Revisionszulassung, Beschränkung der - auf einen von mehreren Ansprüchen in der Zulassungsbegründung; Hauptfürsorgestelle,
Prüfungsmaßstab im Zustimmungsverfahren zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten
bei fehlendem Zusammenhang zwischen Kündigung und Behinderung; Sollvorschrift, Auslegung einer gesetzlichen, atypischer Fall
als Rechtsvoraussetzung für Ermessensausübung
»1. Erfolgt die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten aus einem Grunde, der nicht mit
der Behinderung im Zusammenhang steht, hatte nach der Soll-Vorschrift des § 18 Abs. 4 SchwbG F. 1979 die Hauptfürsorgestelle im Regelfall die Zustimmung zu erteilen. Nur bei Vorliegen von Umständen, die den Fall als
atypisch erscheinen lassen, durfte die Hauptfürsorgestelle nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden (wie Urteil vom 2. Juli
1992 - BVerwG 5 C 39.90 - [zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung bestimmt]).
2. Ob ein atypischer Fall vorliegt, der eine Ermessensentscheidung ermöglicht und gebietet, ist als Rechtsvoraussetzung im
Rechtsstreit von den Gerichten zu überprüfen und zu entscheiden. Ein atypischer Fall liegt vor, wenn die außerordentliche
Kündigung den Schwerbehinderten in einer die Schutzzwecke des Schwerbehindertengesetz berührenden Weise besonders hart trifft,
ihm im Vergleich zu den der Gruppe der Schwerbehinderten im Falle außerordentlicher Kündigung allgemein zugemuteten Belastungen
ein Sonderopfer abverlangt (wie Urteil vom 2. Juli 1992 - BVerwG 5 C 39.90 -).
09I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Hauptfürsorgestelle des Beklagten der ordentlichen und der außerordentlichen
Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers durch die Beigeladene zustimmen durfte. Der 1928 geborene Kläger war als gelernter
Pharmaziekaufmann seit 1967 bei der Beigeladenen, einem Unternehmen des pharmazeutischen Großhandels, tätig, und zwar zuletzt
als Sachbearbeiter im Bereich Wareneingang. Nach dem Bescheid des Versorgungsamtes D. vom 5. September 1980 ist er wegen Magen-,
Darm- und Kreislaufstörungen, Hüft- und Kniegelenkleiden, Senk- und Spreizfuß sowie Spondylose der Wirbelsäule zu 50 v.H.
in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert.
Unter dem 14. August 1984 beantragte die Beigeladene bei der Hauptfürsorgestelle des Beklagten, einer aus betrieblichen Gründen
beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers - im Rahmen einer insgesamt 35 Arbeitnehmer betreffenden Entlassungsaktion
- zuzustimmen. Am 3. September 1984 beantragte die Beigeladene auch die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses
mit dem Kläger, weil dieser trotz ausdrücklicher Ablehnung eines Urlaubsantrags am 24. August 1984 nicht zur Arbeit erschienen
sei.
Am 7. September 1984 stimmte der Beklagte fernschriftlich der außerordentlichen Kündigung zu und begründete dies durch Bescheid
vom 14. September 1984 wie folgt: Zwischen den Behinderungen des Klägers und dem geltend gemachten Kündigungsgrund bestehe
kein Zusammenhang. Das Verhalten des Klägers könne auch nicht in der Weise interpretiert werden, daß es offensichtlich keinen
wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses darstelle. Unter diesen Umständen sei auch unter
Berücksichtigung der Stellungnahme des Betriebsrates und des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten und trotz der langjährigen
Betriebszugehörigkeit und des Lebensalters des Klägers die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zu erteilen gewesen.
Gegen die am 8. September 1984 ausgesprochene fristlose Kündigung erhob der Kläger Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht.
In der mündlichen Verhandlung vor der Hauptfürsorgestelle über die beabsichtigte ordentliche Kündigung erklärte die Beigeladene,
sie stütze ihren Antrag nicht mehr auf betriebsbedingte, sondern nunmehr auf verhaltensbedingte Gründe. Mit Bescheid vom 25.
