Sozialhilfe, Übernahme von Kabelanschlussgebühren; Kabelanschlussgebühren im Rahmen der Sozialhilfe
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet war, die Grundgebühr für die Nutzung des Breitbandkabelanschlusses
in der von der Klägerin früher bewohnten Wohnung in K. im Monat Oktober 1996 aus Sozialhilfemitteln zu übernehmen.
Die von der Klägerin im Januar 1994 angemietete Wohnung war wie die gesamte Wohnanlage an das Breitbandkabelnetz der Deutschen
Telekom angeschlossen. Die hierfür vom Vermieter zu entrichtende monatliche Grundgebühr hatte die Klägerin gemäß § 3 des Mietvertrages
als umlagefähige Betriebskosten zu tragen.
Im März 1996 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Übernahme der von ihrem Vermieter für das Jahr 1995 geltend gemachten
Nebenkostennachzahlung, u.a. 109,92 DM Grundgebühr für den Kabelanschluss. Dies lehnte der Beklagte zunächst ab, übernahm
aber auf den Widerspruch der Klägerin mit Abhilfebescheid vom 25. September 1996 den dem Vermieter zustehenden Nachzahlungsbetrag
für die Kabelgebühren 1995.
Mit Bescheid vom 9. September 1996 hatte der Beklagte die der Klägerin für den Monat Oktober 1996 zustehende laufende Hilfe
zum Lebensunterhalt ohne Berücksichtigung der vom Vermieter für 1996 mit rund 12,12 DM (ausgehend von 145,48 DM Jahresgebühr)
monatlich kalkulierten Grundgebühr für den Kabelanschluss berechnet. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage auf Verpflichtung
des Beklagten zur Übernahme der Kabelgebühren für Oktober 1996 in Höhe von 12,12 DM hat das Verwaltungsgericht abgewiesen:
Die Empfangsmöglichkeiten, die ein Kabelanschluss biete, seien eine besondere Annehmlichkeit, die zur Aufrechterhaltung der
Beziehung zur Umwelt und zur Teilnahme am kulturellen Leben nicht erforderlich sei. Selbst wenn aufgrund des Einzelfalls das
Vorhalten eines Kabelanschlusses als notwendig anzusehen wäre, würden die Kosten für einen Kabelanschluss zur Bedarfsgruppe
der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens gehören und grundsätzlich aus den Regelsatzleistungen zu decken sein. Dass
es der Klägerin nicht möglich wäre, die Anschlussgebühren für das Kabelfernsehen aus den Regelsatzleistungen durch interne
Umschichtungen zu erwirtschaften, sei nicht ersichtlich. Die Klägerin habe auch keinen durch schutzwürdiges Vertrauen begründeten
Anspruch auf weitere Übernahme der Kabelanschlussgebühren durch den Beklagten.
Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat sein Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet:
Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die laufenden Kosten für die Nutzung des Breitbandkabelanschlusses im Fall der Klägerin
der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens zugeordnet. Diese Kosten gehörten im konkreten Fall vielmehr
zu den grundsätzlich vom Sozialhilfeträger zu übernehmenden laufenden Unterkunftskosten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO). Hierunter
fielen neben der so genannten Kaltmiete alle Aufwendungen, die erforderlich seien, um dem Hilfesuchenden eine sozialhilferechtlich
angemessene Wohnung zu beschaffen, zu erhalten bzw. deren Nutzung zu ermöglichen, also die üblichen mit der Unterkunft verbundenen
Mietnebenkosten, zu deren Übernahme sich der Mieter regelmäßig durch Vertrag verpflichte. Durch Art. 2 Nr. 7 d der Verordnung
zur Änderung wohnungsrechtlicher Vorschriften vom 5. April 1984 (BGBl I S. 546) seien auch die Kosten des Betriebs der mit einem Breitbandkabelnetz verbundenen Verteilanlage, zu denen die hier in Rede
stehenden monatlichen Grundgebühren für die Nutzung von Breitbandanschlüssen gehörten, in den Kreis der umlagefähigen Betriebskosten
aufgenommen worden (vgl. Nr. 15 b der Anlage 3 zu § 27 der Zweiten BerechnungsVO). Dies rechtfertige allein jedoch noch nicht, die Kosten für die Nutzung des Breitbandkabelanschlusses zu den tatsächlichen
Aufwendungen i.S. von § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO zu zählen. Richtig sei zwar, dass es schon seit den achtziger Jahren im
Geschosswohnungsbau zunehmend üblich geworden sei, Wohnungen mit kostenpflichtigen Kabelfernsehanschlüssen auszustatten. Statistisch
seien bundesweit im Jahre 1997 auch bereits zwischen 58 und 75 % der Haushalte an das Kabelnetz angeschlossen gewesen (vgl.
