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BVerwG, Urteil vom 21.06.1990 - 5 C 66.85
»Ein wichtiger Grund ist auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung nicht anzuerkennen für einen Fachrichtungswechsel, den der Auszubildende aus einem Überbrückungsstudium in ein anderes Überbrückungsstudium vornimmt (Fortführung von BVerwGE 67, 250, 253 f. [hier: V (545) 80 b]).«
Fundstellen: BVerwGE 85, 188, DRsp V(545)115a, DÖV 1991, 206, NVwZ-RR 1990, 609
Normenkette:
BAföG § 7 Abs.3
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kl für ihr Zahnmedizinstudium, das sie nach einem Studium der Chemie (Diplom) und einem Lehramtsstudium in Chemie/Biologie aufgenommen hat, Ausbildungsförderung beanspruchen kann.
a. »Nach den Feststellungen des BerGer. [OVG Rheinland-Pfalz] war das Studium der Zahnmedizin von Anfang an das Wunschstudium der Kl. Das Diplomstudium der Chemie hat sie Ä ebenso wie das Lehramtsstudium in Chemie/Biologie Ä nicht als Parkstudium.. aufgenommen, mit dem Ziel, die einmal eingeschlagene Ausbildung berufsqualifizierend abzuschließen für den Fall, daß sie zum Wunschstudium nicht zugelassen werden würde. Das BerGer. hat vielmehr als Motivation der Kl. festgestellt, sie habe mit der Aufnahme des Chemiestudiums beabsichtigt, unter gleichzeitiger Schaffung der Voraussetzungen für eine sogen. Quereinstiegsbewerbung die Wartezeit bis zur Zulassung zu ihrem Wunschstudium zu überbrücken. Hieraus hat das BerGer. zu Recht den Schluß gezogen, daß sich die Kl. auf einen im Rahmen des § 7 Abs. 3 BAföG [i. d. F. d. Bekanntm. v. 6. 6. 1983, BGBl. I S. 645] berücksichtigungsfähigen Neigungswandel nicht berufen kann. ... Ein wichtiger Grund der Kl. für ihren Wechsel vom Diplomstudium Chemie zum Lehramtsstudium Chemie/Biologie [ist] auch nicht nach den für einen Fachrichtungswechsel aus einem Parkstudium in das Wunschstudium entwickelten Grundsätzen anzuerkennen. Denn die beiden, dem Wunschstudium der Kl. vorgelagerten Studien standen nicht im Verhältnis von Parkstudium und Wunschstudium zueinander. ...
Die Anerkennung eines wichtigen Grundes für den Fachrichtungswechsel .. ist auch nicht durch das verfassungsrechtliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit, wie es das BVerfG in seinem Beschluß v. 3. 7. 1985 (BVerfGE 70, 230 [hier: V (545) 92 a]) für die Anwendung des § 7 Abs. 3 BAföG näher konkretisiert hat, geboten. Der Fall der Kl. weist gegenüber dem vom BVerfG entschiedenen Besonderheiten auf, die die mit der Versagung des wichtigen Grundes verbundene Sanktion des umfassenden Verlustes des Förderungsanspruchs für jede andere Ausbildung nicht als unverhältnismäßig erscheinen lassen. Hier ist nicht zu entscheiden, ob Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip erfordert, daß ein Auszubildender, der bei einem Neigungswandel sein Studium nach dem ersten Semester nicht sofort abbricht, sondern diesen Abbruch um einige Monate verzögert, um abzuwarten, ob er eine Zulassung zu dem von ihm gewünschten anderen Studium erhält, nicht anders behandelt werden darf als ein Auszubildender, der sofort nach dem Erkennen der Gründe, die einer Fortsetzung der bisherigen Ausbildung entgegenstehen, diese Ausbildung abbricht. Denn die Kl. kann sich weder auf einen Neigungswandel berufen noch wird ihr die Verzögerung des Abbruchs einer Ausbildung vorgeworfen. Zu ihren Lasten fällt vielmehr entscheidend ins Gewicht, daß sie Ä unter Verstoß gegen ihre Pflicht, ihre Ausbildung umsichtig zu planen und zielstrebig zu betreiben Ä ein Studium aufgenommen und ein Semester lang betrieben hat, das Ä gemessen am Zweck des Ausbildungsförderungsrechts, einen berufsqualifizierenden Abschluß zu vermitteln Ä nutzlos war, weil die Kl. dieses Studium weder berufsqualifizierend abschließen wollte noch während dieses Semesters irgendwelche Lehrveranstaltungen absolvieren konnte, die für ihr Wunschstudium der Zahnmedizin hätten nützlich sein können. Daß ein Verstoß des Auszubildenden gegen die förderungsrechtliche Grundpflicht zu einer umsichtigen Ausbildungsplanung die Versagung eines wichtigen Grundes bei einem Fachrichtungswechsel auch nach dem ersten Semester nicht als unverhältnismäßig erscheinen läßt, hat der Senat bereits in seinem Urteil v. 25. 10. 1989 (NVwZ-RR 1990, 200, 202) entschieden. Nichts anderes kann gelten, wenn der Auszubildende ein Ä für das spätere Wunschstudium nutzloses.. Überbrückungsstudium aufnimmt und in ein anderes Studium wechselt, das ebenfalls nur der Überbrückung der Wartezeit dienen soll.«