Gründe:
I. Die Klägerin gewährte dem Beklagten für die Monate September, Oktober und November 1983 Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe
von 1.129 DM. Auf den Antrag des Beklagten vom 6. September 1983 bewilligte ihm das Arbeitsamt am 26. September 1983 Arbeitslosenhilfe
rückwirkend ab dem 6. September 1983 und zahlte sie Mitte Oktober 1983 aus. Der Beklagte teilte der Klägerin weder seinen
Antrag auf Arbeitslosenhilfe noch deren Bewilligung und Auszahlung mit. Die Klägerin ihrerseits zeigte dem Arbeitsamt nicht
an, daß sie dem Beklagten Sozialhilfe leistete. Nachdem die Klägerin von der Arbeitslosenhilfe erfahren hatte, hob sie die
Gewährung von Sozialhilfe für die Zeit vom 1. September 1983 bis zum 30. November 1983 auf und forderte die für diese Zeit
gezahlte Sozialhilfe zurück. Der Beklagte erhob hiergegen nach erfolglosem Widerspruch Klage. Das Verwaltungsgericht stellte
das Verfahren ein, soweit die Hauptsache von den Beteiligten für erledigt erklärt worden war, und wies im übrigen die Klage
des Beklagten (Kläger jenes Verfahrens) ab. Im rechtskräftigen Gerichtsbescheid heißt es zur Teilerledigung: Die Klägerin
(Beklagte jenes Verfahrens) habe auf die Geltendmachung der in der Zeit von September 1983 bis Mitte Oktober 1983 geleisteten
Sozialhilfe von 536 DM im Verwaltungsrechtsweg verzichtet. Der Beklagte (Kläger jenes Verfahrens) habe daraufhin das Verfahren
insoweit für erledigt erklärt, als die Sozialhilfeleistungen in der Zeit von September 1983 bis Mitte Oktober 1983 betroffen
seien. Die Klägerin erhob nun beim Amtsgericht Klage gegen den Beklagten auf Zahlung von 536 DM nebst 4 % Zinsen als Schadensersatz
wegen zuviel gezahlter Sozialhilfe, gestützt auf §
823 Abs.
2 BGB in Verbindung mit §
263 StGB. Das Amtsgericht wies die Klage durch rechtskräftiges Urteil als unzulässig ab, weil für das Begehren der Klägerin der ordentliche
Rechtsweg nicht gegeben sei.
Daraufhin hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht erhoben und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 536 DM
nebst 4 % Zinsen zu zahlen. Denn zwischen ihr und dem Beklagten habe aufgrund des langjährigen Bezugs von Sozialhilfe ein
rechts- und pflichtenbegründendes öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis bestanden. Der Beklagte habe vorsätzlich eine Pflichtverletzung
begangen, als er ihr verschwiegen habe, Arbeitslosenhilfe beantragt und auch erhalten zu haben. Der Beklagte habe am 1. Februar
1983 eine Erklärung unterschrieben, nach der er als Sozialhilfeempfänger gemäß §
60 Abs.
1 Nr.
SGB I unverzüglich Änderungen in den Verhältnissen mitzuteilen habe, die für die Leistung erheblich seien. Sie, die Klägerin, habe
rechtlich keine Möglichkeit, die dem Beklagten für die Zeit vom 1. September bis 15. Oktober 1983 gewährte Sozialhilfe nach
den Vorschriften des Sozialgesetzbuches zurückzufordern. Für diese Zeit sei die Sozialhilfe rechtmäßig gewährt worden. Ein
Erstattungsanspruch gegen das Arbeitsamt nach § 104 SGB sei nicht gegeben, weil das Arbeitsamt die Arbeitslosenhilfe in Unkenntnis
der Sozialhilfegewährung dem Beklagten ausgezahlt habe. Der Beklagte habe vorsätzlich vereitelt, daß die Klägerin den Anspruch
des Beklagten auf Arbeitslosenhilfe für die Zeit von September 1983 bis Mitte Oktober 1983 auf sich habe überleiten können.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen, der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin
zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Gesetzliche Rückforderungstatbestände bestünden nicht. Das Sozialgesetzbuch und das Bundessozialhilfegesetz mit einem detailliert abgestuften System von Sanktionen für Pflichtverletzungen ließen eine Ergänzung durch weitere öffentlich-rechtliche
Ersatzansprüche nicht zu. Die Sanktionen fehlender Mitwirkung fänden sich ausschließlich in §
66 SGB I, der schon dem Wortlaut nach keine Grundlage für Schadensersatzansprüche biete. Die §§ 40 ff. SGB X enthielten ein geschlossenes System der Rücknahme und des Widerrufs von Verwaltungsakten und der Erstattung zu Unrecht erbrachter
Leistungen, und in §§ 92 ff. BSHG finde sich eine geschlossene Regelung des Kostenersatzes. Die Rechtsbeziehung zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem
Hilfeempfänger sei im Sozialgesetzbuch und im Bundessozialhilfegesetz abschließend geregelt, auch für den Fall von Störungen der Rechtsbeziehung. Raum für ergänzende Konstruktionen bestehe nicht.