das Statistische Jahrbuch 1998 für die BRD, S. 329). Zu bedenken sei jedoch, dass es technisch möglich sei, den Breitbandkabelanschluss
einer Wohnung an das Kabelnetz durch den Einbau einer Filter- oder Sperrdose zu blockieren. Auch schlössen es die Vertragsbedingungen
der Telekom für die Überlassung von Kabelanschlüssen nicht aus, aus einer Vielzahl angemeldeter Wohnungen (Wohneinheiten)
einzelne abzumelden. Die Kosten für die Nutzung des Breitbandkabelanschlusses könnten nach alledem nur unter der Voraussetzung
zu den tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO gerechnet werden, dass es dem
um Sozialhilfe Nachsuchenden nicht möglich sei, die Übernahme dieser Betriebsnebenkosten vertraglich auszuschließen, und er
ohne Übernahme dieser Betriebsnebenkosten die bei Berücksichtigung sämtlicher Kosten als sozialhilferechtlich angemessen anzusehende
Wohnung auch nicht anmieten bzw. weiter bewohnen könne. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass es dem um Sozialhilfe
Nachsuchenden ja freistehe, auch eine kostenangemessene Wohnung ohne Breitbandkabelanschluss zu mieten. Für Sozialhilfeempfänger
sei es schon schwer genug, auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt eine geeignete, nicht zu teure Unterkunft zu finden; wegen der
ihnen zur Verfügung stehenden beschränkten Mittel stünden sie oftmals vor kaum überwindlichen Schwierigkeiten. In Anbetracht
dieser Situation und auch im Hinblick darauf, dass die Zahl der an das Kabelnetz angeschlossenen Wohnungen in den letzten
Jahren erheblich gestiegen sei und noch weiter zunehme, erwiese es sich für die Wohnungssuche von Sozialhilfeempfängern jedoch
als unzumutbar erschwerend, wenn man sie letztlich faktisch dadurch auf das doch begrenzte Wohnungsmarktsegment der Wohnungen
ohne Breitbandkabelanschluss verwiese, dass man ihnen die Übernahme der hierfür aufgrund des Mietvertrags entstehenden Kosten
auch für den Fall verweigerte, dass die Wohnung insgesamt, d.h. auch unter Berücksichtigung dieser Nebenkosten, sozialhilferechtlich
gesehen angemessen sei. Dadurch errichtete man eine zusätzliche, den Zielen des Sozialhilferechts nicht dienliche Schranke.
Es müsse nach alledem entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Ansicht davon ausgegangen werden, dass die mit der Nutzung
des Breitbandkabelanschlusses verbundenen Kosten im Fall der Klägerin zu den tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft
i.S. von § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO gehörten; denn die Klägerin habe, wie der Beklagte nicht in Abrede gestellt habe, die
Wohnung in K., deren sozialhilferechtliche Angemessenheit auch bei Berücksichtigung sämtlicher Nebenkosten außer Frage stehe,
nur unter der Bedingung anmieten können, dass sie auch die laufenden Kosten für die Nutzung des Breitbandkabelanschlusses
übernehme, und sie sei auch in der Folgezeit nicht in der Lage gewesen, die Herausnahme der von ihr bewohnten Unterkunft aus
der Verteilung der Breitbandkabelnutzungskosten gegen den Vermieter zu erwirken. Den Beklagten treffe hiernach die Verpflichtung,
die von der Klägerin noch geltend gemachten Breitbandkabelnutzungskosten für Oktober 1996 zu übernehmen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils
erstrebt. Er rügt Verletzung des § 12 Abs. 1 BSHG und des § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO. Kosten des Kabelfernsehens gehörten mangels Zwangsläufigkeit nicht zu den Kosten der Unterkunft, sondern
seien aus dem Regelsatz aufzubringen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
II.