Oktober 1984 erteilte der Beklagte auch seine Zustimmung zur ordentlichen Kündigung. Daraufhin kündigte die Beigeladene das
Arbeitsverhältnis des Klägers zum 3O. Juni 1985. Der Kläger erhob auch hiergegen Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht,
das beide Klagen miteinander verband und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Zustimmungsbescheide der Beklagten
aussetzte.
Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheide vom 14. Dezember 1984) erhobene Anfechtungsklage hatte hinsichtlich
der Zustimmung zur ordentlichen Kündigung Erfolg; im übrigen (Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung) hat das Verwaltungsgericht
die Klage abgewiesen. Hiergegen haben alle Beteiligten im Umfang ihrer Beschwer Berufung eingelegt. Das Oberverwaltungsgericht
hat die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zurückgewiesen und auf die Berufung des Klägers auch den Zustimmungsbescheid
zur außerordentlichen Kündigung und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid aufgehoben. Die Entscheidung ist im wesentlichen
wie folgt begründet:
Zwar könne das dem Kläger zur Last gelegte Verhalten ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung auch eines schwerbehinderten
Arbeitnehmers sein; es habe auch nicht im Zusammenhang mit den festgestellten Behinderungen des Klägers gestanden. Die Zustimmung
sei jedoch ermessensfehlerhaft, weil der Beklagte in seine Erwägungen nicht die Absicht der Beigeladenen eingestellt habe,
den Kläger im Rahmen eines Sozialplans mit halbjähriger Kündigungsfrist und gegen Zahlung einer festgelegten Abfindung zu
entlassen. Denn die bevorstehende baldige Beendigung des Arbeitsverhältnisses könne auch dann einen besonderen Grund darstellen,
die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zu verweigern, wenn dem Schwerbehinderten zum Ausgleich der wirtschaftlichen
Nachteile der betriebsbedingten Kündigung eine Abfindung gezahlt werden müßte. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen
hätten dagegen zurückgewiesen werden müssen, weil die vom Verwaltungsgericht aufgehobenen Bescheide, mit denen Hauptfürsorgestelle
und Widerspruchsausschuß der ordentlichen Kündigung zugestimmt hätten, an formellen und materiellen Fehlern litten.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen, mit denen sie die Abweisung der Klage
erstreben. Sie rügen Verletzung des § 18 Abs. 4 SchwbG F. 1979. Allgemeine soziale Erwägungen könnten die Versagung der Zustimmung nicht rechtfertigen, sondern nur solche Gründe,
die speziell in der Behinderung des betroffenen Arbeitnehmers lägen. Die Aufhebung der Zustimmung zur ordentlichen Kündigung
verletze ebenfalls Bundesrecht.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht hat sich zu der Frage geäußert, ob die Hauptfürsorgestelle das Vorliegen
eines wichtigen Grundes für die außerordentliche Kündigung gemäß §
626 BGB abschließend zu prüfen habe. Er bejaht diese Frage in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil. Die Beteiligten haben
übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
II. Die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen, über die gemäß §
141 Satz 1, §
125 Abs.
1 Satz 1 und §
101 Abs.
2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, sind als unzulässig zu verwerfen, soweit sie die ordentliche Kündigung
des Arbeitsverhältnisses des Klägers betreffen. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Zulassung der Revision auf den
die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers betreffenden Verfahrensteil eingeschränkt.
Diese Beschränkung ergibt sich zwar nicht schon aus dem Ausspruch über die Revisionszulassung im Tenor des angefochtenen Urteils.
Doch steht dies der Annahme einer nur eingeschränkten Revisionszulassung nicht entgegen, sofern die Beschränkung zulässig
ist und aus der Zulassungsbegründung eindeutig hervorgeht (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 1985 - BVerwG 5 C 7.82 - [Buchholz 424.01 § 85 FlurbG Nr. 2 - RdL 1987, 130] mit weiteren Nachweisen). Beides ist hier der Fall.
