigen Einsetzens der Sozialhilfe, sondern
um das anders gelagerte Problem, daß nach dem Tod des Hilfesuchenden die Leistungen der Sozialhilfe nicht mehr ihrem Zweck
entsprechend erbracht werden könnten. Ob dieser Grundsatz (ausnahmsweise) dann zu durchbrechen wäre, wenn ein Hilfeanspruch
offenkundig bestanden habe und der Hilfesuchende sich mit Rücksicht auf diese Offenkundigkeit in seinen wirtschaftlichen Dispositionen
auf die Zuerkennung des Anspruchs habe verlassen können, könne hier dahinstehen, da nichts dafür ersichtlich sei, daß sich
der Bruder des Klägers in seinen wirtschaftlichen Dispositionen tatsächlich auf einen Erfolg in dem Rechtsstreit eingestellt
habe.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision eingelegt, mit der er eine Verletzung von § 27 a
BVG in Verbindung mit §§
37,
38,
40,
58,
59
SGB I rügt.
Die Beklagte, die sich dem Vortrag des Klägers anschließt, daß die in Rede stehenden Renovierungs- und Instandsetzungsarbeiten
bis zum Tod des Bruders des Klägers nicht durchgeführt worden seien, und der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht
verteidigen das Berufungsurteil.
II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Daß das Berufungsgericht die Klage unter Änderung des erstinstanzlichen Urteils
in vollem Umfang abgewiesen hat, steht mit Bundesrecht im Einklang (§
137 Abs.
1 Nr.
1
VwGO), so daß die Revision zurückzuweisen ist (§
144 Abs.
2
VwGO).
Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht das vom Kläger als Erbe seines während des Berufungsverfahrens verstorbenen Bruders
weiterverfolgte Klagebegehren daran scheitern lassen, daß ein etwaiger Anspruch auf Leistungen der Kriegsopferfürsorge zur
Renovierung und Instandsetzung des Anwesens des Klägers und seines Bruders mit dessen Tod erloschen ist.
Zutreffend hat das Berufungsgericht den Übergang eines solchen Anspruchs nur aus dem Blickwinkel der Erbenstellung des Klägers
erörtert, nicht dagegen als einen auf das Recht der Kriegsopferfürsorge gestützten Anspruchsübergang, bei dem nach der Rechtsprechung
des Senats (vgl. BVerwGE 36, 252) der noch beim Beschädigten entstandene Anspruch für den Bedarf eines Angehörigen nicht mit dem Tode des Beschädigten erlischt,
sondern auf eben jenen Angehörigen übergeht, wenn diesem im Bedarfsfall nach dem Tode des Beschädigten ein eigener Anspruch
als Hinterbliebener zugestanden hätte. Denn nach den das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (S.
11 des Berufungsurteils), daß der Bruder des Klägers dessen Lebensunterhalt weder überwiegend bestritten hat noch ohne die
Schädigung wahrscheinlich bestritten hätte, steht einem solchen Anspruchsübergang bereits entgegen, daß der Kläger danach
nicht als Familienmitglied im Sinne von § 25 Abs. 4
BVG angesehen werden kann und deshalb sein Bedarf im Rahmen dieser Vorschrift von vornherein nicht zu berücksichtigen war.
Eine Sonderrechtsnachfolge nach §
56
SGB I scheidet ebenfalls aus. Das ergibt sich hier jedenfalls daraus, daß diese Vorschrift, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend
ausgeführt hat, nur Ansprüche auf laufende Geldleistungen betrifft, im vorliegenden Fall aber eine einmalige Beihilfe beansprucht
wird.
Dem Berufungsgericht ist im Ergebnis auch darin zu folgen, daß der hier erhobene, auf § 27 a
BVG gestützte Anspruch nicht vererbt werden kann.
Für Ansprüche nach dem Bundessozialhilfegesetz hat der Senat allerdings inzwischen, seine bisherige Rechtsprechung (vgl. BVerwGE 58, 68) modifizierend, Vererblichkeit nach Maßgabe der §§
58,
59
SGB I angenommen, wenn der Hilfebedürftige zu Lebzeiten seinen Bedarf mit Hilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung
von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hat, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt
hat (Urteil vom 5. Mai 1994 - BVerwG 5 C 43.91 - [NJW 1994, 2842; zur Veröffentlichung auch in der Entscheidungssammlung vorgesehen]). Dies beruht vor allem auf der Erwägung,
daß die rechtliche Gewährleistung des Sozialhilfeanspruchs unvollkommen wäre, wenn ein für den Sozialhilfeträger einspringender
Dritter befürchten müßte, seine im Vertrauen auf die spätere Bewilligung der Sozialhilfe getätigten Aufwendungen nicht ersetzt
zu erhalten, falls der Sozialhilfeträger von seiner Verpflichtung beim Tode des Hilfesuchenden frei würde; denn allein die
nachträgliche Gewährung der Sozialhilfeleistungen auch in diesem Fall und damit die Möglichkeit, diese Leistungen an den vorleistenden
Dritten weiterzugeben, läßt erwarten, daß Dritthilfe als Überbrückungsmaßnahme tatsächlich auch erbracht wird. Die Zahlung
der Sozialhilfe nach dem Tod des Anspruchsinhabers ist die Vertrauensgrundlage für die Hilfe des Dritten zu Lebzeiten des
Anspruchsinhabers. In dieser Vorwirkung zeigt sich die rechtliche Effektivität des Anspruchs auf Sozialhilfe (Urteil des Senats
vom 5. Mai 1994 aaO.). Einen Anspruchsübergang hat der Senat (aaO.) dagegen, insoweit an der bisherigen Rechtsprechung festhaltend,
verneint, wenn der Hilfesuchende den Bedarf aus eigenem Einkommen oder Vermögen gedeckt hat, zu deren Einsatz er sozialhilferechtlich
nicht verpflichtet war.