Die Revision des Beklagten, über die das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 141 Satz 1 i.V.m. §
125 Abs.
1 Satz 1 und §
101 Abs.
2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist nicht begründet, so dass sie zurückzuweisen ist (§
144 Abs.
2 VwGO). Das ursprünglich in der Form der Verpflichtungsklage erhobene Klagebegehren auf Übernahme der Kabelanschlussgebühren hat
die Klägerin in der Revisionsinstanz mit Rücksicht darauf, dass der Beklagte mit Bescheid vom 13. Juni 1997 die gesamten Kabelanschlussgebühren
für das Jahr 1996 übernommen hat, umgestellt auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag entsprechend §
113 Abs.
1 Satz 4
VwGO. Darin liegt keine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageänderung i.S. des §
142 VwGO, sondern nur eine Beschränkung des bisherigen Verpflichtungsbegehrens ohne Veränderung des Klagegrundes (vgl. BVerwG, Urteile
vom 12. September 1989 - BVerwG 1 C 40.88 - >Buchholz 310 §
113 VwGO Nr. 206< und vom 20. April 1994 - BVerwG 11 C 60.92 - >Buchholz 442.16 § 15 StVZO Nr. 4<). Diese Umstellung war zulässig, da sich das Verpflichtungsbegehren der Klägerin durch die nachträgliche Übernahme
der Kabelanschlussgebühren erledigt hatte, die Klägerin aber in Anbetracht der noch unentschiedenen Widerspruchsverfahren
für April und Mai 1997 ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der Kabelanschlussgebühren
hat. Der Reduzierung des Klagebegehrens war durch Anpassung des berufungsgerichtlichen Tenors Rechnung zu tragen.
Die Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs, der Beklagte sei verpflichtet, die der Klägerin für Oktober 1996 entstandenen Kabelanschlussgebühren
als Kosten der Unterkunft nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO zu übernehmen, verletzt Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO) nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat die laufenden Kosten für den Kabelanschluss im Streitfall nicht - wie das Verwaltungsgericht
- der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens, sondern der Unterkunft (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG) zugeordnet, für die nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO laufende Leistungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu gewähren sind, weil die Kabelanschlussgebühren
im konkreten Fall nicht zur Disposition der Klägerin gestanden hätten. Das ist aus der Sicht des Bundesrechts nicht zu beanstanden.
Zwar kann Fernsehen nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BVerwGE 95, 145 >146< = Buchholz 436.0 § 12 BSHG Nr. 25; BVerwGE 106, 99 >102< = Buchholz 436.0 § 12 BSHG Nr. 40) als akustisch-visuelles Medium zur Information, Bildung und Unterhaltung, das dem Einzelnen ermöglicht, seine Umwelt
zu erfahren und am kulturellen Leben teilzuhaben, ein persönliches Bedürfnis des täglichen Lebens (§ 12 Abs. 1 Satz 2 BSHG) sein. Kosten für den Anschluss an technische Einrichtungen - wie hier das Breitbandkabelnetz -, die den Fernsehempfang ermöglichen,
sind deshalb in der Regel der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens zuzuordnen und sind dann folglich
aus den Regelsatzleistungen zu decken (vgl. BVerwGE 95, 145 >146< = Buchholz 436.0 § 12 BSHG Nr. 21).