Der Kläger hat im Wege der objektiven Klagehäufung (§
44 VwGO) zwei tatsächlich und rechtlich selbständige Zustimmungsbescheide des Beklagten angefochten. Das Oberverwaltungsgericht hat
die Zulassung der Revision auf §
132 Abs.
2 Nr.
1 VwGO gestützt. Als grundsätzlich bedeutsam hat es dabei allein die Rechtsfrage bezeichnet, "aus welchen besonderen Gründen die
Hauptfürsorgestelle die Zustimmung trotz Vorliegens eines wichtigen Grundes verweigern kann und ob sie sie insbesondere dann
versagen kann, wenn in absehbarer Zeit das Arbeitsverhältnis aus anderen Gründen enden oder aufgelöst würde". Diese Rechtsfrage
kann sich von vornherein nur im Zusammenhang mit einer Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung stellen. Nach § 18 Abs. 4 SchwbG in der hier noch anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 8. Oktober 1979 (BGBl. I S. 1650), der ausschließlich außerordentliche Kündigungen betrifft, soll die Hauptfürsorgestelle die Zustimmung erteilen, wenn die
Kündigung aus einem Grund erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Das Oberverwaltungsgericht hält für
grundsätzlich klärungsbedürftig, aus welchen Gründen trotz Fehlens dieses Zusammenhangs die Zustimmung versagt werden darf.
Von daher kann die Zulassung der Revision sich nur auf die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung beziehen. Soweit der
Beklagte und die Beigeladene sich gegen das Berufungsurteil auch insoweit wenden, als das Oberverwaltungsgericht die Aufhebung
der Zustimmung zur ordentlichen Kündigung durch das Verwaltungsgericht bestätigt hat, ist demnach die Revision mangels Zulassung
unstatthaft und deshalb als unzulässig (§
143 Satz 2
VwGO) zu verwerfen. Dies kann trotz §
144 Abs.
1 VwGO durch Urteil erfolgen (vgl. BVerwGE 15, 239 [240]), denn soweit sich die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen gegen die Aufhebung des Zustimmungsbescheids zur
außerordentlichen Kündigung vom 7./14. September 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 1984 richten,
ist ohnehin in der Sache durch Urteil zu entscheiden.
Insoweit sind die Revisionen begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hätte die Berufung des Klägers zurückweisen müssen. Denn das Verwaltungsgericht hat zu Recht
die Anfechtungsklage insoweit abgewiesen. Die der Beigeladenen erteilte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses
des Klägers ist rechtmäßig. Das ergibt sich aus § 18 Abs. 4 SchwbG F. 1979. Danach soll die Hauptfürsorgestelle die nach den §§ 12, 18 Abs. 1 SchwbG F. 1979 erforderliche Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten durch den
Arbeitgeber erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grunde erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Diese
Voraussetzung war nach den für das Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des §
137 Abs.
2 VwGO verbindlichen Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt.
§ 18 Abs. 4 SchwbG F. 1979 ist als "Soll"-Vorschrift im verwaltungsrechtlichen Sinne ausgestaltet. Derartige Normen sind im Regelfall für die
mit ihrer Durchführung betraute Behörde rechtlich zwingend und verpflichten sie, grundsätzlich so zu verfahren, wie es im
Gesetz bestimmt ist. Im Regelfall bedeutet das "Soll" ein "Muß". Nur bei Vorliegen von Umständen, die den Fall als atypisch
erscheinen lassen, darf die Behörde anders verfahren als im Gesetz vorgesehen und den atypischen Fall nach pflichtgemäßem
Ermessen entscheiden (BVerwGE 12, 284 [285]; 20, 117 [118]; 56, 220 [223]; 64, 318 [323]; 78, 101 [105] sowie Urteil vom 2. Juli 1992 - BVerwG 5 C 39.90 - [Urteilsabdruck S. 8 f.] zum wort- und inhaltsgleichen § 21 Abs. 4 SchwbG F. 1986 [zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung vorgesehen]).