Diese Rechtsprechung mag sich auf den Bereich der Kriegsopferfürsorge übertragen lassen. Gleichwohl muß es aber im vorliegenden
Fall bei der Unvererblichkeit verbleiben, weil es sich hier nicht um einen Fall gewährter Dritthilfe handelt. Zwar ist das
Oberverwaltungsgericht der Frage zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung durch Vorleistungen Dritter, da es von seinem Rechtsstandpunkt
aus darauf nicht ankam, nicht nachgegangen. Die Beteiligten haben jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden
Senat unstreitig gestellt, daß an dem Anwesen des Klägers die streitgegenständlichen Maßnahmen bis zum Tod seines Bruders
nicht durchgeführt, Drittleistungen zur Befriedigung des geltend gemachten Bedarfs also bis zu diesem Zeitpunkt nicht erbracht
worden sind. Hiervon ist darum im Revisionsverfahren auszugehen (siehe bereits BVerwGE 29, 127 [130]).
Sind damit die Voraussetzungen für eine Vererblichkeit von Leistungsansprüchen, wie sie der Senat in dem genannten Urteil
vom 5. Mai 1994 für den Bereich der Sozialhilfe entwickelt hat, nicht gegeben, muß es dabei verbleiben, daß der vom Kläger
weiterverfolgte Anspruch seines Bruders mit dessen Tod erloschen ist, weil der Bedarf, auf dessen Befriedigung dieser Anspruch
gerichtet ist, nach dem Tod des Hilfesuchenden nicht mehr gedeckt werden kann.
Entgegen der Auffassung des Klägers führen die §§
58,
59
SGB I nicht dazu, daß Geldleistungsansprüche der vorliegenden Art weitergehend, als dies in dem Senatsurteil vom 5. Mai 1994 angenommen
worden ist, vererblich sind. Denn nach §
37
SGB I in der Fassung von Art. II §
15 Nr. 1 Buchst. p des Gesetzes vom 4. November 1982 (BGBl I S. 1450) gelten jene Regelungen nur, soweit sich aus den besonderen Teilen des Sozialgesetzbuchs, hier also aus dem gemäß Art. II
§ 1 Nr. 11 SGB - Allgemeiner Teil - vom 11. Dezember 1975 (BGBl I S. 3015) als besonderer Teil geltenden Bundesversorgungsgesetz, nichts Abweichendes ergibt (Satz 1). Von diesem Vorbehalt sind einerseits nur die §§
1 bis
17,
31 bis
36
SGB I und das Zweite Kapitel des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch ausgenommen (Satz 2); andererseits erfaßt der Vorbehalt aber nicht
nur Abweichungen, die sich in Gestalt ausdrücklicher Vorschriften aus einem der besonderen Teile des Sozialgesetzbuchs ergeben,
sondern auch solche Abweichungen, die nach den geltenden Strukturprinzipien eines Sozialleistungsbereichs zwingend sind (BVerwGE
58, 68 [69 f.]; 60, 236 [238]). Damit hat der Gesetzgeber für die Beurteilung der Vererblichkeit von Ansprüchen auf Kriegsopferfürsorge
auf den Grundsatz der Bedarfsdeckung verwiesen, wonach ein Leistungsanspruch einen (noch) zu deckenden Bedarf voraussetzt
mit der Folge, daß ein solcher Anspruch erlischt, wenn ein Bedarf - wie hier der Bedarf des hilfesuchenden Beschädigten nach
dessen Tod - nicht mehr gedeckt werden kann.
Die Bedenken, die der Kläger gegen diese Auslegung des §
37
SGB I unter Berufung auf das Rechtsstaatsprinzip erhebt, sind nicht stichhaltig. Die engen Anforderungen an die Auslegung gesetzlicher
Anspruchsgrundlagen, wie sie der Kläger aus dem Bestimmtheitsgebot herleiten will, gelten zumindest nicht für den Sozialleistungsbereich.
Dies zeigt die gesetzliche Konkretisierung des Vorbehalts des Gesetzes (Art.
20 Abs.
3
GG) in §
31
SGB I, dessen Wortlaut ("vorschreibt oder zuläßt") dem Rechtsstandpunkt widerspricht, es bedürfe auch für eine Einschränkung sozialer
Rechte stets einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Anordnung.
Auch Art.
3 Abs.
1
GG zwingt nicht dazu, für den streitgegenständlichen Anspruch die Vererblichkeit zu bejahen. Allerdings hält es der Kläger für
gleichheitswidrig, daß die Vererblichkeit von einer zwischenzeitlichen Bedarfsdeckung durch Dritte abhängen soll. Den behaupteten
Gleichheitsverstoß kann der Senat indessen nicht erkennen. Seine Rechtsprechung ist an dem das Kriegsopferfürsorgerecht -
wie das Sozialhilferecht - beherrschenden Bedarfsdeckungsgrundsatz orientiert (vgl. zuletzt noch Urteil vom 5. Dezember 1991
- BVerwG 5 C 26.86 - [Buchholz 436.7 § 26
BVG Nr. 11]). Im Blick auf diesen Grundsatz unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall wesentlich von Fallgestaltungen,
für die der Senat eine Vererblichkeit des Hilfeanspruchs angenommen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
2
VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf §
188 Satz 2
VwGO.