Ausnahmen resultieren aber daraus, dass die "persönlichen" Bedürfnisse des täglichen Lebens ihrem Wesen nach solche aus freier,
selbstbestimmter und -gestalteter, eben "persönlicher" Lebensführung sind und deshalb die Zuordnung zur Bedarfsgruppe der
persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens ihre Grenze dort findet, wo Bedürfnisse in Rede stehen, die einem Hilfeempfänger
von seinem Willen unabhängig entstehen (vgl. BVerwGE 105, 281 >288< = Buchholz 436.0 § 21 BSHG Nr. 12 = NJW 1999, 738). Stehen also Kabelanschlussgebühren nicht zur Disposition des Hilfeempfängers, kann er sie also nicht im Einvernehmen mit
dem Vermieter nach einer Kabelanschlusssperre als Mietnebenkosten ausschließen, so gehören sie nicht zu den persönlichen Bedürfnissen
des Hilfeempfängers, sondern sind Kosten der Unterkunft (vgl. BVerwGE 100, 136 >138< = Buchholz 436.0 § 12 BSHG Nr. 33). Das tritt am deutlichsten hervor, wenn der Hilfeempfänger kein Fernsehgerät besitzt und auch kein persönliches Bedürfnis
nach Fernsehen verspürt, gleichwohl aber eine bestimmte Wohnung nur anmieten bzw. weiterbewohnen kann, wenn er sich zur Zahlung
der vom Vermieter verlangten Kabelanschlussgebühren verpflichtet. Nicht anders zu bewerten ist aber auch der Fall, dass der
Hilfeempfänger Fernsehgerät und Antenne besitzt und nach den örtlichen Empfangsbedingungen auf den Kabelanschluss nicht angewiesen
ist, gleichwohl aber die Kabelanschlussgebühren übernehmen muss, wenn er die Unterkunft erhalten oder behalten will. Im einen
wie im anderen Fall stellen sich die Kabelanschlussgebühren als Aufwendungen dar, die dem Hilfeempfänger für Gewinnung oder
Erhalt dieser Unterkunft zwangsläufig erwachsen, unabhängig davon, ob die Bereithaltung des Kabelanschlusses und die daraus
folgende Möglichkeit der Kabelbenutzung seinem Willen und seinem persönlichen Bedürfnis entspricht, und die deshalb nach §
12 Abs. 1 Satz 1 BSHG und § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO vom Sozialhilfeträger als tatsächliche Aufwendungen für die Unterkunft zu übernehmen sind.
Zwangsläufig in diesem Sinne erwachsen - entgegen der Auffassung des Beklagten - dem Hilfeempfänger Kabelanschlussgebühren
auch dann, wenn für ihn im Zuständigkeitsbereich seines örtlichen Trägers der Sozialhilfe eine bedarfsgerechte, sozialhilferechtlich
angemessene Unterkunftsalternative ohne Kabelanschlussgebührenlast verfügbar sein sollte. Denn Kabelanschlussgebühren, die
vom Vermieter zwingend verlangt werden, stellen einen unausweichlichen Nebenkostenfaktor der konkreten Wohnung dar und dürfen
deshalb aus den sozialhilferechtlich anzuerkennenden Unterkunftskosten nicht herausgerechnet werden. Ob der Hilfebedürftige
diese Wohnung anmieten darf oder sich auf eine andere Wohnung verweisen lassen muss, bestimmt sich vielmehr nach den allgemeinen
Grundsätzen über die sozialhilferechtliche Angemessenheit der Unterkunftskosten unter Berücksichtigung des Wunschrechts des
Hilfebedürftigen nach § 3 Abs. 2 Satz 1 und 3 BSHG (vgl. BVerwGE 97, 110 >112 ff.< = Buchholz 436.0 § 12 BSHG Nr. 28).
Dass die Kosten der von der Klägerin angemieteten Unterkunft (trotz der Kabelanschlussgebühren) den Rahmen des sozialhilferechtlich
Angemessenen nicht überstiegen, hat der Beklagte dadurch anerkannt, dass er den ihm vor Vertragsschluss vorgelegten Mietvertrag
hinsichtlich der Höhe der Unterkunftskosten nicht beanstandet hat. Dementsprechend ist auch das Berufungsgericht in seinem
Urteil davon ausgegangen, zwischen den Beteiligten sei unstreitig, die von der Klägerin früher in K. bewohnte Wohnung sei
insgesamt, d.h. auch unter Berücksichtigung dieser Nebenkosten, sozialhilferechtlich gesehen angemessen gewesen (vgl. Urteilsabdruck
S. 12).
Eine Entscheidung über die von der Klägerin beantragte Prozesskostenhilfe erübrigt sich angesichts des Obsiegens der Klägerin.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf §
188 Satz 2
VwGO.