Das Vorliegen atypischer Besonderheiten, die ein Abweichen von der grundsätzlichen Zustimmungspflicht der Hauptfürsorgestelle
rechtfertigen könnten, hat das Berufungsgericht zu Unrecht bejaht. Der Regelfall, in dem die Hauptfürsorgestelle nach dem
Willen des Gesetzgebers die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zu erteilen hat, ist dadurch gekennzeichnet, daß die
Kündigung einen Schwerbehinderten trifft, aber aus einem Grund erfolgt, der nicht in Zusammenhang mit der Behinderung steht.
Dem ist die gesetzliche Wertung zu entnehmen, die Gruppe der schwerbehinderten Arbeitnehmer bei derartigen Fallgestaltungen
nicht stärker gegen außerordentliche Kündigungen zu schützen als Nichtbehinderte. Die Nachteile und Gefahren, die der Gruppe
der Schwerbehinderten durch eine außerordentliche Kündigung allgemein für ihre Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft
entstehen, können demnach die Annahme eines atypischen Falles nicht begründen. Die außerordentliche Kündigung muß vielmehr
den Schwerbehinderten in einer die Schutzzwecke des Schwerbehindertengesetzes berührenden Weise besonders hart treffen, ihm
im Vergleich zu den der Gruppe der Schwerbehinderten im Falle außerordentlicher Kündigung allgemein zugemuteten Belastungen
ein Sonderopfer abverlangen.
Diese drastische Einschränkung des Abwägungsermessens der Hauptfürsorgestelle zu Lasten des Schwerbehinderten (vgl. BVerwGE
48, 264 [267]), die - wie der Senat in seinem Urteil vom 2. Juli 1992 [aaO. S. 10 ff.] für die insoweit inhaltsgleiche Fassung des
Schwerbehindertengesetzes 1986 näher dargelegt hat - auch dem Zweck des Schwerbehindertengesetzes und der Entstehungsgeschichte
entspricht, hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet. Das Oberverwaltungsgericht hält die Erteilung der Zustimmung
im vorliegenden Fall für ermessensfehlerhaft, weil die Hauptfürsorgestelle in ihre Erwägungen überhaupt nicht die Absicht
der Beigeladenen eingestellt habe, den Kläger im Rahmen eines Sozialplans mit halbjähriger Kündigungsfrist und gegen Zahlung
einer festgelegten Abfindung zu entlassen. Dabei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, die Frage, ob ein atypischer
Fall vorliege, sei Teil der Ermessensentscheidung. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Das durch eine Soll-Vorschrift
eingeräumte Ermessen beschränkt sich grundsätzlich auf die Frage, was im Ausnahmefall zu geschehen hat; ob ein atypischer
Fall vorliegt, der eine solche Ermessensentscheidung ermöglicht und gebietet, ist dagegen als Rechtsvoraussetzung im Rechtsstreit
von den Gerichten zu überprüfen und zu entscheiden (vgl. BVerwGE 78, 101 [105, 113] sowie Urteil vom 2. Juli 1992 [aaO. S. 12]).
Eine atypische Fallgestaltung liegt nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt nicht vor. Denn es ist grundsätzlich
nicht Aufgabe der Hauptfürsorgestelle, bei ihrer Entschließung die allgemeinen sozialen Interessen des einzelnen Schwerbehinderten
als Arbeitnehmer zu wahren. Der öffentlich-rechtliche Sonderkündigungsschutz des Schwerbehindertengesetzes ist präventiver
Art. Er unterwirft die Ausübung des arbeitgeberseitigen Kündigungsrechts einer vorherigen Kontrolle der Hauptfürsorgestelle,
indem er die Kündigung einem Verbot mit Erlaubnis-(Zustimmungs-)vorbehalt unterstellt, um bereits im Vorfeld der Kündigung
die spezifischen Schutzinteressen schwerbehinderter Arbeitnehmer zur Geltung zu bringen und eine mit den Schutzzwecken des
Gesetzes unvereinbare Kündigung zu verhindern. Es ist dagegen nicht Aufgabe des Sonderkündigungsschutzes, den von den Arbeitsgerichten
nach erfolgter Kündigung zu gewährenden arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz zu ersetzen oder gar überflüssig zu machen. Der
Hauptfürsorgestelle ist nicht die umfassende Abwägung aller den Kündigungsstreit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestimmenden
widerstreitenden Interessen aufgetragen, sondern nur die Einbringung bestimmter, vom Schutzzweck des Schwerbehindertengesetzes
erfaßter Interessen. Der Hauptfürsorgestelle obliegt im Rahmen des Sonderkündigungsschutzes die fürsorgerische Inschutznahme
des Schwerbehinderten mit dem Ziel, die aus seiner Behinderung resultierenden Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt auszugleichen
und dadurch seine Wettbewerbsfähigkeit mit Nichtbehinderten herzustellen. All das hat der Senat in seinem den Beteiligten
bekanntgegebenen Urteil vom 2. Juli 1992 [aaO. S. 13 ff.] eingehend dargelegt; hierauf kann zur Vermeidung von Wiederholungen
Bezug genommen werden.