Die Klägerin könne ihren Anspruch auch nicht aus bürgerlich-rechtlichen Vorschriften, insbesondere nicht aus §
823 Abs.
2 BGB herleiten. Sei die rechtliche Beziehung zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Hilfeempfänger kraft öffentlichen Rechts
abschließend geregelt, dann entfalle auch die Möglichkeit, unmittelbar auf bürgerlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen zurückzugreifen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Revision eingelegt, mit der sie ihr Zahlungsbegehren, jetzt auch zusätzlich auf §§ 48, 50 SGB X gestützt, weiterverfolgt. Sie rügt die Versagung eines Schadensersatzanspruchs aus positiver Vertragsverletzung und nach
§
823 Abs.
2 BGB in Verbindung mit §
60 Abs.
1 SGB I und §
263 StGB.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
II. Die Revision ist unbegründet. Gegenstand der revisionsgerichtlichen Überprüfung ist der von der Klägerin bereits im Verfahren
vor dem Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemachte Schadensersatzanspruch. Da Klageänderungen im Revisionsverfahren
nach §
142 Abs.
1 VwGO unzulässig sind, kann die Klägerin ihr Klagebegehren dagegen nicht erst im Revisionsverfahren zusätzlich auf einen Erstattungsanspruch
nach §§ 48, 50 SGB X stützen. Ein solcher Erstattungsanspruch könnte zudem nicht direkt mit der Leistungsklage geltend gemacht werden; vielmehr
wäre nach § 50 Abs. 3 SGB X die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Ein solcher Verwaltungsakt, und zwar bezogen
auf die Sozialhilfeleistung für die auch hier maßgebliche Zeit bis Mitte Oktober 1983, war Gegenstand des von beiden Beteiligten
durch Erledigungserklärung beendeten vorangegangenen Rechtsstreits; im vorliegenden Verfahren steht ein Erstattungsbescheid
dagegen nicht in Rede.
Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß der Klägerin kein Schadensersatzanspruch zusteht. Der Beklagte ist für
sein Unterlassen, der Klägerin den Antrag auf Arbeitslosenhilfe und deren Bewilligung mitzuteilen, und den infolgedessen nach
§ 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit der Auszahlung der Arbeitslosenhilfe eingetretenen Verlust des klägerischen Erstattungsanspruchs nicht schadensersatzpflichtig.
Im Gesetz findet sich für einen Schadensersatzanspruch in diesen Fällen keine ausdrückliche Anspruchsgrundlage. Die §§ 44 ff. SGB X regeln die Aufhebung von Verwaltungsakten und die Erstattung bereits erbrachter Leistungen - darauf bezogen sich der Verzicht
der Klägerin und die Erledigungserklärungen der Beteiligten im früheren, bereits beendeten Prozeß um die Sozialhilfeleistung
von 536 DM für die Zeit bis zur Auszahlung der Arbeitslosenhilfe Mitte Oktober 1983 -, nicht dagegen einen Anspruch auf Schadensersatz.
Auch in den §§ 102 ff. SGB findet sich weder neben noch anstelle der dort geregelten Erstattung ein Schadensersatzanspruch
gegen den Leistungsempfänger. Schließlich verleihen für den Fall der Mitwirkungspflichtverletzung nach §
60 SGB I weder das Sozialgesetzbuch allgemein noch das Bundessozialhilfegesetz im besonderen einen Schadensersatzanspruch.
Die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit im öffentlichen Recht Schadensersatzansprüche über ausdrücklich geregelte Anspruchsgrundlagen
hinaus auch aus allgemeinen Grundsätzen und Rechtsgedanken bzw. in entsprechender Anwendung zivilrechtlicher Anspruchsgrundlagen
(z. B. positive Forderungsverletzung, §§
823 ff.