Diese spezifischen Schutzzwecke des Schwerbehindertengesetzes werden nicht durch die Frage berührt, ob die zur fürsorgerechtlichen
Prüfung gestellte außerordentliche Kündigung unter Umständen deshalb als unverhältnismäßig erscheint, weil der Arbeitgeber
daneben auch im Rahmen eines Sozialplans eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung mit Abfindungszahlungen plant. Derartige
Fragen gehören zum allgemeinen sozialen Abwägungsmaterial. dessen Prüfung den Arbeitsgerichten vorbehalten ist.
Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig im Sinne des §
144 Abs.
4 VwGO. Allgemeine Schwierigkeiten, denen die Schwerbehinderten als Gruppe bei der Arbeitsplatzsuche ausgesetzt sind, reichen für
die Annahme einer atypischen Fallgestaltung ebensowenig aus wie fortgeschrittenes Alter und langjährige Beschäftigung bei
dem die Kündigung beabsichtigenden Arbeitgeber. Derartige Umstände sind nicht außergewöhnlich. Denn sonst wäre die Soll-Vorschrift
des § 18 Abs. 4 SchwbG F. 1979 entgegen der ihr zugrunde liegenden gesetzgeberischen Wertung im Regelfall gerade nicht anwendbar. Insbesondere schlechte
Vermittlungsaussichten auf dem Arbeitsmarkt können deshalb nur dann eine atypische Fallgestaltung begründen, wenn sie aufgrund
einer nach Art oder Schwere besonders gelagerten Behinderung über die typische Benachteiligung von Schwerbehinderten hinausgehen.
Dafür besteht hier indes kein Anhaltspunkt.
Daß Zweifel an der arbeitsrechtlichen Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eine Abweichung von der Rechtsfolge des
§ 18 Abs. 4 SchwbG F. 1979 grundsätzlich nicht rechtfertigen, hat der Senat in seinem Urteil vom 2. Juli 1992 (aaO. S. 13 ff.) zur inhaltsgleichen
Vorschrift des § 21 Abs. 4 SchwbG F. 1986 bereits ausgeführt. Ob etwas anderes gilt, wenn die vom Arbeitgeber geltend gemachten Gründe eine außerordentliche
Kündigung offensichtlich nicht zu rechtfertigen vermögen, kann auch im vorliegenden Fall offenbleiben. Denn das Berufungsgericht
hat - in tatsächlicher Hinsicht für das Bundesverwaltungsgericht bindend (§
137 Abs.
2 VwGO) - festgestellt, daß das dem Kläger zur Last gelegte Verhalten, insbesondere im Zusammenhang mit den Vorfällen des Vortages,
ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung auch eines schwerbehinderten Arbeitnehmers sein kann.
Das Berufungsurteil war nach alledem insoweit aufzuheben, als es unter Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils den Bescheid
des Beklagten vom 7./14. September 1984 sowie den dazugehörigen Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1984 aufgehoben hat,
insoweit war die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 bis 3, §
155 Abs.
1 Satz 1, §
159 Satz 2 und §
1 62 Abs.
3 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß §
188 Satz 2
VwGO nicht erhoben.