BGB) abgeleitet werden können, stellt sich hier in dieser Allgemeinheit nicht. Denn für das Sozialhilferecht enthalten das Erste
und Zehnte Buch Sozialgesetzbuch und das Bundessozialhilfegesetz umfassende und damit nicht durch Schadensersatzansprüche aus anderen Rechtsbereichen ergänzungsfähige Regelungen.
So bilden, wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, die Vorschriften der §§ 44 ff. SGB X ein geschlossenes System der Rücknahme und des Widerrufs von Verwaltungsakten und der Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen.
Zusätzliche und damit von anderen Voraussetzungen (rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten) abhängige Schadensersatzansprüche
würden der differenzierten Wertung des Gesetzgebers in den §§ 44 ff. SGB X für oder gegen das Belassen einer Leistung nicht gerecht. Auch die Mitwirkungspflicht ist durch das Erste Buch Sozialgesetzbuch,
insbesondere dessen §§ 60, 65 und 66, und durch das Bundessozialhilfegesetz, auf dessen Leistungen sie sich hier bezieht, umfassend geregelt. Der Gesetzgeber hat den Fall der Mitwirkungspflichtverletzung
behandelt. Er hat in §
66 SGB I als Sanktion die Möglichkeit festgelegt, die Leistung ganz oder teilweise zu versagen oder zu entziehen. Einen (Schadens-)Ersatzanspruch
gegen den Leistungsempfänger hat der Gesetzgeber dagegen nicht geschaffen. Einzelne Ersatzanspruchsregelungen, so z.B. §
47 a BAföG, der nicht den gegen die Mitwirkungspflicht verstoßenden Leistungsempfänger, sondern den mitwirkungspflichtigen Dritten im
Ausbildungsförderungsrecht betrifft, können nicht verallgemeinert werden. Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht kann auch
nicht in entsprechender Anwendung des §
823 Abs.
2 BGB zu einem Schadensersatzanspruch führen. Denn §
60 Abs.
1 SGB I ist kein Schutzgesetz im Sinne jener Norm (ebenso BSG, Urteil vom 30. Januar 1990 - 11 RAr 87/88 - [SozR 3-4100 § 155 AFG Nr. 1 = NZA 1990, 867]). Im Sozialhilferecht dient die Mitwirkungspflicht nach §
60 Abs.
1 SGB I der rechtmäßigen Aufgabenerfüllung, nicht dem Vermögensschutz. Kommt der Leistungsempfänger seiner Mitwirkungspflicht vorsätzlich
oder grob fahrlässig nicht nach, sind in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 50 SGB X Sanktionen vorgesehen. Damit ist ein weitergehender Ersatzanspruch ausgeschlossen.
Allerdings ergibt sich aus §§ 102 ff. SGB X, daß materiellrechtlich dem Sozialleistungsberechtigten nicht eine zweifache Sozialleistung zustehen soll. Die in diesen
Vorschriften geregelte Erstattung soll den Ausgleich zwischen den Leistungsträgern erleichtern und dem Leistungsempfänger
den sonst erforderlichen Weg der Rückerstattung an den unzuständigen Leistungsträger und einer neuen Inanspruchnahme des zuständigen
Leistungsträgers ersparen. Soweit eine Erstattung aber nach §§ 102 ff. SGB X ausgeschlossen ist - wie hier nach § 104 SGB X, weil das Arbeitsamt die Arbeitslosenhilfe in Unkenntnis der Sozialhilfeleistung der Klägerin an den Beklagten geleistet
hatte -, kann sich der Leistungsträger nur nach §§ 44 ff. SGB an den Leistungsempfänger halten. Dieses Regelungssystem trägt
auch einem pflichtwidrigen Verhalten des Leistungsempfängers insbesondere bei falschen oder unvollständigen Angaben und dem
Unterlassen der Anzeige von Änderungen mit Bedeutung für die Gewährung oder Weitergewährung von Sozialleistungen im Sinne
von §
60 SGB I Rechnung. Es enthält insbesondere Sanktionen sowohl für vorsätzliche oder fahrlässige Falschangaben (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, § 50 SGB X) als auch für schuldhaftes Unterlassen von Änderungsmitteilungen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 50 SGB X). Diese Vorschriften erfassen auch den Betrugsfall. Angesichts dieser Regelungsdichte ist für die Annahme eines weitergehenden
Schadensersatzanspruchs kein Raum (ebenso BSG, Urteil vom 26. September 1990 - 9 b/7 RAr 30/89 - [SozR 3-4100 § 155 AFG Nr. 2 = NVwZ 1991, 407]).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf §
188 Satz. 2
VwGO.